830 Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur
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Ausgangsfragen: Was sind die grundlegenden methodisch-theoretischen Veränderungen des Faches in den vergangenen dreißig bis vierzig Jahren? Welchen Stellenwert haben Methoden und Theorien heute im Fach? In welchem Verhältnis steht die germanistische zur allgemeinen Methoden- und Theoriereflexion in den Geisteswissenschaften? Befinden wir uns am Ende des 'theoretischen Zeitalters'? Hat die Konzentration auf Methodik und Theorie das Fach der gebildeten Öffentlichkeit noch mehr als ohnehin entfremdet? Worin bestünden bzw. existieren überhaupt Alternativen zur Theorie? Etwa in Form einer Renaissance von Biographie oder Hermeneutik? Braucht das Fach überhaupt eine breite Debatte über seine theoretischen Horizonte und methodischen Standards? Oder sind andere Fragen vordringlicher, etwa eine stärkere Reflexion der gesellschaftlichen Aufgaben der Germanistik?
Aus der Perspektive einer Geschichte der Streitkultur ist die literaturpolitische Situation der späten 1790er Jahre von einer grundlegenden Opposition bestimmt. Demzufolge läßt sich diese Situation als epochale Gleichzeitigkeit, als Nebeneinander von ‘Weimarer Klassik’ und ‘Jenaer (Früh-) Romantik’ beschreiben. Das Ende einer produktiven Zusammenarbeit zwischen Schiller und vor allem Friedrich Schlegel nach 1796 konstituiert Parteien, die jede Übereinkunft verweigern (beispielsweise wird auf beiden Seiten ausgiebig übereinander ‘gelacht’) und deren hauptsächlich polemische Selbstverständigung und Programmatik schließlich von einer auf kategoriale Vereinfachungen angewiesenen Literaturgeschichtsschreibung kanonisiert wird.
Das Drama der deutschen Romantik : ein Überblick (Tieck, Brentano, Arnim, Fouqué und Eichendorff)
(2005)
Wie steht es um die Aufführbarkeit des romantischen Dramas, von Theaterpraktikern wie Goethe vehement bestritten? Tatsächlich ist es so gut wie nie aufgeführt worden – eine Konsequenz seiner gattungspoetologischen Voraussetzungen: Das romantische Drama nämlich ist, verkürzt gesagt, für eine "imaginäre Bühne" geschrieben worden, selbst wenn Tieck oder Fouqué den theatralischen Effekt immer im Blick behielten. A. W. Schlegel zufolge kann ein dramatischer Text nur dann einen „lebendigen Eindruck“ hervorrufen, wenn der Lektüre Theatererfahrungen zugrunde liegen. Voraussetzung dafür ist ein probates Publikum, das auf Aufführungen verzichten kann, weil es in der Lage ist, sich die theatralische Umsetzung vorzustellen. Die "imaginäre Bühne" stellt demnach ein elitäres Modell dar, das sich allerdings nicht nur in der Lektüre angemessen rezipieren läßt, sondern auch durch Vorlesungen, die Leseakt und theatralische Darstellung zusammenbringen. Vor allem Tiecks Vorlesekunst ist legendär – nicht nur ihrer zuweilen ermüdenden Länge wegen. Schließlich beruhte z. B. Goethes Begeisterung über Tiecks Genoveva auf einem Hörerlebnis.