830 Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur
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Peter Rippmann zeigt, wie Jeremias Gotthelf die irdische Jurisprudenz diskreditiert, um eine göttliche Gerechtigkeit zu inthronisieren. Gotthelf, der die zunehmende politische Radikalisierung des öffentlichen Lebens als verhängnisvoll für eine christlich definierte Gesellschaft verstand, nutzte die Kritik an den Rechtsinstanzen, die er in seinen literarischen Texten nicht selten in auktorialen Kommentaren deutlich formulierte, um eine alternative Gerechtigkeitsvorstellung zu empfehlen. Gotthelfs christliche Ansichten verbinden sich mit konservativen kriminalpolitischen Ansichten, die etwa in die Befürwortung der Todesstrafe münden. Über die Kritik strafrechtlicher Entscheidungen hinaus moniert er das Versagen juristischer Institutionen, etwa des Richterstandes, und die Mängel in der Rechtspraxis und stellt gar die Zuständigkeit weltlicher rechtlicher Instanzen in Frage, die nicht ihre Grundssätze im höchsten göttlichen Richter fänden. Nichtsdestotrotz verhandelt Gotthelf in seiner Rechtskritik auch konkrete Probleme, etwa im Bereich des Erbrechts und der Verdingkinder.
Es gilt zunächst den Verlauf der Freundschaft zwischen dem Maler Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (1751-1829) und Goethe wenigstens grob zu skizzieren (1), dann das Campagna-Gemälde etwas genauer in seinem entstehungsgeschichtlichen Kontext zu betrachten (2) und schließlich die Katze aus dem Sack zu lassen, nämlich das eigentliche Bild des Goetheschen Rom-Erlebnisses, das Gegenbild zum Campagna-Gemälde vorzustellen (3). In einem vierten Schritt müssen die Begründungen für ein solches Vorgehen nachgeliefert werden (4), bis dann am Ende ein kurzer Ausblick in die Zukunft geworfen werden kann (5).
Goethe: Helena
(2010)
Although we are concentrating on the Third Act, Faust's appreciation of legend's most beautiful woman begins much earlier, perhaps as early as the Hexenkueche scene where he is thoroughly enraptured by a woman's image in a magical mirror. It drives him crazy, he says (2456), particularly since he has to stay at a certain distance to keep it in proper focus (2434); can you see Mephisto's mischievous smile at this bit of enforced "disinterested contemplation"? Woman is God's final art work, the true Crown of Creation, we learn from Schiller's Princess Eboli; Mephisto seems to say as much, and Faust like most men needs no convincing. We can't be sure that this is indeed Helen, we (and Faust) have yet to meet her. She remains nameless but, by any name, would be as sweet.
Gloël merkt in der Einleitung zu „Goethes Wetzlarer Zeit“ (1911) an, dass „man zwar über Goethes Umwelt in Frankfurt, Leipzig, Straßburg und Weimar gründlich unterrichtet ist, aber nicht in gleichem Maße über die in Wetzlar [...].“ Daran hat sich nicht viel geändert. Gloël ist trotz wenig aufschlussreicher Quellenangaben immer noch Standardautor. Ebenso verhält es sich mit Goethes Beziehung zu Geheimbünden und Freimaurertum. Zwar wecken sie seit je das Interesse seiner Biographen, jedoch steht auch hier die Weimarer Zeit im Vordergrund.
Goethe : Novelle
(2010)
Eckermann reports a conversation with Goethe on January 29, 1827: Es kam sodann zur Sprache, welchen Titel man der Novelle geben sollte; wir taten manche Vorschlaege, einige waren gut fuer den Anfang, andere gut fuer das Ende, doch fand sich keiner, der fuer das Ganze passend und also der rechte gewesen waere. "Wissen Sie was", sagte Goethe, "wir wollen es die Novelle nennen; denn was ist eine Novelle anders als eine sich ereignete unerhoerte Begebenheit. Dies ist der eigentliche Begriff, und so vieles, was in Deutschland unter dem Titel Novelle geht, ist gar keine Novelle, sondern bloss Erzaehlung oder was Sie sonst wollen. In jenem urspruenglichen Sinne einer unerhoerten Begebenheit kommt auch die Novelle in den Wahlverwandtschaften vor." This is the epilogue, as it were, to a lengthy conversation on January 15, 1827, in which Goethe interprets his own Novelle. Here an excerpt, a highly condensed analysis: Zu zeigen, wie das Unbaendige, Unueberwindliche oft besser durch Liebe und Froemmigkeit als durch Gewalt bezwungen werde, war die Aufgabe dieser Novelle, und dieses schoene Ziel, welches sich im Kinde und Loewen darstellt, reizte mich zur Ausfuehrung. Dies ist das Ideelle, dies die Blume. Und das gruene Blaetterwerk der durchaus realen Exposition ist nur dieserwegen da und nur dieserwegen etwas wert.
Goethe - Egmont
(2010)
Vorwort (11)
Joachim Wittstock (Sibiu/Hermannstadt): Professor Dr. Horst Schuller zu Ehren (13)
I. Literaturwissenschaft und Landeskunde
Cornelia Esianu (Iassy/Wien): „Der rechte Weg geht über Steine“. Zur romantischen Dimension der Lyrik von Frida Binder-Radler (21)
Delia Esianu (Iassy): „Wohin mir das Wort […] fiel“ – Gott und Gottlosigkeit in der Dichtung PaulCelans (39)
Sunhild Galter (Sibiu/Hermannstadt): Ludwig Hesshaimers als Schriftsteller. „Lebensbuch“ und Künstlererzählungen (52)
Joachim Krauß (Berlin): „Vom wandernden Zigeunervolke“. Siebenbürgische Quellen als Baustein der deutschsprachigen Zigeunerkonstruktion (66)
Johann Georg Lughofer (Ljubliana): Postmodernität in der zeitgenössischen österreichischen Literatur. Eine Analyse anhand der frühen Romane von Michael Stavaric (78)
Carmen Elisabeth Puchianu (Brasov/Kronstadt): Der Ausbruch aus dem engen Bretterhaus. Von der Spielbarkeit postmodernen Theaters am Beispiel der Eigenproduktion Nyktophobie, oder: Mephistos später Gruß an Faust (111)
Thomas Schares (Bucuresti/Bukarest): Formelhafte Sprache als gattungskonstituierendes Element in Michel Beheims Vlad-Tepes-Gedicht (123)
Maria Trappen (Sibiu/Hermannstadt): In Auszügen rezipiert – Bemerkungen zu der Übersetzung von Max Frisch Tagebüchern ins Rumänische (136)
Bernhard Schwaiger (Erfurt): „Warum Rumänisch unwichtig wird, wenn die Latinos sich vermehren“ (150)
II. Sprachwissenschaft
Sigrid Haldenwang (Sibiu/Hermannstadt): Zu „Deisam“, den damit gebildeten Komposita und dem Verb „deisamen“ im Siebenbürgisch-Sächsischen (mit Einbezug rheinischer und rheinpfälzischer Mundartbelege) (161)
Rodica Ofelia Miclea (Sibiu/Hermannstadt): „Mann soll den Teufel nicht an die Wand malen. Zum Facettenreichtum des Teufelbildes in deutschen und rumänischen Sprichwörtern und sprichwörtlichen Redensarten (175)
Doris Sava (Sibiu/Hermannstadt): Hoch soll er leben! Routineformeln als Forschungsaufgabe der phraseologischen Kontrastivik (197)
Adina-Lucia Nistor (Iasi/Iassy): „Bragia/ per nos plaids / e lur melodia“ (Weine für unser Lied / und seine Weise“) – Romanische Minoritäten-Sprachvarianten in der Schweiz, am Beispiel der Lyrik von Tresa Rüthers-Seeli (210)
III. Übersetzungswissenschaft und -kritik
Horst Schuller (Hermannstadt/Heidelberg): Transkulturelle Problemaspekte im rumänisch-deutschen Übersetzungsprozess (225)
Ioana Constantin (Sibiu/Hermannstadt): Reichsleiter, Obersturmbannführer, Sieg Heil – zur Bewältigung des Nationalsozialismus in der Übersetzung (268)
Simona Marin (Sibiu/Hermannstadt): Sprache und Recht. Zu den vielfältigen Beziehungen zwischen Sprachwissenschaft und Übersetzungswissenschaft (276)
IV. Das aktuelle Thema
Maria Sass (Sibiu/Hermannstadt): Der Bologna-Prozess – (k)ein Erfolg? Einige Aspekte aus der Perspektive der Hermannstädter Germanistik (287)
V. Bücherschau
Robert Gabriel Elekes (Brasov/Kronstadt) (305)
Delia Cotarlea (Brasov/Kronstadt) (307)
I. Literaturwissenschaft und Landeskunde
Vorwort (11)
Joachim Wittstock (Sibiu/Hermannstadt ): Aus dem Bereich von „Litteris et Artis“. Literarhistorische Erörterungen im Rahmen der Hermannstädter Hochschulgermanistik (15)
Christoph Klein (Sibiu/Hermannstadt): Bilanz-Warum? – Retrospektive-Wieso? Betrachtungen zu Joachim Wittstocks Erzählung „Karussellpolka“ (31)
Delia Cotârlea (Brașov/Kronstadt): Die Wende 1989 in Joachim Wittstocks Erzählung „In der Nachbarschaft. Von der Schwäche der Macht“ (45)
Robert Gabriel Elekes (Brasov/Kronstadt): „Der uns angebotene Halt.“ Joachim Wittstock als Essayist (61)
Taferner Barbara (Toblach, Italien): Der Fremde Blick im Werk Herta Müllers (70)
Silvia Machein (Sibiu/Hermannstadt): Nachgetragene Erinnerung: Uwe Timm, „Am Beispiel meines Bruders“ (2003) und Robert Schiff, „Feldpostbriefe. Chronik eines ungebauten Hauses“ (1994) (82)
Réka Sánta-Jakabházi (Cluj Napoca/Klausenburg): „Musen in Mülltonnen, Schutzengel auf dem Flohmarkt.“ Franz Hodjaks neue Gedichte zwischen Desillusionierung und Melancholie (102)
Tanja Becker (Timișoara/Temeswar): „Ich habe Voltaire nie gelesen“ – Unfreiwillige Parallelen zwischen Cãtãlin Dorian Florescus „Zaira“ und Voltaires „Zaire“ (117)
Rodica Bãluþ (Sibiu/Hermannstadt): Intertextualität und Polyphonie in Dieter Schlesaks „VLAD. Die Dracula-Korrektur“ (126)
Andreea Iacob (Sibiu/Hermannstadt): Die siebenbürgische Familie als Paradigma in Eginald Schlattners Roman „Der geköpfte Hahn“ (141)
Gudrun-Liane Ittu (Sibiu/Hermannstadt): „Forschungen zur Volks- und Landeskunde“ – eine Zeitschrift im Dienste der wissenschaftlichen Bestrebungen der deutschen Minderheit in Rumänien (1959-1989) (151)
II. Sprachwissenschaft
Heinrich J. Dingeldein (Marburg): Zum Quellenwert deutscher Sprachzeugnisse aus Südosteuropa für die Sprachgeschichte des Deutschen (167)
Doris Sava (Sibiu/Hermannstadt): Defizite der rumänischen bilingualen Phraseografie mit Deutsch (185)
Adina-Lucia Nistor (Iasi/Jassy): Die Straßennamen von Petersdorf Mühlbach. Formanalyse und Nameninterferenzen (223)
Rodica-Ofelia Miclea (Sibiu/Hermannstadt ): Strukturen der Steigerung und Intensivierung im Vergleich. Am Beispiel des Adjektivs im Deutschen und Rumänischen (239)
Marin Simona (Sibiu/Hermannstadt): Kultur und (Rechts)Sprache. S. 254
III. Übersetzungswissenschaft und -kritik
Horst Schuller (Hermannstadt/Heidelberg): Beispiel, Erfahrung, Theorie. Übersetzungswissenschaftliche Anmerkungen von Hermine Pilder-Klein. S. 269
In der vorliegenden Sammlung sind nicht nur die altbekannten, doch immer wieder neu zu entdeckenden Zitate, nicht nur viele geistgeschliffene Sentenzen, die 'den höchsten Sinn im engsten Raum' zusammenfassen, nicht nur allerlei Lebensweisheiten und -wahrheiten in schlichter, einprägsamer Formulierung enthalten, sondern darüber hinaus alle Äußerungen Goethes über die Frau, die für ihn und auch für seine Epoche bedeutungsvoll und charakteristisch sind. Das Belegmaterial ist den Werken (unter Heranziehung von frühen Fassungen und Entwürfen), den naturwissenschaftlichen Schriften, den amtlichen Schriften, den Tagebüchern, Briefen und Gesprächen entnommen, so daß Goethe hier als Dichter, als Wissenschaftler, als Staatsbeamter und nicht zuletzt als Mensch in seinen vielfältigen, öffentlichen und privaten Lebensbezügen, auch im vertraulichen Umgang zu Wort kommt.
The tentative title of my presentation is GENDER AMBIVALENCE (AMBIGUITY?) and deals with Renaissance iconography in Thomas Mann's Death in Venice. It will show that homosexual attraction, although obvious in the story (and Mann's life) is a secondary issue and that the main concern lies with the problem provided by an aesthetic principle. (Parallel narratives, the plot is not the real/only story).
The "Turkish book" (Türckenbüchlein) took a place in the german literature, especially at the 16 th. century. War between these two cultures, has been one of the main elements determining for the image of the Turks in this age. These books, about the cruelties of the Turks, make the Christian society brave and call them to fight against the Turks. This article aims to illustrate the function of the books on the basis of representative exemples as Johannes Brenz and Bernhardin Türck.
The article shows that Heinrich Rückert is one of the most interesting voices within the corpus of texts showing German encounters with Islam in the 19th century. While actual reflections on the European and American relation to Islam are largely influenced by a point of view stressing a “Clash of Civilisations” (Samuel Huntington), especially after 9/11, Rückert's occupation with the texts and poems of Mevlana Rumi shows that the humanistic and poetic implications of Rumi’s work helped Rückert to find a poetic language that placed itself in the tradition of Goethes’s “West-östlicher Divan” and a German pantheism that is to be seen in the context of the “Spinoza renaissance” at the beginning of the 19th century. Islamic culture is in Rückert’s work a part of the heritage of mankind and of a humanism that goes far beyond the limits of eurocentrism.
Wilfried Sauter beschäftigt sich mit der Frage des staatlichen Strafsystems im Vormärz und ordnet diese Diskussion in den Kontext von Gesellschaftsvorstellungen des politischen Liberalismus ein. Er führt am Beispiel der Lebensgeschichte demokratischer Revolutionäre wie Otto von Corvin, August Röckel, Otto Leonhard Heubner, Julius Füeßlin, Theodor Mögling, Gottfried Kinkel, Georg Friedrich Schlatter und August Peters, die wegen ihrer Teilnahme an den revolutionären Bewegungen des Jahres 1849 zu Zuchthausstrafen verurteilt worden waren, vor, wie diese mit den Bedingungen ihrer langjährigen Haft umgingen und in Veröffentlichungen darstellten. Die Umstände des Strafvollzugs, wozu insbesondere die Schreibbedingungen gehörten, und die Reformbemühungen, etwa zur Einzelhaft, sind konsequenterweise Thema jener bereits im Gefängnis entstandenen oder viele Jahre später erschienenen Schriften, die sehr unterschiedliche Funktionen übernehmen, von der Rechtfertigung über den Dank an Freunde bis hin zur Rechtskritik.
Nach einem Überblick über den Forschungsstand zur Gartenlaube sowie über Aufbau und Themen der Familienzeitschrift wird im zweiten Teil das Thema Literatur und die Stellung von Autorinnen für die 1870er Jahre untersucht. Im dritten Teil folgt die Auflistung von „Frauenthemen“ und Frauen als Autorinnen in der „Gartenlaube“ im Zeitraum 1885 bis 1894. Der vierte Teil legt den Schwerpunkt auf gesellschaftliche Diskussion der Frauenfrage in den Zeitschriftenjahrgängen 1897 bis 1905. Diese beiden letzten Teile setzen sich auch mit der Frage auseinander, inwieweit sich zum einen Themen der Frauenbewegung in der Familienzeitschrift wiederfinden und zum anderen, welches Bild der Frau vor dem Hintergrund der geschlechterspezifischen Rollenzuweisung des Kaiserreiches in der „Gartenlaube“ vorherrscht.
Das Monster ist die der Ordnung immanente Beliebigkeit oder Unordnung, das heißt aber auch: die Verantwortung, deren Aufscheinen am Nicht-nur-Objekt im Blick des Nicht-nur-Subjekts. Das rührt an jenes Wissen, das allein verboten sein kann, das verordnete Metaphysiken […] und ihre "totalitäre[n] Metaphysiker" vergessen machen wollen […]. Mit der beliebigen Verschiebung jenes Limes, der die Allgemeinheit von den Monstern scheidet, zeigt sich, wie viel die Monster vom Menschsein offenbaren, noch ehe man das Monster verklärt […]. Monster sind die Differenz zwischen Demo- und Ochlokratie, sind die Differenz von Rationalität und Rationalismus.
The reception of Franz Kafka’s work is normally seen from the perspective of human condition, the labyrinth, the bureaucracy that imposes itself over the individual and so on. There is no doubt about the importance of this perspective for the study of Kafka’s work. Nevertheless, the objective of the present paper is to point out another aspect in Kafka’s work, which is the relation to the visual medium Kaiserpanorama in his fictional writings. The starting points of this discussion are the books “Kafka goes to the movies” by Hanns Zischler published in 1996 and “Kafka und der Film: über kinematographisches Erzählen” by Peter-André Alt published in 2009. Thus, based on these publications this study intends to analyse the importance, that this optical medium may have had over Franz Kafka and in which ways it is possible to identify this new perception in his literary work, specially in the tale “An imperial message”. The main topic is constructed around the profundity of the 3D-image as seen through a Kaiserpanorama, and its statical plasticity.
Formelhafte Sprache als gattungskonstituierendes Element in Michel Beheims Vlad-Ţepeş-Gedicht
(2010)
The 15th century medieval German poet Michel Beheim is a marginal (and in terms of his writing not very well thought of) figure in the realms of German literature. In his poetic oeuvre, a 1070 verses long poem about the Valachian nobleman and ruler Vlad Ţepeş, better known as the original Dracula, can be found. This poem will serve here as an example of late medieval literary achievements, typical for the literature of this century. A close analysis of its style will reveal certain poetological aspects, that are central to its structure of composition, but hitherto have not been closely investigated and revealed. These formal aspects include various instances of formulaic speech, such as double-formulae („men and women”, „the young and the old” etc.), formulaic episode endings („and he did many worse things” etc.), and others. The massed and purposeful application of these instances of formulaic speech leads to the conclusion, that these are part of the poetological framework which the author applied in order to fulfil the needs of a literature which was directed primarily to an auditory performance and served entertainment purposes mainly. The disclosure of these formulaic aspects in 15th century literature and its functional reinterpretation in a context of contemporary performance might help to re-evaluate the German literature of this not very well investigated and estimated century.
Diese Studie konfrontiert zwei prominent angelegte, epistemisch komplexe Perspektiven auf den Handlungsverlauf von Storms "Schimmelreiter" und den Charakter seines Protagonisten, Hauke Haien, miteinander: eine medizinische und eine theologische. Bei der Rekonstruktion dieser beiden Sichtweisen werde ich in drei Schritten argumentieren:
I. möchte ich, die virtuelle Perspektive eines (in Bezug auf Storm) zeitgenössischen Lesers mit psychiatrischen Kenntnissen bzw. Interessen einnehmend, eine Art Diagnose Hauke Haiens vorführen. Von diesem Blickpunkt aus gesehen ist der junge Deichgraf (trotz der Storm-typischen ruralen Atmosphäre) ein Neurastheniker, wie er im (Lehr-)Buche steht.
II. werde ich, der genannten medizinischen Perspektive weiter folgend, auf die hereditären Belastungen zu sprechen kommen, denen Hauke und noch mehr seine schwachsinnige Tochter Wienke ausgesetzt sind: In der über drei bzw. vier Generationen angelegten Degenereszenz - mit dem Neurastheniker Hauke Haien in zentraler Mittelstelle - kann, wie ich zeigen möchte, ein Ordnungsprinzip der Novelle gesehen werden.
III. werde ich die (scheinbare) Gegenperspektive, nämlich die eines protestantisch vorgebildeten und/oder gläubigen zeitgenössischen Lesers, einnehmen. Von dieser Warte aus gesehen ist der Tod Haukes und seiner Familie eine Konsequenz des alttestamentlichen Gottesfluchs, der die Übertretung der Zehn Gebote bis in die dritte und vierte Generation hinein
sanktioniert.
Um olhar rápido sobre os títulos constantes da sua biblioteca particular torna claro que Pessoa lia os autores alemães em traduções inglesas e francesas. Contudo, um escrutínio mais atento da sua biblioteca e dos seus apontamentos revela que o acompanharam ao longo da sua vida não só uma vontade mas também algumas tentativas concretas de enveredar pelo estudo da língua alemã, no intuito de fazer justiça à sua própria imposição formulada por volta do ano de 1912:
"Um grande poeta retórico ou epigramático pode ser lido em tradução, sendo ela boa; quem não sabe a língua, escusa, havendo essa boa tradução, de por tão pouco a estudar. Mas quem quiser ler um poeta lírico não pode aceitar tradução nenhuma, por fiel que seja à alma do poeta. Tem de aprender a língua em que a poesia foi escrita. [...]"
Sabendo-se que Fernando Pessoa nunca dominou a língua alemã, pretende-se, neste estudo, delinear o percurso da sua relação com esta língua e o modo como ela se liga à sua leitura de um autor que, embora em muito menor escala que Goethe, emerge nalguns pontos da actividade de Pessoa enquanto leitor crítico: Friedrich Schiller.
Ernst Zinn begann in den 30er Jahren mit der Konzeption einer philologisch einwandfreien Werkausgabe und wurde damit zum "Begründer der Rilke-Philologie", wie Michael von Albrecht es in seinem Nachruf auf Ernst Zinn 1990 formuliert hat. Doch was war es, was Ernst Zinn an Rilke fasziniert und an ihn gebunden hat? Schließlich wählte er nicht die Germanistik zu seinem eigentlichen Beruf, sondern wurde 1936 mit einer Arbeit zum "Wortakzent in den lyrischen Versen des Horaz" promoviert. Horaz und Rilke - bei aller Vielfalt im Werk Ernst Zinns bilden sie doch so etwas wie die Brennpunkte seines Schaffens. Was ist es, was ausgerechnet diese beiden Dichter verbindet?
Im Allgemeinen werden als Stichwortgeber für Reuchlins "De verbo mirifico" der Florentiner Neuplatonismus und die Kabbala genannt, also die Platonica orientalia eines Pico della Mirandola und Marsilio Ficino. Dies ist sicher richtig, zeigt jedoch in meinen Augen nur einen kleinen Ausschnitt der zeitgenössischen und historischen Kontexte, mit denen Reuchlin arbeitet und die für seine Argumentation bezeichnend sind. Aus diesem Grund möchte ich aufzeigen, dass andere, nicht ganz so prominente theoretische Traditionen eine ebenso wichtige Rolle für seine Argumentation spielen: die Erkenntnistheorie des spätmittelalterlichen Neuplatonismus, dessen Auseinandersetzung mit der thomasischen Epistemologie und - das steht im Zentrum meiner Ausführungen - die frühneuzeitliche Skepsis (frühe Sextus Empiricus-Rezeption), die Reuchlin in den 90er Jahren, freilich ebenfalls im Rahmen seiner Auseinandersetzung mit dem Florentiner Neuplatonismus, kennengelernt hat.
[Dem] Wechsel vom Erhabenen ins Komisch-Lächerliche ist eine Komik unzugänglich, die im Innersten des Erhabenen hervorbricht und dazu korrespondierend ein Erhabenes, das durch und durch komisch durchtränkt ist. Umso mehr mag erstaunen, dass eine spekulative Ästhetik der Hochromantik, nämlich Karl Wilhelm Ferdinand Solgers "Erwin" und ein oft aus der Sicht der Entwicklung zur Moderne eher randständiger Lyriker - Eduard Mörike - diese moderne Erfahrung des Erhabenen als Komisches und des Komischen als Erhabenes auf je eigentümliche und doch korrespondierende Weise theoretisch und lyrisch erfasst haben.
Aus historischen Analysen geht hervor, dass das Offizierskorps der österreichischen Armee nach der März-Revolution 1848 gesellschaftlich abgekapselt und isoliert war und dabei einen militärisch-aristokratischen Habitus entwickelte, der zu dem bürgerlichen in scharfem Gegensatz stand. Der Korpsgeist orientierte sich am Adel, obwohl gerade der Hochadel sich eher mit den Großbürgern zu arrangieren begann und Heiraten zwischen dem niedrigeren Militäradel und Angehörigen des Hochadels kaum vorkamen. Die Masse der Offiziere wurde bürgerlich und bitterarm, auch zu arm, um heiraten zu können; aber feudale Denkungsart gab den Ton an, ausgenommen in den technischen Waffengattungen der Artillerie und des Pionierwesens, in denen bürgerlicher Wissensdurst vorherrschte. Es entsteht ein in mancher Hinsicht recht paradoxes Bild vom österreichischen Offiziershabitus: das eines Mannes der "Praxis", der eher "grob" ist, für den Exerzieren und Reglement, somit "Disziplin" im engsten Sinne, am wichtigsten sind, der aber trotz aller Tapferkeit auf dem Schlachtfeld zu strategischer Entschlossenheit und schnellem Entscheiden nicht in der Lage ist. Warum das so ist, ist nicht ohne weiteres zu klären. Neben sogenannten "Ego-Dokumenten" ist es vor allem belletristische Literatur, von der man sich einigen Aufschluss erhofft. Insbesondere kann die Literatur helfen, jene Gefühle darstellbar zu machen, die zur Disposition männlicher Todesbereitschaft auch schon im Frieden beitragen, wobei dem Paradoxon des Nebeneinanders von tollkühner "Schneid" und Entscheidungsschwäche wie Passivität im habsburgischen Habitus nachgespürt werden soll.
Emotionen in Comics
(2010)
Komiksy tvoří jedineĉný textový druh. Děj je vyprávěn pomocí na sebe navazujících obrazových sekvencí, postavy promlouvají přímou řeĉí. Jedná se však o psanou podobu jazyka, která je odkázána především na verbální komunikaĉní prostředky. Příspěvek se zabývá otázkou, jaké prostředky volí autor komiksu k vyjádření emocí. Podrobněji jsou popisovány prostředky verbální, pozornost je však věnována také grafickému znázornění postav, uţití barev a symbolŧ.
Das Gedicht ‚Ruth’ ist unverkennbar ein Liebesgedicht, ohne sich jedoch in dieser Zuordnung zu erschöpfen. Es gehört zu jenem Katalog von lyrischen Texten Else Lasker-Schülers, in dem die Autorin sich den großen Gestalten der ‚Hebräischen Bibel’ bzw. des ‚Alten Testaments’ zuwendet, um ihnen „neue Identitäten“ zu verleihen. Mit der biblischen Figur aus dem ‚Buch Rut’ hat die „Ruth“ des Gedichts „kaum mehr gemeinsam […] als den Namen“. Als biblisch-poetisches Signalwort ist der Titel rezeptionsästhetisch allerdings mit einem Verweischarakter versehen, der jede Lektüre immer wieder auf den Subtext der ‚Hebräischen Bibel’ zurückverweist.
Unter eine im November 1938 von Mies Blomsmarasch dahingeworfen Karikatur von Joseph Roth, die ihn als derangierten Trinker hinter einer Siphonflasche und zwei halbgefüllten Gläsern zeigt (siehe S. 289), schreibt dieser in seiner krakeligen Schrift: "Das bin ich wirklich; böse, besoffen, aber gescheit." Man könnte noch hinzufügen: allerdings auch ein Lügner. Vielfältige und variantenreiche Geschichten hat er über sein Leben erzählt und sich mit dem "romantischen" Menschen gleichgestellt, der "wie ein offener Garten [ist], in dem die Wahrheit nach Belieben ein und aus geht". Allein von "dreizehn verschiedenen Versionen über die Identität seines Vaters" weiß sein Biograph David Bronsen zu berichten. Auch bekräftigte Roth, Leutnant gewesen zu sein, gab sich jedoch nachher wieder als Einjährig-Freiwilliger aus; in den zwanziger Jahren gerierte er sich als Sozialist, unterzeichnete seine Beiträge für die Zeitschrift "Vorwärts" mit "Der rote Joseph". Ein Jahrzehnt später hingegen agierte er als Monarchist, der mit entschiedenem Nachdruck auf der Restitution des untergegangenen Habsburger Reichs beharrte. So schrieb er 1933 an Stefan Zweig: "Ich will die Monarchie wieder haben und ich will es sagen." In der Schwebe blieb sogar seine Konfession; mal gab er sich als Jude, mal als Katholik aus. Kaum verwunderlich ist es also, dass er mit seiner 'gespaltenen Zunge' seine Mitmenschen wieder und wieder verwirrte.
In Musils essayistischem Erzählstil hat die Erzählinstanz - mehr noch als direkte oder indirekte Figurenrede und Bewusstseinsdarstellung in Form von innerem Monolog oder erlebter Rede - tragenden Anteil an der erzählerischen Figurencharakterisierung. Wie Gunther Martens in seiner narratologisch ausgerichteten Analyse des "Mann ohne Eigenschaften unlängst gezeigt hat", existieren "bei Musil sehr viele erklärende Hinweise auf das Ungewusste und das Unbewusste der Figuren, wobei es sich eher um ein soziales als um ein psychologisches Unbewusstes handelt." Die im Folgenden unternommene Sozioanalyse der in ihrer Relevanz für den gesamten romanesken Handlungsaufbau bisher meist unterschätzten Figur des Generals Stumm von Bordwehr kann über weite Strecken direkt auf die Bemerkungen der Erzählinstanz zurückgreifen und die erhaltenen Informationen durch eine angemessene Berücksichtigung indirekter Charakterisierungsformen sinnvoll ergänzen, denn "Musil charakterisiert seine Nebenfiguren vor allem über ihre unfreiwilligen Tics, Reflexe und Gewohnheiten." [...] Aus den Überlegungen sollte insgesamt Folgendes ersichtlich werden: Die umsichtige literarische Gestaltung eines "zivilen Habitus" sowie das damit einhergehende tölpelhafte Auftreten des "unmilitärischen" Generals, der als Vertreter der "Pastoralmacht" im Romankontext eine figurale Verkörperung des "strukturellen Herrschaftsmodus" der Moderne darstellt, ermöglichen Stumm von Bordwehrs Funktion als "tätiges Werkzeug" des kakanischen Militarismus bzw. als Vertreter der "auf den Krieg hinarbeitenden gesellschaftlichen Kräfte". Mit dieser subtilen literarischen Habitusformung gelingt Musil nicht nur eine erzählerisch überzeugende Motivierung des geplanten romanesken Handlungsverlaufs, sondern zudem eine bestechende Analyse entscheidender sozialer Entwicklungstendenzen des 20. Jahrhunderts.
Ein Schtetl in der Stadt – Jüdische Identitätsräume in Texten von Martin Beradt und Sammy Gronemann
(2010)
The concern of this thesis is a discussion of the way German-Jewish identity manifests itself in two literary texts before and after 1933. Using the examples of Sammy Gronemann’s novel Tohuwabohu and Martin Beradt’s Die Straße der kleinen Ewigkeit, it offers a textual analysis of two works which share close connections in terms of subject matter, style, and their respective authors’ background, but are historically divided by the fundamental experience of the rise of National Socialism in Germany.
I argue that space is a crucial factor through which identity is constituted in each text, both of which use and partially subvert the romanticized image of the Eastern European shtetl brought to Germany by authors such as Arnold Zweig in the aftermath of World War I. Space in this context always has a twofold quality to it. It functions as a space of identity, but also as a space of identification through which a group of people label others as either belonging or not belonging to a specific space. Furthermore, both texts reject monolithic definitions of Jewish identity, emphasizing instead the diversity of Jewish life in Europe before the Rise of National Socialism.
An Ostern 1923 erhielt Rainer Maria Rilke auf Château de Muzot Besuch vom "Burgherrn", seinem Freund und Gönner Werner Reinhart (1884-1951). In dessen Begleitung erschienen zwei weitere Gäste, der Maler Edmund von Freyhold sowie eine Rilke damals noch unbekannte Musikerin: die australische Violinistin Alma Moodie (1898-1943). Nach dem österlichen Treffen entspann sich zwischen dem Dichter und der Musikerin ein loser Briefwechsel, der mehrere Jahre andauerte. Rilkes Briefe an die Geigerin wurden nie publiziert. Mindestens zwei davon sind auf Auktionen aufgetaucht, die meisten jedoch haben bislang als verschollen gegolten. Ein Teil des Briefwechsels befindet sich jedoch im Besitz von Frau Heidi Spengler-Bickel, der Schwiegertochter Alma Moodies, die es ermöglicht hat, ihn hier zu veröffentlichen. Die insgesamt zwölf Briefe - fünf davon stammen von Rilke - können nicht nur den Briefwechsel des Dichters um einige Teilstücke vervollständigen. Seine Beziehung zu der australischen Musikerin erhält durch die Briefe genauere Konturen - darüber hinaus ermöglichen sie einige seltene Einblicke in das Tourneeleben einer jungen Berufsmusikerin zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Rilkes Begegnung mit Alma Moodie wird im Folgenden in groben Zügen nachgezeichnet; dabei erschien es sinnvoll, die Briefe in den Lauftext einzurücken, so dass der Zusammenhang des in ihnen Besprochenen aus der Chronologie der Ereignisse hervorgeht. Ergänzt wird der Briefwechsel durch Auszüge aus bislang ebenfalls unveröffentlichten Briefen Alma Moodies an Werner Reinhart.
Die Wende 1989 in Joachim Wittstocks Erzählung "In der Nachbarschaft. Von der Schwäche der Macht"
(2010)
The present article deals with Joachim Wittstock’s story In der Nachbarschaft. Von der Schwäche der Macht. Wittstock’s narration presents in the form of a diary the upheaval of 1989 in Sibiu, Romania. We try to analize the story in a wider context, as we consider that the changes of 1989 in Eastern Europe cannot be judged only within the context of their own country, they have to be judged against the European context. Overcoming dictatorship in 1989/91 in East-Central Europe can be regarded as a culturally formative era border; through the restoration of freedom there was a change within all societies of the former Soviet bloc.
How the Romanian Revolution is depicted in Wittstock’s text will be discussed in the following article. The importance of the text for the consolidation of the collective and cultural memory is also an issue stressed in the present analysis.
Fensterszenen in der Literatur haben bislang wenig Interesse geweckt, sie gehören gewissermaßen fraglos zum Inventar des Interieurs und seiner Darstellung. Literarische Fensterszenen sind ja auch bei weitem unscheinbarer als diejenigen, die sich, von der Kunstwissenschaft durchaus beachtet, als 'gerahmte Rahmung' in der Malerei einstellen. Um den Umriß meines Themas anzudeuten, wende ich mich zu Beginn einem der berühmtesten Texte des 20. Jahrhunderts zu; nämlich Franz Kafkas Erzählung "Das Urteil", die mit einer solchen Fensterszene ihren Anfang nimmt. Es heißt da:
Es war an einem Sonntagvormittag im schönsten Frühjahr. Georg Bendemann, ein junger Kaufmann, saß in seinem Privatzimmer im ersten Stock eines der niedrigen, leichtgebauten Häuser, die entlang des Flusses in einer langen Reihe, fast nur in der Höhe und Färbung unterschieden, sich hinzogen. Er hatte gerade einen Brief an einen sich im Ausland befindenden Jugendfreund beendet, verschloß ihn in spielerischer Langsamkeit und sah dann, den Ellbogen auf den Schreibtisch gestützt, aus dem Fenster auf den Fluß, die Brücke und die Anhöhen am anderen Ufer mit ihrem schwachen Grün. (KKA D,43)
Wien, das im Mittelpunkt der folgenden Ausführungen stehen wird, war geradezu ein europäisches Zentrum höfischer Unterhaltungsangebote. An seinem multinationalen Hof bestand das Theaterrepertoire im 18. Jahrhundert vor allem aus italienischen Opern und französischen Stücken. Daneben bestand seit dem frühen 18. Jahrhundert eine Tradition volkstümlichen Theaters mit einer permanenten Spielstätte. Erst im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts wurden aber privat geführte und kommerziell orientierte Theater gegründet.
Zusammen mit diesen Entwicklungen wurde eine systematische Theaterzensur etabliert. Zunächst stellte sich die Zensur in den Dienst der Aufklärung, unterdrückte Obszönitäten, Unsinniges und Derbheiten, im 19. Jahrhundert wandelte sie sich zu einem Instrument der Unterdrückung der politischen Veränderung. Ihr Hauptziel war die Verteidigung des monarchischen Systems, daher wurden der Kaiser und seine Beamten gegen Angriffe verteidigt, und zwar mit einem heute geradezu lächerlich erscheinenden Eifer. Eine ständige Bedrohung für die multinationale Monarchie bildeten die Unabhängigkeitsbestrebungen der regierten Völker. Nationale Propaganda wurde daher von der Zensur ebenso sorgsam überwacht und nach Kräften verhindert. In der zweiten Jahrhunderthälfte trat die soziale Frage in den Vordergrund und lieferte Motive für Verbote und Eingriffe in die Spieltexte. Insgesamt wurden das herrschende gesellschaftliche System und seine Hierarchie gegen Angriffe und Kritik aller Art verteidigt. Die Aristokratie, der Klerus, die Beamten, nicht einmal einzelne Gewerbe oder Unternehmenssparten, sollten auf der Bühne in unvorteilhaftem Licht dargestellt werden.
The novel written by the priest Schlattner, a Romanian born citizen of German origin, caught the attention of the German speaking world in 1998, the year of its publication. This novel describes the Saxon nation in Transylvania before World War II with its way of living, education, church, preachers and teachers, traditions and habits. The action takes place on August 23, 1944 when Romania turns against Germany. The story-teller, a teenager, remembers aspects of his family, which are the same with those of the whole community. The family stands for the whole community. Three generations are living under the same roof, which is typical for the middle class. Grandparents, parents and children are members of the same community, but they do not share the same beliefs. These characters are representatives of their own history and of the period of time when they lived. The grandparents had the opportunity to live in Hungary and also in Italy, but they chose to return to Transylvania. The parents are very different one from another. The mother stays at home and looks after the children. The father is a business man who has to support the family, but also to survive with his small family business on an insecure market. He is a typical example of an open-minded man without prejudices. The five children are of different ages, therefore with different preoccupations. Felix, the story-teller, is quite interesting for the reader. He tries to live in a community full of traditions, but also wants to stand up to the demands of the time. He works as a horde leader in the local Hitler-organization, but he fails. The servants also live in the same house, but they do not belong to the family. Nobody knows their last names, but without them the family wouldn’t be able to live properly. The essay ends with a conclusion about the narrator’s family, which can be seen as a model. Such families actually existed in small towns. Schlattner wrote this story in order to inform the next generations about their history and to reinforce the idea that the Saxon world as we knew does no longer exist.
Rilkes Gedichtband "Das Buch der Bilder" wird allgemein von der Forschung als eine Art Übergangswerk gesehen. Ihm folgen die - weitaus höher eingeschätzten - "Neuen Gedichte", die noch heute als ein Höhepunkt in Rilkes Schaffen gesehen werden und "den Dichter mit seiner neuen […] poetologischen Orientierung zu einem der bedeutendsten Vertreter der literarischen Moderne mach[en]." Daß trotzdem auch einem "Übergangswerk" ein nicht zu unterschätzender poetischer Wert innewohnen kann, zeigt unter anderem Rilkes Beschäftigung mit der Liebesthematik im "Buch der Bilder". In diesem Zusammenhang kann das Gedicht "Die Liebende" als eine Art Zäsur in Rilkes poetischer Gestaltung der Weiblichkeit angesehen werden. [...] Das Gedicht "Die Liebende" im "Buch der Bilder" markiert eine Umkehr von der motivbehafteten Darstellung des Weiblichen hin zur poetischen Darstellung einer Theorie der intransitiven Liebe, die - entgegen gesellschaftlichen Vorstellungen - nicht auf Erwiderung zielt.
“Es ist weder Schwäche noch Minderwertigkeit des Erotischen, wenn es seiner Art nach auf gespanntem Fuß mit der Treue steht, vielmehr bedeutet es an ihm das Abzeichen seines Aufstiegs zu noch weiteren Zusammenhängen. Und darum muß auch da, wo es in solche schon weiter einbezogen wird, ihm von dieser ungenügsamen Sensibilität vieles erhalten bleiben, gerade so, wie es seinerzeit sich nur begründet auf den ursprünglichsten Vorgängen des Organlebens.“ Lou Andreas-Salomé – sie taucht auf zum ersten Mal 1882 als Einundzwanzigjährige, von Nietzsche und seinem Freund Paul Rée gleichermaßen verehrt, geliebt, bewundert. Das Paar Lou/ Nietzsche hat die Phantasie späterer Generationen beflügelt, dieses Zuendedenken und –leben nicht erfüllter Wünsche und Sehnsüchte hat das Kolorit beider Erinnerung wesentlich überzeichnet.
Despite the everyday presence of disasters in the media and a growing number of disaster movies made in Germany, there is only a small amount of disaster literature in contemporary German writing. This article aims to explore, how disasters are enacted in different ways in contemporary novels, film and media in German language by comparing Frank Schätzing’s beststeller “Der Schwarm”, Tomas Glavinic’s “Die Arbeit der Nacht” and the movie “Die Sturmflut.”
Der Briefwechsel zwischen Ingeborg Bachmann und Paul Celan ist im August 2008 endlich erschienen, nachdem er von der Familie jahrelang sehr zum Leidwesen der Forscher unter Verschluß gehalten wurde und ursprünglich auch erst 2023, 50 Jahre nach Bachmanns Tod, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden ollte.
"Warum muß der Wachtmeister Anton Lerch sterben? Warum muß er so sterben? Nicht den Tod, auf den er vorbereitet ist, einen glorreichen Tod vor dem Feind, sondern - niedergeschossen wie ein Hund von der Pistole seines eigenen Kommandeurs, einen schimpflichen, einen unnützen, einen grausamen Tod?" - Mit diesen Fragen beginnt Richard Alewyn seine Deutung von Hofmannsthals 1899 erschienener "Reitergeschichte" und tatsächlich stellen sie sich unweigerlich. Um sie zu beantworten, muss die Erzählung von Beginn an nach denjenigen Momenten des Ungehorsams und der Insubordination durchsucht werden, die die tödliche Bestrafung des Wachtmeisters durch seinen Kommandeur aus militärischer Sicht möglicherweise rechtfertigen. Begreifen lässt sich das Geschehen jedoch erst, wenn auch die Motive, die verborgenen Wünsche und Begierden hinter den Handlungen der zwei Widersacher aufgedeckt werden.
Dieser Artikel widmet sich der Erstrezeption des Romans „Gilgi – eine von uns“, geschrieben von Irmgard Keun, erschienen 1931. Die Rezeption wird mithilfe von Rezensionen betrachtet, welche als öffentliche Rezeptionszeugnisse gewertet werden, und Leserinnenzuschriften, die als private Rezeptionszeugnisse gelten. Um den Roman und die Diskussion um den Roman zu verstehen und zeitgeschichtlich einordnen zu können, wird zunächst in einem Exkurs auf die Debatte über die Neue Frau zur Zeit der Weimarer Republik eingegangen. Dabei soll die Betrachtung des Frauenbildes in den Zeitschriften „Die Frau“ und „Der Querschnitt“ helfen, stellvertretend für die Repräsentation des Frauenbildes innerhalb der medialen Öffentlichkeit. Danach wird der Roman kurz vorgestellt, um schließlich die Rezeption auszuwerten.
Ausgehend von einem 2008 erschienenen Sammelband zur "Pluralisierung des Paratextes" setzt sich der Aufsatz mit der Anwendung des Paratextbegriffs bei Texten der Frühen Neuzeit auseinander. Es wird gezeigt, dass gerade vom Gegenteil von Pluralisierung gesprochen werden müsste und dass der Begriff Genettes erst ab der Neuzeit Gültigkeit besitzt, so dass nach Wegen zu suchen ist, wie mit Texten der Frühen Neuzeit adäquat umgegangen werden kann. Mit Blick auf verschiedene Ansätze der Forschung wird dargestellt, welche Bedeutung der Typographie zukommt und auf welche Weise Texte durch die je spezifische Gestaltung und Materialität an sozialen Netzwerken teilhaben. Vorgestellt wird der Begriff der "Soziotextualität", der den Begriff des Paratextes als eine spezifische Form von Soziotextualität umfasst.
Smutek jako jedna ze základních emocí podstatně ovlivňuje ţivot jedince. Emoce pŧsobí na budoucí jednání ĉlověka ve spoleĉnosti a mají vliv na vnímání okolního světa a jeho utváření. Někdo, kdo je smutný, hodnotí své okolí spíše kriticky a toto negativní nazírání světa se pak odráţí v jeho postojích. Jedním z autorŧ, který reflektuje ve svém díle smutné záţitky z dětství, je rakouský spisovatel Thomas Bernhard. Ve svém románu "Ein Kind" líĉí emocionální izolaci a traumatické záţitky nechtěného dítěte.
Christoph Schmitt-Maaß beschreibt, dass vor dem Hintergrund der Ideen der historischen Rechtsschule und der Studien der Brüder Grimm eine spezifische Poetologie im Gefüge von Rechtsgeschichte, Sprachwissenschaft und Nationalliteratur entsteht, die für die Herausbildung der 'Kulturnation' eine wichtige Bedeutung zukomme. Die Durchdringung von Rechts-, Wissenschafts- und Dichtersprache erweise sich an einem Kulminationspunkt der deutschen Geschichte als bewusstseinsstiftend, insofern sich noch viele Vormärzschriftsteller im Kontext von Recht, Sprache und Poesie auf von Savigny bezögen und dessen Poetologie fortschrieben, auch wenn sie längst zur Chiffre geworden sei. Schmitt-Maaß illustriert diese Wirkungsgeschichte von Savignys und der Brüder Grimm am Beispiel von Heinrich Heine und Hoffmann von Fallersleben. Während Heine eine kritische Distanz zu den rechtshistorischen Positionen der historischen Rechtsschule einnehme, begreife Hoffmann von Fallersleben, dessen liberale Auffassungen eng mit der mittelalterlichen Literatur, etwa Walthers von der Vogelweide, in Verbindung gesetzt würden, die Aufgabe von Dichtung als Politik, die sich aus der Gemeinsamkeit von Recht und Poesie im 'germanischen' Altertum ergebe. Schmitt-Maaß weist nach, wie Literatur, Literaturgeschichtsschreibung und Jurisprudenz im Vormärz zusammentreten.
Básnictví Kurta Drawerta je neustálé zúčtovávání s epochou totalitarismu a se zotročením člověka socialistickým státem. Spisovatel jako očitý svědek východoněmecké situace pečlivě zaznamenává skutečnosti a snaţí se představit poměry panující v DDR. Mechanismy fungování socialistického státu líčí Drawert v románu 'Spiegelland. Ein deutscher Monolog' na příkladu své vlastní rodiny. V našem příspěvku se pokoušíme důkladně ukázat translatologické problémy při reprodukci jazyka a emocí v Drawertových textech do polštiny. Naše pozorování vyplývají z naší práce na německo-polském vydání textů Kurta Drawerta ve městě Częstochowa pod názvem 'Monolog Niemca'.
Natürlich wäre es ein vergebliches, möglicherweise unzulässiges Unterfangen, dem Bekenntnis der Kolmar, Rilke habe sie "vielleicht" durch die "Plastik" seiner "späteren Gedichte" und mit "Einzelheiten aus [seinem] Werk beeinflußt", nun nachzugehen und es gar belegen zu wollen. Allein und dennoch: legitimiert wäre man mit jenem Eingeständnis schon und sich selbst der Subjektivität bei solchem Versuch durchaus bewußt.
"Und, was das komische Fach angeht, lassen wir uns durch irgend etwas zum Wiehern bringen, was nicht plump und dick aufgetragen und dann noch dreimal unterstrichen ist?", fragte einst Richard Alewyn rhetorisch und hielt Hugo von Hof mannsthal postum für "berufen […], eine deutsche Lustspielbühne" gewissermaßen jenseits plumpen Wieherns zu schaffen. Seither ist zu Hofmannsthals Komödien nicht wenig geforscht worden; erstaunlich selten aber finden sich Arbeiten, die genauer nach der Komik in seinen Lustspielen fragen. Die meisten Untersuchungen greifen dramaturgische, historische, auch gesellschaftskritisch-politische oder motivliche Spezialaspekte heraus und stellen wichtige Interpretationsangebote auch zum "Unbestechlichen" zusammen. Auf Seiten der Komik- und Humor-Forschung ist das Bild nicht anders; bei der Suche nach Beispielen für systematisch interessante Lachanlässe in Theaterstücken fällt der Blick kaum je auf Hofmannsthal.
Die folgende Arbeit beschäftigt sich mit der belletristischen Literatur, die in den ersten Jahrgängen der von Helene Lange gegründeten Zeitschrift „Die Frau, Monatsschrift für das gesamte Frauenleben unserer Zeit“ publiziert wurde. Die untersuchten Jahrgänge eins bis vier und sechs umfassen den Zeitraum von 1893 bis 1899. Stichprobenartig wurden einzelne belletristische Texte ausgewählt, die von Ehe, Mutterschaft, Erziehung, Bildung und Berufstätigkeit handeln und sich damit den zentralen Themenkomplexen der bürgerlichen Frauenbewegung widmen. Das Hauptinteresse der Untersuchung liegt bei der Positionierung dieser Texte innerhalb der bürgerlichen Frauenbewegung. Grundsätzliche Merkmale der belletristischen Literatur in der Zeitschrift „Die Frau“ werden außerdem benannt. Detaillierte Textanalysen veranschaulichen, welcher Methoden sich die belletristische Literatur bediente, um Positionen innerhalb der Frauenfrage zu beziehen und Einfluss auf ihre Rezipientinnen zu nehmen.
Tiecks zweiter Roman, Franz Sternbalds Wanderungen, der 1798 erschien, widmet sich Themen, die um Kunst und Künstler kreisen. Schon die "Vorrede" verdeutlicht: "Am meisten habe ich bei diesem Werke meiner Laune an Euch, ihr Jünger der Kunst, gedacht, die Ihr Euch mit unermüdetem Streben zu den großen Meisterwerken hinandrängen wollet, die Ihr Euer wechselndes Gemüt und die wunderbaren Stimmungen, die Euch beherrschen, nicht begreift, die Ihr gern die Widerspruche lösen möchtet, die Euch in manchen Stunden ängstigen. Euch widme ich diese Blätter mit besonderer Liebe und mit herzlichen Wünschen, dass Euch hie und da vielleicht eine Wolke schwindet, die Eure Aussicht verdeckte."(S.9) Hier werden die Adressaten des Romans, die "Jünger der Kunst", und die zentralen Themenbereiche der Kunstproduktion und des Verhältnisses zur Tradition ("Streben zu den großen Meisterwerken") bereits angesprochen.
Die Ausrichtung der Blicke : Aspekte des Schauens und Angeschaut-Werdens im Werke W. G. Sebalds
(2010)
In der Art und Weise, wie Sebald Melancholie bei sich als "emotionale Disposition" begreift, überträgt er in seine Prosa eine Vorstellung von Melancholie, die nicht als reaktiver Zustand zu verstehen ist [...], sondern analog zu Hildesheimer als ein konstitutioneller Zustand in Erscheinung treten soll, als ein der Literatur innewohnender Gestus. Melancholie dient dabei einer Fiktionalisierung und darf zugleich nicht fiktionalisiert werden. Melancholie kommt vielmehr subtil zur Geltung; im Blick der Augen, im Blicken der Figuren, im gegenseitigen, kontemplativen Anblicken und in den bildlichen Ausblicken, die die Fotografien gewähren. Diese in die Texte eingelassenen Bilder, die immer auch Blicke nach den ihnen ganz eigenen Regeln und Gesetzen preisgeben, funktionieren wie Fenster, die "unentbehrlichen Requisiten der Melancholie". Für den lesenden Betrachter bedeuten sie nur auf den "ersten Blick" äußerliche Aussichten, denn vielmehr bieten sie Einblicke in
das melancholische Wesen der Sebaldschen Literatur.
Wenn man die sieben Editionen ihrer großen Märchenausgabe miteinander vergleicht, so fällt auf, dass der Textbestand jedes Mal verändert und vermehrt sowie einzelne Stücke immer wieder überarbeitet wurden, dass es aber nicht nur quantitativ bedeutende Veränderungen, sondern auch qualitative Unterschiede zwischen der Erstauflage und den späteren Auflagen gibt (vgl. dazu die tabellarische Übersicht in Kinder- und Hausmärchen, hrsg. von Rölleke, 1994, Bd. 3: 545 – 558). Betrachtet man einzelne gestrichene Märchentexte näher, stellt man fest, dass es mehrere Gründe gab, aus denen sie die Brüder Grimm in spätere Auflagen nicht mehr aufnahmen. Es wurden vor allem die Märchen ausgelassen, welche ihnen zu deutlich aus fremdsprachiger Überlieferung stammten.
Die "Neuen Gedichte" von 1907 und "Der Neuen Gedichte anderer Teil" von 1908 bilden einen Einschnitt in Rilkes Lebenswerk. Auf der einen Seite stehen die großen Arbeiten der früheren Jahre: "Das Stundenbuch" (1899-1903) und "Das Buch der Bilder" (1902-1906), auf der anderen aber weht ein neuer Wind: härter vielleicht, ein wenig schärfer, jedenfalls aber ein Wind, der von der Vergangenheit in die Zukunft weht. Am Ende, vierzehn Jahre später, stehen die vollendeten "Duineser Elegien" und die "Sonette an Orpheus" und mit ihnen ein anderer Geist. Doch die "Neuen Gedichte" bildeten schon lange vorher einen Unterbau für das Gebäude mit einer neuen Architektur der dichterischen Sprache. [...] Die sich nun entwickelnde Weltanschauung in Rilkes Werk, die zu dieser Zeit Gestalt annahm, kann unter anderem durch seine neue Auffassung der bildenden Künste erklärt werden.
Der historische Index für die in der Titelformulierung zum Ausdruck kommenden kontrast-und spannungsreichen Freundschaftskonstellationen in einem um 1800 sich bildenden urbanen Umfeld wird ersichtlich, wenn man die Unterscheidung von empfindsam geprägten Bekenntnisfreundschaften und diplomatisch geführten Freundschaftsnetzwerken einführt.
Die Herrmannsschlacht ist als Manifest des Partisanenkampfes gelesen worden, in dem das hehre Ziel - Befreiung und Einigung Deutschlands - jedes Mittel rechtfertige. Erst in den letzten Jahren ist das Drama nicht mehr als Propagandastück gelesen, sondern als „Lehrstück in Sachen Propaganda“ erkannt worden: Herrmann ist nicht Kleist). Im Folgenden soll deshalb nicht interessieren, was Kleist ideologischen Mutmaßungen zufolge mit seinem Stück wollte, sondern was sein Stück tut. Schwarz auf weiß, lautet [die] Gegenthese [der Autorin], wird die Begründung der deutschen Nation in der Herrmannsschlacht als das verworfene Zerrbild Roms lesbar. In der „Posse“, welche die Herrmannsschlacht ist, erscheint Deutschland als die verzerrte Fratze Roms. Deutschland entpuppt sich als nichts anderes als eine Perversion des Römischen - oder eben des Französischen. Die Herrmannsschlacht setzt keinen urdeutschen Moment, sondern die Unhintergehbarkeit der translatio Romae in Szene. Von Anfang an wird in diesem Stück die Opposition von Germanen und Römern getreu der translatio Romae dekliniert, vor der es kein Entrinnen, keinen andern Ursprung, keine irgendwie geartete Authentizität gibt. Alles an diesem Stück ist römisch.
The search for footing can be thought of as an essential human experience. Joachim Wittstock’s essays published in the anthology Einen Halt suchen reveal not only the socio-political repercussions of this pursuit but also establish its phenomenology and morphology. In my paper I will focus on the link between the search for footing and the mortal condition, thus demonstrating how the true nature of this pursuit for existential stability and security can be understood as life’s aversion towards death.
[Es] sollen hier einige wenige repräsentative Momente der Konstellation von Erinnerung und Bildlichkeit in das Blickfeld gerückt werden. In diesem Zurückrufen einiger Motive, das ein Offenes bleiben muß, sollen sich wesentliche Züge der Beziehung von Erinnerung und Bild bei Heidegger herauskristallieren, um diese Begriffe in seinem Denken in einem etwas weniger rätselhaften Lichte erscheinen zu lassen. Unter dem Gesichtspunkt dieser Beziehung läßt sich möglicherweise auch Heideggers ebenso grundsätzliche wie apodiktische Behauptung nachvollziehen, "vielleicht ist 'das Denken' stets 'Andenken'". So ließe sich für sie im Sinne einer Heideggerschen Erörterung unvorgreiflich ein Ort finden.
Seit gut zwanzig Jahren sind keine Zweifel mehr erlaubt: Heinrich Heine ist in seine deutsche Heimat wieder definitiv heimgekehrt, und die große Heine-Ökumene scheint angebrochen. Denn wohl erstmalig in der Geschichte herrscht heute im deutschsprachigen Raum ein universeller und ungebrochener Konsens zu dem Dichter, daß er jedem, der die wechselhafte Geschichte dieses ungezogen Lieblings der Grazien in seinem Vaterlande kennt, fast verdächtig anmuten muß: Traut man doch gerade als alter Heine-Kämpe da dem Frieden, ja bisweilen den Augen nicht. Und so triumphal der Einzug - und selbst sein Heros Napoleon hat in Düsseldorf wohl keinen triumphaleren gehalten - , den der inzwischen allseits Gefeierte beispielsweise 1997 zum zweihundersten Jubiläum in seiner Geburtstadt hielt, das mit allem gebührenden Glanz und Gloria als mediale Event und internationales wissenschaftliches Happening, gar als germanistisches Love-In begangen wurde, überkam den eingefleischten Heine-Verehrer bei aller Genugtuung dabei doch fast ein leichtes Unbehagen, ein fast nostalgisches Heimweh nach jener nicht allzu fernen, doch nun versunken
anmutenden Äone, wo, wie die verklärende Erinnerung es suggeriert, um und über den Dichter noch so aufwühlend wie aufschlußreich gestritten wurde.
Short stories of Siegfried Lenz, one of the most recognized Germanwriting authors of the post-war and contemporary literature, are the primary subject of the scientific article titled “The social aspect of Lenz in his short stories”. In this context, an attempt is made to analyze characters with the purpose of revealing the modern world whereby he handles the problems of modern world and modern human. In his short stories, Lenz presents a social world where certain behavioral and mental patterns are formed. In other words, the objective of this scientific article should be to conduct a thematic discussion in respect of the content of the short stories of Lenz. From this perspective, the central questions asked by the above mentioned scientific article may be formulated as follows: Could the short stories of Lenz be structured by adding one on the top of other, or are these short stories any expressions or presentations of different aspects of social life which cannot be combined with each other?
: The concept of the foreign view is a recurring theme throughout all of Herta Müller’s prose. This kind of view derives from her biography. Certainly an unique biography but it is also transferable to many other people. Expressions like „remaining in order to leave“ or „arrived, but long not here“ become guidelines of leaving and arrivals or non-arrivals. The individual acts in-between languages, worlds and in-between cultures. Identity has to change continuously, as it is always in a process.
Christine Haug streicht die juristische Problematik auf dem Buchmarkt des Nachmärzes heraus und beschreibt die fortschreitende Globalisierung der Buchmärkte, wobei der Ausbau der internationalen Kommunikations- und Verkehrssysteme wichtige Katalysatoren waren. Haug verdeutlicht am Beispiel des New Yorker Buchhändlers und Verlegers Ernst Steiger, der in Süddeutschland zu den Vertretern der sogenannten 'speculativen Richtung' des Buchhandels gehörte, zum einen das Urheberrechtsverständnis auf dem deutschsprachigen Buchmarkt und zum anderen die Irritationen, die sich auf Verleger-, vor allem aber auf Schriftstellerseite (Berthold Auerbach, Paul Lindau, Friedrich Spielhagen) in der Konfrontation mit dem amerikanischen Copyright einstellten, als im Zuge der Auswanderungen in die USA die deutschsprachige Literatur sich auf dem amerikanischen Buchmarkt zu etablieren suchte. Das divergierende Rechtsverständnis ist, so wird deutlich, zugleich eng gekoppelt an ästhetische, produktionstechnische und ökonomische Vorstellungen zur Literatur und zum Literaturmarkt, die im Hinblick auf Vormärz-Verlage wie Otto Wigand oder Heinrich Hoff aufschlussreich sind.
Von [den] Tatsächlichkeiten der Mediengesellschaft ausgehend, läßt sich rückblickend beobachten, wie in den klassischen Ehebruchsromanen die mediale Konstruktion und Reproduktion durch Geschriebenes und Gedrucktes, durch Gelesenes, Gesehenes und Gehörtes, durch Brief, Buch, Malerei und Musik wirksam waren. Insbesondere dann, wenn eben diese reproduktive und generative 'dritte Kraft' der "Medien" die einschlägigen Narrative nicht nur "transferiert", sondern in sie "interveniert": einbricht in die Liebes- und Verratsgeschichten […].
Dieser Beitrag sucht einen bescheidenen Anfang zu machen, indem er in diplomatischer Transkription jene Briefe dokumentiert, die Vollmoeller und Hofmannsthal austauschten, und welche heute vornehmlich in der Bibliothek des Freien Deutschen Hochstifts in Frankfurt (FDH) aufbewahrt werden. Die sieben Briefe Vollmoellers stammen aus den Jahren 1903 bis 1925, drei Briefe Hofmannsthals an Vollmoeller aus dem Jahr 1927 liegen in Abschriften vor. Hinzu kommt noch ein Kondolenzschreiben Vollmoellers an Christiane von Hofmannsthal-Zimmer, datiert auf den 19. Juli 1929.
The present study which was presented at an international scientific session dedicated to the Bologna process and to its implementation in Romania – session organized in Sibiu in the period May 6-8, 2010 – makes reference to the structure of the Bologna-type structure within the German Studies of Sibiu. There have been taken into account the Bachelor’s, Master’s and Doctoral degrees as well as exemplifications regarding curricular aspects. The study points out both the strengths of the Bologna process and its weaknesses such as a more modest interaction between research and instruction within the Bachelor’s degree studies, whereas this desideratum can be better met within the Master’s degree programmes, the crowning achievement within the research activity being the doctorate.
The paper aims at pointing out some characteristics of postmodern theatre, starting from the fact that, theatre no longer favors the traditional concept of the Aristotelian drama, but tends to a mixture of discourses, of verbal and non verbal types of communication, as well as of interdisciplinary, intercultural and intertextual means of expression. Theoretical considerations are followed by the analysis of: the play Nyktophobie, oder: Mephistos später Gruß an Faust (Fear of the Dark, or Mephisto’s Belated Greetings to Faustus), an adaptation by C.E. Puchianu and R.G. Elekes, known as Duo Bastet. The analysis points out some didactic aspects of drama and theatre as well.
Holger Steinberg und Sebastian Schmideler stellen zum Fall Woyzeck die Gutachten und die Urfassungen der beiden Todesurteile des Schöppenstuhls, die wichtigste juristische und medizinische Diskussionsgrundlage des gesamten Prozesses, vor. Die Todesurteile sowie die Gutachten, darunter jenes des Stadtphysikus' Johann Christian August Clarus, werden medizin- und insbesondere psychiatriehistorisch eingeordnet. Bemerkenswert ist das Sondervotum des Kronprätendenten Friedrich August von Sachsen, der Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit Woyzecks hegt und die Umwandlung der Todesstrafe in eine lebenslange Zuchthausstrafe fordert. Schließlich wird das im Prozess entscheidende Dokument, das bis vor kurzem verschollen geglaubte, aber in einer Abschrift in der Universität Leipzig Gutachten der Medizinischen Fakultät diskutiert. Die beschriebenen Dokumente geben Einsicht in die Diskussion um das Verhältnis von Recht, Publizistik/Literatur und Gesellschaft in den 1820er Jahren - löste der Fall Woyzeck doch eine von der medizinischen, juristischen und politischen Fachöffentlichkeit heftig geführte gesellschaftliche Debatte aus, zu deren Rekonstruktion die im Beitrag stattfindende Darstellung der Archivmaterialien beiträgt.
Die Grundfrage, die sich angesichts der derzeitigen und künftigen Entwicklung stellt, ist die nach den Perspektiven der Auslandsgermanistik in Mittel- und Osteuropa. Sieht man ab von den bereits an anderer Stelle angeregten strukturellen Änderungen, die die Effizienz, Relevanz und Qualität der Germanistik merklich steigern könnten, (vgl. Schuppener 2009: 29f.) kann man darüber nachdenken, welche Reaktionsmöglichkeiten die Auslandsgermanistik besitzt, um auf den einsetzenden Wandel zu reagieren und damit neue Potenziale und Aufgabenfelder zu eröffnen.
Von entscheidender Bedeutung ist zunächst die Frage, an welche Zielgruppen sich die Studienangebote der Auslandsgermanistik bislang richten. Auf dieser Grundlage lässt sich dann erörtern, ob und ggf. wie eine Veränderung bzw. Verbreiterung dieser Zielgruppen erfolgen kann.
Tiere stellen im Werk und Denken Elias Canettis eine ebenso zentrale wie komplexe Bezugsgröße dar, die nicht nur im Kontext der zeit- und menschheitsgeschichtlichen Diagnostik von "Masse und Macht" und im Zusammenhang mit dem für ihn zentralen Begriff der Verwandlung, sondern auch in seinen Aufzeichnungen eine entscheidende Rolle spielt. Canetti nimmt damit teil an einer für die Moderne kennzeichnenden Entwicklung, die dazu führt, dass die bis dahin vorherrschende anthropozentrische Perspektive auf das Verhältnis von Mensch und Tier aufgegeben wird. Schon im 19. Jahrhundert rückt das Tier - trotz Kants weitgehender Affirmation der cartesischen Bestimmung des Tiers als einer Sache - dem Menschen zunehmend näher, zum einen bedingt durch die fortschreitende naturwissenschaftliche Abwendung von den bis dahin gültigen Klassifikationen, zum andern veranlasst durch die Umwälzungen der Darwinschen Evolutionstheorie. Nicht zufällig lassen sich in der Literatur des 19. Jahrhunderts dann vielfältige Versuche und Formen ausfindig machen, die die Transgression von Mensch und Tier zu gestalten suchen und die bis dahin geltenden, gleichermaßen klaren wie starren Grenzziehungen unterlaufen und in Frage stellen, eine Entwicklung, die sich im 20. Jahrhundert noch einmal verstärkt
Außer der historischen Rechtsschule spielen die Rechtsüberlegungen des politischen Liberalismus im Vormärz eine bedeutende Rolle. Dessen wichtigstes Publikationsorgan ist das Rotteck-Welckersche "Staatslexikon", das Eva Maria Werner vorstellt. Die Entstehungsgeschichte, die Konzeption, die Autoren, die dort verhandelten Themen, aber auch die Wirkung und Bedeutung dieses 'Glaubensbekenntnisses' des Liberalismus werden dargestellt. Liberale Rechtsvorstellungen werden im "Staatslexikon" sowohl in übergeordneten wie auch in speziellen Beiträgen thematisiert. So werden rechtstheoretische und -philosophische Themen im Aufsatz "Gerechtigkeit und Recht und Unterschiede des Rechts von der Moral" oder im Artikel "Naturrecht, Vernunftrecht, Rechtsphilosophie und positives Recht" aufgegriffen, während konkrete rechtspraktische Themen etwa im Artikel "Proceß" verhandelt werden.
Es ist nicht zu übersehen: Jene Schriftspur der Träne bildet das Medium der Sichtbarkeit eines ansonsten Nicht-Sichtbaren. Aufgrund dessen ist dem Objektiv der Träne ein transitorisches oder passageres, das heißt eine Grenze passierendes "Begreifen des Unsichtbaren" an den äußersten Grenzen der bloßen Vernunft möglich. Das Objektiv der Träne hält den Sehenden in der Blickbahn des 'selbanderen' Passanten, der – der Transitivität der Zeit zum Trotz - eine Topographie des Einzigen zum Vorschein bringt. So repräsentiert die Träne – die zugleich einen Schutzfilm bildet, um mit dem Leben davonzukommen – eine (un-)sichtbare Urspur des Unsichtbaren.
Dass die Zeit zwischen 1750 und 1850 zur ‚Sattelzeit’ der Moderne wurde, wird – bei allen Diskussionen um den Begriff selbst – kaum noch in Frage gestellt. Dabei haben sich besonders die tiefgreifenden Umwälzungen auf dem politischgesellschaftlichen Gebiet ins kollektive Gedächtnis eingeprägt. Aufs Engste damit verbunden sind die geistesgeschichtlichen Veränderungen der Zeit, die die Umbrüche der Lebenswelt oftmals erst ermöglichten. Daher kann ihre herausragende Bedeutung bis in die Moderne nur schwerlich überschätzt werden. Es gilt also dieses Erbe frei nach dem Goethe-Wort mit Treue zu bewahren. Doch aufrichtige Treue und damit die Möglichkeit, auch das Neue freundlich aufgenommen zu wissen, schließt immer auch eine kritische Reflexion des vormals Gewesenen ein. Diesen Anspruch, ein konkretes Phänomen neu zu betrachten, hatte sich der groß angelegte Sonderforschungsbereich (SFB) 482 „Ereignis Weimar – Jena. Kultur um 1800“ vor über 12 Jahren zur Aufgabe gemacht. Am 10. und 11. Juni dieses Jahres informierten die Verantwortlichen in einer Abschlusstagung in Jena nun über ihre Ergebnisse.
Eine Grenzszene eröffnet Peter Handkes Erzählung "Die Wiederholung". Ihr junger Held, Filip Kobal, begibt sich 1960 von Österreich nach Jugoslawien, auf eine Spurensuche nach seinem seit dem Zweiten Weltkrieg dort vermissten Bruder, eine Szene, die gleich zu Beginn die Vieldeutigkeit des semantischen Feldes 'Grenze' entfaltet: mit dem Eintauchen in den literarischen Text und der Grenzüberquerung beginnt der Aufenthalt in einem unbekannten Land und in einer neuen Sprache. Als Abkömmling der Kärntner Slowenen siedelt Filip Kobal im 'Dazwischen' der Nationen, wie sein Erfinder Handke, der von sich selbst einst sagte, er "lebe nur von den Zwischenräumen". In unserem Beitrag wollen wir die Funktion und das Potential dieser Zwischenräume in "Die Wiederholung" in ihren kulturellen und poetologischen Zusammenhängen untersuchen und, mit dem begrifflichen Rüstzeug unserer Lektüre des französischen Philosophen Gilles Deleuze, zeigen, dass sie Teil einer poetischen Strategie sind, die als 'littérature mineure' bezeichnet werden kann.
Über das Gänsespiel, (Jeu de l’oie, Giuoco dell’Oca, Juego de la Oca, Game of the Goose,Ganzenspel, Gaasespil), ein Würfellaufspiel mit 63 Feldern, ist bereits viel geforscht und geschrieben worden. Die Forschung durch einen kleinen Mosaikstein zu bereichern und dem Jubilar dadurch eine Freude zu bereiten, ist das Ziel [des] vorliegenden Beitrages. Wie zu zeigen sein wird, hat die Druckgraphik – ein bevorzugtes Forschungsgebiet des Jubilars – bei der Ausbreitung des Spiels von seinen Anfängen an eine große Rolle gespielt. Diese in Italien oder Frankreich zu suchenden Anfänge des Gänsespiels werden in der Forschung allgemein auf die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert gelegt, und es herrscht Übereinstimmung darüber, dass das Spiel zunächst in Adelskreisen beheimatet war und um Geld gespielt wurde, bevor es mit Hilfe gedruckter populärer Spielbogen allmählich in andere Bevölkerungsschichten vorgedrungen ist und letztendlich in der Kinderwelt landete.
Der vorliegende Beitrag wirft einen Blick auf die Darstellung des Rollenverständnisses von Mann und Frau in der Lyrik von Frauen zur Zeit des Deutschen Kaiserreichs (1871–1918). Die Frage nach der Stellung der Frau in Gesellschaft, Familie und Arbeitswelt ist in den paradigmatisch ausgewählten Gedichten mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung ein Thema. In diesem Zusammenhang ist es erforderlich auch einen Blick auf die Rahmenbedingungen der Autorinnen des Kaiserreichs zu werfen, da Literatur als ein Teilbereich der Kunst ein Indikator für das Weltverständnis und Selbstverständnis der Menschen dieser Zeit ist. Zudem lassen sich die ausgewählten Gedichte durch die Betrachtung der Kennzeichen weiblicher Lyrikproduktion gegenüber der zeitgemäßen unkritischen religiösen Lyrik sowie Natur und Liebeslyrik abgrenzen und es lässt sich nach dem Stellenwert der kritischen unzeitgemäßen Gedichte fragen.
Die Frage nach dem "Erbe der Literatur" steht ihrerseits in einer Erbfolge. Nach 1945 stellte sie sich schon einmal im Kontext der Legitimierung einer sich neu definierenden Gesellschaftsformation. Der Anspruch der DDR, ein Hort der Bewahrung und Pflege des klassischen, bürgerlich-humanistischen Erbes zu sein, wurde in der westdeutschen Sicht der sechziger Jahre kritisch umgedeutet als Kulturkonservatismus, Traditionalismus und Antimodernismus, die als "bürgerliche" Haltungen genuin sozialistisch-revolutionäre Neuerungen und Traditionen abblockten. Erst in den siebziger Jahren wurde die literarische Erbetheorie in der DDR grundsätzlich reformuliert und für Modernisierungen zugänglich. Wie stellt sich aber die Frage nach dem (bürgerlichen) Erbe in der ostdeutschen Literatur nach der Wiedervereinigung? Hier können nur einige historische Skizzen und ästhetische Teilaspekte in einer feldanalytischen Perspektive im Sinne der Soziologie Pierre Bourdieus vorgestellt werden. Sie münden in die Betrachtung eines spezifischen Erbes von drei Vertretern der sogenannten Generation der "Hineingeborenen", nämlich Ingo Schulze, Durs Grünbein und Uwe Tellkamp.
Rezension zu Victor Klemperer: LTI – A Linguagem do III Reich. trad. Miriam Ölsner. Rio de Janeiro: Contexto, 2009
Recent critical discussions of German migrant and post-migrant literature has repeatedly focussed on the phenomenon of the exotic: where some writers seem consciously to exoticise their writing, exaggerating myths about Oriental culture and thus highlighting differences between East and West, perhaps with the aim of making foreigners exciting, likeable or deserving of sympathy, others react against this, rejecting clichés and highlighting continuities, apparently with the aim of making cultural boundaries traversable. Both are understandable strategies tor dealing with displacement. ln this context l should like to adopt a term from quite a different discipline. Bultmanns concept of demythologising. ln theology, demythologising means dissectting the "myth" - the sacred but implausible narrative - to distil from it a kerygmatic truth. If we regard the exotic as being, in this technical sense, the "myth", then it is not entirely devoid of a relationship to reality, but it cannot simply be read as "teal". Thus demythologising is the opposite process to exoticising. Drawing on satirical texts by four Turkish-German writers and cabaretts, this paper looks at ways in which this ethnic minority can use ironic self-depiction to capture and defuse the stereotypes with which it is confronted. Under the rubric "cold turkey", that is, Turkishness without the psychedelics, it shows how the satirists transpose clichés into everyday situations, where they become absurd. The paper’s conclusion is likely to be that hybrid communities are inevitably torn between a desire to highlight demarcation lines (exoticism) and a need to accentuate the potential for assimilation (demythologising). Humour, which in any case has a tendency either to underline or to debunk stereotypes, serves as a highly effective tool for working out this dichotomy, and as all four satirists have successfully reached main-stream German audiences, it would also appear to be a key mechanism in achieving intet-cultural understanding.
Beinah alle literarischen Werke Christa Wolfs werden von Reflexionen über das eigene Schreiben und die damit verknüpften poetologischen Probleme begleitet. Entweder sind diese Bestandteile des Textes (wie in Kindheitsmuster) oder sie werden in Form ergänzender Essays mit veröffentlicht. Auch das Lebens-Protokoll Ein Tag im Jahr liest sich wie ein Paralleltext zu dem schriftstellerischen Werk Christa Wolfs und gewährt einen Einblick in die vierzigjährige Entwicklung der Autorin. Die theoretische Auseinandersetzung mit einem Stoff dient Christa Wolf vor allem dazu, für die eigenen politischen und persönlichen Erfahrungen die angemessene literarische Ausdrucksweise zu finden.
Im Folgenden sollen die Autorenpoetik Christa Wolfs und die in ihrem Gesamtwerk geltenden Konstanten beschrieben werden. Außerdem wird darauf eingegangen, wie sich die Veränderung des eigenen Seh-Rasters4 auf ihr Schreibkonzept ausgewirkt hat.
Writing was to be processed for Christa Wolf always important impulse of conflicts and crises and be argued with experiences. The reunification of Germany and the fast agreement process belong to their most important experiences. In its novel “Medea.Stimmen” refers it in the mythischen garb to the socio-political change, which is realized by the two countries Colchis and Corinth. The present work points first the personal experiences out of the author shortly before and after the reunification and it examines the two countries Kolchis and Korinth under the aspect of their radical change phase, represented in the novel, in order to then light up their effect on the literary figures.
In einer Sonntagsnachmittagsvorstellung veranstaltete der "Verband der Freien Volksbühnen" im Februar 1915 eine "Jedermann"-Aufführung im Haus des »Deutschen Theaters« in Berlin. Die "Freie Volksbühne Berlin" war 1890 von der deutschen Arbeiterbewegung gegründet worden. Sie verstand sich als Besucherorganisation, die ihren Mitgliedern zu stark ermäßigten Preisen Theateraufführungen anbot. Der einflussreiche Theaterdirektor Otto Brahm (1856-1912) stand zunächst an der Spitze der Organisation, tatkräftig von dem streitbaren Bruno Wille (1860-1928) unterstützt, der hier eine Möglichkeit sah, seine Ideale einer in jeder Hinsicht freien Kunst zu verwirklichen und einem dezidiert als 'proletarisch' angesprochenen Publikum zu vermitteln. Brahm, früher Leiter des "Deutschen Theaters" in Berlin, wollte sein Programm vor allem mit Stücken profilieren, die von der Zensur verboten oder der Politik missliebig waren.
The three 'Materialienbände' - 'Schnitte'; 'Rom, Blicke'; and 'Erkundungen für die Präzisierung des Gefühls für einen Aufstand' - that Rolf Dieter Brinkmann produced in the early 1970s have, in the last decade, gradually come to be recognized as central statements of a radically new cultural formation. A peculiar feature of this recognition, though, is the relative puzzlement that lingers over the question as to the 'form' of these volumes. That the three objects resist generic classification is by now a truism of the Brinkmann literature; yet even the construction of a cultural field within which the volumes might be compared to other works has remained elusive. The essay that follows, based largely on a reading of 'Rom, Blicke', is an attempt to construct precisely that cultural field.
Brecht - Galileo
(2010)
This is the age of doubt, says Brecht's Galileo, the 17th century scientist. "It ain't necessarily so," says Gershwin's Sportin' Life of the 1930ies. "De t'ings dat yo li'ble / to read in de Bible / it ain't necessarily so. / Now I takes dat gospel / whenever it's pos'ble / but wid a grain of salt."
Kein Thema, so scheint es, ist bei einem Rilke-Kolloquium in Paris besser angebracht als das der Beziehung Bonnefoys zu Rilke. Yves Bonnefoy, Jahrgang 1923, der bereits 1953 mit dem Gedichtband "Du mouvement et de l'immobilité de Douve" auftrat, ist die heute bedeutendste Dichterfigur Frankreichs. Sein Werk ist weit über die Nationalgrenzen hinaus gedrungen. Im Besonderen genießt es einen hohen Ruf in Deutschland, wo es in großem Umfang übersetzt wurde. Es besteht nicht nur aus Gedichten, sondern auch aus zahlreichen Essay-Bänden zur Kunst- und Literaturkritik, Monographien zu Giacometti oder Goya und einer nicht geringen Zahl an Übersetzungen. Damit steht er an Rang und Breite Rilke zur Seite. Befaßt man sich nun mit seiner Lyrik und Dichtung, so wird man vieler Parallelen mit Rilke gewahr. Um nur einige davon zu nennen: Bei beiden nimmt das "Offene", das "Einfache", gar der Tod einen zentralen Stellenwert ein, beide Lyriker lehnen die Erlöserfigur des christlichen Gottes ab, messen dem Unsichtbaren hohen Wert bei und bekennen sich entschieden zum Hiesigen. Beinahe neigt man zu der Annahme, daß die Frage der Beziehung von Yves Bonnefoy zu Rilke sich aus seinen Gedichten und seinem Werk geradezu aufdrängt.
Die Diskrepanz zwischen den Geschlechtern hinsichtlich der Bildungsmöglichkeiten im ausgehenden 19. Jahrhundert ist im Roman „Christa Ruland“ von besonderer Bedeutung. Auf rhetorischer Ebene herrscht ein Motiv der Bildung vor, durch das jede auftretende Person klassifiziert wird – sowohl Männer als auch Frauenfiguren. Die Charakterisierung der Figuren mittels bildungsspezifischer Zeitbezüge, bedingt die Reflexion über die Entwicklung der Frauenbildung. In der Gegenüberstellung der Bildungsmotivik deuten sich positiv zu bewertende Entwicklungen innerhalb der Frauenund Gesellschaftsbildung an. Es handelt sich jedoch lediglich um dargestellte Ansätze. Die Realisierung der aufkeimenden Gleichstellung scheint für das Individuum höchst diffizil.
The present article written by Ch. Klein on the occasion of Joachim Wittstock’s 70th birthday concentrates on a kind of balance, starting from the story Karussellpolka of the writer from Sibiu. Wittstock wrote the above mentioned story at the age of 40 and, consciously or not, he suggests the necessity of each of us to make the balance of his/her own life as soon as possible. Ch. Klein regards the story Karussellpolka adequate to this purpose, i.e. for balance, as it is the only prose narrative which deals with such a balance, not only generally as a human condition, but also with regard to the community of the Saxons of Transylvania to which Joachim Wittstock belongs.
In den gut eineinhalb Jahrzehnten, die seit der Bibliographie von Hans-Harald Müller und Wilhelm Schernus (Nr. 140) vergangen sind, hat sich die Perutz-Forschung etabliert. Dies zeigt schon ein flüchtiger quantitativer Vergleich. Der Abschnitt "Wissenschaftliche Untersuchungen" bestand damals aus einer Handvoll Magisterarbeiten und Dissertationen; in der vorliegenden Bibliographie nimmt die Sekundärliteratur mehr als die Hälfte des Raums ein. Die Rechtfertigung einer neuen Perutz-Bibliographie liegt denn auch vor allem darin, ein aktuelles, möglichst vollständiges Verzeichnis der wissenschaftlichen Literatur zu Leo Perutz (unter Einschluß der vor 1990 erschienenen Titel) vorzulegen. Der Abschnitt "Primärliteratur" schließt dagegen chronologisch an Müller und Schernus an.
Hermaphroditismus stellt einen in der wissenschaftlichen Praxis kontroversiell diskutierten Gegenstand dar. Während die Medizin Hermaphroditismus als Aberration wertet, der therapeutisch im Sinne einer geschlechtlichen Vereindeutigung entgegengewirkt werden muss, feiert die poststrukturalistische Theoriebildung Hermaphroditen als Phänomen der Grenzüberschreitung und Sinnbild der Auflösung starrer (Geschlechter-)Dichotomien. Der Literatur kommt in diesem Sinne eine re-integrierende Funktion zu: Im Sinne eines Interdiskurses werden Elemente verschiedener Diskurse um das Thema aufgenommen und kritisch beleuchtet. Ziel des folgenden Beitrages ist es, mittels einer exemplarischen Lektüre von Ulrike Draesners Roman "Mitgift" aus dem Jahre 2002 zu zeigen, auf welche Weise das Thema des Hermaphroditismus in der Literatur des 21. Jahrhunderts verhandelt wird. Hauptaugenmerk der Lektüre soll dabei auf die narrative Konstitution des hermaphroditischen Körpers gelegt werden.
Beispiel, Erfahrung, Theorie : Übersetzungswissenschaftliche Anmerkungen von Hermine Pilder-Klein
(2010)
The present article concentrates on the activity of Hermine Pilder-Klein as theoretician and translation critic. (Hermine Pilder-Klein: translator from Romanian to German of the second half of the 20th century carried out 80 translations from this cultural space in the period 1933-1972. Horst Schuller makes reference to 2 articles that are kept in the archive of the Museum of Gundelsheim: 1. a review of the volume Siebenbürgisch Sächsisches Wörterbuch (Transylvanian Saxon Dictionary) published in Bucharest. The review was published in the No. 4/1972 of the periodical Vierteljahresblätter in München; 2. a critical presentation of the volume Rumänische Volksmärchen (Romanian Folk Tales) edited by Ovidiu Bârlea and Felix Karlinger (the volume was published in 1969 in Düsseldorf/Köln: Eugen Diederichs Verlag), the work bearing the title Übersetzung-Schlüssel und Brücke (Translation – Key and Bridge) (1977), remained unpublished and was taken over by Horst Schuller in the present article.
Begegnung mit Rilke 1925
(2010)
Rainer Maria Rilke hatte die Prinzessin Marthe Bibesco (1888-1875) am 23. Januar 1925 in ihrer Pariser Wohnung besucht. Anlaß war die Rückgabe eines Bändchens von Racines Werken. Die Prinzessin hatte es während des Ersten Weltkriegs bei einem Besuch der Fürstin von Thurn und Taxis in ihrem böhmischen Schloss Lautschin aus der Bibliothek ausgeliehen und auf eine Gelegenheit gewartet, das Werk zurückgeben zu können. Nun sollte Rilke der Überbringer sein. Die französische Schriftstellerin und Tochter des rumänischen Außenministers Jean Lahovary hatte ihre Erinnerung an den Besuch im Oktober 1951 formuliert. Rilke hat ihre Werke mehrfach empfohlen.
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Der französische Literaturkritiker und Übersetzer Charles Du Bos (1882-1939) aus dem Umkreis der Zeitschrift "Nouvelle Revue Française", ein Bekannter von Rudolf Kassner, hatte sich seit 1923 für Rilkes Werk begeistert. In seinem Journal hielt er den Eindruck eines Besuchs fest.
Die Hauptargumentation soll zeigen, wie die Romane von Bobrowski und Drach die Unterscheidung zwischen der historiographischen Ebene des Erzählens und dem erzählten historischen Geschehen in ihrer paradoxen, da heißt prekären, aber konstitutiven Bedeutung für das Schreiben/Erzählen von Geschichte reflektieren. Dieser Zweck erfordert es auch, die Analytik Hayden Whites für die Narrativität der wissenschaftlichen Geschichtsschreibung in Gebrauch zu nehmen; außerdem werden die Methodologie des New Historicism und Leitsätze einer postkolonialen Historiographie herangezogen.