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Der unauffindbare Text
(1999)
Als 1964 unter dem Titel ,"Le cinéma: langue ou langage?" der erste Aufsatz von Christian Metz erscheint, steckt diese Frage eine Problematik ab, die bis zum Erscheinen von Langage et cinéma (Metz 1971) die semiologische Auseinandersetzung mit dem Film beherrscht: Es geht darum, die Tragfähigkeit der metaphorischen Redeweise von der "Filmsprache" zu untersuchen und zu verstehen, aufgrund welcher struktureller Eigenschaften das Kino dazu in der Lage ist, Bedeutung herzustellen und zu vermitteln. Insoweit dabei einzelne Filme eine Rolle spielen, werden sie als Beispiel herangezogen, um einzelne Kodes zu bestimmen und zu beschreiben. Gegen Ende der sechziger Jahre entstehen erste Arbeiten, die sich mit dem von der Semiologie bereitgestellten Instrumentarium daran machen, die Perspektive umzudrehen und die Frage zu stellen, wie die Kodes in singulären textuellen Systemen zusammenwirken und je spezifische Bedeutungseffekte entstehen lassen. Christian Metz, der in seinem Buch von 1971 auch den theoretischen Rahmen der filmischen Textanalyse absteckt, beschreibt das Verhältnis dieser beiden Herangehensweisen so: "In Langage et cinéma sagte ich, daß man entweder einen Film in allen seinen 'Kodes' erforschen (Filmanalyse) oder einen 'Kode' durch mehrere Filme hindurch verfolgen kann (Filmtheorie)" (Blüher/Tröhler 1990, 52).
Inquisition
(1999)
Gemäß dem Wesen des Exploitationfilms, alle denkbaren Zwangssysteme dahingehend auszuwerten, wie viele Schauwerte sich aus ihnen gewinnen lassen, muß die geheimnisvolle, nur Eingeweihten zugängliche Welt des Klosters ein besonderes Faszinosum darstellen. Der sogenannte Nunsploitationfilm wagt einen „Blick dahinter“, der jedem passionierten Voyeur aus dem Herzen sprechen muß: unterdrückte Sexualität, Kontrolle, Machtmißbrauch, Strafen, Demütigung, Hilflosigkeit, Gefangenschaft. Analog zu den militärischen Männerbünden mit ihren entindividualisierenden Unterwerfungsritualen weckt die Welt der erzwungenen Keuschheit finstere Phantasien.
Milan Kundera hat einmal behauptet: ”Bevor wir eine Sache vergessen, verarbeiten wir sie zu Kitsch.” Wenn diese Einschätzung für das Kulturgut ”Film” Richtigkeit hat, ist dessen Verkitschungsresultat sicherlich der Zeichentrickfilm. Police Academy, Beetlejuice, Alf und Die Ghostbusters sind nur einige der Spielfilme, von denen es mittlerweile Zeichentrickadaptionen gibt, welche die Vorlage ausbeuten, um eindimensionale Plots zu entwickeln, die die jüngste Generation vom Mitdenken abhält. Mit der Pornografie und allen anderen Sex-Genres sieht es da schon etwas anders aus. Hier ist für die Verkitschung eher das Fernsehen (mit seinen Sexfilm-Endlossequels) zuständig. Die Zeichentrickumsetzungen nehmen eine andere Rolle ein: Sie enttarnen die Ideologie der Bilder, indem sie sie persiflierend nachahmen und überbieten.
Wir erlauben uns aus gegebenem Anlass - auch die Weltrevolution ist ja so eine Art Untergang (zumindest für die Bourgeoisie, den Faschismus und die Reaktion) - eine unlängst in der Göttinger Zweiwochenantifaschrift "EinSatz!" (Nr. 40, September 99) erschienen Kritik über Star Wars - Episode 1: Die dunkle Bedrohung wiederzugeben: "Hollywood. WelcheR Linke erinnert sich nicht voll Wohlgefühl an die Zeiten, als man aus dem Kino kam und allen Gestalten sofort ihre "'wahre' Identität zuordnen konnte? Damals gab es in Hollywood genau drei 'Arten' von Menschen: Amerikaner, Sowjets und Nazis. Wobei die beiden letzteren Gruppen sich oftmals in etwas vereinten, was nach klassisch totalitaristischen Vorstellungen Hitler und Stalin miteinander gezeugt haben mußten. Diese Form der Propaganda war für die Linke sicher ärgerlich, aber immerhin wußte sie, woran sie war und was zu kritisieren war. Doch auch Hollywood geht mit der Zeit, oder vielleicht geht die Zeit mit Hollywood. Und so ist bei 'Star Wars - Episode 1: Die dunkle Bedrohung' der Name Programm. ..."
Philosophie und Science Fiction ... verband schon immer ein produktives Verhältnis. Autoren, wie Philip K. Dick, Frank Herbert oder Stanislav Lem nutzten den reichen Fundus offener Fragen der Metaphysik, Ethik und Ontologie, um ihren Stoffen Tiefe zu verleihen. Man denke nur an Dicks Roman Do Androids dream of electronic sheep? (1982 von Ridley Scott zu Blade Runner adaptiert), in dem keine geringeren Fragen aufgeworfen werden, als die nach Freiheit, Gott und Unsterblichkeit. Aber nicht nur die SF nutzt die Fragen der Philosophie, sondern die Philosophie nimmt sich der Methoden und Themen der Science Fiction an. Beispiele dafür sind Philosophen wie Platon, der (schon ca. 2330 Jahr vor 1984) in der Politeia einen kompletten utopischen Staat entwirft, Ernst Bloch, der im Prinzip Hoffnung eine Überwindung jeglicher Entfremdung als Zielpunkt der Utopie proklamiert oder der Sozialphilosoph Karl Manheim, welcher in Utopie und Ideologie sogar soweit geht, der Utopie die Kraft zuzuschreiben, welche erst Veränderungen auslöst.
Sex, Gewalt & schlechte Filme : Nachruf auf den italienischen "Maniac for the Movies" Joe D'Amato
(1999)
Eigentlich sollte dieser Artikel ja ein Portrait des italienischen Filmemachers Joe D’Amato als "das typische Beispiel für Pornoregisseure" werden. Dann erfuhr ich jedoch aus einem Splatter-Fanzine (wo sollte man solche Infos auch sonst her bekommen?), dass D’Amato im Januar diesen Jahres das Zeitliche gesegnet hat. Und so entschloss ich mich kurzerhand, einen Nachruf zu schreiben. "Joe D’Amato" (eigentlich Aristide Massaccesi, am 15.12.36 in Italien geboren) ist nur eines - wenn auch das populärste der Regisseur-Pseudonyme unter dem fast 100 Filme hergestellt wurden. Nach eigenen Angaben hat er den Namen in einem Kalender gelesen und weil italienisch-amerikanische Namen (wie Martin Scorsese oder Brian de Palma) auf Zuschauer eben besser wirken als italienische, ist er letztlich zu seinem Markenzeichen geworden. Alle anderen Pseudonyme hier aufzuzählen würde den Platz einnehmen, den ich mir lieber für eine Würdigung seines Schaffens freihalten möchte.
Wie in der vergangenen Ausgabe bereits angekündigt, bringt der Film e. V. in Zusammenarbeit mit frame25 eine Auswahl erotischer Filme (wieder) ins Kino. Begonnen wird die Reihe mit Adrian Lynes 1997er Remake von Kubricks provokativem Klassiker Lolita. Lolita beschreibt die Verfallenheit des Englischprofessors Hubert Humbert (Jeremy Irons) zu der 15jährigen Lolita (Dominique Swain). Anfänglich versucht er, seine wahren Gefühle Lolitas Mutter (die er sogar heiratet, um in der Nähe des Mädchens zu sein) und auch Lolita selbst gegenüber zu verheimlichen. Lolita durchschaut dies jedoch recht bald und provoziert ihn immer mehr. Wie selbstverständlich kommen Humbert und Lolita zusammen und verstehen es bravorös, einander zu verlocken, zu belügen, zu verletzen und zu demütigen. Nach kurzer Zeit schon hat Lolita keine Lust mehr auf den ihr vollends verfallenen Humbert und verlässt ihn. Seine Suche nach ihr führt den Mann - wie schon bei Kubrick -in die Abgründe menschlicher Sexualität und Gewalt.