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Wenn im Rahmen von investigativen Recherchen auf öffentlich und digital verfügbare Daten zurückgegriffen wird, spielen Bilder der physischen Tatumgebung häufig eine wesentliche Rolle. Ins Internet gestellte Fotos und Videos von Ereignissen im öffentlichen Raum oder topographische Luftbilder im Vorher-Nachher-Vergleich gelten dabei oft als beste Beglaubigung eines Geschehens. Der technische Charakter und die Georeferenzierung verleihen den Bildern eine so hohe Überzeugungskraft, dass sie als Grundlage für rekonstruierende 3D-Modelle und Simulationen verwendet werden - auch wenn ihre Glaubwürdigkeit in den letzten Jahren durch die Möglichkeit der Bildmanipulation oder der gezielten Fehlinterpretation stark gelitten hat. Anhand von Fallstudien untersucht der Beitrag exemplarische Konfigurationen einer investigativen Architekturproduktion, um aufzuzeigen, welche raumkonstituierenden Verfahren der Evidenzerzeugung entwickelt und eingesetzt werden, welche Authentifizierungsstrategien sie prägen und worin sich ein hegemoniekritischer von einem staatlich-repressiven Bildgebrauch unterscheidet. Damit verbunden ist die Frage nach dem Status der virtuellen Rekonstruktion im Spannungsfeld von Zeugnis und Beweis, nach ihrem Wert als Erkenntnisquelle und ihrer politischen wie ethischen Dimension. Nicht zuletzt geht es um die paradox anmutende Frage, wie digitale Raumbilder trotz ihrer Konstruiertheit und Manipulierbarkeit eine realitätsbeglaubigende Kraft in der investigativen Arbeit entfalten können.
Bei den 43. Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt galten in diesem Jahr die hitzigen Debatten nicht den Siegertexten. [...] Von den Diskussionen um die Texte Beyers und Othmanns bleibt der Eindruck zurück, dass eine ungute moralische Verzagtheit in der Literaturkritik herrscht: Wo die Autorin als Zeugin für das Geschilderte einsteht, wird aus Respekt (und aus Vorsicht?) geschwiegen, wo der Autor Leidensgeschichten trivial ausschlachtet, wird seinem Text die Existenzberechtigung abgesprochen. Damit wird man beiden Texten nicht gerecht. Die Frage ist nicht, ob Literatur "das darf". Mit einem solchen letztlich hohlen und folgenlosen Verdikt verweigert sich die Literaturkritik wichtigeren Fragen, zum Beispiel denen, wie mit dem Einzug von trivialisierten Geschichten aus der NS-Zeit in die Unterhaltungsliteratur umgegangen werden kann und wie der unangenehmen Lage beizukommen ist, dass Opferschicksale offenbar erfolgreich zur Aufwertung von Texten dienen. Was sagt das über die Leserschaft? Was sagt es aber auch über die Leserschaft, wenn sie sich zu einem Text mit autobiographischen Bezügen nicht mehr kritisch verhält?
Ao considerarmos as obras que compõem a Literatura de Testemunho, podemos observar a prevalência de textos autobiográficos relatando as atrocidades da perseguição nazista e dos campos de concentração. No entanto, há também muitas obras ficcionais, de teor autobiográfico ounão, que narram tais experiências e outras relacionadas aos sofrimentos causados pelo nacional-socialismo a grandes parcelas da população europeia. Ao analisarmos a obra "Der Tod des Widersachers", de Hans Keilson, procuramos determinar os índices de ficcionalidade que a afastam de uma possível leitura autobiográfica e refletir sobre as implicações éticas e estéticas de Keilson haver ficcionalizado experiências próprias.
Nossa contribuição visa a um estudo de relatos de testemunho sobre a repressão política na República Democrática Alemã, publicados na obra "Gefangen in Hohenschönhausen. Stasi-Häftlinge berichten" (2007; "Presos em Hohenschönhausen. Prisioneiros da Stasi relatam"), organizada por Hubertus Knabe. Embora o subtítulo "Stasi-Häftlinge berichten" ("Prisioneiros da Stasi relatam") sinalize para o leitor de que estaríamos diante de relatos stricto sensu, a leitura revela outro quadro, em que nos deparamos também com outros tipos textuais, não apenas relatos, como diários ou mesmo textos ficcionais, sendo que vários deles foram adequados à publicação em termos de tamanho e, portanto, revelam-se fragmentários. A leitura dos 24 textos que compõem o livro "Gefangen in Hohenschönhausen" nos permitiu sistematizá-los a partir de sete aspectos que, em certa medida, nos pareceram recorrentes: chegada; descrição; condições; interrogatório; tortura; cela; reflexão. As marcações textuais passam pela questão da autoria e da construção do foco narrativo, em que aquele que esteve preso se instaura como um "eu" ("ich") ao falar de si e da carga psicológica a qual fora exposto, mas que às vezes muda para a primeira pessoa do plural "nós" ("wir") ao narrar sobre algo da ordem do coletivo dentro da prisão, e também para a terceira pessoa do singular ("er", "es", "sie"), ao simular objetividade em descrições ou mesmo ao narrar sobre terceiros. Cabe lembrar que os 24 textos contam com um elemento paratextual que informa o leitor sobre cada autor, logo abaixo do título do texto, em texto destacado em itálico: nome; ano de nascimento e, se for o caso, de falecimento; idade no momento da detenção; profissão; motivo alegado para a detenção; período em que esteve recluso na prisão de Hohenschönhausen. Através do estudo de textos memorialísticos e autobiográficos, cujos autores, na maioria, perseguidos e ex-presos políticos, relatam sobre suas vivências sob o regime totalitário do SED - Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (Partido Socialista Unitário da Alemanha), pudemos vislumbrar as diversas formas e fases da violência praticada pelo Estado contra possíveis dissidentes políticos na República Democrática Alemã.
Heike Schlie untersucht Formen vormoderner religiöser Zeugenschaft, die sich in komplexen medialen Konstellationen ereignet. Die hagiographische Zeugenschaft, die in einer Reliquiensammlung gespeichert ist und in der rituellen Zeigung der Reliquien aktiviert wird, wird auf weitere Medien übertragen, in sie ausgelagert und in ihnen erweitert, sodass ein 'Netz aus zeugenden Gesten' und 'Zeugenschaftspraktiken' entsteht. Ergänzt bzw. eingeleitet werden diese Beobachtungen durch eine Untersuchung der historischen Zeugenschaftsbegriffe und ihrem Konnex zu religiöser Zeugenschaft. Ein besonderes Augenmerk gilt hier der Analyse einer vormodernen Konstellation, in der Reliquien als 'Akteure' betrachtet werden müssen, was im jüngsten "forensic turn" eine Art Nachfolge kennt. Zum anderen werden im Kontext der Bildmedien die Spezifitäten christlicher Zeugenschaftsformen fassbar, die im Fall der apostolischen 'Zeugenkette' und des 'Bekenntnisses' des Märtyrers oder des Eremiten eine Reihe von epistemischen und medialen Besonderheiten aufweisen und auch in Bildern wie Dürers "Marter der Zehntausend" diskursiviert bzw. reflektiert werden - ein Phänomen, das Schlie anhand der Kategorie des "métatémoignage" von Derrida analysiert. So wird das Bild selbst zum "Erkenntnismittel", das heißt ein "Medium zum 'Über-Zeugen' des Unglaubens".
Andrea Frisch untersucht eine Mischform von primär historiographischen (Er-)Zeugnissen, die im Kontext religiöser Zeugenschaft stehen. In den Augenzeugenberichten zu den französischen Religionskriegen des 16. Jahrhunderts steht "der ethische und der epistemische Imperativ in steter Spannung". Da der Augenzeuge aufgrund seines Engagements notwendigerweise parteiisch ist, ist ein objektiver Bericht nicht möglich, dennoch ist diese Zeugenschaft in beiderlei Hinsicht eine Notwendigkeit. Frisch untersucht die Techniken des Adressierens von historiographischen Texten wie zum Beispiel von Jean de Léry, die dementsprechend versuchen, die religiöse Zugehörigkeit des bezeugenden Autors herunterzuspielen, und zur Folge haben, dass die Berufung auf das "ethos" allgemein zugunsten eines epistemischen Modells des Augenzeugen infrage gestellt wird. Das lange epische Gedicht "Les Tragiques" des Protestanten Agrippa d'Aubigné reflektiert jedoch das Dilemma, nach welchem der Augenzeuge sich zugleich unparteiisch zeigen und die Ereignisse mit eigenen Augen gesehen haben muss, also gleichzeitig "Zuschauer" ("spectateur") und "Akteur" ("personnage") zu sein hat. Das Gedicht wendet sich als ethische Anklageschrift an die Täter der anderen Religionsgemeinschaft und gemeinschaftsstiftend an die eigene, beruht aber zugleich auf der epistemischen Distanz des Berichts. Das Zeugnis will durch den Pathos überzeugen und bewegen, was hier durch eine Form von dichterischer Zeugenschaft geschieht, und appelliert zugleich an die transzendentale Perspektive des Göttlichen, um die Untaten zu verurteilen. Es oszilliert somit zwischen unterschiedlichen Positionen, die mit verschiedenen Absichten zusammenhängen - ein Oszillieren, das sich schließlich auch auf den Adressaten als sekundären Zeugen überträgt.
Nach Günter Thomas, der sich mit verschiedenen Formen religiöser Zeugenschaft befasst und kritisch in Frage stellt, ob es sich ausgerechnet beim Märtyrer um den paradigmatischen religiösen Zeugen handelt, ereignet sich Zeugenschaft in Situationen und Konstellationen. Stärker als um eine Suche nach einem Grundmodell von Zeugenschaft geht es Thomas um eine Untersuchung der "spezifischen Differenzen und Differenzierungen" in verschiedenen sozialen Sphären. Eine genauere Untersuchung der religiösen Zeugenschaft erlaubt es, unterschiedliche "Modi der Gewissheit" und "Techniken der Überzeugung" zu differenzieren und die der religiösen Zeugenschaft eigenen "originären Konstellationen" herauszustellen. Dabei thematisiert er vier Typen des religiösen Zeugnisprozesses: den Auferstehungszeugen, den Märtyrer, das diakonische Zeugnis und die Zeugniskette. Das Zeugnis des Märtyrers wird als Tatzeugnis dargestellt, das von einem weiteren Zeugen (mündlich oder vor allem schriftlich) beglaubigt werden muss. Ein unsichtbares Martyrium kann nicht Zeugnis sein; "[d]ie Gewissheit der Märtyrer ist so eine diskursive Konstruktion von Beobachtern". Auch hier findet sich die doppelte Struktur des Zeugnisses. Thomas weist darauf hin, dass es gerade im Bereich der religiösen Zeugenschaft nicht nur natürlich-sprachige Zeugnisse, sondern - wie am Beispiel der Diakonie zu beobachten - Handlungen gibt, die als Tatzeugnisse Ereignisse mit performativer Dimension sind. Da diese Handlungen selbst Medien der Kommunikation sind und im sozialen Kontext Dynamiken entfalten, ist auch hier von einer hohen Komplexität der jeweiligen Konstellationen zu sprechen.
Henning Theißen entwirft das Modell einer religiösen Zeugenschaft, die eine Alternative darstellen soll zu den vorherrschenden Kategorien: der Mission als persuasivem Zeugnis und dem Martyrium als einem Zeugnis der existentiellen Involviertheit. Er diskutiert dies zunächst vor der Folie juridischer und epistemischer Zeugenschaft. So thematisiert er die Vereidigung des Zeugen vor Gericht als eine Metastruktur, als Zeugnis für die Glaubwürdigkeit des Zeugen, das die Aussage überzeugend machen soll. Theißen verwendet hier den aus dem Neuen Testament (Hebr. 12:2) stammenden Begriff der "Wolke von Zeugen", in die der beeidigende Zeuge eintritt und in der wiederum Gott zum Zeugen angerufen wird. Wir finden hier eine ähnliche Struktur wie beim Zeugenschaftshelfer und bei den Überzeugungsfiguren. Glaubwürdigkeit muss selbst in irgendeiner Weise bezeugt sein. Das bedeutet, dass Szenarien und Konstellationen von Zeugenschaft notwendigerweise immer eine komplexe Struktur haben; beim religiösen Bekenntniszeugen, der in eine "Wolke von Zeugen" eintritt, ist dies durch Zeugenketten gewährleistet. Schließlich entwickelt Theißen das Modell einer 'angenommenen' (adoptierten) Gewissheit, der er eine unmittelbar gezeugte Gewissheit gegenüberstellt: Gewissheit entsteht durch einen Vertrauensvorschuss; das Zeugnis muss sich in einem dynamischen Prozess in der Folge (zum Beispiel im Abgleich mit anderen Zeugnissen) bewähren.
Axel Gelfert setzt sich mit dem Mythos einer Vernachlässigung des Phänomens von Zeugenschaft in der Philosophiegeschichte auseinander. Er stellt am Beispiel von David Hume heraus, dass in den Ansätzen der analytischen Philosophie und der sozialen Erkenntnistheorie manchen klassischen Autoren, die er als "Vorläufer" bewertet, zu Unrecht einseitige Grundpositionen zugeschrieben werden, wie etwa Humes angeblicher "Reduktionismus", der das Zeugnis auf einen empirisch belegbaren Wissensinhalt reduziere. In der von Gelfert unternommenen Neuauslegung von Humes Überlegungen zu Zeugenschaft wird deutlich, dass auch hier der Empfänger als konstituierender Faktor des Zeugnisses im Fokus steht. So wird durch eine erneute Lektüre von Humes Thesen deutlich, wie signifikant diese für jüngste Ansätze wie etwa den der Tugenderkenntnistheorie sein können. Das Zeugnis wird anhand von wiederkehrenden sozialen "Situationen, Interaktionen und Reaktionen", aber auch aufgrund aller Charaktereigenschaften des Zeugen evaluiert, und für diese Evaluierung werden sowohl die präexistenten gemeinsamen Überzeugungen und Vertrauensbildungen einer epistemischen Gemeinschaft als auch die Erfahrungen des Empfängers über die menschliche Natur entscheidend.
Claudia Blümle behandelt bildliche Szenarien der Zeugenschaft, in denen Figuren eingesetzt werden, die das reale, abgebildete Szenarium eines Zeugenschaftsmoments nicht genau abbilden oder eine solche Abbildung stören, sondern im Sinne einer medialen Überzeugungsstrategie erweitern. Im Fall der von Blüme analysierten Bildbeispiele sind dies zusätzliche Akteure, die als "Überzeugungsfiguren" eine Scharnierstelle zwischen dem innerbildlichen Zeugen und dem Betrachter darstellen. Blümle analysiert diese Funktion in Bildern, die ganz unterschiedliche, mit verschiedenen Kategorien der Zeugenschaft verbundene Wissensgehalte oder Wahrheiten vertreten, sowohl aus dem juridischen und religiösen als auch aus den naturwissenschaftlichen Bereichen. Die Produktion von Gewissheit hängt in den von ihr gewählten Beispielen gerade von den eigentlich außerhalb der Zeugensituation situierten "Zeigefiguren" ab, die einen eigenen Raum ausbilden, in dem das Bezeugte vom Betrachter akkreditiert werden kann.