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Faust – Nietzsche – Dusapin : Zyklus – Gegenzyklus

  • Der romantische Liedzyklus ist keiner, denn sein Held kehrt nicht zurück. Ausfahrt, Abenteuer und Wiederkunft, das ist das Modell, das das zyklische Denken der musikalischen Klassik strukturiert. Da geht es als Exposition, Durchführung und Coda in die Logik der Komposition ein. Wenn der romantische Held sich hingegen in die Welt begibt, neugierig, sehnsüchtig oder ausgetrieben aus dem nicht länger Erträglichen, so riegelt er das Heimische ab und treibt von nun an im Anderswo. Adornos Charakterisierung der romantischen Musik als Triumph der Variation über das Thema transponiert dieses Narrativ ins Strukturelle der Form, der nun im Sonatenhauptsatz das finale Glied amputiert wird. Noch bevor die Expressionisten sich des O-Mensch-Pathos von Nietzsches vielleicht bekanntestem Gedicht bemächtigten, hatte es schon ein Komponist für sich entdeckt. Im langsamen 4. Satz von Mahlers 3. Symphonie sträubt sich der misterioso vorzutragende Text gegen den vom Kinderchor gesungenen des darauffolgenden Satzes und produziert einen der Mahler'schen Brüche, die für den Hörer entweder eine neurotische Entgleisung oder eine lustvolle Reibungsfläche darstellen. Die Lektion der Mitternacht, die Dunkel über Tageslicht stellt und damit zum Ewigkeitsbezug führt, scheint nicht allzu weit entfernt von den Hymnen des Novalis, und in der Reihung Dunkel-Lust-Ewigkeit sind auch Tristan und Isolde nicht allzu fern. Pascal Dusapin, geboren 1955, hat in Paris bei Xenakis studiert und ist anfänglich fasziniert von dessen, letztlich wohl von Edgar Varèse ausgehenden, Operationen mit Klangmassen, die er aber spätestens in den 1990er Jahren für deutlich filigranere Strukturen, die oftmals von Mikrotonalität geprägt sind, aufgibt. In seinen Kompositionen, die auf Textvorlagen zurückgreifen, lässt Dusapin sich wiederholt von der deutschen literarischen Tradition inspirieren. Eines seiner drei jeweils als Requiem bezeichneten Chorwerke aus den Jahren 1992-97 vertont acht mittelhochdeutsche Gedichte von Meister Eckhardt, wobei die sparsame Expansivität des Klangmaterials der intensiven Gottsuche des Mystikers nicht völlig gerecht zu werden scheint.

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Verfasserangaben:Kai Hammermeister
URN:urn:nbn:de:hebis:30:3-490649
URL:http://www.passagen.at/cms/index.php?id=320&L=586
ISBN:978-3-7092-0197-8
ISSN:0043-2199
ISSN:2510-7291
Titel des übergeordneten Werkes (Deutsch):Weimarer Beiträge : Zeitschrift für Literaturwissenschaft, Ästhetik und Kulturwissenschaften / herausgegeben von Peter Engelmann gemeinsam mit Michael Franz und Daniel Weidner
Verlag:Passagen Verlag
Verlagsort:Wien
Dokumentart:Wissenschaftlicher Artikel
Sprache:Deutsch
Jahr der Fertigstellung:2019
Jahr der Erstveröffentlichung:2015
Veröffentlichende Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Beteiligte Körperschaft:Klassik Stiftung Weimar
Datum der Freischaltung:11.04.2019
GND-Schlagwort:Goethe, Johann Wolfgang von; Faust; Nietzsche, Friedrich; Dusapin, Pascal; Lyrik; Musikalische Form; Vertonung; Rezeption
Jahrgang:61
Ausgabe / Heft:2
Seitenzahl:9
Erste Seite:265
Letzte Seite:273
HeBIS-PPN:44844254X
DDC-Klassifikation:7 Künste und Unterhaltung / 78 Musik / 780 Musik
8 Literatur / 80 Literatur, Rhetorik, Literaturwissenschaft / 800 Literatur und Rhetorik
8 Literatur / 83 Deutsche und verwandte Literaturen / 830 Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur
Sammlungen:Germanistik / GiNDok
CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
Germanistik / GiNDok / Passagen Verlag
BDSL-Klassifikation:03.00.00 Literaturwissenschaft / BDSL-Klassifikation: 03.00.00 Literaturwissenschaft > 03.08.00 Poetik / BDSL-Klassifikation: 03.00.00 Literaturwissenschaft > 03.08.00 Poetik > 03.08.04 Dichtung und Musik
13.00.00 Goethezeit / BDSL-Klassifikation: 13.00.00 Goethezeit > 13.14.00 Zu einzelnen Autoren
16.00.00 Jahrhundertwende (1880-1914) / BDSL-Klassifikation: 16.00.00 Jahrhundertwende (1880-1914) > 16.15.00 Zu einzelnen Autoren
Zeitschriften / Jahresberichte:Weimarer Beiträge / Weimarer Beiträge 61.2015
Übergeordnete Einheit:urn:nbn:de:hebis:30:3-489500
Lizenz (Deutsch):License LogoDeutsches Urheberrecht