Einfluss von Schlafentzug auf die Expression von Uhrengenproteinen im Nucleus suprachiasmaticus : (Analyse von CLOCK, BMAL1, PER1, PER2, PER3, CRY1 und CRY2 bei Goldhamstern)
- Sowohl Menschen und Tiere als auch Pflanzen haben im Laufe der Evolution innere Uhren
entwickelt, die dem Körper auch in Abwesenheit äußerer Einflüsse Zeitinformationen liefern.
Unter diesen ist die endogene Tageszeitenuhr durch die Steuerung eines Rhythmus von Ruhe
und Aktivität, von Schlaf- und Wachzustand charakterisiert. Da diese Uhr unter konstanten
Bedingungen nicht einem exakten 24h-Rhythmus unterliegt, werden Zyklen, die unter der
Kontrolle dieser Uhr stehen, als circadiane Rhythmen bezeichnet; sie stellen eine
fundamentale Adaptation des Organismus an den physikalischenTag-Nacht-Wechsel dar, die
auch bei geringen diurnal-nocturalen Unterschieden persistiert.
Gesteuert werden diese Zyklen über eine übergeordnete circadiane „Master-Clock“, die sich
bei Säugern im Nucleus suprachiasmaticus (SCN) des Hypothalamus befindet. Da die
Periodendauer des circadianen, endogen generierten Rhythmus von einem 24h-Rhythmus
abweicht, muss die endogene Uhr durch das Tageslicht nachgestellt werden, d.h. mit der
tatsächlichen Tageszeit synchronisiert werden. Neben dem Beleuchtungszyklus hat auch der
Schlaf einen stabilisierenden Einfluss auf den im SCN generierten circadianen Rhythmus. Für
die Funktion der inneren Uhr ist die rhythmische Expression sogenannter Uhrengene
verantwortlich. Die Uhrengenprodukte bilden interagierende transkriptionell-translationale
Rückkoppelungsschleifen, die eine Periodenlänge des Syntheseablaufs von 24 Stunden
besitzen. Ein heterodimerer Komplex, der aus den beiden Transkriptionsfaktoren CLOCK
und BMAL1 aus der bHLH-PAS-Familie besteht, aktiviert über ein hochspezifisches E-Box-
Promotorelement die Transkription der Uhrengene per1-3, cry1-2 und rev-erbα. Unter dieser
Aktivierung häufen sich die Uhrengenprodukte PER und CRY im SCN an, bis am Ende des
circadianen Tages der Gipfel erreicht wird. Eine negative Rückkoppelung kommt zum Zuge,
indem die Proteine CRY und PER zusammen mit der Caseinkinase Iε (CKIε) einen
heterotrimeren Komplex bilden, der im Zellkern die CLOCK-BMAL1-abhängige
Transkription blockiert.
Schlaf als prominenter rhythmischer Prozess, der vom SCN gesteuert wird, dient gleichzeitig
zur Erholung des gesamten Organismus (genaue Funktionen immer noch unbekannt). Insofern
ist es interessant zu erforschen, wie der SCN auf Schlafentzug reagiert. Bei Goldhamstern
wurde die Beeinflussung von Schlafentzug auf die Uhrengenprodukte im SCN untersucht.
Dabei wurden die Veränderungen der Proteine CLOCK, BMAL1, PER1-3 und CRY1-2
direkt nach dem Schlafentzug und während des Tagesganges analysiert.
Mit immuncytochemischer Technik wurde in einem ersten Schritt nachgewiesen, dass ein 2-
stündiger Schlafentzug direkte Auswirkungen auf CLOCK, BMAL1, PER1 und CRY1 im
SCN des Goldhamsters besitzt. Um diese Auswirkungen besser zu deuten, wurde der
Schlafentzug auf 3 Stunden erhöht, und die Proteinkonzentrationen im SCN in regelmäßigen
Abständen über den ganzen Tag beobachtet. Von allen untersuchten Uhrengenprodukten
wiesen BMAL1, PER1-2 und CRY1 die stärksten Unterschiede zu den Kontrolltieren auf. Die
BMAL1 Immunreaktitivtät war nach Schlafentzug gesenkt. PER1, PER2 und CRY1
reagierten über eine Hochregulierung ihrer Proteine im SCN direkt nach dem Schlafentzug,
die zu einer Phasenvorverschiebung führte. Dabei war der Gehalt von PER2 schneller erhöht
als der von PER1. Die Uhrengene per1 und per2 spielen eine prominente Rolle bei der
Anpassung des endogenen Rhythmus an die exogenen Beleuchtungsverhältnisse und
antworten auf synchronisierende Lichtimpulse durch eine Hochregulation ihrer Transkription,
weshalb sie zu den immediate early genes gehören. Daraus kann die Hypothese hergeleitet
werden, dass auch Schlafentzug, da die Hamster im Licht wach gehalten wurden, zu
demselben Synchronisationsverhalten des SCN führt, wie ein kurzer Lichtstimulus. Der
BMAL1-Gehalt verringerte sich direkt nach Schlafentzug, der den antiphasischen Verlauf des
Expressionsmusters von BMAL1 und PER2 widerspiegelt. Eine Hochregulation des BMAL1-
Gehaltes während des Tages spricht dafür, dass ein initial hoher Gehalt von PER2 über eine
Supprimierung von REV-ERBα zu einer Enthemmung der Inhibition von BMAL1 führte. Da
REV-ERBα die Expression von CRY1 hemmt, dieses wiederum durch PER2 in seiner
Expression gehemmt wird, hat ein erhöhter PER2-Gehalt auch einen erhöhten CRY1-Gehalt
zur Folge. Der CLOCK-Gehalt im SCN, der auch unter normalen Bedingungen stabil bleibt,
schwankte unwesentlich im Laufe des Tages nach Schlafentzug. Dies spiegelt seine nur
geringfügige Bedeutung in der Synchronisation des Hauptoszillators wider.
Zum letzten Messungszeitpunkt, d.h. in der Mitte der Dunkelphase, ähnelten sich die
Proteingehalte von Versuchstieren und Kontrolltieren, woraus man schließen kann, dass die
Auswirkungen des Schlafentzugs durch den SCN im Laufe einer Tagesperiode von 24 h
wieder kompensiert werden können.
- During evolution cell living organisms developed an endogenous clock regulating internal
rhythms in absence of external stimuli. The cycle created by the endogenous clock differs
only slightly from the 24-hour solar cycle; therefore, it is described as circadian rhythm. The
circadian rhythm can be entrained to synchronize to an exogenous cycle by external cues
called Zeitgeber. Daylight as an external stimulus was shown to synchronize the circadian
rhythm with the physical light/dark cycle. To maintain the synchrony of the endogenous and
exogenous cycle, the synchronization process induces changes in the concentrations of the
molecular components CLOCK, BMAL1, PER1-3 and CRY1-2 during a 24-hour cycle.
Disruptions of rhythm usually cause adversive effects in the organism. Disorders, i.e. sleep
deprivation, are correlated with irregular functions of the circadian rhythm.
In mammals, these cycles are controlled by a superior circadian “master clock”, located in the
suprachiasmatic nucleus (SCN). The genetic backbone of the clock complex consists of clock
genes that are expressed rhythmically. Clock proteins form a transcription-translation
regulatory loop with positive and negative feedback controls. The activating elements of the
mammalian clock are the transcription factors CLOCK and BMAL1 (bHLH/PAS-family). As
heterodimeric complex, these factors act via E-box regulatory sequences on their target genes,
activating the transcription of PER1-3, CRY1-2 and REV-ERBα. The levels of PER and CRY
accumulate in the SCN to peak levels at the end of circadian day. The next circadian cycle is
initiated with the formation of a complex containing the proteins PER and CRY together with
casein-kinase 1ε (CK1ε) which blocks the CLOCK and BMAL1 transcription. These steps
establish a negative feedback loop that constitutes the core of the oscillator. One clock-gene
cycle lasts approximately 24 hours, thus, causing the circadian clock to run.
Sleep is a prominent rhythmical process controlled by the SCN; it is essential to human
health. In this study, the reactivity of clock genes was analyzed in the SCN with respect to
sleep deprivation in golden hamsters. By the use of immunocytochemistry (ICC), changes in
expression of CLOCK, BMAL1, PER1-3 and CRY1-2 were examined directly after sleep
deprivation and during the diurnal light phase. Measurements of the immunoreactivity were
observed in the SCN over the whole day in defined intervals. Golden hamsters that were
deprived from sleep for 2 or 3 hours displayed distinct difference in the reactivity of BMAL1,
PER1-2 and CRY1 as compared to the control group, whereas the CLOCK reactivity did not
change rhythmically during the diurnal cycle.
Examined directly after sleep deprivation, BMAL1 showed a decrease, PER1, PER2 and
CRY1 showed a rapid rise in immunoreactivity. The reactivity of PER2 was higher then that
of PER1. The clock genes per1 and per2 play an important role in adapting the endogenous
rhythms to the exogenous light stimuli, since the respective mRNA is expressed immediately
after light exposure. For this reason, these genes belong to the immediately early genes
(IEGs). Based on the characteristics of these IEGs it can be hypothesised that both sleep
deprivation and short light exposure cause identical effects; sleep deprivation can be regarded
as a long light impulse.
The BMAL1 concentrations decreased immediately after sleep deprivation, whereas PER2
concentrations increased. This reflects the anti-phase expression of BMAL1 and PER2. The
increased expression of PER2 after sleep deprvation causes the suppression of the expression
of REV-ERBα. Since REV-ERBα is an inhibitor of the CRY1 expression, the latter is
increased if REV-ERBα is missing. With a specific delay, high PER2 and CRY1 levels induce
the upregulation of BMAL1.
Analysis performed in the middle of the night, displayed similar levels of clock proteins in
sleep deprived hamsters and in control animals. This is suggestive of the ability of the SCN to
compensate the influence of sleep deprivation for 2 or 3 hours during only one 24-hour cycle.