Tuexenia : Mitteilungen der Floristisch-Soziologischen Arbeitsgemeinschaft, Band 11 (1991)
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Die Arbeit vergleicht die Flora von 19 Dörfern Westböhmens mit derjenigen der Stadt Plzen. Zugrunde liegen qualitative und quantitative floristische Angaben zur Artenzusammensetzung insgesamt und teilweise auch im Vergleich einzelner Standorte. Ausgewertet werden weiter Lebensformenspektren, der Anteil der Anthropophyten und mittlere Zeigerwerte nach ELLENBERG. Insgesamt ergeben sich deutliche Unterschiede, teilweise in Übereinstimmung mit Untersuchungen aus anderen Gebieten.
Die Ruderalvegetation der Altmark und des östlich angrenzenden Elbtals wurde 1990 mit dem Ziel untersucht, den gegenwärtigen Zustand zu erfassen und zu dokumentieren. Das flachwellige pleistozäne Tiefland steht unter subkontinentalem Klimaeinfluß; die Niederschlagsmengen überschreiten 600 mm nicht. Die Altmark bildet heute den nördlichen Teil des Bundeslandes Sachsen-Anhalt; sie gehörte 40 Jahre zur DDR. Die reiche Ruderalvegetation weist große Ähnlichkeit zu derjenigen anderer kontinental getönter Sandgebiete des östlichen Mitteleuropa auf. Im Verhältnis zum westlich unmittelbar angrenzenden Niedersachsen fällt der große Neophytenreichtum sowie der wesentlich höhere Flächenanteil der Ruderalvegetation insgesamt auf. Verbreitete Neophyten sind z.B. Amaranthus retroflexus, Artemisia annua (Elbe), Bidens frondosa (Elbe), Atriplex acuminata, A. oblongifolia, Chenopodium strictum, Diplotaxis muralis, D. tenuifolia, Kochia scoparia ssp. densiflora, Lycium barbarum, Robinia pseudacacia, Salsola kali ssp. ruthenica und Sisymbrium loeselii. Insbesondere Atriplex oblongifolia wanderte entlang der Straßen bis unmittelbar an die ehemalige Grenze; mit weiterer Ausbreitung nach Westen ist in naher Zukunft zu rechnen, was z.B. auch für Kochia scoparia ssp. densiflora entlang der Eisenbahnstrecken zu erwarten ist.
In der vorliegenden Arbeit werden Bestände vorwiegend aus dem Raum Köln-Aachen beschrieben, in denen die sehr expansive, neophytische Art Senecio inaequidens DC. an ruderalen oder ruderalisierten Standorten meist schon häufiger auftritt. Die ca. 160 vorgestellten Vegetationsaufnahmen zeigen in ihrer Zuordnung zu bestimmten Pflanzengesellschaften ein breites Spektrum von den Sedo-Scleranthetea, Chenopodietea (Sisymbrion), Artemisietea (Dauco-Melilotion), Molinio-Arrhenatheretea (Arrhenatherion), Plantaginetea (Polygonion avicularis), Agropyretea (Convolvulo-Agropyrion), Agrostietea (Agropyro-Rumicion) über Bidentetea und andere Feuchtgesellschaften hin zum Sambuco-Salicion capreae bzw. Salicion albae. Sonderformen unterschiedlichster Standortbedingungen werden zusätzlich angeführt. Obwohl das Optimum der Art im Dauco-Melilotion an warm-trockenen Standorten zu liegen scheint, bleiben solche unter anderen edaphischen Bedingungen nicht ausgeschlossen. Soziologisch ungesättigte Gesellschaften und ihre Entwicklungsphasen an anthropogen gestörten bzw. geschaffenen Standorten werden bevorzugt besiedelt. Angaben über Herkunft, Verbreitung und Ökologie der Art, die in Bremen und seinem Umland sowie im Raum Aachen-Köln-Düsseldorf als eingebürgert zu gelten hat, ergänzen die Gesamtdarstellung.
Adventive Vorkommen der mediterran-kontinentalen Atriplex rosea L. auf Gleisanlagen in Mitteleuropa und im submediterranen Raum Westeuropas (Pyrenäen-Südrand) werden mit denjenigen auf der Südinsel Neuseelands verglichen, wo die Art auf die wärmsten und trockensten Bereiche von Otago beschränkt ist. Die Bestände von A. rosea in NZ zeichnen sich durch eine hohe Übereinstimmung ihres (bis auf eine Ausnahme) ausschließlich neophytischen Artenspektrum aus und werden als Atriplex rosea-Bromus diandrus-Ges. beschrieben. Eine sehr ähnliche Vergesellschaftung ist am klimatisch mit den warmen Beckenlandschaften Otagos vergleichbaren zentralen Südrand der Pyrenäen zu beobachten, während ein Gesellschaftsanschluß von A. rosea auf Schienenstandorten in Mitteleuropa (noch ?) nicht festzustellen ist.
Im Rahmen einer Untersuchung der spontanen Vegetation auf Industrieflächen im Ruhrgebiet wurden einige Vegetationsaufnahmen des Chaenarrhino-Chenopodietum botryos Sukopp 1971 und einer Inula graveolens-Tripleurospermum inodorum-Gesellschaft angefertigt. Die Verbreitung von Chenopodium botrys und Inula graveolens im Ruhrgebiet und der Aufbau der von ihnen charakterisierten Gesellschaften werden vorgestellt. In Stetigkeitstabellen werden eine Übersicht der aus Europa vorliegenden Aufnahmen beider Gesellschaften gegeben und überregionale Einteilungen diskutiert. Einige Anmerkungen zu Fragen des Naturschutzes auf Industrieflächen schließen den Aufsatz.
Sisymbrium strictissimum ist die einzige in Mitteleuropa heimische ausdauernde Art der Gattung Sisymbrium. Ihre Vorkommen in Niedersachsen, Baden-Württemberg, Osttirol sowie im Unterengadin wurden vergleichend untersucht. Sisymbrium strictissimum wächst meistens in großen Herden oder Kolonien, selten in kleinen Gruppen oder einzelnen Individuen. Aufgrund ihrer Wuchshöhe und ihres kräftigen Rhizoms kann sie sich an einmal besiedelten Wuchsplätzen sehr lange halten. Trotz hoher Samenproduktion (ca. 50.000—80.000 Samen pro Pflanze und Jahr) keimen in den Beständen dieses ausdauernden Konkurrenzstrategen nur wenige Samen. Sisymbrium strictissimum ist eine gefährdete Art, da starke Störungen der jetzigen Wuchsorte dazu führen können, daß die Populationen gebietsweise erlöschen. Die Sisymbrium strictissimum-Bestände wurden in verschiedenen Gegenden Mitteleuropas untersucht und mit pflanzensoziologischen Aufnahmen belegt. In den meisten Fällen wächst die Art in nitrophilen Saumgesellschaften der Ordnung Glechometalia. Lediglich Urtica dioica, Galium aparine, Aegopodium podagraria und Geum urbanum sind in den Sisymbrium strictissimum-Beständen aller Gebiete vertreten. In dem relativ kontinental getönten Engadin ist Sisymbrium strictissimum auch mit thermophilen Ruderalpflanzen vergesellschaftet.
Es werden genaue Angaben über Systematik, Morphologie, Verbreitung, Ökologie und Gefährdung von Dryopteris affinis (LOWE) FRASER-JENKINS in der Westeifel gemacht. Die Fundorte werden auf Übersichtskarten dargestellt und in einer ökologischen Tabelle und durch Vegetationsaufnahmen charakterisiert. Es zeigt sich, daß Dryopteris affinis im Untersuchungsgebiet vor allem auf Waldrand-Böschungen, aber auch in naturnahen Fagion-Gesellschaften wächst. Entscheidend für das Vorkommen der Art sind offensichtlich ausreichende Wasserversorgung, hohe Luftfeuchte sowie wintermildes Klima. Daher bevorzugt Dryopteris affinis auch in der Eifel die stärker atlantisch geprägten Gebiete. Dryopteris affinis lässt sich morphologisch relativ leicht von Dryopteris filix-mas unterscheiden. Nachweise von Dryopteris x complexa in der Westeifel fehlen bisher. Die Unterscheidung der Unterarten von Dryopteris affinis anhand rein morphologischer Merkmale gestaltet sich schwierig, jedoch scheinen nur die triploiden Sippen ssp. borreri und ssp. robusta vorzukommen. Unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung des genetischen Potentials der von anderen Unterarten schwer zu unterscheidenden diploiden Unterart müssen die Wuchsorte von Dryopteris affinis unbedingt erhalten werden.
Paul Seibert 70 Jahre alt
(1991)
Am 18. Februar 1991 vollendete Prof. Dr. rer. nat. Paul Seibert sein 70. Lebensjahr. Als sein Nachfolger auf der Professur für Vegetationskunde (heute Geobotanik) in München hatte ich die Gelegenheit, während der vergangenen 4 Jahre mit Herrn Kollegen Seibert zahlreiche wissenschaftliche und private Gespräche zu führen und ihn auf mehreren gemeinsamen Exkursionen in die oberbayerische Landschaft zu begleiten. Hierbei habe ich nicht nur den Wissenschaftler sondern auch den Menschen Paul Seibert besser kennenlernen können. Deshalb darf ich vorweg sagen: Am wohlsten fühlt sich Herr Kollege Seibert, wenn er im Gelände der zentralen Tätigkeit des Vegetationskundlers nachgehen kann: Analyse der Vegetation, Erfassen der floristischen und ökologischen Zusammenhänge vor Ort, Entschlüsselung der Sprache der Vegetation.
Acht Lebensjahrzehnte vollenden Sie, lieber Herr Preising, in diesem Jahr und Sie könnten sich nun geruhsam in Ihrem Landhaus inmitten der Lüneburger Heide auf ein ausgefülltes persönliches und wissenschaftliches Leben zurückbesinnen. Ihre Schaffensfreudigkeit und Ihre Zuversicht sind trotz zahlreicher gesundheitlicher Rückschläge aber immer noch Motor und Kraftquelle für Sie, um das wissenschaftliche Werk weiterzuführen und die Pflanzengesellschaften Niedersachsens mit ihrer Bestandsentwicklung, ihrer Gefährdung und ihren Schutzproblemen zu vollenden.