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In Hugo von Hofmannsthals ‚Bewegungs-Texten’ wird das Schweigen zu einem beredten Gestus von (bewegten) Körpern und Bildern. Schweigen nicht als Leerstelle, als Negativ des Sprechens, sondern als sein Urgrund generiert Bedeutungen und dringt durch die Weise, wie es jene vermittelt, auf eine Modifikation der Wahrnehmung. Bewegung wird dabei gleichermaßen zum Konzept der Darstellungsabsicht, die eine Transgression des Textuellen anstrebt, wie zur Metapher der Umstrukturierung von Wahrnehmung und Erfahrung des Menschen in der Moderne. Um die ‚stummen’ Künste wie Pantomime, Tanz und Film in den (Be)Griff zu bekommen, stellt Hofmannsthal - ausgehend von der eigenen Beobachter-Erfahrung - den Zuschauer des Schauspiels in den Mittelpunkt seiner Texte. Stets ist in den Szenarien der medienreflexive Blick des Autors auf Bühne, Leinwand und Zuschauer präsent und wird dabei begleitet von Überlegungen zur spezifischen Medialität von Sprache, Musik und Bild. So bedenken beispielsweise auch zahlreiche Texte Hofmannsthals aus der Sammlung der Erfundenen Gespräche und Briefe, die den Zusammenhang von Wahrnehmung, Körper und Sprache thematisieren, den (beweglichen) Standpunkt des Beobachters als eigentlichen Prüfstein des Medialen. Auf diese Weise wird nicht nur erkennbar, wie Medien je unterschiedlich die Wahrnehmungsweisen des Menschen formen, sondern auch wie sie Selbst- und Weltverhältnisse herstellen, indem sie versuchen Absenz in Präsenz zu überführen. Dementsprechend weit gefasst ist Hofmannsthals Medienbegriff. Ihr grundsätzlich symbolischer Charakter verbindet die einzelnen Medien miteinander. Das Interesse des Dichters, der erkennt, dass er niemals „aus seinem Beruf, Worte zu machen, herausgehen“ können wird, konzentriert sich auf die Interdependenzen und die Austauschverhältnisse verschiedener symbolischer Formen, die nichtsdestotrotz nach je eigenen Gesetzmäßigkeiten funktionieren und diesen auch gerecht werden müssen, um ‚das Leben transponieren’ zu können. In den Szenarien für Pantomime, Tanz und Film spürt Hofmannsthal diesen Funktionsweisen nach. Er erkundet den Zusammenhang von Literatur, Musik und Tanz, entdeckt das Wissen des Körpers, dessen Erinnerungsfähigkeit derjenigen der klassischen Memorialtechnik der Schrift gegenübergestellt wird. Er thematisiert über den tanzenden Körper den Konnex von Mimesis und Identität, von Imagination und Wirklichkeit, Projektion und Abbild. Zudem wird der tanzende Körper als Inbegriff des Anderen, Fremden, (Weiblichen) vorgeführt und darüber sein fragwürdiger Status als ‚Natur’ problematisiert. Die vermeintlichen Antagonismen von Natur und Kultur, Leib und Seele, Sprache und Körper, Individuum und Gesellschaft sowie Freiheit und Determiniertheit geraten in Vermittlung und können dergestalt begreiflich machen, wie komplex verschiedene mediale Verfahren der Verkörperung, Einschreibung und Verbildlichung strukturiert und miteinander verzahnt sind. So können mystische Visionen auf der Bühne als filmische Bilderflucht inszeniert, die Schaulust im Kino zum Wahrnehmungsdispositiv einer Pantomime oder der Akt des Schreibens im Film mit dessen Performativiät und der Prozessualität der filmischen Bilderfolge in Beziehung gesetzt werden.
Gegenstand der Arbeit sind römisch-pagane Ein- und Vorstellungen zu Tod, Jenseitigkeit und Vergänglichkeit im Medium der Grabinschrift. Die Grabinschrift wird als konventionelles, stereotypisiertes, zugleich aber valides und authentisches Vehikel für tod-jenseitige Einstellungen definiert. Umfaßt ist mit Rom, der italischen Halbinsel und der Gallia Narbonensis ein geschlossenes Gebiet. Es war zur Kaiserzeit, aus der der Großteil der analysierten, nicht chronologisch ausdifferenzierten Inschriften stammt, weitgehend romanisiert. Basis der Untersuchung sind die etwa 130.000 Inschriften der lateinischen epigraphischen Datenbank der Universitäten Frankfurt am Main und Eichstätt (EDCS) für den beschriebenen Bereich. Der fragmentarische Charakter der Grabinschrift als Element, das auf die epigraphische Dimension reduziert und vom materiellen und rituell-abstrakten Ursprungszusammenhang isoliert ist, wird diskutiert. Archäologische Quellen und andere nicht epigraphische Dimensionen des sepulkralen Ensembles und ihre Interaktion mit der Inschrift werden dargestellt. Die zum untersuchten Komplex aussagekräftigen paganen Grabtituli werden in 14 Kategorien thematisch ausdifferenziert nach Häufigkeiten erfaßt. Die quantitative Ausrichtung wird durch Beiziehung zahlreicher Einzelinschriften und kleiner thematischer Komplexe ergänzt. Quantitative und qualitative Dimension, Inschriftenmasse und individuelles Zeugnis bedingen, akzentuieren und korrigieren einander. Die Kategorien werden anhand der Forschungsliteratur diskutiert und interpretiert. Ergebnisse: 1. Intention aller grabepigraphisch gespiegelter Botschaften ist die Domestizierung des Todes und des Toten. 2. Wesentliche charakteristische römisch-pagane Strategien sind: Revitalisierung im Medium der ‚sprechenden Grabinschrift’; Fortexistenz in der dinglichen und abstrakten memoria (Grab und Gedächtnis); Fortexistenz in der scripta memoria als abstrahierende Weiterentwicklung des Grabmals als Stellvertreter des Toten; Fortexistenz im Kollektiv der Manes; Konstituierung des personifizierten Schicksals (Fatum) als deskriptiv-markierende, regelimaginierende Chiffre. 3. Mythologische Motive sowie nihilistische Statements sind in Gegensatz zu ihrem Echo in der Forschung extrem rar. 4. Die die Vergänglichkeit thematisierenden tituli bilden einen vergleichsweise großen und aussagekräftigen Komplex. 5. Das als mittelalterlich geltende Vanitasmotiv der ‚Begegnung der Lebenden und der Toten’ wird als genuin paganes Motiv identifiziert und beschrieben 6. Formal verkörpern die Grabinschriften ebenso wie die römischen Grabporträts stereotypisierte, rezipienten-, normen- und rollenorientierte Präsentationen des Toten von leichter Lesbarkeit, hohem Signalcharakter und Wiedererkennungswert („Typen“). 7. Allen Grabtituli inhärente Bestimmungen sind Markieren, Exponieren, Entschädigen – Markieren von Kult- und Gedächtnisort, Exponieren von Bildung, Prestige und Romanitas, Entschädigen und Befrieden des neidischen Toten. 8. Das Setzen der Grabinschrift ist Ausdruck von pietas und als ritueller Akt innerhalb religio und Orthopraxie eine jenseitige Handlung.