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Ein selbstverwaltetes Kulturzentrum in Neapel wird von der Stadtgesellschaft zum Gemeingut erklärt. In einem leerstehenden Einkaufszentrum am Rande von Kopenhagen erforscht das Publikum eines kleinen Festivals die Bedingungen öffentlichen Lebens. Gegen die machtvolle Allianz von Kirche und Staat übt das Ensemble eines Warschauer Theaters Herrschaftskritik am eigenen Betrieb … Die sechs Theaterorte, die in "farsi comune" besucht und mit Texten der politischen und ästhetischen Theorie in einen Austausch gebracht werden, sind Schauplätze informeller Gemeinschaftsbildung und Werkstätten kritischer Zeitgenossenschaft. Zusammen betrachtet werfen sie Fragen auf, die von Europa aus die Gegenwart zu denken geben: Wie kann auf einem beschädigten Planeten gemeinsames Leben stattfinden? Wie lässt sich Pluralität in postnationalen Gesellschaften organisieren? Welche Gestaltungsmöglichkeiten bleiben in einer von Technik und Kapital strukturierten Welt? Dabei zeigt sich Theater als singulär-pluraler Ort, der eine widerständige Zeit des Kommunen entfaltet.
Stuttgart 21 – eine Rekonstruktion der Proteste : Soziale Bewegungen in Zeiten der Postdemokratie
(2020)
Die Konflikte um das Großprojekt »Stuttgart 21« verdeutlichen exemplarisch, wie Protestbewegungen das postdemokratische Zusammenspiel von Staat und Wirtschaft herausfordern. Bürgerbeteiligung und Kostentransparenz sind seither nahezu obligatorisch, dabei hat die Bewegung gegen »S21« ihr eigentliches Ziel, das Bahn- und Immobilienprojekt zu stoppen, verfehlt, trotz scheinbar positiver Ausgangslage. Anhand von Schlüsselereignissen im Konflikt um das Großprojekt rekonstruiert Julia von Staden die Dynamiken und Diskurse einer sozialen Bewegung, die in ihrer Art eine Neuheit in der Protest- und Bewegungsforschung darstellt und gleichzeitig ein Lehrstück für andere soziale Bewegungen wurde.
In diesem Aufsatz möchte ich untersuchen, wie die Rahmen- und Binnengeschichten in 'Marathon, Eis und Schnee', 'Safari' und 'Johanna' räumlich gestaltet sind, und welche Rückschlüsse die Gestaltung von Räumlichkeit in diesen Texten auf Felicitas Hoppes Poetologie erlaubt. Dabei gehe ich davon aus, dass sich eine Analogie ausmachen lässt zwischen der Raumordnung, der Zeitordnung und der narrativen Ordnung von Rahmen- und Binnenebenen, die auch für Hoppes übriges Werk charakteristisch ist: In allen diesen drei Aspekten bestehen Grenzen, die sich jedoch im Erzählen als zunehmend permeabel erweisen.
Zu den Auftraggebern der großen Wiener Architekten gehörten im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts auch Wiener Schriftsteller. [...] Mit dem Auftrag an Strnad hatte sich Hofmannsthal für einen Architekten entschieden, dessen Gestaltungen für eine entspanntere, gleichsam wohnlichere Form der Wohnkultur standen - und damit für eine pragmatischere Moderne als die der Wiener Werkstätte und der Sezession. [...] Der konzeptionelle Wandel von Repräsentation zu Individualität machte das Interieur zu einem "Spielraum" für "Lebens‑ und Charakterentwürfe" des Bewohners, der darin stilistisch und materiell unterschiedliche Möbelstücke und Gegenstände wie Requisiten frei kombinieren, umstellen und austauschen konnte. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde diese von Architekten und Gestaltern wie Oskar Strnad und Josef Frank geprägte Spielart der Wohnkultur mit ihrer "undogmatischen und benutzerorientierten Definition von Funktionalität" als Neues Wiener Wohnen zum Begriff. [...] Obwohl kaum schriftliche Zeugnisse der Zusammenarbeit zwischen Hofmannsthal und Strnad existieren, belegen die beiden gemeinsamen Projekte - die Einrichtung der Wohnung Stallburggasse und die Bühneneinrichtung der Komödie "Der Schwierige" - eine große Nähe zur Idee einer "Veränderung der Wohnung", bei der nicht nur die Konzeption der Räume als Wiener Räume eine wichtige Rolle spielt, sondern auch deren individuelle Gestaltung.
In Germany, traffic planning still follows the tradition of modernist urban planning theory from the beginning of the 1930s and car-oriented city planning during the post-war period in West Germany. From a methodological perspective, the prevailing narrative is that traffic can be abstracted and modelled under laboratory conditions (in vitro) as a spatial movement process of individual neutral particles. The use of these laboratory experiments in traffic planning cannot be understood as a neutral application of experimental results, assumed to be true, in a variety of spatial contexts. Rather, it is an active practice of staging traffic according to a particular social interactionist paradigm.
According to this, traffic is staged through interventions in planning authorities as well as the practices of people on the streets. In order to describe these staging conduits, traffic is ontologically thought of as a social order that is continuously reproduced situationally through interactions, following Erving Goffman and Harold Garfinkel. To investigate the staging conduits empirically, an ethnographic-inspired field study was conducted at Willy-Brandt-Platz in Frankfurt am Main in May and June 2020. Through situational mapping and observation of social interactions (in situ), knowledge about the staging of social orders was generated.
These empirical findings are further embedded in debates that discuss traffic not only as a staging but also as an enactment of certain realities. Understanding planning practice as a political enactment, through which realities are not only described but also made, makes it possible for us to think and design alternative realities.
Die Bedeutung des Raumes in literarischen Texten ist spätestens seit dem 'Spatial Turn' der Literatur- und Kulturwissenschaften unbestritten. Im Zuge jüngerer Debatten in den Geschichtswissenschaften haben sich parallel dazu Stimmen zu Wort gemeldet, die auf die Bedeutung des Raumes für historische Ereignisse und deren wissenschaftliche Darstellung hinweisen. Literatur, Literaturwissenschaft, Historiografie und Geschichtswissenschaft sind zudem disziplinär enger zusammengerückt, seit Hayden White auf die genuine Fiktionalität historiografischer Texte aufmerksam gemacht hat. Diese drei die Theoriebildung der Geisteswissenschaften betreffenden Aspekte sollen im Folgenden am Beispiel von Felicitas Hoppes Roman 'Johanna' (2006) zunächst zu einigen Beobachtungen hinsichtlich der Topografie des Raumes in historisch erzählenden Texten zusammengeführt und anschließend um einen Blick auf damit verbundene metafiktionale Aussagen ergänzt werden. Meine These lautet, dass die narrativ evozierten räumlichen Gegebenheiten der diegetischen Welt von Johanna die Erzählung grundsätzlich bedingen und metafiktional reflektieren. Die entworfenen Räume spiegeln nicht nur Geschehnisse auf zeitlich und räumlich getrennten Erzählebenen des Romans, sondern weisen auch poetologische Züge auf, indem sie das Potenzial von ‚Fiktionsräumen‘ ausloten.4 Mit der so gestalteten Fiktion setzt Hoppes Roman einen bestimmten Typus des Lesers voraus – einen postmodernen Idealleser, der der Polyfonie des Textes gewachsen ist, ja sich sogar aktiv auf das Spiel mit der rezeptiven Vieldeutigkeit einlassen kann, das der Roman erzeugt.
Die häufig normativen Beschreibungen von Theatertexten werden in besonderem Maße durch materielle und räumliche Metaphoriken geprägt, welche die Wahrnehmung von Dramatik als Form nachhaltig beeinflussen. Ziel des Forschungsprojekts ist es, die epistemische Praxis der Theatertexttheorie nachzuvollziehen, um ihr implizites Set an Denkmustern, Sprachbildern und Zugangsweisen kritisch zu reflektieren.
Wie kein anderes Werk haben die "Kinder- und Hausmärchen, gesammelt durch die Brüder Grimm" unsere Vorstellung vom Märchenerzählen geprägt: was die Erzählinstanz als auch den Raum anbelangt, wo eine solche Märchennarration stattfindet. Wie die aktuellen Forschungsergebnisse zeigen, entspricht dieses Bild nicht der Realität, sondern einer fiktiven Konstruktion und kann mit dem vom Maingueneau vorgeschlagenen Konzept der "Szenographie" angegangen werden, einer fiktiven Sprechbühne, die sowohl eine zeitliche ("Chronographie") als auch eine räumliche ("Topographie") Komponente beinhaltet. Der vorliegende Beitrag fokussiert auf die Topographie der Märchen-Sammlung, wie sie von den Grimms im paratextuellen Abschnitt der "Zeugnisse" konzipiert wird, wo die Brüder andere Autoren zitieren. Durch eine vertiefte Analyse wird aufgezeigt, wie sehr die Vorgehensweise der Grimms als Manipulation betrachtet werden kann, um ihre Topographie der Märchennarration zu gestalten.
Golo Maurer thematisiert in seinem Beitrag als einflussreiche Vorbilder der Italienbeschreibung Goethes "Italienische Reise" und Eichendorffs Novelle "Aus dem Leben eines Taugenichts" und setzt diese in Beziehung zu unbekannteren Autoren. So greifen der Kulturhistoriker Viktor Hehn, der Jurist Friedrich Johann Meyer und die Maler Joseph Führich und Ludwig Richter in ihren Italiendarstellungen auf Topoi der Italiendarstellung zurück, lassen aber auch individuelle Akzente in der Auseinandersetzung mit dem Land erkennen. Ausgehend von der These, dass die Hinwendung nach Italien immer mit der Abwendung vom Politischen, v. a. von der Situation in der Heimat, einherging, deutet Maurer die Auseinandersetzung mit der südlichen Wahlheimat als Form eines auf einen neuen Gegenstand verschobenen Patriotismus.
In response to the question "What is the nature of a philological practice that seeks to establish a spatial relationship between text and reader?" this essay compares the philologist Hans Ulrich Gumbrecht's contemporary account of aesthetic experience with the school of Empathy Aesthetics in the late nineteenth century with respect to the manner each emphasizes the spatial qualities of that relationship. Although employing different conceptual repertoires, both assert that the desire of an aesthetic recipient to be in the spatial vicinity of the object and experience the presence of the object with and upon his own body motivates an aesthetic experience, including the work of the philologist. Gumbrecht and the empathy aesthetician Robert Vischer characterize the desire to stand in a spatial relationship to the aesthetic object as the desire to be subsumed thereby, a characterization which entails the negation of the original philological standpoint.