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When I first wrote about linguistic self-defense (discussed in Liav Orgad’s book pp. 198-200) I had a conception of languages in danger, The most visible potential victim were the French in Quebec. But with the help of Charles de Gaulle, the Quebecois have held on well to their culture (majority at home, minority at large, but supported by a large nation in Europe). One form of linguistic self-defense I proposed at the time was insisting on speaking your language in commercial transactions. For the sake of profit, store keepers would play along. Also, public advertising is a critical mode of making a language seem like the background state of normalcy. The key case in Quebec, as I recall, was called Chaussures Brown Shoes. That was the way they wanted their sign to read. The Anglophones objected and lost.
Der Islam stellt in Deutschland derzeit die größte religiöse Minderheit dar. Für ein friedliches Zusammenleben und einen Ausgleich zwischen verschiedenen Interessen, stellt das Recht wegen der Möglichkeit der Durchsetzbarkeit einen besonders wichtigen Faktor dar. Gegenstand des Aufsatzes ist die Frage, wie die deutsche Rechtsordnung mit religiösen Konflikten umgeht, inwieweit also die Interessen von Muslimen rechtlich geschützt werden. Dazu werden zunächst die verfassungsrechtlichen Maßstäbe zur Religionsfreiheit darge-stellt und die zentralen Kritikpunkte an der bisher ausgesprochen religionsfreundlichen Rechtsprechung analysiert. Sodann wird die Bedeutung dieser Maßstäbe für drei Einzelfragen näher betrachtet. Behandelt werden zum einen Konfliktfelder durch Religionsausübung in der Schule: das freiwillige Gebet von Schülern in Unterrichtspausen, die Befreiung vom Schwimmunterricht sowie die Kopftuchdebatte. Zum anderen werden die Fragestellungen erörtert, ob und inwieweit Scharia vor deutschen Gerichten Anwendung findet und ob und inwieweit sich innerhalb Deutschlands eine Paralleljustiz entwickelt. Abschließend befasst sich der Aufsatz mit der Beschneidung minderjähriger Jungen aus religiösen Gründen. Dieses Thema hat durch ein Urteil des LG Köln aus dem Jahre 2012 politische Aufmerksamkeit erlangt und schnelle Reaktionen des Gesetzgebers ausgelöst.
Mittels des BKA-Gesetzes wurden 2009 dem Bundeskriminalamt (BKA) verschiedene Befugnisse zum Einsatz von heimlichen Überwachungsmaßnahmen zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus eingeräumt, darunter der Einsatz von Rasterung, von verdeckten Ermittlern, zur akustischen und optischen Überwachung von Wohnungen und zur Telekommunikationsüberwachung. Das Bundesverfassungsgericht hat nunmehr diese Regelungen einer intensiven Prüfung unterzogen. Im Ergebnis handelt es sich um eine weitere „Ja-aber"-Entscheidung des Verfassungsgerichts im Bereich der Sicherheitsgesetzgebung: Das vom Gesetzgeber gewählte Instrument wird als grundsätzlich als mit der Verfassung vereinbar angesehen, allerdings nicht bzw. nicht vollständig in der konkreten Ausgestaltung. Der Gesetzgeber darf sich also bestätigt fühlen, auf dem richtigen Weg zu sein; eine strikte Grenzziehung gegenüber den Begehrlichkeiten des Staates auf Informationen über seine Bürger gibt es nicht. ...
Die Globalisierung hat nicht, wie es sowohl ordoliberale als auch kritische Theorien einer globalen „economic constitution“ erwarten, eine einheitliche Weltwirtschaftsverfassung hervorgebracht, sondern eine fragmentierte Kollisionsverfassung, d.h. eine Metaverfassung von Verfassungskonflikten. Als deren kollidierende Einheiten fungieren nicht mehr die Nationalstaaten, sondern transnationale Produktionsregimes. Die von Böhm und Sinzheimer für den Nationalstaat formulierte Alternative von ordoliberaler Wirtschaftsverfassung und sozialdemokratischer Wirtschaftsdemokratie ist in der transnationalen Wirtschaftsverfassung vom Gegensatz zwischen den neokorporatistisch organisierten Produktionsregimes Kontinentaleuropas und den finanzkapitalistisch geprägten Produktionsregimes anglo-amerikanischer Prägung, abgelöst worden. Entgegen allen Voraussagen haben die neo-korporatistischen Wirtschaftsverfassungen Kontinentaleuropas trotz Globalisierung und Wirtschaftskrise eine erstaunliche Resilienz bewiesen. Einer wirtschaftsdemokratischen Konstitutionalisierung eröffnen sich hier neue Chancen dadurch, dass, wie am Beispiel der Corporate Codes gezeigt wird, unternehmensexterne gesellschaftliche Kräfte, also neben staatlichen Interventionen rechtliche Normierungen und „zivilgesellschaftliche“ Gegenmacht aus anderen Kontexten so massiven Druck auf die Unternehmen ausüben, dass sie gezwungen sind, gemeinwohlbezogene Selbstbeschränkungen aufzubauen.
Prozesse der Konstitutionalisierung jenseits des Nationalstaates ver-laufen in zwei unterschiedlichen Richtungen: in transnationalen Politikprozessen jenseits der Nationalstaatsverfassungen, gleichzeitig außerhalb der internationalen Politik in den “privaten” Sektoren der Weltgesellschaft. Die Verfassungssoziologie, die solche Prozesse analysiert, distanziert sich damit von den Verengungen des traditionellen Konstitutionalismus auf den Nationalstaat und fokussiert gesellschaftliche Verfassungen im nationalen und transnationalen Raum. Doch was ist das Gesellschaftliche im gesellschaftlichen Konstitutionalismus? Dies ist aktuell Gegenstand einer vielstimmigen Kontroverse über die Subjekte nichtstaatlicher Verfassungen, ihren Ursprung, ihre Legitimation, ihre Reichweite und ihre inneren Strukturen. Der Beitrag versteht die Kontroverse als „Thema mit Variationen“ und stellt folgende Leitfragen an die zahlreichen Variationen: Was ist in der einzelnen Variation das jeweilige „Kompositionsprinzip“? Welche Schwierigkeiten zeigen sich in dessen Durchführung? Welches sind seine aufhebenswerten Motive? In diesem Sinn wird zunächst das von David Sciulli vorgegebene Thema des gesellschaftlichen Konstitutionalismus kurz vorgestellt. Dann werden sechs Variationen in zwei unterschiedlichen Variationsreihen vorgeführt, einer ersten, die Konstitutionalisierung als Expansion einer einzigen Rationalität in alle gesellschaftlichen Bereiche versteht, einer zweiten, welche trotz der Pluralität des gesellschaftlichen Konstitutionalismus auf der Einheit der Verfassung besteht. Im Schlussteil nehmen drei weitere Variationen schließlich die Motive, die sich als aufhebenswert herausgestellt haben – Meta-Verfassung, Nomos und Narrativ, mediale Reflexivität - wieder auf und entwickeln sie weiter.
Constitutionalization beyond the nation state can be observed as an evolutionary process that leads in two quite different directions: (1) constitutions evolve in transnational political processes outside the nation state; (2) simulta-neously, constitutions evolve outside international politics in global society’s ‘private’ sectors. What, however, is the specifically societal element in societal constitutionalism? This is currently the object of a controversy regarding the subjects of non-state constitutions, their origin, their legitimization, their scope, and their internal structures. This article interprets the controversy as a theme with a number of variations. What is the distinctive ‘compositional principle’ in each particular variation? Which problems become evident in its ‘development’? What are its most valuable ‘motifs’? The article starts with David Sciulli’s theme of societal constitutionalism. Then it presents six variations on Sciulli. In a first group, constitutionalization is perceived as the expansion of a single rationality into all spheres of society. In a second group, the motif of the unity of the consti-tution can still be heard, despite the essential pluralism of societal constitution-alism. In the final movement, three further variations will then reprise and devel-op further the most important motifs, in a resumption of the original theme.
Die Diskussion über die Frage, ob die Politik offener Grenzen mit dem geltenden Recht in Einklang steht, gewinnt an Dynamik und Tiefenschärfe. Wir freuen uns, dass mit Roman Lehner erstmals ein Fachkollege auf unsere andernorts vertretene Auslegung der Dublin III-VO und des Schengener Grenzkodex erwidert und uns dabei attestiert hat, mit Art. 20 IV Dublin III "einen sehr klugen Gedanken in die Debatte gebracht" zu haben. Im Ergebnis widerspricht uns Lehner gleichwohl. Seine Gegenthese lautet im Kern: Schutzanträge an der deutsch-österreichischen oder einer anderen Binnengrenze unterfallen Art. 3 Abs. 1 und nicht Art. 20 Abs. 4 Dublin-III-VO, weshalb die Zuständigkeits- und letztlich die Antragsprüfung in Deutschland und nicht in Österreich stattzufinden haben. Dieser Einwand beruht freilich auf einem grundlegenden Missverständnis der Konzeption des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) und speziell des Art. 3 Abs. 1 S. 1 Dublin III.
Schneller als erwartet fängt Donald Trump an, seine Versprechungen, mit denen er sich die Stimmen der radikalen Rechten im Wahlkampf erkauft hat, einzulösen. Und er scheint die Möglichkeit der Befriedung der Ultra-Rechten gefunden zu haben: die Nominierung eines neuen Richters am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten, dem Supreme Court.
Am 01. Juni 2013 gingen ca. 20.000 Menschen in Frankfurt am Main auf die Straße, um im Rahmen der Blockupy-Aktionstage gegen die europäische Finanzpolitik zu demonstrieren. Weit kam die Versammlung damals nicht. Bereits nach einer halben Stunde wurde der vordere Demonstrationsteil mit fast 1.000 Personen durch die Polizei eingekesselt. Bis in den späten Abend, insgesamt über neun Stunden, wurden die Betroffenen festgesetzt, einzeln kontrolliert und erkennungsdienstlich behandelt, so dass die Versammlung ihre geplante Route nicht laufen konnte. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete damals von schwerverletzten Demonstrant*innen und Journalist*innen. ...
If a report on state and perspectives of the history of social law is to be written, two problems involving demarcation have to be dealt with in advance. 1. What is social law? 2. What kind of literature has to be considered as a part of the history of social law? In both cases the boundaries can definitely be drawn in a subjective manner and can be oriented towards the interests and competences of the author insofar as the criteria are plausible. ...
Social law is an important cornerstone of the normative constitution of the modern state, if not one the most important. The stability of market-based societies in the current era primarily resulted from both the existence of legally guaranteed provisions against the risks of life and the legal mechanisms that make the social inequalities bearable – or, at the very least, that ensure a minimum standard of living and prevent those affected from being completely excluded from social participation. Social law is, however, not just a stabilizing element for democratically constituted market societies in a normal situation. Over the course of the 20th century, it was also used to great effect by dictatorial and authoritarian regimes as a means of securing power, and it was employed more often in times of war and crisis in order to keep peace within the state, to attenuate or pacify fragile social situations, not to mention to generate social consensus. Throughout all the ups and downs of recent history, social law has remained a key element involved in the shaping of society. ...
"Die Digital Humanities sind kein Hochgeschwindigkeitszug, sondern ein gemächlich, aber stetig vorantreibendes Unternehmen, dem bisher noch die Anerkennung seiner Leistungen fehlt. Mit dem Engagement in digitalen Projekten ist weiter kein Blumentopf zu gewinnen": So konnte man am 13. Dezember 2011 im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung lesen (Thiel 2011). Das stellte sich schnell als Fehleinschätzung heraus. Kaum acht Monate später war an derselben Stelle von einer "empirischen Wende für die Geisteswissenschaften" die Rede, vom "Ende hermeneutischer Einzelforschung" (Thiel 2012). In den seither vergangenen vier Jahren zeigte die Konjunkturkurve der Digital Humanities steil nach oben; das Bundesministerium für Bildung und Forschung erklärte es zur forschungspolitischen Notwendigkeit, die "Digitalisierung der Geisteswissenschaften zu einer Erfolgsgeschichte" zu machen. Die Konjunktur zeigt bereits erste Anzeichen einer nahenden Überhitzung, etwa in der Befürchtung, Digital Humanities in ihrer derzeitigen Ausprägung könnten "antragstechnisch bereits verbraucht" sein; erforderlich seien neue, noch ambitioniertere Schwerpunkte, etwa durch ein noch weiter ausgreifendes, Disziplinen überwölbendes Zusammenführen multimedialer Quellen (Texte, Bilder, Musik) in einer einheitlichen Datenstruktur. Der starke politische Rückenwind hat inzwischen eine teilweise polemisch geführte Debatte über die politische und ökonomische Agenda der Digital Humanities hervorgebracht (Fiormonte 2012; jüngst: Allington/Brouillette / Golumbia 2016 und Spahr / So / Piper 2016). ...
Circulation of legal knowledge, ideas, norms and practices has taken place throughout legal history, shaping legal experiences in different corners of the world. Over the past couple of years, approaches to the study of such circulations have changed radically. Legal historians have adopted approaches from cultural studies and transnational history in order to gain a deeper understanding of the complexities inherent in these processes. ...
Mónica García-Salmones Rovira hat ihr – mittlerweile preisgekröntes – Buch als "The Project of Positivism in International Law" betitelt. Das klingt etwas schmissig und zugleich verlockend rätselhaft. Wessen Projekt war es, wann gab es das und was ist davon zu halten? Die Verfasserin setzt keinen Untertitel dazu, der dem Leser einen erläuternden Hinweis geben könnte. Die eigentliche Überraschung ist, dass sich nach Lektüre der rund 400 Seiten beide Eindrücke sogar verstärkt haben: Das Buch-Ende wartet im Anschluss an die völkerrechtshistorische Darstellung mit einer persönlichen Positionierung der Autorin gegenüber ihrem Gegenstand auf, die eine akzentuiert kritische Haltung offenlegt und den Leser nochmals zum Nachdenken bringt. ...
The essay, originally written in German as an introduction to a volume of collected papers, shows the influence of the Historical School of Law on legal, historical and social sciences in Germany throughout the 19th and even 20th centuries – a time span running contrary to the dominate view that sees the end of the School in the middle of the 19th century. In my view the School constitutes not only a method for developing norms of private law out of the historical materials of Roman and German-Germanic laws, but is based on a wider conception of culture, law and history that is also connected to the political positions of that time. In Savigny’s founding pamphlet, "The vocation of our time ...", two major theoretical topics for this long-lasting influence can be found: The Romantic one, which views law as a part of culture and parallel to language and custom, based on the "spirit of the people", and, on the other side, the rationality of the European tradition of Roman law, which was developed and administered by jurists. These two basic points, in part standing in contradiction to one another, form a fertile tension that provides an impulse to the intellectual discussions and new movements in jurisprudence and history analysed in the text. Realism, founded in the connection of both sciences to political and social life, builds a kind of "basso continuo" and acts as a counterbalance to the former two. And it is in this context that the works of Jacob Grimm, Puchta and Beseler, Heinrich Brunner, Georg von Below and others are analysed, in particular the works of Otto von Gierke and Max Weber. Finally, evidence is furnished that a new image of the medieval period, and its impact on law, as a centre of Western identity was outlined in the 20th century by authors like Ernst Kantorowicz, Fritz Kern, Otto Brunner and, last but not least, by Harold J. Berman (walking in the footsteps of Eugen Rosenstock- Huessy), all of whom were situated in different ways within the tradition of the broader, cultural-based Romantic view.
Grégoire Bigot, Rechtshistoriker an der Universität Nantes, ist wie Pierre-Laurent Frier und François Burdeau, denen er beiden verbunden ist, Spezialist für die Geschichte der französischen Verwaltung und des Verwaltungsrechts vor allem des 19. und 20. Jahrhunderts. Seine beiden Bände "L’Administration française" sind heute das maßgebende Handbuch für die Zeit bis 1944 – ein dritter Band wird erwartet. Im vorliegenden Sammelband vereint er nun acht große Artikel aus den Jahren 2000 bis 2012, die sich mit Verwaltung, Verwaltungsrecht und Verwaltungsgerichtsbarkeit von der Französischen Revolution bis zur Gegenwart befassen. In einer sehr informativen Einleitung von fast 50 Seiten werden das Forschungsfeld selbst sowie dessen Wissenschaftsgeschichte entfaltet. Die Studien sind nicht europäisch vergleichend angelegt, sondern – von kurzen Seitenblicken auf Italien und Deutschland abgesehen – ganz auf Frankreich konzentriert. ...
Die Studie der Frankfurter Historikerin ruht auf ihren früheren Arbeiten über frühneuzeitliche politische Predigten, vor allem in den Forschungsbibliotheken Gotha und Wolfenbüttel, sowie auf einem Projekt im Exzellenzcluster "Die Herausbildung normativer Ordnungen". Ein Forschungskonzept "Politische Kommunikation in der Frühen Neuzeit" lag bereits seit 2007 vor. Daraus ist nun ein Buch geworden, an dem man aus mehreren Gründen die innere Balance vermisst und das viel enger zugeschnitten ist, als der weite Titel verheißt. Die Autorin möchte in der vielstimmigen religiös-politischen Semantik des 16. und des frühen 17. Jahrhunderts jene Position besonders herausheben, die als "politica christiana", "Christliche Politik" oder "Christen-Staat" bezeichnet wurde. Sie unterstreicht, im Einklang mit der neueren Forschung, dass solche christlichen und naturrechtlichen Begründungen eines Widerstandsrechts und die Betonung der Frömmigkeit für Herrschende und Beherrschte keine Außenseiterpositionen und keine Spezialität des Luthertums waren, sondern in Europa konfessionsübergreifend diskutiert und weitgehend akzeptiert wurden. Das Thema eines möglichen Widerstands gegen eine religiös-konfessionell unterdrückerische Obrigkeit ist nur ein Aspekt jener weiter gefassten "christlichen Politik". Dass auch die Lutheraner über das Widerstandsrecht diskutierten, vor allem im 16. Jahrhundert, ist unbestreitbar. Sie taten dies ebenso wie Katholiken oder Calvinisten, wenn sie konfessionspolitisch in Bedrängnis waren. Das war naheliegend. Aber genügt es, um den vielfach bestätigten Gesamtbefund, das Luthertum habe aufgrund seiner an die weltliche Obrigkeit angelehnten Struktur auch stärker obrigkeitlich gedacht, zum Vorurteil zu erklären? ...
This paper reflects on legal pluralism. How did medieval societies incorporate both unwritten customs and written law at the same time? How did they constitute the process of finding justice? What is the essense of legal pluralism, and will it help us understand the situation of Taiwan’s indigenous population?
We aim to solve these problems by taking a closer look at medieval Saxony: for around 400 years, both laws given by the authorities and traditional customs in Saxony worked fine in parallel. The latter were put into writing by the legal practitioner Eike von Repgow around 1230 for reasons unknown. We refer to his collection of laws and customs of the Saxons as the Sachsenspiegel ("Mirror of Saxons").
While Saxons certainly differed from Taiwan’s indigenous population for many reasons, such as the supposedly weaker egalitarianism among the Saxons than among at least some indigenous groups, the two show some remarkable similarities nonetheless. Just like the Taiwanese Gaya, the Sachsenspiegel’s spiritual origin raises the claim to validity. Furthermore, comparing the handling of a person’s sale of inherited property, the legal situations in the Sachsenspiegel and Taiwan’s unwritten customs resemble each other. The heir can transfer only property he acquired personally. Furthermore, the author discusses the different character of courts and procedure under oral law in contrast to written modern law.
Finally, the paper concludes with some remarks about a learned commentary on the Sachsenspiegel written around 1325, combined with an outlook on the possible future of Taiwanese customs.
Die 18 Beiträge des Sammelbands behandeln das auch rechtshistorisch interessierende Thema der "religiösen Devianz", die zwischen schweren Delikten wie Gottlosigkeit, Hexerei oder Blasphemie und nonkonformistischen Glaubenspraktiken, Dissimulation und Eigensinn verortet wird. Dieses breite Spektrum, zu dessen einzelnen Erscheinungsformen bereits ergiebige Forschungen existieren, soll mit neueren sozialwissenschaftlichen und kriminalitätshistorischen Ansätzen, Methoden und Fragestellungen durchleuchtet werden: Nicht mehr Kirche und Staat, sondern der Herstellungsprozess religiöser Abweichung, deren Zuschreibung und die Sanktionierung/Stigmatisierung und damit die Praxis des Umgangs mit religiöser Devianz stehen im Mittelpunkt des Forschungsfeldes. Dessen Dimensionen legen die Herausgeber in der Einleitung systematisch und überzeugend dar und betonen als zentrale Forschungsleitlinien die stärkere Berücksichtigung von religiöser Pluralität, gruppenbezogener und konfessionsübergreifender Devianzen bzw. übergreifender Deliktfelder sowie das Zusammenwirken von religiösen, sozialen und rechtlichen Normen und Praktiken. Vollständigkeit kann freilich nicht erzielt werden und daher beschränkt sich der Band auf exemplarische Fallstudien zum konfessionellen Zeitalter, welche die variantenreiche religiös-konfessionelle Landschaft Europas ausreichend abdecken. ...