CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
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Since the late 1950's Paul Celan has been deeply interested in scientific questions in regard to history and society as well as in the terminology of scientific language. Therefore, since the publication of “Sprachgitter” up to “Schneepart”, many of his poems include terms out of texts that deal with topics as different as geology, biology, astronomy, nuclear physics, and medicine. This essay addresses the problem of this form of adaptation by a close reading of Celan's poem »In der Blasenkammer« (published in 1970). Celan's poems turn against any notion of ›communicative functionality‹ of language; especially the languages of the sciences are here a prominent challenge because of their claim to be semantically objective. So the mentioned adaptation is a serious problem indeed, because the turning of scientific terms into words of poetry does not imply that these terms are simply transferred from one determined semantic context into another. It is rather the question of semantics itself that is at stake. So it has to be stressed that Celan does neither intend to equip scientific terms with ›poetical connotations‹ nor does he turn them into simple metaphors nor poetic or metapoetic concepts. His poems rather deal with the dispensation of semantics and metaphoricity – the language of these poems is a language of abundance and privation at the same time.
Wie im Vorwort zur Plurale-Ausgabe # 1 angemerkt, scheint die „Bewegung des Falls […] prototypisch für Phänomene des Kontrollverlustes, des ungeregelten Heraustretens aus realen und symbolischen Ordnungen zu stehen.“ Diese Einschätzung möchte ich am Beispiel einiger netzkünstlerischer Werke hinterfragen. Wie das angeführte Zitat nahe legt, wird die Bewegung des Falls wesentlich durch das Moment des „ungeregelten Heraustretens“ aus einer Ordnung bestimmt. Daher kommt es mir vor allem darauf an, nach den Bedingungen der Möglichkeit einer Zuschreibung von Ordnung bzw. Unordnung zu fragen. […] Die folgenden Ausführungen greifen auf Arbeiten zur Ästhetik der Netzkunst zurück. Ihre Werke zeichnen sich durch eine spezifischen Oberflächlichkeit aus, die mit ihren technischen und technologischen Bedingungen zusammenhängt. Aufgrund dieser Kontextualisierung spielt in der Netzkunst die Frage nach der ästhetischen Qualität von Störungen eine wesentliche Rolle. Die Dysfunktionalität von Software wird häufig zum Thema künstlerischen Schaffens gewählt. Netzkunstwerke stehen als Produkte eines auf Geordnetheit ausgerichteten Verlaufs – den formatierten bzw. programmierten Web-Seiten – mit der Relationalität von Ordnung und Nicht-Ordnung in Verbindung. Aus diesem Grunde bieten sich Netzkunstwerke für eine Analyse der Frage nach den Bedingungen der Möglichkeit einer Zuschreibung von Ordnung bzw. Unordnung an. In besonderer Weise laden einige Werke der Gruppen Jodi und 0100101110101101.org dazu ein, sich gemäß dem formulierten Erkenntnisinteresse mit ihnen auseinanderzusetzen.
Dem Namen kommt in der menschlichen und gesellschaftlichen Rede eine grundlegende, konstitutive Bedeutung zu: Es ist der Name, der sowohl die je spezifische Eigenheit seines Trägers indiziert als auch seine Stellung und seine Beziehungen zu anderen im Bereich des Sozialen allererst definiert. Diese in doppelter Hinsicht begründende Rolle des Namens haben, aus einer philosophischen bzw. kulturwissenschaftlichen Sicht, in neuerer Zeit vor allem die Untersuchungen von Tilman Borsche und Matthias Waltz dargelegt. Während Borsche aus philosophischer Sicht die erzeugende, die Gegenstände des Erkennens, Denkens und Sprechens hervorbringende und bestimmende Kraft des Namens betont, gilt Waltz’ Augenmerk demgegenüber stärker der gesellschaftlichen und institutionellen Wirkungsweise des Namens: Dabei hält er die Rolle der Namen für so grundlegend, dass sie – über eine bloß nachträgliche Beschreibung des Gegebenen weit hinaus gehend – Kategorisierungen hervorbringen, die die Formen unseres gesellschaftlichen Sprechens und Handelns weitreichend bestimmen. [...] Eigennamen erweisen sich als Kristallisationspunkte sui generis in Prozessen kultureller Bedeutungsstiftung und fungieren als Möglichkeit der Selbstverortung, Selbstreflexion sowie Fremdwahrnehmung. Die ausgewählten literarischen Textbeispiele reflektieren eindringlich die kulturelle Relevanz der Eigennamen und verdeutlichen zugleich ihre Bedeutung als Gegenstände kulturwissenschaftlicher Forschungen.
Als Hartmann von Aue vor gut 800 Jahren seine Version der Gregoriuslegende niederschrieb, mag ihm der Ödipusmythos bekannt gewesen sein, aus der Perspektive eines mittelalterlichen Gelehrten war dieser jedoch ein Überbleibsel aus einer vorchristlichen und damit gottesfernen Zeit und eher über den Umweg der christlichen Allegorese interessant. Wahrscheinlicher ist es hingegen, dass für ihn die Legende vom heiligen Papst eine historisch wahre, die Allmacht Gottes unter Beweis stellende Geschichte war. Thomas Mann versteht Hartmanns Gregorius hingegen in Folge seiner Beschäftigung mit den mythologischen Ursprüngen der europäischen Kultur als Variante des Ödipusdramas Sophokles’ und versucht in dem Erwählten die antiken Quellen zum einen auf einer literaturhistorischen Ebene freizulegen, zum anderen jedoch auch im Rahmen der psychoanalytischen Theorie zu interpretieren. Im Folgenden wird diesem Interpretationsansatz anhand der Differenzen der Textfassungen nachgegangen, um die Frage zu erörtern, welche Elemente des Ödipusmythos Thomas Mann aus der Gregoriuslegende herausgearbeitet hat. ...
Sprachen, Epochen und Gattungen stellt die Literaturwissenschaften immer wieder vor die Frage, wie sie diese Entwicklung mitgestalten und zu ihrem Vorteil nutzen können. Dabei ist digital nicht gleich digital, sondern es existiert eine Vielzahl sehr unterschiedlicher, digitaler Repräsentationsformen von Text. Nur wenige dieser Repräsentationsformen werden literaturwissenschaftlichen Anforderungen tatsächlich gerecht, darunter diejenige, die den Richtlinien der Text Encoding Initiative folgt. Der vorliegende Beitrag vergleicht zunächst einige derzeit gängige digitale Repräsentationsformen von Text. Für literaturwissenschaftliche Forschung besonders geeignet erweist sich hierbei eine Repräsentationsform, die den Richtlinien der Text Encoding Initiative folgt. Daher informiert der Beitrag anschließend über deren Nutzen für die literaturwissenschaftliche Arbeit, sowohl im Bereich der wissenschaftlichen Textedition als auch im Bereich der Analyse und Interpretation von Texten. Nur wenn die Literaturwissenschaften in ihrer Breite den Nutzen von offenen, expressiven, flexiblen und standardisierten, langfristig nutzbaren Formaten für die Forschung erkennen, können sie sich mit dem erforderlichen Nachdruck für deren Verbreitung einsetzen und durch die zunehmende Verfügbarkeit von Texten in solchen Formaten für die eigene Forschung und Lehre davon profitieren.
Aus postkolonialer Perspektive gilt der Exotismus im Anschluss an Edward Said als die spezifische Ästhetik des Imperialismus, als Projektion westlicher Wunschphantasien, als ästhetische Ausbeutung des Fremden im Imperium der westlichen Kulturproduktion. Von einem „Ausstieg aus dem kolonialen Syndrom“, mithin von Postkolonialismus, könne man erst sprechen, wenn die diskursive Strategie des Exotismus nicht mehr funktioniere. Die einschlägigen literaturwissenschaftlichen Nachschlagewerke erklären, dass der Begriff Exotismus als Entlehnung aus dem Französischen zu Beginn des 20. ahrhunderts Eingang in die deutsche Sprache gefunden habe. Gerhart Pickerodt verweist im Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft auf „früheste bekannte Belege“ bei dem österreichischen Expressionisten Robert Müller aus dem Jahr 1914.
[D]ieser Veranstaltungstyp [wurde] 1996 etabliert […] und die komparatistisch angelegte Konferenz der Abteilung 2012 [wird] nunmehr zum 17. Mal in Folge ausgerichtet […]. Über den Kreis der 15 Referenten hinaus war sie mit etwa 120 aktiv mitdiskutierenden Teilnehmern gut besucht. Thematisch orientiert sich die Konferenz jeweils an einem Semesterkurs, den die Studierenden der am Department angebotenen Master‐Studiengänge (Deutsch, Französisch, Spanisch, Italienisch) durchlaufen.
Around 1800, aesthetic debate suddenly places music at the very top in the hierarchy of the arts, even superseding poetry: This has become a commonplace not only in scholarly discourse. The protagonists of this re-arrangement of the artistic disciplines are Wilhelm Heinrich Wackenroder, E.T.A. Hoffmann and Ludwig Tieck. In their programmatic texts, they state that music is to be free and absolute and stress its metaphysical quality and its close relation to the supernatural. Furthermore, music is supposed to be no longer dependent on the other arts, and music releases the listener or the musician from prosaic everyday life. As Wackenroder writes in Die Wunder der Tonkunst, […] [a]ll sickening thoughts which, according to Wackenroder, are the illness of mankind vanish with a piece of music, making our mind sane again. Literary romanticism here recurs to a long tradition that reaches back to the classical ages in Greece and Arabia: Music is used as a remedy for curing illnesses of various kinds. In classical antiquity, Apollo is the god of music, poetry and dancing as well as the god of healing. He was also named “Iatros” (physician) or Apollo Medicus. […] Orpheus as a bard and demigod was also said to be capable of curing diseases by means of his music. […] Thus, music in history is part of treating physical illness on the one hand, but on the other hand is more and more considered to provide a remedy especially for mental deficiencies. Music is meant to improve nervous disorders and sometimes it is even prescribed as a regular medicine. As we will see in Hoffmann’s text Die Genesung, there is a connection between the ritual healing processes in the temples of Aesculapius and the setting of the forest in which the old man regains his health.
In seiner Vorlesungsreihe zu den Anormalen rekonstruiert Foucault die Genealogie des Anormalen-Diskurses, wie er in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts emergierte. Damals formierte sich „die unbestimmte und verworrene große Familie der ‚Anormalen‘“ (421); eine Familie, deren Stammbaum nach drei Stämmen aufgeteilt werden kann: nach den Genealogien des Monsters, des Korrektionsbedürftigen und des Onanisten. Unser Vorlesungsausschnitt (124-142) nun gehört zum Versuch der historischen Rekonstruktion des Monsterdiskurses.
Die poetische Evokation von Strömen und Flüssen, die als Verkehrswege verschiedene Länder und Sprachgemeinschaften untereinander verbinden, erinnert an die poetische Utopie grenzüberschreitend-universaler Kommunikation. Dem Bildfeld um Wasserläufe und Wasserwege affin ist das Bild der Quelle, die zudem für Ursprünglichkeit, Lebendigkeit, Erneuerung steht. Insofern enthält bereits der Titel des (im folgenden vorzustellenden) poetischen Projekts, mit dem Schuldt und Robert Kelly an Hölderlin anknüpfen, in nuce ein poetisch-utopisches Programm. Zudem fällt der Name eines Flusses, der einem Vielvölkerstaat seinen Namen gab: "Am Quell der Donau / Unquell the dawn now" […]. Mit dem zweiten Teil des Titels, der sich als klang-analoge, wenngleich semantisch inäquivalente Übersetzung des ersten versteht ("Unquell the dawn now"), kommt zugleich die nicht minder symbolträchtige Übergangszeit der Dämmerung ins Spiel – einer von vielen merkwürdigen sprachklanglich bedingten Zufällen, deren Erkundung sich dieses Projekt verschreibt. Schon der bilinguale Titel vollzieht eine Grenzüberschreitung – nicht nur zwischen der deutschen und der englischen Sprache, sondern auch zwischen 'Eigenem' und 'Fremdem'. Denn der erste (deutsche) Teil ist Zitat. Friedrich Hölderlin, der in seinem lyrischen Werk die Ströme Europas besungen und dabei eine komplexe symbolische Topographie entfaltet hat […], liefert die "Quelle", von der aus der bilinguale Sprach-Fluß seinen Ausgang nimmt.