CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
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Die in der Forschung bislang übersehene eigenständige Rezeption der urbanen in Paris entstandenen Persiflage durch die Frühromantiker*innen bietet eine Möglichkeit, die duale Konstellation zwischen Büchner und der Romantik um eine dritte komparatistische Perspektive zu erweitern. Es wird im Folgenden also nicht das allgemeine Phänomen der Verwendung von satirischen Mitteln in der Romantik und in Büchners Werk diskutiert, sondern eine spezifischer ausgelegte dreigliedrige Fragestellung: Der Nachweis der Attraktivität der französischen Persiflage als moderne Form boshafter Satire in der Frühromantik wird ergänzt durch die Analyse der Romantisierung der Persiflage. Erst danach kann das virtuose ausdifferenzierte Widerspiel von Persiflage und Karnevaleske in Büchners Werk vorgestellt und analysiert werden.
Die Zuspitzung der Problemkonstellation Virtuosentum versus Kunst im
Vormärz läßt sich plausibilisieren an Balzacs Roman "Les Illusions perdues". Hier wird nämlich die kunstkritische Kontroverse um Virtuosentum und Künstlertum und gleichzeitig das produktionsästhetische, narratologische Problem Feuilletonismus und Kunst zusammen- und enggeführt.
Ich will versuchen, an einem Spezialfall der Ornamentästhetik zu zeigen, wie die Arabeske, damals auch Arabeskgroteske genannt, aufgrund ihrer traditionellen Disposition zu einem der bedeutendsten Grenzgänger innerhalb der klassizistischen Ästhetik wird: Sie ist hervorragend geeignet zum autonomen Spiel. Daher avanciert sie auf der einen Seite zum Favorit klassizistischer Ornamentästhetik, gefährdet aber auf der anderen Seite durch die ihr eigene, unbändige Einbildungskraft beständig den Ordnungsgedanken des Klassizismus. Die Arabeske als Grenze einer Grenzziehungskunst scheint mir geeignet, die Spielregeln klassizistischer Ästhetik und die Notwendigkeit oder wenigstens Möglichkeit des Übertritts zur Romantik plausibel zu machen.
In Ian McEwans Roman "Machines Like Me" (2019) wird das aus gegenwärtiger Sicht zukünftige Szenario des Zusammenlebens eines Menschen mit einem Androiden in das London der 1980er-Jahre verlegt. Im Beitrag stelle ich dar, wie der Eingriff in die zeitliche Abfolge von Ereignissen eine kritische Hinterfragung aktueller Werte und Moralvorstellungen sowie der menschlichen Interaktion mit dem Anderen ermöglicht. Dabei zeige ich mit Rückgriff auf Michel Foucault und Donna Haraway, wie die vom Menschen etablierten Machtgefüge aufgebrochen werden müssen, um gleichberechtigte Beziehungen zwischen allen Lebewesen zu schaffen und ein Weiterleben auf der Erde zu ermöglichen. Zugleich wird in "Machines Like Me" die Rolle und Bedeutung von Literatur in einer von Künstlicher Intelligenz geprägten Welt hinterfragt. Diesbezüglich gehe ich im Beitrag auf die Zukunftsvisionen des Androiden ein und stelle die Frage, ob die Notwendigkeit von Literatur in einer Welt wie der im Roman portraitierten nicht doch bestehen bleibt.
Klima wird in der industriellen Moderne zum Problem des Wissens. Anders als das Wetter ist das Klima der direkten Wahrnehmung entzogen; ein Umstand, der paradoxerweise immer problematischer zu werden scheint, je mehr Wissen über die komplexen Zusammenhänge von lokalen Wetterereignissen und globalem Klima existiert. Das moderne Klima ist ein wandelbares, globales Phänomen, dessen Erkenntnis doppelt vermittelt ist, insofern es weder sinnlich erfahrbar noch verstandesmäßig erfassbar und somit auf Modellierung angewiesen ist. Diese findet jedoch nicht allein im wissenschaftlichen Kontext statt. Vielmehr ist die Herstellung von Klima als Bedingung von (Lebens-)Wirklichkeit und Zukunft trotz ihres unterschiedlichen epistemischen Status das Ergebnis wechselseitiger Einflussnahme wissenschaftlicher und nicht-wissenschaftlicher Modelle.
Dinge, die warten
(2018)
Das Wort 'warten' gehört zu den Verben, die wir ohne Probleme allem anhängen können. Die Menschen können nicht nur den Menschen, sondern auch den Dingen jederzeit ein Warten unterschieben und allem, was dazwischen ist, sowieso. Die Raubtiere warten darauf, gefüttert zu werden; die berühmte Zecke wartet, bis etwas vorbeikommt; die Pflanzen warten auf den Regen. Vor dem Gewitter scheint die Natur auf etwas zu warten. All das sagt sich so: Diese Worte warten darauf, ausgesprochen zu werden. Hier geht es nicht bloß um die Banalität, dass wir den Dingen mit unseren Worten unablässig Tätigkeiten anhängen, die ihnen im wörtlichen Sinne nicht zukommen. Der Versuch, eine Grenze zu ziehen zwischen einer eigentlichen und einer uneigentlichen - also metaphorischen - Verwendung des Wortes warten, würde das Problem lediglich zudecken.
Rezension zu Sigrid Weigel: Literatur als Voraussetzung der Kulturgeschichte. Schauplätze von Shakespeare bis Benjamin, München (Wilhelm Fink) 2004. 306 Seiten.
Vergangene Bedeutung von Wörtern gewinnt einen geheimnisvollen Glanz, wenn sie vom Staub des Vergessens befreit wird. Daß Theorie und Schauplatz eine gemeinsame Wortgeschichte haben, bildet die Grundlage für den Titel des Buches von Sigrid Weigel, in dem die "Szenarien der Kulturgeschichte" gezeigt, die "Gemeinsamkeiten von Anschauung und Denken, von Bild und Begriff, von Kunst und Wissen" (7) erinnert werden.