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Rezension zu Pia-Elisabeth Leuschner: Orphic Song with Daedal Harmony. Die Musik in Texten der englischen und deutschen Romantik. Würzburg (Königshausen & Neumann) 2000 (= Stiftung für Romantikforschung, Band IX). 246 Seiten.
Die unter der Betreuung von Werner von Koppenfels entstandene Münchener Dissertation untersucht theoretische und literarische Texte von Wordsworth, Coleridge, Carlyle, Shelley, Keats, Hunt, De Quincey u.a. in England, von Jean Paul, Wackenroder, Tieck, Novalis, den Gebrüdern Schlegel, ETA Hoffmann, Heine u.a. in Deutschland und versteht sich zu Recht als Beitrag zu einer internationalen Romantikforschung. Über den typologischen Vergleich der beiden Romantiken hinaus zielt sie auf die Beantwortung der systematischen Frage, anhand welcher konkreten Textmerkmale sich eine 'Musikalisierung' der Literatur überhaupt beschreiben läßt.
Germanistisches Seminar der Universität Bonn, 18.-20. Februar 1999, Tagungsbericht
Die Frage nach der eigentümlichen Visualität der Literatur selbst, nach der innermedialen Dynamik von Bild und Begriff, Anschaulichkeit und Abstraktion stand im Zentrum des von Helmut J. Schneider, Ralf Simon und Thomas Wirtz organisierten Bonner Symposions 'Bildersturm und Bilderflut um 1800'.
Im vorliegenden Aufsatz geht es um die Frage, inwiefern sich Kategorien postkolonialer Theoriebildung und der Ansatz einer Universalisierung der Holocausterinnerung auf die deutsch-jüdische Gegenwartsliteratur übertragen lassen und welche Probleme mit diesem Theorietransfer und einem Verlust historischer Spezifizierung vor dem Hintergrund der deutsch-jüdischen Geschichte verbunden sind. In einem zweiten Schritt steht die Selbstpositionierung deutsch-jüdischer Autoren im Verhältnis zur Transkulturalität im Vordergrund. Skizziert werden die Position von Vladimir Vertlib, die er in seinen Chamisso-Poetikvorlesungen entfaltet, sowie die literarischen Ansätze von Maxim Biller und Doron Rabinovici.
2003 konstatiert Erwin Pracht in den Weimarer Beiträgen für den Beginn der 1990er Jahre einen "Ästhetisierungs-Boom" in Bezug auf die häufige Verwendung des Begriffs in zeitgenössisch aktuellen Debatten. Ästhetisierung erscheint in diesen Debatten nicht selten als postmoderne Modevokabel, wenngleich der Begriff bereits eine gut 200-jährige Verwendungsgeschichte hat: Ästhetisierung ist ein Neologismus der 'Sattelzeit' (Reinhart Koselleck), womit die Begriffsbildung von den gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Umbrüchen um 1800 zeugt. Gleichzeitig ist Ästhetisierung im Sinne einer Idee auch als Antwort auf diese Umbrüche zu verstehen. Aus der Ästhetisierung spricht ein Wunsch nach ästhetischer Bildung und politischer Teilhabe an Debatten gesellschaftlich relevanter Fragen. Im Kern liegt in der Ästhetisierung das Utopiepotential für ein besseres, das heißt schöneres Leben, welches weniger vollständig erreichbar, denn mehr als Ideal erstrebenswert scheint. Es zeugt von der Möglichkeit, die Perspektive zu wechseln und ästhetisierend wahrnehmen zu können. Dabei erweist sich eine ästhetisierende Haltung nicht als Flucht, sondern mehr als Vorsatz des Individuums, in der modernen Gesellschaft ein kultiviertes Leben zu führen und persönliche Gestaltungsoptionen, die zunehmend demokratischere Gesellschaftsstrukturen bieten, zu nutzen. Ästhetisierend wahrzunehmen ist so weniger Ausdruck davon, andere Perspektiven in den Hintergrund zu drängen, vielmehr zeigt sich daran, dass die unmittelbaren Lebensbedürfnisse gestillt sind. Zudem beinhaltet Ästhetisierung im Sinne individueller Gestaltungsmöglichkeiten einen Kern rebellierenden Protests, wie er sich besonders in den Ausprägungen des Dandys und Flaneurs äußert. Analog zum Anwachsen von Wohlstand, Bildung und politischer Teilhabe in Deutschland wird der Begriff der Ästhetisierung im Verlauf des 19. Jahrhunderts immer häufiger gebraucht. Die Fundierung des Begriffs liegt dabei im Nachdenken über Literatur.
Grundlegend und vereinfacht gefasst sind zwei Prinzipien in der Tradierung literaturhistorischen Wissens zu unterscheiden, das umfassende lexikalische Sammeln zum einen und das auswählende Herausheben zum anderen. Literaturhistorisches Wissen in einem doppelten Sinn (in einem allgemeinen und in einem engeren Verständnis) wird seit der Antike in Form umfassender Verzeichnisse und Kataloge zusammengestellt, vor allem als Wissen über konkrete Werke und Autoren.
Tagungsbericht zum Symposion des Interdisziplinären Arbeitskreises Jüdische Studien an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. 15.-17. November 2000
'Identität und Gedächtnis in der jüdischen Literatur nach 1945' - so lautete der Titel eines Symposions, für das der Interdisziplinäre Arbeitskreis Jüdische Studien unter der Leitung von Prof. Dieter Lamping (Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft) im November letzten Jahres aus Anlaß seines fünfjährigen Bestehens Wissenschaftler aus dem In- und Ausland in Mainz versammelt hatte. Naturgemäß ist es nach wie vor die Auseinandersetzung mit dem Holocaust, die im Zentrum einer solchen Veranstaltung steht. Je nach Generationszugehörigkeit und persönlicher Erfahrung der behandelten Autoren aber auf jeweils andere Weise.
Betrachtet man die Lesebiographien vieler Schüler:innen und Studierender, so fällt auf, dass diese meistens von weißen, deutschen, männlichen Autoren geprägt sind bzw. ausschließlich aus diesen bestehen. Dies widerspricht jedoch ganz klar der Vielfalt und Diversität der Literaturlandschaft. Angeregt durch das Seminar "Was lesen? Kanonfragen an Universität und Schule" bei Frau PD Dr. Wernli im Wintersemester 2021/22 habe ich mir als Lehramtsstudent und angehender Deutschlehrer folgende Frage gestellt: Inwieweit wird diese ungerechte Geschlechterdifferenz und Unterrepräsentanz von Autorinnen institutionell von unserem Lehrplan Deutsch gefördert und wie verankert ist diese Differenz in unseren Lehrplänen?
Tagungsbericht zur 12. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft 22.-25. Mai 2002, Friedrich-Schiller-Universität Jena
Bereits mit dem Titel, dem bekannten Blumenberg-Zitat, das auf der Veranstaltung als Bezugsgröße permanent gegenwärtig war, knüpfte die 12. Tagung der DGAVL an die "große Erzählung" des Mythos im 20. Jahrhundert an. Die Tagung, deren Organisation von mehreren studentischen Mitarbeitern unterstützt wurde, fand vom 22. bis 25. Mai 2002 im Senatssaal der Friedrich Schiller-Universität Jena statt. Dabei lieferte die Tagung in ihren vielfältigen Beiträgen nicht nur eine archivarische Bestandsaufnahme der Mythendiskurse des vergangenen Jahrhunderts, sondern eröffnete unter einer speziellen komparatistischen Perspektive auch entscheidend neue Verstehensräume, die sich sowohl mit dem "Mythos" selbst als auch mit der theoretischen Rede über den Mythos in methodisch-methodologischer Hinsicht beschäftigten.