CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
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Transkulturalität, Transnationalität, Transgender, Transspecies – Innerhalb des letzten Jahrzehnts erleben die politischen und wissenschaftlichen Debatten um Theorien, die sich dem Präfix 'trans-' (lat. 'jenseits, über, über – hin') verpflichtet sehen, eine bemerkenswerte Konjunktur. Grundlegend verbindet sich mit diesen Konzepten die Vorstellung eines übergreifenden und umfassenden Diskurses, der für durchlässige Konturen plädiert. Analytisch ermöglichen die Theorien des 'trans' die konzeptuelle Erfassung von Phänomenen, die sich in einem Prozess des Werdens befinden und aus entgegengesetzten Strukturen, Logiken, Dynamiken und Funktionsweisen bestehen. 'Trans' verweist folglich nicht auf geschlossene Identitätsvorstellungen, sondern enthält fluide Grenzverläufe. Die damit verbundenen subversiven Vorstellungen finden sowohl verstärkt Gehör in gesamtgesellschaftlichen Kontexten als auch innerhalb wissenschaftlicher Disziplinen, die sich abseits einer Fortschreibung kanonischer Inhalte neu konzipieren.
In this article I read Jaime Cortez's graphic novel 'Sexile' as an intervention into linear narratives of crossing such as the "victim-rescuing narrative" (Shaksari) or the "transsexual narrative" (Bhanji). 'Sexile' celebrates the resourcefulness and creativity with which the denizens of the borderlands craft homes in the no-man’s land between departures and impossible arrivals. I argue that it is both the story that Sexile (re)tells as well as the format of the graphic novel that make 'Sexile' a life-affirming, useful, and challenging monument to life in the borderlands of national and gendered belonging.
Relevant für kulturtheoretische Reflexionen im engeren Sinne wurden 'Trans-Konzepte', also etwa Transnationalität, Transkulturalität oder Transgender, erst in dem Moment, in dem die zu überschreitenden Grenzen, die zu transzendierenden Entitäten als Einschränkung, ideologische Verblendung, Herrschaftsformation oder affirmative Systemreproduktion angesehen wurden. Dabei ist die vielfach diskutierte Problematik, die darin besteht, dass nur stabile und relevante Grenzen überhaupt transgrediert werden können und zudem dieser Akt selbst so etwas wie eine Bestätigung der bestehenden Systeme sein kann, nur dann ein Problem, wenn die Identitäten, die Systeme, die Ordnungseinheiten als fundamental dysfunktional oder gar schädlich angesehen werden. Überlegungen, die sich an diesen Band sinnvoll und produktiv anschließen könnten, sind nicht ganz leicht anzustellen. Einen Ausblick auf das Kommende bieten zu wollen, ist immer schwierig. Die Frage, was nach 'trans' kommt, ist ähnlich schwer zu beantworten wie diejenige nach dem Nachfolger der 'Post'- Konstruktionen.
Trans_Konzepte dienen der Beschreibung kultureller Formationen, die gegen binäre oder dichotomisierende Ordnungsstrukturen Offenheit, Vernetzung und Prozesshaftigkeit setzen. Ein großer Vorteil dieses methodischen Zugriffs liegt darin, dass das Untersuchungsfeld des ›Trans_‹ weder kulturhistorisch noch geopolitisch gebunden ist und somit auch einen innovativen Zugang zu historischen und längst kanonisierten Texten eröffnet – oder aber bereits beobachtete, textinterne Bewegungen beschreibbar macht. So lässt sich auch Ovids 'Narcissus et Echo' als Szenario der Trans_Geschlechtlichkeit lesen. Sobald man den Fokus der Lektüre nicht auf die Autoerotisierung der Hauptfigur legt, sondern den Text von seinem Ausgangspunkt her – der Vergewaltigung von Liriope durch ihren Vater – begreift, werden weitere textimmanente Prozesse sichtbar, die eine Bewegung des ›Trans_‹ abbilden. So lässt sich Narziss als eine psychische Auslagerung seiner Mutter verstehen, die sich nach dem gewaltsamen Zugriff auf ihren Körper im geschlechtlich Polyvalenten einen neuen Existenz- und Wahrnehmungsraum schafft. Narziss erscheint darin als geschlechtlich entortet und anhand mehrerer Spiegelungen nicht auf eine eindeutige 'Substanz' oder 'Natur' zurückführbar.
Eirini Avramopoulou asks the following questions in her essay 'Claims of Existence between Biopolitics and Thanatopolitics': How is the desire for existence implicated in the experience of identity as wound? Under which conditions does the demand for desire appear to confront the repetition of trauma? Or else, what echoes in the last breath of someone dying? In Istanbul, a city built upon neoliberal structures of governance and cosmopolitan aesthetics, and defined by severe policing and local histories of ethnic and gender violence, these questions reflect upon a particular historical and political period through a personal story. The essay focuses on a transgender activist named Ali, his fight against transphobia, his illness and death, while reflecting on the 2013 public uprising in Istanbul following attempts by the Turkish government to demolish Gezi park. By exploring the notion of spectral survival as a political praxis, it argues that this notion, rather than acceding to claims over a fuller subjectivity, mobilizes an aporia of de-subjectivation. De-constituting the 'I' here attests to an attempt neither to reconfigure its parts nor to merely perceive life as dismantled, but rather to speak of a loss that no familiar language can yet describe. The spectrality of this 'I' troubles and repoliticizes, then, the very notion of haunting, as it lays claims to its own differing and deferral from the constitution of a proper name, or of a 'self'-acclaimed existence, especially when the fight for existence here is also a performative assertion of loss and death connected to processes of resisting sexist, neoliberal, heteronormative, and phallogocentric representations of possession and belonging.
Transkulturalität, Transnationalität, Transgender, Transspecies – Innerhalb des letzten Jahrzehnts erleben die politischen und wissenschaftlichen Debatten um Theorien, die sich dem Präfix 'trans'‹ (lat. 'jenseits, über, über – hin') verpflichtet sehen, eine bemerkenswerte Konjunktur. Grundlegend verbindet sich mit diesen Konzepten die Vorstellung eines übergreifenden und umfassenden Diskurses, der für durchlässige Konturen plädiert. Analytisch ermöglichen die Theorien des 'trans' die konzeptuelle Erfassung von Phänomenen, die sich in einem Prozess des Werdens befinden und aus entgegengesetzten Strukturen, Logiken, Dynamiken und Funktionsweisen bestehen. 'Trans' verweist folglich nicht auf geschlossene Identitätsvorstellungen, sondern enthält fluide Grenzverläufe. Die damit verbundenen subversiven Vorstellungen finden sowohl verstärkt Gehör in gesamtgesellschaftlichen Kontexten als auch innerhalb wissenschaftlicher Disziplinen, die sich abseits einer Fortschreibung kanonischer Inhalte neu konzipieren. Doch trotz ihres vielversprechenden kritischen Potentials sehen sich Konzepte der kulturellen und territorialen Grenzüberschreitung zunehmend einer negativen Beurteilung ausgesetzt. Die Vermutung liegt nahe, dass 'trans' gesellschaftliche Ausschlussmechanismen in Form eines immanenten Kulturrassismus begünstigt, politisch-ökonomische Machtinteressen neuer und alter Eliten repräsentiert, den ethno- und eurozentrischen Blick nicht abstreifen kann und eine neoliberale Wirtschaftspolitik fördert. Diese Sichtweise will der vorliegende Band zum Ausgangspunkt nehmen, um nach der Leistungsfähigkeit, aber auch nach den Grenzen der Überschreitung in Konzepten des 'trans' zu fragen. An welchen normativen Grenzen zerbrechen Trans_Konzepte und in welchen Bereichen spielen sie eine Rolle? Erfüllen sie ihre subversive Bestimmung oder verkommen sie zu einem elitären Projekt und einem Leitbild globalisierter Gesellschaften? Und wo dienen sie wiederum als Räume für neue Wege der Interaktion? Der Fokus bei der Auseinandersetzung mit Trans_Konzepten liegt dabei sowohl auf der konzeptuellen Verfassung von diesen selbst, als auch auf den Wechselbeziehungen mit konservativen Kultur- und Identitätsmodellen im öffentlichen Raum.