CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
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Verbote erregen Neugier und verstärken die Nachfrage, das mußte auch die vormärzliche österreichische Zensur zur Kenntnis nehmen. Immer wieder ist vom "Einschwärzen", d.h. vom Schmuggel durch Privatpersonen die Rede, aber auch die Buchhändler versuchten, den Wünschen ihrer Kunden nach im Ausland erschienenen, in Österreich aber verbotenen Werken gerecht zu werden. Verschiedene im Allgemeinen Verwaltungsarchiv erhaltene Akten der für die Zensur zuständigen Polizeihofstelle dokumentieren die – nicht immer erfolgreichen – Bemühungen, die ausgesprochenen Verbote auch durchzusetzen. Selbstverständlich wurden alle aus dem Ausland für Wiener Buchhändler eingelangten Bücherballen genauestens auf verbotene Titel hin durchsucht. Damit nicht genug, visitierte man gelegentlich auch die Geschäftslokale.
Wasser, Wolken und Steine formieren das Landschaftserleben nicht nur der europäischen Kulturen. Zwar bestimmen einzelne Steine, Findlinge oder Basaltsäulen, nur gelegentlich das Bild der Landschaft. Doch immer sind es steinerne Formationen, welche der Landschaft Halt und Gestalt verleihen – als ragende Gebirgszüge, wellige Hügel, in die Ferne ziehende Täler, dunkle Schluchten und Gründe, strebende Gipfel oder auch als schroffe Felsküsten, die sich dem Meer entgegenstemmen, das aufschäumend sich an ihnen bricht. Das Steinerne ist, vom Typus der Hochgebirgs-Malerei abgesehen, zumeist verhüllt vom Mantel der Pflanzen, der Felder und Wiesen, der Wälder und Büsche. Leonardo nannte, noch ganz im Bann der leibmetaphorischen Deutung der Terra, die Felsen das Skelett der Erde, das vom Gewebe des Erd- und Pflanzenreichs bedeckt wird, doch diesem erst die morphologische Stabilität verleiht. Die Flüsse und Bäche, ober- wie unterirdisch dahinströmend, sind die Adern des Erdleibs, ein ewiger Kreislauf des Wassers. Und mächtig atmet in Ebbe und Flut die Lunge der Erde, die auch die Zirkulation der Ströme und Rinnsale antreibt. So werden für Leonardo Landschaften zu beredten Zeugnisse des lebendigen Organismus der Erde – und seiner Geschichte. Auf dieser Linie ist Landschaftsmalerei ist immer auch Bio-Graphie des Erdkörpers. Und vielleicht gilt von aller Landschaftskunst, daß sie sich mit der Geschichte der objektiven Natur verwebt – auch wenn sich gerade in ihr die subjektiven Stimmungen des Betrachters oder Malers verkörpern. ...
Was ist Computerphilologie?
(1999)
Im Zuge seiner weltweiten Verbreitung konnte sich der PC gegen anfängliche Bedenken und Widerstände auch in der Literaturwissenschaft als Werkzeug der täglichen Arbeit etablieren. Anfangs waren es vor allem die Vorteile der Textverarbeitung und deren Entlastung vom mechanischen Aspekt des Schreibens und Wiederschreibens, die den Rechnern den Weg auf die Schreibtische ebneten. Ist aber die Maschine einmal vorhanden, man sich mit geringem Aufwand Zugang zum Internet verschaffen. E-Mail und das World Wide Web eröffnen einfachere Kommunikationswege, dazu kommen die Vorteile des Intranets, also eines universitätseigenen Netzes mit Zugriff auf elektronische Bibliographien und die Bibliothekskataloge einschließlich der Bestellmöglichkeiten vor Ort. Nicht wenige Literaturwissenschaftler haben sich inzwischen auch mit den neueren elektronischen Texten angefreundet, deren einfachen Benutzeroberflächen althergebrachte philologische Tätigkeiten sehr beschleunigen, zum Beispiel die Klärung von Wortbedeutungen mittels der Suche nach Parallelstellen beim selben Autor oder in derselben Epoche.
This essay shows how Goethe and Johann Gottlieb Fichte converge in a common supranational cultural ideal, in spite of their divergences in relation to their poetic and scientific approaches. Goethe's idea of style as the supreme principle of art and Fichte's philosophical conception, which emphasizes philosophical activity as the art of thinking independently, constitute the thematic focus of the present article which also tries to make the point of coincidence of art and science evident.
Die Auffassung, der Autor sei für die Erklärung der Bedeutung seiner Texte relevant, wurde in den letzten Jahrzehnten aus ganz unterschiedlichen theoretischen Haltungen heraus in Zweifel gezogen. […] Vor dem Hintergrund dieser Positionen und ihrer aktuellen Fortführungen ist die Verwendung des Autorbegriffs bei der Interpretation literarischer Texte heute dem Vorwurf theoretischer Naivität ausgesetzt. Gleichzeitig ist der Autor in der Interpretationspraxis der Literaturwissenschaft weiterhin von großer Bedeutung. […] Diese Diskrepanz mag hie und da in einer Ignoranz gegenüber vergangenen und aktuellen Theoriedebatten begründet sein oder in einer mangelnden Konsequenz, als richtig akzeptierte Theoriepostulate auch de facto für die eigenen Textlektüren zu berücksichtigen. Aber solche Erklärungen reichen nicht aus. Der Verdacht drängt sich auf, daß die theoretische Reflexion über den Autor zentralen Formen des wissenschaftlichen Umgangs mit literarischen Texten nicht gerecht wird. Die Praxis der Interpretation(en) literarischer Texte demonstrieren vielmehr legitime, ja notwendige Verwendungsweisen des Autorbegriffs. die von der Theoriediskussion nicht angemessen wahrgenommen werden. Diese Verwendungsweisen lassen sich nicht nur historisch rekonstruieren. Sie können und sollten, so meinen wir, auch systematisch gerechtfertigt werden.
In welchem Sinn haben Texte […] eine räumliche Dimension - in welchem Sinn können Texte Räume sein oder die »Durchsehung« (Dürer) in ein Dahinter erschließen? […] Die Frage, was die Rede von einer Räumlichkeit der Texte bedeuten könnte, scheint sinnvoller gestellt, wo und insofern es um das geht, wovon Texte sprechen, was sie »darstellen«, wovon sie »erzählen«, »berichten«, »handeln«, also in Bezug auf die (vom Leser imaginativ zu rekonstruierende) »Referenz« des Textes. Literarische Texte sprechen oft und ausführlich von Räumen. Vielfach handeln sie von deren Erkundung und Erschließung; vielfach beschreiben sie Räumliches. Die Eroberung von Räumen ist ein klassisches literarisches Thema. Manche Texte konzentrieren sich - zumindest streckenweise - sogar auf die Schilderung von Räumlichkeiten, von Interieurs, von Landschaftlichem, von städtischen oder ländlichen Topographien, von besonderen Orten und Schau-Plätzen. Die Protagonisten durchschreiten Gebäude, durchstreifen Landschaften, treiben sich in Räumlichkeiten aller Art herum - bis hinein in den Weltraum. Mit dem Befund, daß Räume in Texten »vorkommen«, ist allerdings die Frage nach der Räumlichkeit von Texten keineswegs schon abschließend beantwortet.
Schreiber schreiben, Leser lesen. Leser schreiben, Schreiber lesen. Schreiber schreiben, Leserinnen lesen. Dichter schreiben, Literaturwissenschaftler lesen. Dichterinnen schreiben, Literaturwissenschaftlerinnen lesen. Literaturwissenschaftler schreiben, Dichterinnen lesen... Es ist ein fast unendliches Spiel der Permutationen, das man über Hunderte und vielleicht Tausende von Jahren, als ein immer weiter sich differenzierendes, nachspielen kann.
Many critics have pointed out the importance of revelation by John of Patmos as an intertext in Michel Tournier's "Le roi des aulnes" [...]. They normally refer to the apocalyptic ending of the novel as the most obvious link with the Johannine text. This connection is obvious not only because the final scene is the destruction of Kaltenborn castle with all its inhabitants (and by extension the destruction of the entire Third Reich), but also because there are direct references to revelation in Tournier's text [...]. However, the importance of Johannine discourse goes well beyond this overt intertextuality.
Popular culture is always in process; its meanings can never be identified in a text, for texts are activated, or made meaningful, only in social relations and in intertextual relations. This activation of the meaning potential of a text can occur only in the social and cultural relationship into which it enters. (Fiske, 1991a: 3)
Goethes "Iphigenie auf Tauris" als Drama der Grenzüberschreitung oder: Die Aneignung des Mythos
(1999)
Iphigenie variiert die mythische Erzählung nicht nur im Rahmen des für den mythischen Diskurs signifikanten Variationsspielraums, sondern sie überschreitet die Grenze von einem mythisch befangenen zu einem aufgeklärt-empfindsamen Selbst- und Weltverhältnis in dem Maße, wie sie im Verlauf der Dramenhandlung ein klares Bewußtsein der Fiktionalität jener mythischen Erzählung erlangt, in deren Horizont auch sie zu Beginn des Dramas ihre eigene Geschichte und Gegenwart noch begreift. Diese Grenzüberschreitung vollzieht sich im Zusammenhang eines Wahrheitsdiskurses, als welcher sich das szenische Geschehen über weite Strecken hin darstellt. Im Konflikt der Selbst- und Weltinterpretationen, in den die Figuren zueinander treten, wird von der Titelfigur her, aber nicht auf sie beschränkt, das Verhältnis von individuellem Selbstentwurf und Autorität der Tradition, dem Mythos, grundsätzlich neu bestimmt.
Abschließend wird zu zeigen sein, wie sich in dieser Horizontverschiebung, in der Neuordnung des Verhältnisses von individuellem Selbstentwurf und Tradition auf der Figurenebene in genauer Weise jener Transformationsprozeß abbildet und reflektiert, welchem Goethe den mythologischen Stoff "auf der epochalen Schwelle, auf der das 'Ende der Ikonographie', der Verlust einer verbindlichen bedeutenden Gegenständlichkeit präsent ist", unterzieht.
Der Politologe Rudoph J. Rummel hat 1994 und 1997 in zwei Bänden eine breit angelegte Untersuchung von staatlich verantworteten Massenmorden im 20. Jahrhundert vorgelegt: Death by Government und Statistics of Democide. Danach werden an jedem der 36 500 Tage dieses Jahrhunderts, nach vorsichtigen Berechnungen, eta 4650 Menschen pro Tag gewaltsam zu Tode gebracht. Bis zum erfaßten Jahr 1987 sind dies 161.782.000 Terrortote, nach anderen Berechnungen 341.076.000 Tote, also etwa 9.400 am Tag. Nicht eingerechnet sind ungezählte Opfer, die Gewalthandlungen überlebt haben, doch verletzt, verstümmelt, vergewaltigt, ausgeraubt, dauerhaft traumatisiert, verfolgt, demarkiert, verelendet oder vertrieben wurden. In der Untersuchung Rummels geht es ausdrücklich nicht um quasi-legale Kriegstote, nicht um außerstaatliche Gewalt, nicht um Einzelfälle des staatlichen Terrors, sondern allein um die massenhafte Ermordung von wehrlosen Menschen in staatlicher Verantwortung. ...
Die […] Umdeutung der Beziehung zwischen Subjekt und "Wirklichkeit" […] konvergiert mit zentralen Anliegen der Ästhetik und Poetik. Eine zentrale Rolle spielen in diesem Kontext die theoretischen Konzepte von Einbildungskraft […]; diese wird im Lauf des 18. Jahrhunderts in ihrer Bedeutung stark aufgewertet, wird nicht allein zum zentralen poetischen Vermögen, sondern […] zum Organon der Erfassung und Deutung von Wirklichkeit. […] Der Prozeß dieser Wandlung soll […] an Beispielen literarischer Auseinandersetzung mit malerischer Darstellung von Landschaft illustriert werden. Leitend wird dabei die Hypothese sein, daß die Literatur, wo sie über die malerische Realisation spricht und den […] Anspruch des Mediums Malerei ernst nimmt, zugleich über sich selbst spricht […]. Landschaft ist ein Sujet, an dem die transzendentale Dimension ästhetischer Darstellung besonders nachdrücklich erörtern läßt. Landschaft "gibt" es nicht einfach; sie ist vielmehr seit jeher eine Funktion ihrer Darstellungen […]. Wenn Landschafts-Darstellung in der Malerei als ein Etwas-als-etwas-Sehenlassen charakterisiert werden kann, so reflektieren literarische Texte über malerische Landschaftsdarstellungen diesen Prozeß. Ihr Thema ist das Sehenlassen-als. (Dabei ist es zweitrangig […] ob es sich um die literarische Thematisierung realer oder imaginärer Gemälde handelt. Texte über Landschaftsdarstellungen sind also – insofern sie sich der "transzendentalen" Thematik zuwenden – zugleich autoreflexiv.)
This article shows how the genre Bildungsroman (self-development novel) has been assimilated to the Brazilian literary tradition. Through the examples of Cristina Ferreira Pinto's "O 'Bildungsroman' feminino" ("The female novel of development") and Eduardo de Assis Duarte's "Jorge Amado e o 'Bildungsroman' proletário" ("Jorge Amado and the proletarian novel of development"), this article focuses the dynamic process by means of which a typical European genre has been assimilated by a young South-American literary tradition.
In this Paper, the idea of "ethnopoetics" is seen not exclusively as the characteristic trait of Hubert Fichte's (1935-1986) work, but as one among several forms of New Ethnology, which appeared in the context of the crisis of traditional ethnology in the 20th century. The first part intends to conceptually clarify several issues introduced by Fichte, such as the transformation of the world into words, the connection between fieldwork and interpretation, the "participant observation", and the encounter between hegemonic and peripheral cultures, comparing them with the ethnographical essays of Lévi-Strauss, Malinowski, Evans-Pritchard and Ruth Benedict. The second part is devoted to Fichte's posthumous book "Explosion", published in 1993 – where he relates his experience of three journeys in Brazil, between 1969 and 1982, a text which may be considered as his working journal and guide to all his publications on Brazil. I discuss how far the author realized his proposals to write a "novel of ethnology" and to create a "new ethnology".
Die Neuartigkeit des hier gewählten Ansatzes besteht darin, Komiktheorie, Wissenschaftslogik und Sprachphilosophie so aufeinander zu beziehen, daß die komische Abweichung als Resultat diskursiver Dummheit beschrieben werden kann. In diesem Zusammenhang soll die Entfaltung des Peirceschen Abduktionsbegriffs dazu dienen, die bei der "komischen Abweichung von der Norm" zusammenspielenden anthropologischen, kulturellen und diskursiven Theorien des Lachens und des Komischen unter einem einheitlichen systematischen Gesichtspunkt zu explizieren. Dies wirft insofern ein neues Licht auf die bisherigen Komiktheorien, als diese die komische Unangemessenheit in erster Linie als Abweichung von konventionalen Normen begriffen hatten, deren offensichtlichste Form die karnevaleske Verkehrung ist. Dagegen werde ich mit Blick auf die "Logik der Abduktion" zeigen, daß die komische Unangemessenheit als karnevalisierende Verkehrung der ökonomischen Leitprinzipien abduktiven Folgerns aufzufassen ist – und zwar hinsichtlich der psychologisch motivierten Denkökonomie des einzelnen, der forschungslogisch motivierten "Economy of Research" und der dialogisch-kommunikativ motivierten "Ökonomie des Diskurses".
Die produktive Rezeption von Thomas Mann im Roman "Ana em Veneza" von João Silvério Trevisan (1994)
(1999)
The novel "Ana em Veneza" (1994) by João Silvério Trevisan is composed as a literary game of intertextual references to the works of Thomas Mann. Especially his tales "Enttäuschung" ("Desillusion") and "Tod in Venedig" ("Death in Venice") and his novel "Doktor Faustus" serve as models. Trevisan uses figures, motives and themes of Thomas Mann on various levels of his own literary creation, thus using elements in the works of the German writer as pattern of a "European" attitude towards art, about which he argues through his characters, seeking a specific Brazilian identity as an artist. The article surveys this productive reception of motives from Thomas Mann's works, refering to the basic ideas of the novel.
Unter den zahlreichen Motiven, die in der mittelalterlichen Literatur mit Frauendienst verbunden sind, gehört das vom Ritter mit dem Hemd zu den besonders interessanten. Es erscheint zunächst in dem ersten von fünf Fabliaux aus einer verlorenen Turiner Handschrift, die dem sonst unbekannten altfranzösischen Dichter Jacques de Baisieux zugeschrieben werden, einer heiteren Kurzgeschichte mit dem Titel "Des trois chevaliers et del chainse". In der vorliegenden Untersuchung gilt es, der Frage der Rezeption im deutschsprachigen Raum anhand der Fassungen des Wiener Chronisten Jans Enikel und der etwas späteren "Weihenstephaner Chronik" nachzugehen und die Verschiedenheit der drei Fassungen zu ergründen. Die mhd Erzählung "Frauentreue" (c. 1300) wird dabei außer Acht gelassen; zwei gemeinsame Hauptmotive legen zwar eine grundsätzliche Verwandtschaft nahe, eine Vielfalt an fremden Erzählelementen schließen diese Märe jedoch aus dem engeren Kreis der hier zu besprechenden Werke aus.
Der Versuch, die Beziehung, oder vielmehr die vielfältigen Beziehungen zwischen der Welt der Texte und der Welt der Bilder zu erhellen, führt bald auf Fragen grundsätzlicher Natur, respektive […] zu antagonistischen Auffassungen: Besteht zwischen Texten und Bildern eine innere Analogie, eine wie auch immer geartete Entsprechung – oder kann eine solche zumindest bestehen? Existiert so etwas wie eine verbindende Tiefengrammatik von Text- und Bildphänomenen? Gibt es Gesetze oder doch Spielregeln der Repräsentation, welche beide "Welten" […] miteinander verbinden? Oder sind Texte und Bilder einander stattdessen unwiderruflich fremd? Haben sie sich womöglich […] als Konsequenz der Abkehr von logozentrischen Modellen der Weltauslegung voneinander entfremdet? Stehen sie einander auch dort, wo sie scheinbar und vordergründig ein gemeinsamer Gegenstand oder ein gemeinsames Thema verbindet, ja sogar dort, wo Texte sich ausdrücklich auf Bilder beziehen und Bilder sich Texten anlagern, unvermittelt und unvermittelbar gegenüber? Es ist keineswegs sicher, daß ein Text je sagen kann, was ein Bild zeigt, daß Worte Bilder und deren Gegenstände angemessen erklären, daß sie dazu beitragen können, uns Bilder besser verstehen oder gar besser sehen zu lassen. Umgekehrt darf und muß kritisch gefragt werden, inwiefern und unter welchen Bedingungen Bilder dabei helfen können, Worte und Texte zu verstehen.
This article deals with Michel Tournier as a writer of hypertexts. The first chapter of "Gaspard, Melchior et Balthazar" is considered with respect to two possible unmarked hypotextual connections. The first is a short story by Anatole France entitled "Balthasar", and the song of songs is the key element that connects France's and Tournier's texts. The second is an episode from Genesis which I term "The sister-wife Hoax". The main concern in this study is the issue of human dignity as it relates to race and sexuality.
Die Beurteilung gedruckter Texte und Editionen hat eine lange Tradition in der Literaturwissenschaft, und die entsprechenden Kriterien sind – bis auf einige umstrittene Punkte – mehr oder weniger selbstverständlicher Teil des Fachs. Ganz anders sieht die Lage für die digitalen Medien aus: Elektronische Editionen sind neue Gegenstände im philologischen Alltag, und ihre Gestalt scheint zur Zeit noch eben so schwankend wie die Bewertungskriterien der Anwender solcher Editionen. Andererseits steigt seit wenigen Jahren die Menge der verfügbaren CD-ROMs, es liegen also inzwischen mehrere Beispiele wissenschaftlich brauchbarer Texte vor, und – was vielleicht noch wichtiger ist – sie werden auch verwendet. [...] Im Nachfolgenden wird ein {...] Kriterienkatalog diskursiv entwickelt – in der Hoffnung, andere finden ihn interessant genug, um ihn weiterzudiskutieren. Im Anhang findet sich eine Stichwortliste mit den genannten Bewertungsaspekten.
Ich möchte in meinem Beitrag zeigen, daß der Verzicht auf den Autor […] sachlich unhaltbar ist. Auf der Grundlage intertextualitätstheoretischer Argumente läßt sich der Autor aus der Textinterpretation nicht verabschieden. Vielmehr bleibt er selbst in Fällen von extremer Intertextualität ein notwendiger (wenngleich nicht hinreichender) Bezugspunkt der Interpretation. Eine Intertextualitätstheorie, die elementare Voraussetzungen ästhetischer Sinnbildung erfassen will, muß am Autorbegriff festhalten. Um zu verdeutlichen, daß meine Kritik am Autorkonzept der poststrukturalistischen Intertextualitätstheorie über das Feld der Literatur hinausreicht, beziehe ich mich im folgenden auf Beispiele aus verschiedenen Künsten, nämlich auf die Skulptur „String of Puppies“ (1988) des amerikanischen Künstlers Jeff Koons und auf Peter Handkes Text „Die Aufstellung des 1. FC Nürnberg am 27.1.1968“ (1969). Unbeschadet aller medialen und ästhetischen Unterschiede haben diese beiden Werke Eines gemeinsam: Aufgrund ihres hochgradig imitativen Charakters scheint das Konzept des Autors für die Erfassung ihrer Bedeutung keine Rolle zu spielen – jedenfalls nach Ansicht einiger Interpreten. Deshalb wirken sie auf den ersten Blick wie besonders überzeugende Belege für die poststrukturalistische These vom Tod des Autors.
Es soll engeführt werden auf etwas, das man - vielleicht erscheint die Formulierung paradox - eine Veränderung in der "Semantik des Zufalls" nennen könnte, die durch seine Anwendung in diversen poetischen Verfahren stattgefunden hat. Der Zufall selbst ist ohne Semantik, hat per definitionem keinen Sinn, er ist das sinnlose Ereignis par excellence. Aber er beendet den Sinn, oder er treibt auf die Suche nach einem verborgenen Sinn, einer versteckten Kausalität, göttlichen Absicht... also er destruiert oder konstruiert notwendige Ordnungen und bildet insofern ein poetisches Prinzip.