CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
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"Das Aussereinander", schreibt Gustav Teichmüller in seiner Abhandlung "Die wirkliche und scheinbare Welt", "bedeutet bloss, dass die Vorstellungen verschieden bleiben und nicht verschmelzen sollen." Wenn aber Räumlichkeit dergestalt relativiert wird, sind nicht nur die Bedingungen jedes objektiven Koordinatensystems und jeder subjektiven Orientierung a priori abgeräumt. Denn die Möglichkeit eines entscheidenden Kriteriums für die Trennung zwischen Innen- und Außenraum wird ebenso außer Kraft gesetzt, im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Ausgegangen wird in den folgenden Seiten von der Frage, wie nach dem Aussetzen oder Einstürzen jeglicher statthaften räumlichen Ordnung weiter erzählt wird. Durch eine Auseinandersetzung mit Friedrich Nietzsches "Also sprach Zarathustra" und Edgar Allan Poes "The Narrative of Arthur Gordon Pym" soll auszugsweise angedeutet werden, wie diesen desorientierenden Schriften anders charakterisierte Räume eingeschrieben sind.
"Wie der Geist zum Kamele ward" : Zu einem Leitmotiv in Jonas Lüschers 'Frühling der Barbaren'
(2016)
This paper deals with the semantics of 'barbarism' in Jonas Lüscher's novella "Frühling der Barbaren" (2013). It aims to show that the text incorporates the concept of 'barbarism' into what Lüscher himself calls a "narratology of social complexity": a narrative mode that enables literary texts to serve as platforms for the reflection of moral problems. Lüscher achieves this by referring to specific intertexts by Friedrich Nietzsche and Ingeborg Bachmann while subtly modifying and distorting them. In doing so, "Frühling der Barbaren" acquires a diagnostic and genuinely critical quality: with this sleight of hand, which could be considered a prime example of 'barbarian theorizing' (Walter Mignolo, Maria Boletsi), the novella evokes existing narratives only to recode them into a sardonic critique of global capitalism.
In der Moderne wird das Menschengesicht, das lange Zeit Sinnbild für die Ebenbildlichkeit Gottes und somit für menschliche Ganzheitlichkeit war, radikalen Auflösungsprozessen unterzogen. Zugleich scheinen immer wieder Erlösungsutopien durch, die eine neue Suche nach dem verlorenen oder erst noch zu schauenden Gesicht initiieren. Dieser Doppelstrebigkeit wird im Folgenden unter dem Leitbegriff des Rätsels nachgegangen. Letzterer lässt sich hierbei auf seinen zweifachen altgriechischen Ursprung zurückführen, auf 'griphos' ('Fischernetz, Schlinge': Ratespiel) und 'ainigma' ('dunkle Andeutung': das Rätselhafte). Das Rätsel wird in der Theologie seit jeher - in der Philosophie vermehrt in der Moderne – mit dem Gesicht (in seiner Doppeldeutigkeit von gesehenem und sehendem Gesicht) assoziiert, dessen Les- und Lösbarkeit es einer hermeneutischen Bewährungsprobe unterzieht. An zwei philosophischen Werken soll in einem ersten Schritt dieses Junktim von Rätsel und Gesicht(e) im Diagramm der beiden Lösungsbewegungen von Auflösung und Erlösung nachgezeichnet werden: an Friedrich Nietzsches 'Also sprach Zarathustra' (1883–1885) und Franz Rosenzweigs 'Stern der Erlösung' (1921) sowie seinen "nachträgliche[n] Bemerkungen" hierzu in "Das neue Denken" (1925).