CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
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Der Familien- oder Generationenroman durchlief seit seiner deutschsprachigen Prägung durch Thomas Mann zwei Schübe oder "[B]oom[s]": Auf die Welle der sogenannten 'Väterliteratur' oder 'Väterbücher' der 1970er und 80er-Jahre folgte ungefähr ab Ende der 90er-Jahre eine abermalige Konjunktur der Gattung im Umfeld neu aufgeflammter Debatten über 'Vergangenheitsbewältigung', die 'Enkelperspektive' auf den Nationalsozialismus und über 'Germans as victims'. Vergegenwärtigt man sich die ungebrochene Popularität dieser aktuellen Erscheinungsform des Generationenromans, so erstaunt der prominent auf dem Buchcover platzierte Untertitel von Christoph Geisers 2013 erschienenem Roman 'Schöne Bescherung': Dieser sei 'kein Familienroman', heißt es dort. Gesetzt wird diese peritextuelle Lektüreanweisung noch dazu ausgerechnet von einem Autor, der mit seinen frühen Texten Grünsee (1978) und Brachland (1980) die vielleicht wichtigsten Familienromane der jüngeren schweizer Literatur schuf.
Statt den Untertitel zu 'Schöne Bescherung' vor diesem Hintergrund zu problematisieren, buchte ihn das Feuilleton tendenziell als nicht weiter erläuterungsbedürftig ab und taxierte den Roman gar als Schlussstein einer veritablen "Familientrilogie". Schöne Bescherung will aber eben - anders als die formalästhetisch konventionelleren frühen Romane Geisers - explizit und dezidiert 'kein Familienroman' (mehr) sein. Der Text stellt sich also keineswegs in ein Verhältnis der Kontinuität zu Brachland, dem nächstälteren Roman der angeblichen "Familientrilogie". Vielmehr kommuniziert er noch vor seinem Incipit, eben durch den trotzigen Untertitel, einen kuriosen gattungsbezogenen Abgrenzungswillen. Dieser soll im Folgenden ernstgenommen werden.