CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
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Selbst in einer Disziplin wie der Kunstgeschichte, die sich täglich mit sichtbaren Formen aller Art befasst, kommt es vor, dass Fachleute einander um Rat fragen, weil sie Literatur zum Thema "Bildbeschreibung" suchen. Zwar wird die Betrachtung und Beschreibung von Bildern vielerorts schon in der Schule praktiziert, z.B. um die Ausdrucksweise zu schärfen, und es gehört auch an der Universität zu den fachlichen Standardübungen, Kunstwerke in Worte zu fassen, um ihr konkretes Erscheinungsbild oder ihre Wirkung überhaupt diskutieren zu können. Dennoch bleibt die Übersetzung des Visuellen ins Verbale ein eher stummes Wissen, für das es offenbar keine verbindlichen Regeln gibt. [...] Einen Ausweg scheint hier Erwin Panofsky (1892–1968) zu bieten. Der in Hannover geborene und an der noch jungen Hamburger Universität tätige Kunsthistoriker, der während der NS-Herrschaft in die USA emigrierte, hatte 1932 in seinem Aufsatz "Zum Problem der Beschreibung und Inhaltsdeutung von Werken der bildenden Kunst" eine Methode zur Deutung von Bildern der Renaissance skizziert, die später eine unerwartete Karriere gemacht hat. In den USA griff Panofsky den Text und dessen Kerngedanken 1939 noch einmal für ein englischsprachiges Publikum unter dem Titel "Studies in Iconology" auf. Dieser Aufsatz wurde von ihm weiter ausgebaut, er wurde in zahlreiche Sprachen übertragen und schließlich auch ins Deutsche zurückübersetzt. Begünstigt wurde der Erfolg durch eine beigefügte Synopse, die als eine schrittweise Anleitung zur Interpretation von Bildern verstanden werden konnte. Auch unabhängig vom Text erwies sich diese Tabelle als griffige Handreichung zur Bildanalyse, sie wurde zur Grundlage von Propädeutika und ist bis heute Thema in fast jeder Einführung in die kunsthistorische Methodik zu finden. Da sie obendrein in allen erdenklichen Disziplinen, von der Geografie bis zur Soziologie und von der Pädagogik bis zur Geschichtswissenschaft zum Einsatz kommt, wird sie heute womöglich sogar häufiger außerhalb als innerhalb der Kunstgeschichte verwendet. Dies gibt Anlass zum Nachdenken und zur Rückschau.
"Calderón als religiöser Dichter" ist einer von Krauss' interessantesten Aufsätzen der frühen Jahre, von denen "einige zur Zeit ihres Erscheinens wissenschaftlich bahnbrechend waren", wie Hans Ulrich Gumbrecht in seinem Porträt von Werner Krauss in "Das Leben und Sterben der großen Romanisten" konstatiert. [...] Erwartbar wäre gewesen, in Calderón das Ende des mittelalterlich geprägten Kosmos zu sehen, des imperialen 'Goldenen Zeitalters' Spaniens (ca. 1550 bis 1680), in dem es im barocken Schauspiel zu Exzessen der illusionistischen Überwältigung und Massenspektakeln des Glaubens kam. Doch für Krauss ist Calderón vielmehr ein Weg, der direkt in die Dialektik der Aufklärung führt. Das Rettbare, das auf die Praxis des konkreten Handelns Beziehbare muss bei Calderón das Widerständige sein, das auch Carlo Barck an Krauss' Studie faszinierte. [...] Zwei Gedanken lassen sich aus seinem Artikel filtern, die sich an aktuell stark diskutierte Probleme anschließen lassen. Zum einen geht es um Materialität, zum anderen um humanistische Anliegen, die sich in den Kulturtechniken einer Religionskultur wie der des spanischen Katholizismus des 17. Jahrhunderts auffinden und aktualisieren lassen, etwa im Bilderhandeln oder im Umgang mit Schuldempfinden. Es spricht für Krauss' weitreichendes Verständnis religiöser Phänomene, dass er an ihnen Dinge wie Präsenz, Immersion und Liminalität auf den Punkt bringen konnte.
Diese Ausgabe des "Forum Interdisziplinäre Begriffsgeschichte" dokumentiert die Beiträge zu dem Workshop "Politische Ikonologie - Begriffsgeschichte - Epochenschwellen", den das Zentrum für Literatur- und Kulturforschung am 24. und 25. November 2017 im Warburg-Haus Hamburg veranstaltet hat. Der Workshop befasste sich mit Übertragungen, Überschneidungen, Ablösungsprozessen zwischen Begriffsgeschichte und (politischer) Ikonologie. Dabei sollte der historische Index in deren Verhältnis in wenigstens doppelter Hinsicht bedacht werden: Einerseits ging es um die Frage, wie die von Aby Warburg und seinem Umfeld ausgehenden Bild- und Semantiktheorien mit den in der Begriffsgeschichtsforschung thematisierten Epochenschwellen umgehen, andererseits darum, wie und warum die Ikonologie im 20. Jahrhundert selbst zum favorisierten Instrument wird, um den kulturellen und politischen Bedeutungswandel zu fassen.
Einführung
(2018)
Warburg wirkte auch über den engeren Kreis der Kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburg hinaus. Mit Walter Benjamins Werk, Franz Dornseiffs Onomasiologie oder Ernst Robert Curtius' an das 'Nachleben der Antike' anknüpfender 'historischer Topik' seien nur einige der Arbeiten über Sprache genannt, die von Warburgs kunstwissenschaftlichen Ideen inspiriert waren. Insbesondere Curtius' Arbeiten – und das berührt unsere Frage nach der Epochenschwelle – sind dabei als Ansatz wahrgenommen worden, überhistorische Denkfiguren und geistesgeschichtliche Kontinuitäten gegen die Gefahr des Historismus und von Brüchen im Traditionszusammenhang aufzuzeigen und damit Warburgs 1912 in Rom verkündetes Programm aufzunehmen, durch "ikonologische Analyse", die sich durch grenzpolitische Befangenheit nicht davor abschrecken lässt, Antike, Mittelalter und Neuzeit als zusammenhängende Epoche anzusehen.