CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
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Friederike Mayröckers Bekenntnisschrift 'ich bin in der Anstalt. Fusznoten zu einem nicht geschriebenen Werk' stellt das vorläufige Ende einer Reihe von IchTexten dar. Zur Besonderheit dieser Prosa - teilweise in Briefen oder in Form von Essayistik verwirklicht - gehört, dass Sprache und Dinge wie magisch miteinander verbunden scheinen. Wobei der Fusznoten-Text eine weitere Verdichtung vollzogen hat. Die Welt ist ins Buch eingegangen und das Buch Welt geworden. Hinzu kommt die paradoxe Konzeption: Mit Blick auf Fernando Pessoas 'Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares', mit dem erstmals in der Geschichte der europäischen Literatur eine Autobiographie ohne Ereignisse vorgestellt wurde, ließen sich die 243 Fusznoten als Bekenntnis ohne Wahrheit und als Werk ohne Werkanspruch bezeichnen. Dissonante Stimmen fließen in ein Bekenntnis-Ich zusammen und bilden eines von mehreren Heteronymen Friederike Mayröckers. Die Anstalt, in dem das Individuum den Gesetzmäßigkeiten des Lebens - bis hin zur Invalidität - unterworfen ist, ist der symbolische Ort eines mit dem Alter voranschreitenden allgemeinen Ausnahmezustands.
Ein Fall einer Nähe bei doch größten Unstimmigkeiten der Poetologie scheinen die Texte einerseits Paul Celans und andererseits Friederike Mayröckers darzustellen.
Seitens Paul Celans, so ist zuallererst auf der Ebene des Kommentars festzuhalten, finden sich keine Spuren der ihm lyrisch Verwandten - umgekehrt allerdings ist Celan in Mayröckers OEuvre namentlich präsent. Auch ein biographischer Berührungspunkt ist rekonstruierbar, und zwar in der Zeitschrift 'Der Plan‘, in dessen letzter Nummer sowohl Paul Celan als auch Friederike Mayröcker publizierten. Ein Treffen zu dieser Zeit ist unwahrscheinlich, anzunehmen jedoch, daß sich später ein Kontakt ergeben hat.
Eine Verwandtschaft ist damit freilich nicht nachgewiesen; gerade Celan stand mit vielen in Kontakt, die mit seiner Position Unvereinbares vertraten - beispielsweise Heidegger -, die wenig zwingende Logik des Biographischen greift also kaum. Und die Erwähnung Celans wird dadurch relativiert, daß Friederike Mayröcker eine obsessive Zu- und Aneignerin ist, auffälliger sind in Friederike Mayröckers Werken beispielsweise die Referenzen, die besagen, Derrida habe eine Rolle bei der Entstehung ihrer Texte gespielt.