CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
Refine
Document Type
- Book (1)
- Part of a Book (1)
Language
- German (2)
Has Fulltext
- yes (2)
Keywords
- Schiiten (2) (remove)
Diese Studie hat Ta'ziya zum Thema gewählt, um Fragen über Theater und seine unterschiedlichen Formen unter weiteren Aspekten als nur dem der Theatergeschichte untersuchen zu können. Neben der theoretischen Untersuchung wurde das Schwerpunktthema dieser Arbeit – Performativität des Mordes – anhand künstlerischer Prozesse erforscht. Dies geschah durch zwei Filmproduktionen (2008, 2011) und einen Workshop unter meiner Leitung gemeinsam mit zwei Assistenten (Hiwa Michaeli, Matin Soofi Pour) am 20. Oktober 2012, im Studio 44 (Dorkypark, Berlin) mit dem Titel: »Darstellung des Mordes in der Ta'ziya«. Die Teilnehmer des Workshop hatten keinerlei Kenntnisse über Ta'ziya. Anhand von Filmmaterial wurden die Mordszenen in Ta'ziya analysiert und diskutiert. In der zweiten und längeren Phase wurde rund um die Darstellung des Mordes praktisch experimentiert und ein Schwerpunkt auf Darstellungsformen der Authentizität gelegt. Das Ziel des Workshops war es, die Formen der Darstellung, die sich in Ta'ziya und bei den Mordszenen wiederholen, neu zu konstruieren. Diese Versuche haben sich mit den Darstellungsformen im theatralen System der Ta'ziya auseinandergesetzt, um die Möglichkeiten, die diese Form der Darstellung bietet, zu erkunden. Das Resultat wurde Teil dieser Arbeit und Mittel, die Thesen dieser Studie zu überprüfen.
Angesichts des Schicksals ihrer Imame ist es kaum überraschend, dass die Schia den frühesten und expressivsten Märtyrerkult im Islam entwickelte: Die mutmaßlichen Gräber des zum Herrn der Märtyrer ('sayyid al-schuhada') verklärten Husain und seiner Gefährten bei Karbala entwickelten sich schon bald zu Anlaufstätten für Trauer- und Gedächtnisrituale ihrer Anhänger. Gemeinsam mit den Grabstätten der nachfolgenden Imame sowie denen vieler weiterer, männlicher und weiblicher, Nachkommen der Familie Alis wuchs hier im Lauf der Jahrhunderte ein regional weit verzweigter Märtyrer- und Heiligenkult heran, der an den schon in vorislamischer Zeit im Nahen Osten weit verbreiteten Totenkult anknüpfen konnte und maßgeblich dazu beitrug, die Oppositionsbewegungen der Schia in der lokalen 'Volkskultur' zu verankern. Die Tatsache, dass 'Frauen', vor allem durch rituelles Weinen, gerade beim Trauerkult eine herausgehobene öffentliche Rolle spielen konnten, scheint die Breitenwirkung dieser Bewegungen ebenso begünstigt zu haben wie die bedeutende Rolle Fatimas in der Legitimitätsstruktur der Schia. Obwohl die Figur Alis der zentrale politisch-theologische Angelpunkt der Schia ist und obwohl auch sein Tod alle Ingredienzien eines Märtyrertods enthält und mehrere schiitische Feiertage das Andenken des Herrschers der Gläubigen ('amir al-mu’minin') pflegen, sind die wichtigsten Rituale der Schia dennoch auf seinen jüngeren Sohn Husain ausgerichtet, dessen heroischer Untergang bei Karbala im Irak mit 72 seiner Verwandten und Gefährten gegen eine Übermacht von mehreren tausend Soldaten des Kalifen Yazid I. (reg. 680–683) bis heute mit ausgedehnten Gedächtnis- und Trauerfeiern begangen wird. Nicht zufällig wurden die religiösen Versammlungsräume der Schia unter dem Namen "Husainiya" bekannt.