CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
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Die in Deutschland seit etwa den 80er Jahren andauernde Konjunktur der Kulturwissenschaften, die nicht mit den aus Konzepten der Birmingham-School hervorgegangenen Cultural Studies zu verwechseln sind, führt als ihr theoriegeschichtliches Apriori den Diskurs über Differenzen zwischen Natur- und Geisteswissenschaften mit sich, dessen Konstellation im 19. Jahrhundert Wilhelm Dilthey 1910 in Gestalt eines Standardwerkes beschrieben hat. Die vor fast fünfzig Jahren von dem englischen Physiker und Romancier Percy Charles Snow getroffene Diagnose zweier sich entfremdet und kommunikationslos gegenüberstehender Kulturen, einer traditionalistisch literarischen und einer naturwissenschaftlichen, deren Trennung Snow als ein Problem analysierte und als ein Dilemma beklagte, wurde entgegen der Absicht ihres Erfinders zu einem ebenso bequemen wie die aufgerufenen Probleme verwirrenden Schema kanonisiert. Verwirrend war (und bleibt) der Dualismus eines Modells, das von Befürwortern wie Gegnern als Voraussetzung angenommen wurde und schließlich sogar durch Anbauten einer dritten (soziologischen) Kultur erweitert und ergänzt wurde, der Wolf Lepenies im Vergleich zwischen Frankreich, England und Deutschland eine wissenschaftsgeschichtliche Begründung zu geben versuchte. "Seit der Auseinandersetzung zwischen P. C. Snow und F. R. Leavis ist der Gegensatz von Natur- und Geisteswissenschaften zum Schlagwort von den zwei Kulturen geworden. Ich bin der Auffassung, dass man die Sozialwissenschaften als eine dritte Kultur bezeichnen kann, in der seit ihrem Entstehen szientifische und literarische Orientierungen einander gegenüberstehen."
Simulationsmodelle
(2016)
Mit der Entwicklung elektronischer Computer in den 1940er Jahren und höheren Programmiersprachen in den 1950er Jahren hält ein neuer Modelltyp Einzug in die Wissenschaften: Simulationsmodelle. Bekannteste Vertreter sind wohl Klima- und Wettermodelle, die mittlerweile Teil der Alltagskultur geworden sind. Kaum eine Natur- oder Technikwissenschaft kommt heute noch ohne Simulationsmodelle aus und neben der traditionellen Einteilung in Theorie und Empirie fügt sich die Simulation als 'dritte Methode' im Rahmen von 'Computational Departments' in die Wissenschaftslandschaft ein. Dabei ist der Begriff des Simulierens durchaus nicht eindeutig definiert. In einem weiten Sinne kann er im wissenschaftlichen Kontext für jegliche Form des Nachahmens und Imitierens verwendet werden: ein Crashtest im Labor simuliert einen Autounfall, ein Schiffsmodell im Strömungskanal bildet maßstabsgerecht ein Containerschiff nach und ein Ball-Stick-Model imitiert ein Molekül. Dennoch hat sich im wissenschaftlichen Kontext der Begriff des Simulierens auf die Computersimulation zentriert und in unterschiedliche Subkategorien ausdifferenziert:
– deterministische Simulationen basierend auf Differentialgleichungen
– stochastische Simulationen basierend auf stochastischen Differentialgleichungen oder
Zufallsläufeerzeugungsmethoden wie der Monte-Carlo-Simulation
– ereignisbasierte Simulationen, in denen bestimmte Ereignisse andere Ereignisse auslösen
– sogenannte 'Soft Computing'-Methoden wie Agentenbasierte Simulationen, Genetische
Programmierung, Evolutionäre Algorithmen oder Neuronale Netze.
Im vorliegenden Zusammenhang soll der Begriff des Simulierens jedoch einzig auf deterministische Simulationen bezogen werden. Diese Simulationsart ist nicht nur die weitest verbreitete in den Natur- oder Technikwissenschaften, sie ist auch die älteste und damit klassische Form der Simulation.