CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
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(2013)
Im frühen 20. Jahrhundert begeisterten sich die Menschen für Rekorde aller Art, für die Geschwindigkeit der Eisenbahn, des Autos: schneller, schneller ... in die Zukunft. Die Futuristen riefen: "Wir erklären, dass sich die Herrlichkeit der Welt um eine neue Schönheit bereichert hat: die Schönheit der Geschwindigkeit". Der sonderbare Eindruck des Rückwärtslaufens der Eisenbahnräder in der filmischen Aufnahme, der die menschliche Wahrnehmung verunsichert, traf im Kino auf die Freud'sche Traumanalyse. Traumbilder und Projektionen im Kinosaal formten ein neues Erzählmantra. Das große Versprechen des 20. Jahrhunderts war der Kommunismus - ein Kinotraum. Heute scheint es, dass uns die Geschwindigkeitsfantasien des 20. Jahrhunderts überholt haben. Während sich zwischen den Jahren 1500 und 1900 das Wissen der Menschheit nur etwa alle hundert Jahre verdoppelte, geschieht dies heute alle fünf Jahre - Tendenz steigend. Datenströme fließen in Echtzeit, Verkehrsströme haben sich vervielfacht. Unser Zeitbegriff klingt im Echoraum von updating nach. Zeit wird wahrgenommen als eine Art ewig andauernde Gegenwart.
Der Begriff temporality ersetzt den Begriff time. Unsere Vorstellung von Zeit ist nicht mehr an eine Abfolge einzelner Schritte geknüpft, sondern ein Fluss permanenter Veränderung. Diesem Zeitbegriff entspricht eine Erzählform, die keinen Anfang und kein Ende hat, vielmehr einen Fluss von Veränderungskrisen, von Episoden und Staffeln beschreibt - die serielle Erzählung im Fernsehen. Eine Staffel, die übergeben wird und weiterläuft oder, wie im Englischen der Begriff season, auf den ewigen Fluss der wechselnden Jahreszeiten verweist.
The "Death of Literature" will be doubted as an affirmation, but, on the other hand, it will be analysed as an effective and dynamic theme in the history of literature. Considering the "Advent of new Medias" (J. Hörisch) and with reference to J. Derrida it will be demonstrated that literature since antiguity is orientated on an not only phonetical, but also optical 'Imaginary', and it is always playing with the auto-transgressing of itself- and that consequently the audio-visual medias represent a very special challenge as they are a kind of 'fulfilling' of these intraliterary tendencies. Modern German-speaking authors react upon this new "anxiety of influence" (H. Bloom) in at least five ways: by retreating in the 'essence' of literature (askesis), by adopting various technical elements (adaptio), by historizing and 'outstripping' the medias (reductio), by pretending an anticipation of the innovations of the medias by the literature (anticipatio) and last but not least with a fight under equals, using all means (agon).
Teekesselchen
(1988)
Wo hat der Bengel nur das Wort wieder aufgeschnappt? Wenn er schon seine Programmierübungen für den Deutschunterricht nicht machen will, dann soll er doch 'Beyond Dark Castle' spielen oder sich durch Datennetze hacken, wie jeder anständige Junge in seinem Alter. Aber Sohnemann muß natürlich wieder aus der Reihe tanzen! Gedichte lesen! Jetzt haben wir die Bescherung: "Papa, was sind denn eigentlich 'Wipfel'?" ...
Die Zahl der computerisierten Schriftsteller wächst rapide. Von den Vorzügen des Mac wissen besonders die zu berichten, die zuvor Erfahrungen an anderen Systemen gesammelt haben. Wie zum Beispiel Fernsehautor Wolfgang Menge. Wir besuchten den Konvertiten in dessen Sylter Sommerdomizil und fragten ihn nach seinem Verhältnis zu den neuen Techniken des Schreibens. Das Gespräch führte Peter Matussek, die Fotos machte Frank Stöckel.
Der Beitrag gibt ein Beispiel dafür, wie philologische Kompetenz für die Analyse von medienkulturellen Phänomenen fruchtbar gemacht werden kann. Ausgehend von Wolfgang Isers Leerstellentheorem wird nach der Funktionsweise ästhetischer Erinnerungsanlässe gefragt – zum einen in systematischer Hinsicht durch einen Vergleich von Schrift, Bild und Klang, zum anderen in historischer Hinsicht durch einen Vergleich analoger und digitaler Medien. Es ergibt sich, daß die ästhetischen Strategien, mit denen traditionellerweise Literatur, bildende Kunst und Musik Leerstellen eröffnen, auf Animationen beruhen, die durch ihre computertechnische Realisierung grundsätzlich nivelliert werden. Folglich bedarf es neuer Verfahren der Leerstellengenerierung, um unter den Bedingungen digitaler Medien die Erinnerung zu aktivieren.
Emotionale Ergriffenheit, so glaubte man lange, sei untrennbar verbunden mit dem Glauben an die Existenz dessen, was uns erregt. Aber warum bewegt uns ein Roman, wo wir doch wissen, daß die Figuren, die da lachen und weinen, frei erfunden sind? Die philosophische Ästhetik nennt diesen Sachverhalt das ›Fiktionsparadoxon‹. Doch was in konsistenten Begriffssystemen schnell nach einem Widerspruch aussieht, ist in Wirklichkeit oft nur ein sehr komplexer Zusammenhang, der – so alltäglich und vertraut er unserer Intuition auch sein mag – sich leider nur schwer beobachten und beschreiben läßt. Zwar verfügt die moderne Neurophysiologie über immer bessere Methoden der Gehirnabbildung, aber jedes neue Experiment kann nur die bereits vorhandenen Modellvorstellungen von Gehirn, Kognition und Bewußtsein korrigieren, kann lediglich Vorannahmen weiter plausibilisieren oder widerlegen. Was tatsächlich vor sich geht, welche neuronalen Vorgänge an der Ergriffenheit und welche am Glauben an die Existenz gewisser Geschehnisse beteiligt sind, weiß nach wie vor niemand so ganz genau. Es deutet jedoch einiges darauf hin, daß die mentale Repräsentationa bestimmter Vorgänge im Bewußtsein einerseits und ihre kognitive Einschätzung andererseits (zum Beispiel als wirklich oder nicht wirklich) im Gehirn zwei separaten neuronalen Vorgängen entsprechen, die untereinander jedesmal neu kombiniert werden.Wenn zum Beispiel eine Versuchsperson A einen Arm hebt und eine andere Versuchsperson B ihr dabei zusieht, dann zeigen beide Kandidaten an einer Stelle ihres Gehirns ein identisches Muster neuronaler Erregung. Bei A aber ist dieses Muster vernetzt mit weiteren neuronalen Karten, die ihr mitteilen, daß sie selbst es ist, die den Arm hebt; bei B ist das Muster verknüpft mit der Information, daß A es ist, die gerade den Arm hebt. Dasselbe gilt für eine dritte Person C, die den Vorgang in einer Filmaufnahme sieht: Sie aktiviert gleichermaßen das quasi semantisch besetzte Muster ›Arm heben‹, identifiziert auch die Person, die diese Bewegung ausführt, und ist sich zudem bewußt, daß sie den Vorgang nur auf einem Bildschirm mitverfolgt. Auch finden sich bei Versuchspersonen, denen man Photos von ihren Freunden vorlegt, zu einem Teil dieselben Gehirnareale aktiviert wie bei einer persönlichen Begegnung mit diesen Freunden. Alles weist also darauf hin, daß das Zustandekommen einer sinnlichen Vorstellung in Form einer neuronalen Repräsentation ein relativ autonomer Vorgang ist, zu dem das Wissen über das Medium der sinnlichen Repräsentation und sonstige Anschlußüberlegungen nur weitere Zusatzinformationen darstellen. Warum aber stellen sich uns außerdem auch noch leise die Haare auf, wenn eine Person auf einem Photo oder auf dem Bildschirm nicht nur einfach ihren Arm hebt, sondern die Faust zum Himmel reckt und Rache schwört? Woher der bekannte ›Kloß im Hals‹, wenn zwei Personen auf der Leinwand ihre Arme heben, um sich endlich für immer in die Arme zu schließen, nachdem sie über die Dauer von zwei Stunden gelitten und geschmachtet haben? Wir erkennen die Vorgänge nicht nur, sondern wir reagieren auch auf sie.
Über Simulationsmodelle
(1997)
In der Debatte um die Möglichkeiten der neueren rechnergestützten Technologien, eine Welt ohne Vorbild zu erzeugen, hat sich spätestens mit Baudrillards "Echange symbolique et la mort" von 1976 der Simulationsbegriff als eine Art Leitkategorie etabliert. Von der klassischen Tätigkeit des Simulanten zum aktuellen Versuch der numerischen Modellierung von Klimaänderungen, Populationsverhalten oder neuronaler Bildgenerierung überspannt der Begriff dabei ein von Fach zu Fach, Anwendung zu Anwendung, Situation zu Situation kaum mehr überschaubares Feld. Einen gewissen Bedeutungskern und eine bestimmte historische Transformation dieses Kerns, auch eine mögliche Grenze des Simulationsbegriffs versucht der folgende Beitrag zu skizzieren.