CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
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Das Modische : Zu Entstehungsbedingungen und Funktionen einer bestimmten Art von Konformismus
(2016)
Das als "modisch" im engeren Sinn Bezeichnete, die Kleidung, ist durch kurzfristige Wandlungsprozesse charakterisiert und steht dem allgemeinen Verständnis nach im Gegensatz zu den Prinzipien der Dauer und der Beständigkeit, durch welche man die traditionellen Trachten bestimmt sieht. Aber wie ist es dann beispielsweise um die Sinnhaftigkeit der Rede von "Trachtenmode" bestellt? Und wie sehr sind die mit der Kleidermode verbundenen Begleitvorstellungen des Modischen für andere Bereiche des Lebens charakteristisch?
Unweigerlich stellen sich lebensweltliche Assoziationen ein, wenn der Begriff der Mode verwendet wird – man denkt an Kleidung, Autos, Haarfarbe, Accessoires, alle möglichen Lifestyle-Attribute. Wenn man Mode über diesen naheliegenden Kontext hinausdenkt und das vertrackte Konzept auf andere Lebensbereiche anwenden will, stellen sich drei Fragen. Erstens: Wie kann man modische Trends von anderen Entwicklungen abgrenzen? Was ist bleibender oder nachhaltiger Wandel und was ist eine temporäre Modeerscheinung, die eine zeitliche Begrenzung aufweist: ein "Strohfeuer"? [...] Zweitens die Frage der Übertragbarkeit: Wo gibt es modische Erscheinungen jenseits der Textilien? Gibt es so etwas in Wissenschaft, Kunst, Politik, Management, Medien und anderen Bereichen? [...] Drittens die sich aufdrängende Frage der Intensivierung: Gibt es gute Gründe dafür anzunehmen, dass sich modische Prozesse in einer spätmodernen Gesellschaft verstärken oder verbreiten?
"Wer trägt heute noch Trainingsanzüge in der Öffentlichkeit?", titelt die "Stilkritik" der Süddeutschen Zeitung im Mai 2010. Sportler jedenfalls nicht. Der aktuelle Bundestrainer der deutschen Fußballnationalmannschaft kleidet sich - "modisch top", "Stilikone" - selbst im Stadion in Designer-Anzüge. Dabei waren Sportler ursprünglich die einzige Zielgruppe des Ende der 1920er Jahre in den USA erfundenen 'tracksuit'. Die Kombination aus locker sitzender Hose mit Gummizug und Beinbündchen sowie Blouson mit Reißverschluss oder Sweatshirt sollte sie vor und nach ihren Aktivitäten wärmen. Ein Einsatz von Trainingsanzügen außerhalb des Sports war lange Zeit undenkbar. Die Modifizierung des Trainingsanzugs begann erst fünf Jahrzehnte nach seiner Erfindung.
Chanel - metaphysisch
(2015)
Das Suppenkleid
(2015)
Zuerst sollte die Suppe gelöffelt werden, dann kam das Kleid. Für einen Dollar plus die Coupons zweier beliebiger Suppenkonserven von Campbell wurde es im braunen Umschlag nach Hause geschickt, das 'Souper Dress', dessen Vorteile man dem eingenähten Label entnehmen konnte: "No Cleaning. No Washing. It’s carefree, fire resistant unless washed or cleaned. To refreshen, press lightly with a warm iron." Dieses pflegeleichte Kleid, in der von Yves Saint Laurent erfundenen elegant-praktischen Trapez-Form geschneidert und mit Campbells Suppendosen großzügig motivisch bestückt, taucht heute vereinzelt in Auktionen auf - in exorbitanter Wertsteigerung als dezidierte Antithese zum Konzept der Erschwinglichkeit. Als Andy Warhols 'Suppenkleid' hat es Eingang in nur wenige Sammlungen gefunden und kann hier in seiner musealen Transformation vom Gebrauchsgegenstand zum unantastbaren Kunstwerk bestaunt werden.
Im Bereich der Mode bilden die 'auf alt' gemachten, absichtsvoll zerschlissenen, mit Löchern, künstlichen Schmutzspuren oder in ausgewaschenen Farben präsentierten Kleidungsstücke eine besondere Variante, die als 'Used Look' bezeichnet wird. Vor dem Hintergrund einer langen Tradition des Schonens, Flickens, Ausbesserns schadhafter Stellen erscheint diese Modeform als historische Exzentrizität und als ein Extrem, von dem her zugleich der Normalfall der Mode kenntlich wird. Zu ihrem Begriff gehört der Aspekt der Kurzlebigkeit und des permanenten Wandels. Er ist gebunden an die moderne Gesellschaft, die sich von den vorbürgerlichen Gesellschaften grundsätzlich durch ihre dynamische Grundstruktur unterscheidet.
Future Fashion
(2015)
Neue Materialien und neue Technologien stehen für Zukunftsmode. Davon schrieben Science-Fiction-Autoren, noch bevor Modemacher diese Kombination alltagstauglich machten. Prinz Vladimir Odoevskij, bekannt für seinen exzentrischen Kleidungsstil, entwarf in der Zukunftsnovelle 'Das Jahr 4338' (1835) schillernde Gewänder à la 'comète', gefertigt aus synthetischen Materialen wie "elastischem Kristall" mit eingewebten "metallischen Kristallisationen". Amerikanische Designer, die hundert Jahre später in dem British-Pathé-Clip 'Eve, Ad 2000!' (1939) mit eigenen Entwürfen die Zukunftsmode im Jahr 2000 ›voraussagen‹, kommen in Hinblick auf Material und Effekte auch der romantischen Vorstellung Odoevskijs erstaunlich nahe. Odoevskijs elegant-romantische Zukunftsästhetik, die synthetische Textilproduktion und spezifische Leuchteffekte dekorativer Glasfaserprodukte vorwegnimmt, erinnert an die LED-Technologie von heute. Denn dieser Tage sorgen nicht selten LED-Lämpchen, ob als falsche Wimpern oder am Gala-Kleid, für strahlende Auftritte: Future Fashion.
Die Kunst der Mode
(2004)
Tagungsbericht zu Die Kunst der Mode : erste Interdisziplinäre Tagung des Instituts für Künste und Medien der Universität Potsdam vom 8. bis 10. Oktober 2003
Die erste Tagung des Instituts für Künste und Medien der Universität Potsdam zum Thema 'Die Kunst der Mode' sollte deshalb Wissenschaftlern und Praktikern aus verschiedenen Disziplinen, Literatur-, Medienwissenschaftlern, Historikern und Theaterwissenschaftlern, Journalisten, Modedesignern und Unternehmern, ein Forum bieten, sich über dieses "Medium der Selbstgestaltung und der Gestaltung der Identität" (Prof. Gertrud Lehnert) auszutauschen. Dabei war es eindeutig nicht das Ziel der Tagung, die Mode auf Kunst oder Nicht-Kunst festzuschreiben, vielmehr sollte ihr ein eigener Raum innerhalb der Alltagskultur eröffnet werden. Ein Schwerpunkt war die Betonung ihrer Zwischenstellung: zwischen Kunst und Konsum, zwischen Kunst und Handwerk, zwischen Alltagsinszenierung und großem Theater. Der interdisziplinäre Charakter der Veranstaltung ermöglichte die Annäherung an das Thema aus vier verschiedenen Perspektiven.
Tagungsbericht zu 'Fusion Culture: Fashion beyond Orientalism and Occidentalism', Universität Potsdam, 5. bis 7. November 2009
Die von Gabriele Mentges (Dortmund) und Gertrud Lehnert (Potsdam) veranstaltete und von der Volkswagen Stiftung geförderte Tagung befasste sich mit dem Thema 'Orientalismus und Mode' zum einen unter historischen Aspekten, zum anderen unter gegenwärtigen Bedingungen, in denen von 'Orientalismus' kaum noch die Rede sein kann. Denn längst haben wechselseitige Bezüge Mode zu einer globalen Angelegenheit gemacht. Vernetzung, Vermischung, Globalisierung, aber auch neue Regionalisierung bestimmt (nicht erst seit) heute die Mode.