CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
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Fremdwörter haben einen hohen epistemischen Stellenwert, denn sie lenken die Aufmerksamkeit auf die unhintergehbare Sprachlichkeit, Kulturgebundenheit und Historizität des Wissens. Ziel des Bandes ist es, begriffs- und übersetzungsgeschichtliche Aspekte der Zirkulation von Begriffen zwischen den Sprachen zusammenzuführen. 52 Fallstudien beschäftigen sich mit Wörtern, die in andere Sprachen gewandert sind und sich dort - aus ganz unterschiedlichen Gründen - festgesetzt haben.
At the end of the 18th century, German literature boasted a wide range of exemplary translations, especially from ancient literatures. When, a few decades later, translation theory began to flourish in Germany, translations like J.H. Voß’s “foreignizing” versions of Homer’s epic poems were considered as examples to be followed. Although today’s dominant translation theories – as, for instance, skopos theory – tend to advocate “domesticating” procedures, most translators of literary texts cling to the tradition established by (pre-) romantic German translators and philosophers like Voß or Schleiermacher, thus obviously meeting the expectations of the German reader.
Nachdem Schöpfungspläne und 'invisible hands' an Überzeugungskraft verloren haben, hat die Differenzerfahrung erheblich zugenommen. Je unklarer und unübersichtlicher das große Ganze geworden ist, desto mehr hat das "nicht-festgestellte Thier" (Nietzsche) - das sich selbst nicht zu finden weiß, vielmehr immerzu gewinnen und verlieren muss - sich mit den vorliegenden Brüchen und Lücken im Weltenbau, den Widersprüchen und Konflikten in der Lebenswelt und den trostlosen Aussichten auf Krankheit und Tod auseinanderzusetzen. Wenn der Schöpfer nicht antwortet und es kein einendes Band mehr gibt, das alles zusammenhält, bedarf es neuer Strategien der Orientierung sowie einer Aufmerksamkeit für die kleinen und großen Differenzen, Unvollkommenheiten und Unversöhnlichkeiten.
Die maßgebliche Position des Übersetzungskonzepts ergibt nicht nur aus dem unweigerlich vielsprachigen, migrierenden und interdisziplinären Denken des Philosophen, Psychoanalytikers, Ökonomen und Aktivisten Cornelius Castoriadis. Vielmehr existiert ein konkreter Kern des Translatorischen in den zwei konstitutiven Gegenständen seiner Philosophie, im Imaginären einerseits und anderseits in der Politik, die auf die imaginäre Verfasstheit der Gesellschaft zurückgeht. Ob also Castoriadis seinen eigenen Text vom Französischen in die griechische Sprache überträgt oder ob er die Vorstellungswelt der kapitalistischen Gegenwart beschreibt - in beiden Fällen geht es um die Übersetzung als einen kreativen Prozess innerhalb der Sprache, des Denkens oder der Politik.
Le présent article est consacré à la controverse sur la composition des pantoufles dans le conte Cendrillon ou la petite pantoufle de verre de Charles Perrault. A l'origine de cette controverse, Balzac fait parler un de ses personnages (un pelletier) qui propose de remplacer "verre" par "vair " (petit-gris, écureuil) et qui pense ainsi corriger ce qui lui semble être une erreur. La présente contribution propose une lecture qui permet de déceler une logique de substitution dans le texte de Perrault, logique qui suit le long des deux chaînes sémantiques "mère (morte) – cendre – vair" et "verre – grâce – marraine".
Nazım Hikmet’s fairy tale “Cloud in Love” (Sevdalı Bulut) enjoys a world-wide popularity: It has been already translated into many languages, has been filmed and staged several times. This even confirms the thesis of the poet that the fairy tale would appeal to every nation, every age and every cultural level. This article aims to examine Hikmet’s fairy tales under the aspect of the interculturality in his intersemiotic and interlingual translations. First, Hikmet’s perception of fairy tales will be studied, from which some clues are to be gained about the translations of his work. Afterwards, examples from intersemiotic translations of this fairy tale will be indicated. Finally, the German translation of this work will be analyzed, taking into account the transmission of cultural and stylistic elements.
Seit Jacob Burckhardts Thesen zum Individualismus in der Renaissance gilt das 'Selbst' als eine eingehend diskutierte Größe, die ungeachtet ihrer diversen Erscheinungsformen nicht nur als das bündige Kennzeichen einer Schwellenzeit, sondern geradezu als ihr alleiniges Produkt angesehen wurde: die Epoche zwischen Spätmittelalter und Aufklärung steht schlichtweg für den 'Ursprung' der modernen Individualität. [...] Dem wohl prominentesten oratorischen Initiator, der explizit für eine 'reformatio mundi' steht, widerfuhr seitens der historiographischen Nachwelt bezeichnenderweise beides, eine ergebene Verklärung als Führergestalt sowie die Apotheose im prometheischen Schema: Martin Luther gilt bis heute nicht nur als 'Rebell' oder 'Revolutionär', sondern vor allem auch als 'Schöpfer der deutschen Schriftsprache'. Spätestens hier gilt es zu differenzieren. Gerade die Person des Wittenberger Gelehrten, Predigers und Seelsorgers gibt Anlass zur sorgsamen Klärung eines frühneuzeitlichen Selbst-Bewusstseins. Das Selbst-Verständnis des Augustinermönchs gründet zunächst ausschließlich in theologischen Traditionen und ist daher vor allem mit Komposita wie 'Selbsterforschung', 'Selbstgespräch' ('soliloquium') und 'Selbsterkenntnis' ('cognitio sui') in Verbindung zu bringen. Diese Kategorien aber sind primär und unlösbar an die Sündhaftigkeit jedes einzelnen Menschen gekoppelt [...] Und dennoch - in diesem der Moderne eher fremd anmutenden Katalog der genannten Komposita begegnet tatsächlich auch die 'SelbstÜbersetzung': als Praxis und Phänomen wie in Form erhellender Paraphrasierungen. Voraussetzung für die Praxis scheint zunächst ein Geschehen auf der machtpolitischen Ebene zu sein. Mit dem Rückgang der von Papst und Kaiser getragenen Universalherrschaft im westlichen Europa, mit dem Schwinden eines nachantiken Herrschaftsanspruchs ('translatio imperii') im Sinne des mittelalterlichen römischen Reichsgedankens ist gleichermaßen auch der rasch fortschreitende Rückgang des Lateinischen als flächendeckende Gelehrten- und Verwaltungssprache eingeleitet. Indem nun die einzelnen regionalen Teilherrschaften nach politischer Autonomie streben, erhält auch die polyphone Sprachkultur Europas einen neuen Stellenwert: weitgehend noch pränationale, also eher territoriale Interessenkollektive verlegen sich auf die Regelung ihrer Angelegenheiten im eigenen Idiom. Dieses kann damit aus dem Schattendasein eines als 'laienhaft' und 'illiterat' verachteten Ungenügens heraustreten und sich als vollgültiges Pendant der antiken Vorgaben erweisen. [...] Ein zweites Novum tritt zeitgleich hinzu. Zwecks parteigebundener Regelung der lokalen und bald auch der bi- oder multilateralen Angelegenheiten erhalten die antiken Vorgaben der Redekunst eine neue und sehr zentrale Funktion: das vor Ort im Sinne bestimmter Interessen auftretende Einzel- oder Kollektivsubjekt (Territorialgewalt) artikuliert sich sprachlich-persuasiv, vertritt einen lokalen Standpunkt ('opinio' / 'point de vue') und versucht seine Zuhörer durch Überzeugung zu einem politisch wirksamen Handeln zu bewegen. Hierfür dient der Autortext, ebenso aber auch seine zweckgerichtete Übersetzung. In dieser konkretisiert sich ein Subjekt nicht nur als Mittler zwischen Parteien, Ständen und Interessen, sondern auch zwischen Sprachen und Kulturen.
"Und Gott chillte"? : Überlegungen zu neueren Bibelprojekten aus literaturwissenschaftlicher Sicht
(2012)
Der Graben zwischen den Generationen ist nicht nur durch mangelndes Verständnis, sondern auch durch das Fehlen einer gemeinsamen Sprache, durch die Verweigerung zur Kommunikation unüberwindbar geworden. Dies ist nicht das Ergebnis der jüngsten Shell Jugendstudie, sondern das Szenario, das Birgit Vanderbeke in ihrem 2005 erschienenen Roman Sweet Sixteen entwirft.1 Der Protagonist, ein in die Jahre gekommener Trendforscher, versucht das Verschwinden der Jugendlichen zu ergründen, da es sich um eine neue Subkultur handeln könnte. Bei seiner Recherche stößt er auf eine Internetseite, die von einer Jugendkirche namens "Jesus Freaks" betrieben wird. [...]
Vorbild für die Jesus Freaks in Vanderbekes fiktionalem Text ist die gleichnamige Bewegung, die zu Beginn der 1990er Jahre in Hamburg gegründet wurde. Erklärtes Ziel war und ist es, den christlichen Glauben für Jugendliche – besonders solche am Rand der Gesellschaft – wieder attraktiv und ansprechend zu gestalten. Die jungen Gruppen kehrten sich radikal von der traditionellen, kirchlichen Praxis und Spiritualität ab. Wie in Vanderbekes Roman ging es nicht um eine Reformation bestehender Verhältnisse, sondern darum, eigene religiöse Formen zu finden. Dieses Bestreben umfasste konsequenterweise die kanonischen Texte der Bibel, deren Wortlaut (in der Luther- oder Elberfelder-Übersetzung) als antiquiert und alltagsfern galt. Martin Dreyer, der 1965 geborene Gründer der Jesus Freaks, startete 2004 das Volxbibel-Projekt, dessen sprachlicher Duktus im oben angeführten Zitat ironisch aufgegriffen wird. Anders als bei kommunikativen Übersetzungen der letzten fünfzig Jahre (bspw. Hoffnung für alle oder Gute Nachricht) ging es ihm nicht nur um einen zeitgemäßen und allgemeinverständlichen Sprachstil. Die Volxbibel sollte von Jugendlichen für Jugendliche ›übersetzt‹ werden, was durch ein Open-Source-Modell im Internet verwirklicht wurde.
In transkulturellen Texten der Gegenwart finden sich Praktiken der Übersetzung, Diskurse über Translationsprozesse, aber auch künstlerische Auseinandersetzungen mit übersetzten Texten. In Olga Grjasnowas 'Der Russe ist einer, der Birken' liebt spricht die Protagonistin Mascha, die Übersetzungswissenschaften im Doppelstudium studiert, mehrere Sprachen und ist zugleich - durch ihre biographische Herkunft, ihre Freundschaften und Liebesbeziehungen und durch ihren Beruf - in mehrere kulturelle Kontexte eingebunden. Durch diese vielfachen Transgressionen ist Übersetzung daher im Text auch als Transkonzept präsent.
The argument that worldwide globalization will lead to a cultural homogenization is rarely acceptable for literary translation. German authors are still translated into Turkish, and the classics are retranslated. In view of Translation Studies, retranslations are very interesting because for being justified they are required to be superior to previous translation(s). This challenge is especially immense if it is the translation of an author like Heinrich von Kleist, whose narrative language is not only well-known but also exceptional. The aim of this study is to analyze the individual strategies of the Turkish translators and to demonstrate on examples whether they had been successful on their aim to satisfy Kleist’s specific literary style. The study is done on the example of the novella “Die Marquise von O...” (1808). For the analysis, the translations of Melâhat Togar (1952), Alev Yalnız (1992) and Ayalp Talun İnce (2004) are examined with regard to their distinctive strengths and weaknesses.