CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
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Performance. Oper. Feminismus : Bemerkungen zu "7 Deaths of Maria Callas" von Marina Abramović
(2022)
Auf der Bühne der Deutschen Oper liegt eine Frau in einem Bett. Wir blicken, so ist dem Programmheft zu entnehmen, in die Rekonstruktion eines historischen Schlafzimmers. Maria Anna Sofia Cecilia Kalogeropoulou soll hier gewohnt haben, besser bekannt unter ihrem Künstlernamen Maria Callas. [...] Bevor Abramović in Kalogeropoulous Schlafzimmer erwacht, gab es sieben Kurzfilme zusehen, die als filmische Kommentare auf sieben Bühnentode des klassischen Opernrepertoires konzipiert wurden. In der Reihenfolge ihres Ablebens treten auf: Violetta, Tosca, Desdemona, Cio-Cio-San, Carmen, Lucia und Norma. In den Filmen lässt sich Abramović von deren jeweiligen Todesarten inspirieren: Abramović stürzt von einem Turm, Abramović wird von einer Schlange erwürgt, Abramović zertrümmert im Wahnsinn Mobiliar usw., alles bei ununterbrochenem Einsatz der Zeitlupe. Den Filmen wird die sie jeweils inspirierende Szene live musikalisch zur Seite gestellt, jede Figur dabei von einer anderen Sängerin verkörpert. Allerdings kommen in den meisten Fällen nicht die tatsächlichen Todesszenen der betreffenden Dramatis Personae zur Aufführung, sondern ein Potpourri ihrer vermeintlich schönsten Melodien. [...] Das fundamentale dramaturgische Problem der "7 Deaths of Maria Callas" erklärt sich aber erst mit Blick auf eine Installation, die Abramović auf Grundlage derselben Zusammenstellung von Film und Musik, allerdings unter Zuhilfenahme von historischen Aufnahmen von Kalogeropoulou präsentiert hat. In dieser Version, unter dem Titel "7 Deaths" in der Londoner Lisson Gallery gezeigt, entfaltet sich ein intimer Dialog zwischen deutlich voneinander zu unterscheidenden Medien und Stilen. Die Autonomie der musikalischen Darbietung geht in der Bühnenversion verloren, der Charakter der Installation verschiebt sich in Richtung Stummfilm mit Live-Musik. Letztere hat nur noch begleitende Funktion und kann weder von der Aura des Historischen noch von den stilbildenden Interpretationen der Callas profitieren. Noch in ihrer Abwesenheit stellt Kalogeropoulou aber an performativer Intensität alles zur Aufführung Kommende in den Schatten. Denn während Abramović bei dem Versuch scheitert, sich mit ihrer physischen Präsenz gegen ihren eigenen Celebrity-Status zu behaupten, treten die Sängerinnen des Abends mit dem Medienphänomen Maria Callas in Konkurrenz. Eine Übermacht völlig anderen Kalibers.
Das vorliegende Themenheft vereint Beiträge, die sich mit literarischen und philosophischen Texten sowie dramatischen und musikdramatischen Werken aus einem historischen Zeitraum beschäftigen, der in etwa von der Mitte des 14. Jahrhunderts bis ins frühe 18. Jahrhundert reicht und der hier - gemäß einer mittlerweile gut etablierten Begriffskonvention - als 'Frühe Neuzeit' angesprochen werden soll. Den Aufsätzen des Hefts, die von Wissenschaftlern und Nachwuchsforschern der Ruhr-Universität Bochum verfasst wurden, geht es unterdessen weniger darum, erneut eine Diskussion über diesen Begriff und den damit verbundenen Periodisierungsvorschlag zu führen, um dessen Tragweite auszuloten. Vielmehr möchten die Beiträge in Form ausgewählter Fallstudien einzelne Genres und Textsorten in den Blick nehmen, um anhand je spezifischer Fragestellungen deren jeweilige Gestaltungsformen, deren literarische und ästhetische Darstellungsmittel und Wirkungsweisen zu studieren.
Gegenwelten, so eine sozialwissenschaftliche Definition, entstehen, wenn sich Teile der Gesellschaft von "etablierten Denk- und Verhaltensweisen" abwenden und "alternative Vorstellungen über bestehende politische, soziale oder kulturelle Gegebenheiten" entwickeln. Häufig verweist das Wort auf das viel diskutierte und schwer fassbare Phänomen des 'Postfaktischen'. Zugleich legt die Rede von 'Gegenwelten' die Frage nahe, ob jene Teile der Gesellschaft tatsächlich nur "alternative Vorstellungen" entwickeln oder nicht vielmehr 'in ihrer eigenen Welt leben'.
In der Geschichte moderner Gesellschaften sind Zeitschriften und Öffentlichkeit so eng aufeinander bezogen, dass sie nahezu synonym erscheinen. Schließlich soll Öffentlichkeit derjenige Raum sein, in dem freie Menschen sich als Gleiche begegnen und über Belange kommunizieren, die von allgemeinem Interesse sind. In Gemeinwesen, in denen gesellschaftliche Auseinandersetzung und Selbstvergewisserung nicht durch unmittelbaren Kontakt garantiert sind, helfen Zeitschriften dabei, Öffentlichkeit - oder ausdifferenzierte Teilöffentlichkeiten - herzustellen. Sie tun dies, indem sie Texte und Bilder, Gattungen und Disziplinen, Stimmen und Stimmungen versammeln und bündeln, und indem sie in mal mehr, mal weniger regelmäßiger Folge öffentlichen Austausch auf Dauer stellen.
Das Streben nach Unsterblichkeit durchzieht die gesamte Geschichte der Menschheit, doch in Zeiten des beschleunigten gesellschaftlichen und wissenschaftlich-technischen Wandels zeichnet es sich durch eine gesteigerte Intensität aus. Immer wieder wurde das Verständnis von Immortalität hinterfragt (physische vs. metaphysische Unsterblichkeit, todloses Leben vs. Auferweckung nach dem Tod, Langlebigkeit vs. ewiges Leben usw.), wurden ihre Spielarten neu definiert. Die Entwicklung der modernen Lebenswissenschaften in der westlichen Welt seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert, die Erfolge der Immunologie, Juvenologie und Gerontologie eingeschlossen, sind hinlänglich bekannt. Auch dem radikalen Utopismus der russisch-sowjetischen Avantgarde wurde bereits viel Aufmerksamkeit zuteil. [...] Allgemein ist festzustellen, dass bisherige historische Darstellungen die Einbeziehung des slawischen Osteuropas vermissen lassen. Gibt es Parallelen zwischen den bedürfnislosen, arbeitsamen Unsterblichen, die gemäß einem fiktionalen Entwurf des in den 1920er Jahren als Ingenieur für Elektrifizierung tätigen Schriftstellers Andrej Platonow in einem Labor für Anthropotechnik dank einer neuartigen Elektrosphäre hervorgebracht werden, und den Robotern oder dem Absolutum bei Karel Čapek? Ist angesichts der möglichen Existenz unsterblicher kybernetischer Organismen die anthropologische Neuerzählung der Schöpfungsgeschichte überzeugend, die Borislav Pekić 1980 vornahm, wohlgemerkt mit einem weiblichen Cyborg als Protagonistin, die sich biblisch als "Ich bin, die ich bin" zu erkennen gibt? Spiegeln programmatische Selbstentwürfe, die sich auf sogenannte höhere, esoterisch anmutende mathematisch-naturwissenschaftliche Konzepte stützen, regionale Formen wissenschaftlicher Religiosität oder den Versuch, die globale Logik des materialistischen Daseins zudurchbrechen, wider? All diese Fragen harren noch einer Antwort.
Viel Lärm um alles : über das Romanfragment "Guerre" aus dem Nachlass Louis-Ferdinand Célines
(2022)
Der Nachlass des 1961 gestorbenen Louis-Ferdinand Céline war das Ereignis im literarischen Frankreich der letzten Monate. Neben der Tatsache, dass Célines Vulgarität und sein Antisemitismus unverändert zum Skandal taugen, dürften dazu auch die absonderlichen Begleitumstände beigetragen haben, unter denen dieser Nachlass ans Licht kam. Als zeitweiliger Nazi-Sympathisant hatte Céline 1944 die Flucht aus Paris ergriffen und dabei umfangreiche Manuskriptkonvolute zurückgelassen, die jahrzehntelang als verschollen galten. Céline selbst war fest davon überzeugt, sie seien ihm gestohlen und möglicherweise auf dem Flohmarkt verkauft worden. Im Jahr 2005 wurden dem Journalisten Jean-Pierre Thibaudat nach eigener Aussage von einer von ihm selbst lang geheim gehaltenen, erst vor wenigen Wochen effektvoll namhaft gemachten Person Originalmanuskripte Célines im Umfang von ca. 6000 Seiten überantwortet. [...] Erschienen ist bisher ein einziges, etwa 120-seitiges Romanfragment mit dem Titel "Guerre". Céline hat den Text höchstwahrscheinlich zwischen seinen beiden ersten, längst zu Klassikern der Weltliteratur aufgestiegenen Romanen "Reise ans Ende der Nacht" (1932) und "Tod auf Raten" (1936) verfasst. Guerre bildet eine Art Scharnier zwischen ihnen. [...] Wenn "Guerre" unter werkgenetischem Gesichtspunkt auch als bahnbrechender Fund gelten darf, so geht die Bedeutung des Romans hierin nicht auf. "Guerre" ist ein Buch nicht allein für die Céline-Philologie, sondern einer der wichtigsten Romane über den Ersten Weltkrieg und damit einer der wichtigsten europäischen Kriegsromane überhaupt.
Die erste Monografie, die sich ausdrücklich und titelgebend mit der "begriffsgeschichtlichen Methode" befasste, stammt von dem jüdischen Religionswissenschaftler Lazar Gulkowitsch (1898–1941). Vier Jahre vor seiner Ermordung durch die Nationalsozialisten veröffentlichte er 1937 "Zur Grundlegung einer begriffsgeschichtlichen Methode in der Sprachwissenschaft" in einer deutschsprachigen, der Wissenschaft des Judentums gewidmeten Reihe, die an der Universität Tartu (Dorpat), dem Ort seines estnischen Exils, erschien. Obwohl sich in den letzten Jahren verschiedene Publikationen Gulkowitsch und seinem Werk widmeten, ist seine Schrift zur Begriffsgeschichte selbst dem Fachpublikum dieser geisteswissenschaftlichen Methode unbekannt geblieben, ebenso wie die zahlreichen Untersuchungen, in denen er die Begriffsgeschichte auf den Begriff 'Chassid' (Frommer) sowie den Chassidismus anwandte. Gulkowitsch entwickelte dort an Konzepten der jüdischen Geistesgeschichte eine speziell auf die Geschichte des Judentums bezogene Theorie der Begriffsgeschichte, die aber zugleich mit dem Anspruch einer universalistischen Metatheorie der Geistesgeschichte für verschiedene Kulturen antrat.
Der Begriff der Glokalisierung wurde in den 1980er Jahren in der Ökonomie und dann in der Soziologie eingeführt, um die wechselseitige Verbindung zwischen globalen Steuerungsprozessen und lokalen Produktions- bzw. Distributionsstrukturen zu beschreiben. In seiner weiteren Geschichte diente der Begriff auch dazu, grundsätzliche Kritik an einem Verständnis von Globalisierung zu üben, in welchem die Bezüge zu den lokalen Grundlagen und Auswirkungen ausgeblendet werden. Literatur ist auf ihre Weise in diese Zusammenhänge verstrickt. Aufgrund ihrer Medialität sind literarische Texte immer auf lokale Produktions- und Rezeptionsorte angewiesen. Zugleich aber müssen sie diese Orte verlassen, um eine potentielle Vielzahl an Leser:innen erreichen zu können. Literatur eignet sich deshalb - so die leitende These dieses Bandes - besonders dazu, die mit dem Begriff der Glokalisierung verbundenen Aushandlungsprozesse zwischen lokalen Gegebenheiten und globalen Herausforderungen zu reflektieren.