CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
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Die Bibliographie soll in die aktuelle Theorie-Diskussion um Kulturwissenschaft und kulturgeschichtliche Literaturwissenschaft einführen und deren wichtigste Paradigmen vorstellen. In der Auswahl wurden neuere und Überblicks-Darstellungen bevorzugt; Grundlagenwerke der methodischen Paradigmen werden nur im Ausnahmefall genannt; zur besseren Orientierung wurden bei Sammelbänden mitunter auch die Inhaltsverzeichnisse aufgelistet.
Das Forschungsgebiet von Teil B dieser Bibliographie ist noch kaum erschlossen – und wird auch in der kulturgeschichtlichen Literaturwissenschaft noch weitgehend ignoriert. Es umfasst Themen, Verfahren, Praktiken, Handlungsfelder, die in der ästhetischen und poetischen Diskussion seit jeher eine große Rolle gespielt haben, deren Geltungsbereich aber keineswegs auf Kunst und Literatur beschränkt ist. Begreift man sie als protoästhetische bzw. proto-poetische Elementarien der Kultur, als anthropologisch fundierte ›poetogene Strukturen‹ (Rüdiger Zymner), so wären sie Ursprungsorte des Poetischen und Ästhetischen, die historisch wie systematisch der Ausdifferenzierung eines eigengesetzlichen ästhetischen Systems vorausliegen. Auf jeden Fall aber handelt es sich um Schnittstellen, über die ›Kunst‹ und ›Nicht-Kunst‹ ständig miteinander interagieren; als solche sind sie für eine nach Funktion und Pragmatik des Ästhetischen fragende Kulturwissenschaft von zentralem Interesse. Für die Titelaufnahme gelten die gleichen Auswahlregeln wie für die bereits erschienenen Teile der Bibliographie: Zeitlicher Schwerpunkt ist das letzte Jahrzehnt. Aufsatzpublikationen wurden nur im Ausnahmefall berücksichtigt. Nicht aufgenommen wurden Untersuchungen, die auf bestimmte Autoren und/oder Werke begrenzt sind.
Der Willkür- und Zufallsfaktor bei Ermittlung, Auswahl und Anordnung der Einträge ist in diesem zweiten Teil der Bibliographie noch wesentlich höher als schon im ersten: Für kulturwissenschaftliche Arbeiten gibt es bisher weder klare Bestimmungsmerkmale noch eine etablierte Systematik; man erwarte also weder materielle noch systematische Vollständigkeit oder auch nur Repräsentativität. Wir haben Publikationen der jüngsten Vergangenheit zu kulturwissenschaftlichen Themen (also nicht notwendigerweise auch mit kulturwissenschaftlicher Fragestellung und Methode) gesammelt und lose thematisch/systematisch geordnet. Die so entstandene Literaturliste ist wenig mehr als ein erster, ergänzungsbedürftiger Versuch, die aktuellen Themenfelder der Kulturwissenschaft zu kartographieren.
Auch die im Teil 2.C gesammelten Titel stehen für ein bisher kaum reflektiertes Problemfeld: Welche Auswirkungen kann (oder vielleicht ja: muss) eine kulturgeschichtliche Orientierung für traditionelle Domänen der Literaturwissenschaft wie Literaturgeschichtsschreibung, Gattungstheorie und -geschichte oder, noch allgemeiner, für die Theorie und Geschichten von Kunstformen und Medien haben? Für die Titelaufnahme gelten die gleichen Auswahlregeln wie für die bereits erschienenen Teile der Bibliographie: Zeitlicher Schwerpunkt ist das letzte Jahrzehnt. Aufsatzpublikationen wurden nur im Ausnahmefall berücksichtigt. Nicht aufgenommen wurden Untersuchungen, die auf bestimmte Autoren und/oder Werke begrenzt sind.
Mit Moritz Veit (1808−1864) ist dieser Beitrag einem Intellektuellen und Verleger gewidmet, dem die deutsche Sprachkultur des 19. Jahrhunderts wesentliche Impulse verdankt. In der Geschichte der politischen Emanzipation und der gesellschaftlichen Integration der deutschsprachigen Juden haben seine politische und verlegerische Tätigkeit eine nachhaltige Rolle gespielt. Dazu werden zunächst in einem Überblick Leben und Werk Veits in Erinnerung gerufen, das nicht nur aufs Engste mit der deutschsprachigen Wissenschaft des Judentums des 19. Jahrhunderts verbunden war, sondern auch mit der Entwicklung der Philologie als wissenschaftliche Disziplin. Am Wirken von Moritz Veit - so die These des Beitrags - werden nicht nur zeitgenössische Vorstellungen von Wissenspopularisierung sichtbar, sondern auch, dass für ihn das Zugleich von politischer Anteilnahme, literarischem Schaffen und Verlagsarbeit ebenfalls die Teilhabe an der deutschsprachigen Kultur bedeuteten. Vor diesem Horizont soll auch das literarische und publizistische Programm des Verlags Veit & Comp. vorgestellt werden. Zudem wird auf Moritz Veits Einsatz für die Interessen der preußischen Juden und seine politische Arbeit sowie die Rolle im Börsenverein der Deutschen Buchhändler eingegangen.
Bilder werden zumeist begriffen als erstens zweidimensional, flächig und in der Fläche durch ihren Rahmen begrenzt, und zweitens als ruhend, unveränderlich und unbewegt. [...] Bislang kaum entfaltet dagegen ist die - weder Bergson noch Deleuze besonders interessierende - Raumqualität der Bilder. Bilder werden weithin mit Zweidimensionalität verbunden. Auch räumliche Arrangements - Gegebenheiten oder Artefakte - jedoch können unter Bergsons Bildbegriff fallen, können die Wahrnehmung oder das Wahrgenommensein, unter das sie sich stellen, herbeiführen, ausstellen und operationalisieren. Ein flagrantes Beispiel dafür ist das Diorama, in Sonderheit das in Naturkunde-Museen zu findende Habitat-Diorama. Im folgenden werde ich ein Diorama exemplarisch analysieren, und zwar in Hinsicht auf ein von Deleuze anhand des Bewegungsbildes entwickeltes (doppeltes) Kriterium, nämlich dasjenige der Leere und der Fülle. Dies wird es möglich machen, Film und Diorama zu vergleichen, Eigenschaften des Bewegungs- und des Zeitbildes in verschobener Weise auch im Diorama wiederzufinden und zugleich markante Unterschiede zu beobachten. Zudem werden auch verschiedene Typen des Dioramas in ihrem Verhältnis zueinander und in ihren Übergängen konturierbar. Dabei werden auch in Sonderheit die Phänomene der Atmosphäre, der Indexikalität und der Evidenz relevant.
Wendelin Schmidt-Dengler [...] gilt als Erneuerer der österreichischen Germanistik. Er war der Leiter des Instituts für Germanistik der Universität Wien und des Literaturarchivs der Österreichischen Nationalbibliothek. Er war Ehrenvorsitzender der Heimito von Doderer-Gesellschaft und wissenschaftlicher Leiter des Thomas-Bernhard-Privatarchivs. Er hat die Werke von Heimito von Doderer, Fritz von Herzmanovsky-Orlando, Albert Drach und Thomas Bernhard in kommentierten werkkritischen Ausgaben neu heraugegeben.
These ist, dass Superhelden derzeit so erfolgreich sind, weil das noch näher zu beschreibende System 'Superheld', Spezialwissen über Superhelden generiert, um dieses anschließend mit weiterführendem, kulturrelevantem Wissen anzureichern. Die RezipientInnen von Superheldenproduktionen partizipieren an diesem Wissen und tradieren es, um sich gegenüber anderen als Spezialisten zu profilieren. Um dies zu belegen, wäre zweifelsohne eine quantitative Rezeptionsstudie notwendig, was diese kurze Untersuchung keinesfalls leisten kann. Deshalb bleiben die Gedanken hier tatsächlich skizzenhaft, gedacht als eine systematisierte Sammlung von Ideen, die es erlauben, eine Diskussion über Superhelden als gleichermaßen zeitlose und zeitgebundene Systeme anzuregen.
First as a student of comparative literature with a focus on German and then as a professor of German Studies, I’ve been traveling back and forth to Germany for three decades, almost exactly the age of the reunified German state. I have stayed for weeks, for months, or for more than a year at a time. I have lived in Leipzig, in Cologne, and in Munich, but I have spent by far the most time in Berlin, a place that I have come to consider a second home. Throughout that time, Germany has changed enormously, both demographically and attitudinally. In relation to diversity in general and in its relationship to Jews.
Paul Baran, 1926 in Polen geboren, als Zweijähriger in die USA gekommen, hatte nach Abschluss seines Studiums Ende der 1940er Jahre bereits Erfahrung in der Entwicklung des ersten kommerziellen Computers UNIVC gemacht. 1959 trat Baran in den Dienst der RAND Corporation und war mit der Beforschung von Konzepten der Dezentralisierung von Kommunikationsnetzwerken betraut. "On Distributed Communications Networks" stellte das erste Ergebnis seiner Arbeit dar und erschien in der Reihe der Arbeitspapiere des RAND. Obwohl 1962 Computer gerade erst zwanzig Jahre existierten, extrem teuer waren, raumfüllende Ausmaße hatten und ihre Vernetzung exotische Technologie darstellte, kulminiert Barans Konzept bereits in der visionären Frage: "Is it time now to start thinking about a new and possibly non-existant public utility, a common user digital data communication plant designed specifically for the transmission of digital data among a large set of subscribers?"
Die naturwissenschaftlichen Diskurse des 19. Jahrhunderts sprachen neben den 'Bildern' von einer ganzen Reihe weiterer Dinge, welche Wissensgegenstände repräsentieren konnten, auch ohne Modelle im damaligen Sinn zu sein. Weite Verbreitung fanden im 19. Jahrhundert in dieser Funktion insbesondere die Begriffe der 'Analogien', 'Interpretationen' und der 'Systeme' von wirklichen oder gedachten Dingen. Die Beispiele, die mit solchen Begriffen verbunden waren, sind häufig für die Wissenschaftsentwicklung von substanzieller Bedeutung gewesen. Sie stehen aber, wie ich im Folgenden andeuten möchte, für ganz unterschiedliche Formen und Funktionen der abstrakten Repräsentation. Den Begriff 'abstrakte Repräsentation' verwende ich hierbei etwas vage und naiv als schlichten Oberbegriff für verschiedene Weisen, einen Komplex von wissenschaftlich interessierenden Dingen oder Sachverhalten durch etwas anderes darzustellen und für die wissenschaftliche Praxis zu thematisieren, ohne dabei auf materielle, anfassbare Dinge zurückzugreifen, wie dies die 'Modelle' in der Sprache des 19. Jahrhunderts taten. Zugleich soll dadurch ('pace' Wittgenstein und unangesehen der inflationären Verwendung des Modellbegriffs seit Mitte des 20. Jahrhunderts) vermieden werden, vorschnell von einem 'Denken in Modellen' zu reden. Wir werden noch sehen, dass die in Rede stehenden, abstrakten Repräsentationen bisweilen sehr konkrete epistemische Funktionen hatten. Das Wort 'abstrakt' sollte hier also nicht überbewertet werden. Insbesondere möchte ich im Folgenden jeweils die spezifische 'epistemische Situation' charakterisieren, d.h. die Besonderheiten der Wissensumstände, in welchen der Rückgriff auf eine Form der abstrakten Repräsentation geschah und den Beteiligten vielversprechend erschien.
Alman ekonomisinin yükselen konjonktürü ile 60'lı yıllarda birçok Türk vatandaşı imzalanan ikili anlaşmalar sonrasında işçi olarak Almanya’ya göç etmiştir. "Misafir işçi" göçünün başlamasıyla bir "göçmen işçi" edebiyatının çıkması da rastlantı değildir. Göçmen işçi edebiyatı (Gastarbeiterliteratur) teriminin kullanılmamasının nedeni negatif bir anlam taşımasıdır. Bunun yerine daha naif ve yanlış anlamlara neden olmayacak bir terim olan göçmen edebiyatı (Migrantenliteratur) tercih edilmiştir.
Göçmen edebiyatının günümüzde Almanya'da çok önemli bir yer tuttuğunun da altını çizmek gerekir. Göçmen edebiyatı yeni eserler verdikçe araştırmalara da yenisi eklenmektedir. Yazarlar ise konu itibariyle her iki kültürün bakış açısıyla yazar ve sentez oluştururlar. Kültürel aktarıma yazdığı ve çevirdiği eserleriyle katkıda bulunan Türk kökenli göçmen yazarlarından biri de Yüksel Pazarkaya'dır.
Mediha adlı eserinde sadece Yunan tragedyasının ana karakterinin maruz kaldığı haksızlığı tekrar canlandırmamış aynı zamanda Almanya'da yaşayan Türklerin ailevi sorunlarına da değinmiştir.
Die Kulturabteilung der Deutschen Botschaft Ankara, das DAAD-Informationszentrum Ankara und die Hacettepe Universität boten im Frühlingssemester 2017 für interessierte Masterstudierende und Doktoranden ein Workshop-Seminar zu kulturellen Konzepten von in den Werken von Zafer Şenocak an. Konzepte von Migration, Transkulturalität, Sprachvarietäten standen besonders im Fokus der Veranstaltung.
Mit ontologischen Problemen des Ganzen beschäftigt sich Robert Matthias Erdbeer in seiner Untersuchung des modernen Computerspiels. Er knüpft dabei an moderne Spielkonzeptionen von Schiller über Gadamer bis hin zu Wolfgang Iser an, die das Spiel als Vermittlung von Verstand und Sinnlichkeit, Notwendigkeit und Freiheit, v. a. aber in der Koppelung von Vorhandenem und Möglichem einer außerordentlichen "ontologischen Belastung" ausgesetzt hätten. Diese Belastung setze das Computerspiel in seinem eigenen Medium konsequent um und fort. Beim Gaming gehe es um eine grundlegende "Inszenierung von Handlungsmodalität" im Sinn einer "kohärenten Selbst- und Welterfahrung". Ganzheit komme dabei insbesondere über das Weltmodell der virtuellen Storyworld, über das Selbst als Avatar und in der Reflexion und Gestaltung des Spiels als Integral der Medienkünste zum Ausdruck.
Literarische Modellforschung
(2023)
Die These, Kunst sei ein Modell der Wirklichkeit, erweist sich als heuristisch fruchtbar, wenn man sie modelltheoretisch vertieft. Im Kontext digitaler Narrationen, die Lektüren durch Entscheidungen ersetzen und Erzählhandlungen mittels künstlicher Intelligenz gestalten, untersucht die literarische Modellforschung die Steuermechanismen eines literarischen Systems und prüft sodann, inwiefern diese für die Poetologie des jeweiligen (digitalen oder klassisch-analogen) Darstellungsformats bedeutsam werden und den Status einer diskursiven Direktive gewinnen.
Das Unfertige im Bild
(2010)
Es war keine gezielte Suche, sondern Zufall, dass ich bei einem meiner Streifzüge durch die Londoner 'National Gallery' auf ein Gemälde des englischen Malers Thomas Gainsborough traf. Was zuerst meine Aufmerksamkeit an diesem Bild erregte, war ein Detail: ein anscheinend leeres, leicht gebogenes Blatt Papier, in der Hand gehalten von einer männlichen, am linken Rand des Bildes positionierten Figur. Das Papierblatt hatte etwas merkwürdig Stoffliches, Durchscheinendes und Schwebendes. Eine kleine Tafel, die direkt neben dem Ölgemälde an der Wand angebracht war, vermerkte den Titel und das Entstehungsdatum des Bildes: 'Portrait of the Artist with his Wife and Daughter, about 1748'. Gainsborough, 1727 geboren, hatte das Bild also als junger Künstler gemalt. Auf der kleinen Tafel fand sich zudem der folgende Text: "Gainsborough married Margaret Burr in 1746. The child is probably their first-born daughter, Mary, who died in March 1748. A second daughter was also named Mary. The hands of Mrs. Gainsborough are unfinished and the paper held by the artist is blank" (Abb. 1). Der letzte Satz dieses Kommentartextes verknüpfte die anscheinende Leere des Papierblatts, benannt als 'blankness', mit einem anderen Detail, das mir bis dahin noch gar nicht aufgefallen war, mit der nur in Umrissen erkennbaren rechten Hand der weiblichen Figur nämlich, einer in schwungvollen Pinselstrichen ausgeführten Form, deren Linien sich nur wenig vom blauen Stoff des Kleides, auf dem die Hand ruhte, abhoben. Die Blume, die diese Hand hielt, war dagegen präzise zu erkennen. Wies der Kommentartext auf der kleinen, neben dem Bild montierten Tafel die Darstellung 'beider' Hände der weiblichen Figur als 'unfinished' aus, so schien mir die gleichsam natürliche Unsichtbarkeit der linken Hand, die durch die Gestalt des stehenden Kindes verdeckt war, von ganz anderer Art zu sein als jener durch das Unfertige der rechten Hand erzeugte Modus einer Un/Sichtbarkeit, in der ganz offensichtlich - gegen die Darstellungsregel der exakten Naturnachahmung - etwas fehlte. Ein Fehlen, dessen Begriff unterstellte, dass hier noch etwas hätte kommen müssen. Ich hatte den Eindruck, dass dieses Unfertige im Bild eine wolkige Stelle markierte, genau im Sinn von Walter Benjamin: "die Stelle, wo es aufhört, durchsichtig zu sein."
Welche Konsequenzen hat Storfers Konzept einer antihistoristischen Schreibweise, sein Postulat der "Erschütterung der bequemen chronologischen Erklärungsweise", wie er schreibt, für seine Geschichte der Wörter? Welches sind die Voraussetzungen und Prinzipien seines Projekts einer "Wortforschung" als "Kulturgeschichtsforschung"? Storfer nähert sich seinem Gegenstand von zwei Seiten her. Zum einen unterstreicht er die Sprachlichkeit des Quellenmaterials, auf das sich, so betont er, "jede Geschichtsforschung" stützt. Zum anderen fragt er danach, in welchem Sinn sich Geschichte in der Sprache ablagert.
In this reflection piece, I look at the feminist artistic landscape emerging in Berlin with its growing, diverse migrant community. I examine the ways in which women* artists challenge the imposed notions of their migrant status in the city and their states of belonging within it. I demonstrate this through two feminist initiatives I have been involved in that aim to amplify the voices of women* artists whose creative practices disrupt carefully constructed frameworks relating to borders of inclusion and exclusion. I argue that the artistic practices of women* in these networks are killjoy because they unapologetically get in the way, dismantling carefully constructed frameworks that delineate borders of inclusion and exclusion. By reflecting on homemaking practices in exile, I exemplify how feminisms from the global south decentralize claims to truth by taking the means of production into their own hands. By framing the chapter around the recent protests in Berlin unfolding in solidarity with the feminist revolution in Iran, I reveal the possible limits of such actions when they do not embrace intersectionality. Ultimately, I propose to invest in feminist artistic practices that destabilize exclusionary politics by creating visibility and bridging theory and practice.
Gibt es überhaupt einen Filmkanon? Der Filmkanon scheint deutlich weniger fixiert zu sein als der klassische Kernkanon der Literatur. Begründungsmöglichkeiten hierfür sind im Bereich der Diskussionen um den Film als Kunst zu sehen, begründet u. a. mit der Herkunft vom Varieté. Zugleich fungiert(e) die Literatur in stärkerem Maße als Identifikationsraum des Bürgertums. Hinzu kommt die Internationalität des Filmmarktes, mit der eine geringere Bindung an Nationalkanones einhergeht, eine nochmal erheblich größere Masse an Filmen sowie deren stärkere Diversität. Und schließlich scheint das Auteur-Konzept für den Film von prononcierter Bedeutung im Vergleich zu Werkkanones.
İkinci Dünya Savaşı süresince maddi ve nesnel olarak büyük kayıplar ve yıkımlar gerçekleşmiştir. Edebiyat alanında da bu savaşın, insan dünyası üzerinde yıkıcı etkisi konu edilmiştir. Makalenin amacı, dönemin etkilerinin Türk ve Alman edebiyatçıları tarafından benzer imgeler üzerinden nasıl yorumlandığını karşılaştırmalı edebiyat bilimi düzleminde incelemektir. Bu bağlamda Wolfgang Borchert, Attila İlhan ve Nazım Hikmet'in metinlerinde "duvar" imgesinin kullanımları üzerinden savaşın ve dönemin etkileri konusundaki yaklaşımları incelenmiştir. Wolfgang Borchert'in öyküsünde ve Attila İlhan'ın şiirinde "duvar"ın, "toplumsal vicdan"ı temsil eden bir imge olarak kullanıldığı ve kişileştirme yoluyla karakter olarak işlendiği sonucuna varılmıştır. Nazım Hikmet'in şiirinde ise; "ideolojik" bir temsil üstlendiği görülmüştür.
Metabolism has long served as a broad organizing concept in Russian and Soviet culture for the exchange of material and energy between organisms and their environment. The Russian term 'obmen veshchestv', literally meaning "exchange of substances", semantically ranges beyond the Latinate 'metabolizm' (metabolism) and provides a framework for reflecting on bodies and material objects as open systems engaged in a constant process of transformation. 'Obmen veshchestv' appears in public discourse in mid-19th century Russia as a calque from the German term 'Stoffwechsel' (or 'Wechsel der Materie'). Its usage in Russia reflects the enduring influence of German science. In this entry, I will explore the development and expansion of this concept of material and energy exchange between organisms and their environment in Russia and the Soviet Union. In the course of a century, metabolism migrated from discussions of plant nutrition into physiology, thermodynamics, and ultimately into the Soviet practice of state economic planning. This entry will therefore pay particular attention to the early Soviet period when existing debates on metabolism took on new urgency as tools for praxis on every scale, from the body of the individual worker to humanity's future collective management of planetary material and energy flows.
This article presents new directions of literary and media memory studies. It distinguishes between (1) the study of "traumatic pasts", i.e. representations of war and violence in literature and other media, (2) diachronic and intermedial approaches to "literary afterlives" and (3) recent insights into the inherent transculturality of memory and their consequences for literary and media studies. Keywords: cultural memory studies, literature and memory, media and memory, transcultural memory
Im Zusammenhang mit den Tendenzen zum Autobiographischen in der Gegenwartsliteratur, die seit einiger Zeit unter dem Label der Autofiktion bekannt sind, wird häufig der Name der französischen Autorin Annie Ernaux genannt. Allerdings hat der Tagebucheintrag in ihrem Werk eine besondere Funktion, dient er doch der nachzeitigen Stabilisierung ihrer anderen Texte. Sie selbst bezeichnet ihre Texte, die autobiographische Erlebnisse im Kontext der sie bestimmenden sozialen Strukturen erzählen, auch nicht als Autofiktionen, sondern als "Autosoziobiographien", die sich ihrem Gegenstand nur im Rückblick annähern können.
Die Arbeitsbedingungen und fachlichen Strukturen der Germanistiken jenseits von Deutschland, Österreich und der Schweiz sind anders - diese verschiedenen Voraussetzungen bringen sowohl andere Probleme als auch andere Potenziale mit sich. Mein Beitrag soll daher sowohl die Debatte über die digitale Lehre in der Germanistik in den DACH-Ländern um eine belgische sowie niederländische Außenperspektive befruchten als auch den Austausch mit anderen Germanistiken ermöglichen, die unter ähnlichen Bedingungen arbeiten. Vor diesen Hintergründen möchte der Beitrag zunächst darstellen, 1) wie sich die germanistische Lehre an der Universiteit van Amsterdam bereits vor der Covid-19-Pandemie gestaltete und inwiefern asynchrone und digitale Verfahren dabei eine wichtige Rolle spielten, sowie 2), welche positiven wie auch problematischen Effekte die spontan notwendige Umstellung vom Campus- auf den Online-Unterricht im März 2020 an der Universiteit Antwerpen mit sich brachte. Schließlich sollen daraus 3) Empfehlungen zu einem Blended Learning in der germanistischen Lehre nach der Covid-19-Pandemie sowie 4) Implikationen für die Bildungspolitik und für die Germanistik abgeleitet werden.
Zentrale Voraussetzung einer differenzierten Bewertung der germanistischen Online-Lehre wäre, zunächst die Rolle der Germanistik in der digitalen Gesellschaft sowie den Wert digitaler Bildung zu bestimmen. Dazu wiederum wäre es wichtig, das Wissen, die Methoden, die Begriffe und Fragestellungen der Germanistik in ein Verhältnis zu den Potenzialen und Problemen der digitalen Gesellschaft zu setzen. Zwar adressieren Arbeitsgruppen in den Fachverbänden diese Aufgabe, die germanistischen Teildisziplinen gehen damit aber unterschiedlich um. Als Teildisziplin hat somit auch eine medienkulturwissenschaftlich ausgerichtete (Gegenwarts-)Literaturwissenschaft die Pflicht, nach den Folgen des Medienwandels und der vernetzten Kommunikation im World Wide Web für die Literatur, ihren Betrieb und für die literaturwissenschaftliche Forschung und Lehre zu fragen. Auf einer Konferenz zum Thema "Während und nach Corona: Digitale Lehre in der Germanistik" erscheinen vor diesem Hintergrund zwei Fragen besonders relevant: 1. Welche digitalen Standards und Erkenntnisse müsste die Germanistik etablieren, um gelungene Lehre in der digitalen Kultur überhaupt bewerten zu können? 2. Wie wäre ein Teilbereich der germanistischen Literaturwissenschaft als Netzliteraturwissenschaft zu konzipieren, der das notwendige Wissen über die vernetzte Kommunikation in der digitalen Gesellschaft bereithält und zur Etablierung von Standards des digitalen germanistischen Lernens beitragen könnte?
Im vorliegenden Beitrag soll der Film "Zvizdan"/"Mittagssonne" aus dem Jahr 2015 des kroatischen Regisseurs Dalibor Matanić vorgestellt werden. Der in Deutschland bekannteste Film Matanićs ist vermutlich der Film "Fine mrtve djevojke"/"Schöne tote Mädchen" (Matanićs zweiter Film aus dem Jahr 2002). Bei "Fine mrtve djevojke" handelt es sich um einen sog. 'Independent'-Film, mit dem dieser im Jahr 1975 in Zagreb geborene Regisseur die Homosexualität in einer sehr provinziellen, kleinbürgerlichen Umgebung Zagrebs behandelte. Mit diesem Film gewann Matanić auf dem Filmfestival in Pula im Sommer 2002 alle drei Hauptpreise - den der Jury, den des Publikums und den der Kritik. Mit seinem Film "Zvizdan" gewann der Regisseur 2015 in Cannes den Ersten Preis in der Kategorie "Un certain regard". Aber auch mit anderen seiner Filme positioniert sich der durchaus kontroverse Regisseur in die erste Liga der kroatischen Filmemacher und schreibt an einer Geschichte des europäischen filmischen Realismus mit. Das ausgewählte Film-Beispiel des gefeierten Regisseurs wird im Folgenden im Hinblick auf seinen Realismusgehalt analysiert.
Die Bewegung aus dem Stillstand ist für die Kunst seit Sandro Botticelli (1445-1510) signifikant. Ein berühmtes Beispiel ist das Gemälde 'Nascita di Venere'/'Geburt der Venus' (1486). Aus der Haardarstellung der Venus - den Wendungen, Knoten, Flammen und Schlangen der Haare, die sich dynamisch mal in die eine, mal in die andere Richtung bewegen - spricht offensichtlich eine Animalisierung, aber auch eine Erotisierung der Haarbewegung, die zu einer Belebung des visuellen Ausdrucks führt. Aus der Polarität von Spannung und Ruhe schöpfen die Gemäldefiguren die Intensität ihrer Gebärdensprache. Auch der deutsche Kunsthistoriker Aby Warburg (1866-1929) fühlt sich in seiner Dissertation über Sandro Botticellis 'Geburt der Venus' und 'Frühling' (1893) durch das Gemälde Botticellis mehr vom Fließen und Wehen als vom Statischen und Nackten animiert und kristallisiert so die Theorie der von 'kinesis' und 'stasis' zeugenden Pathosformel heraus, wie im Folgenden erläutert wird. Einen Vorschlag dazu, wie diese Theorie auf die künstlerischen Produkte, namentlich Photographien des 20. Jahrhunderts angewandt werden kann, ist das Hauptanliegen dieses Aufsatzes.
Was mit der Reformation in die Krise gerät, ist nicht nur die kirchenpolitische Einheitsfiktion des unum corpus mysticum. In die Krise gerät ebenso das Evidenzparadigma einer politischen Theologie, die seit dem Investiturstreit untrennbar mit der sakramentalen Präsenz, der sakramentalen Verkörperung des corpus Christi verum verbunden war. Wenn im England James I., im Übergang von der feudalen Monarchie zum neuzeitlichen Absolutismus, die Figuren des Gottesgnadentums und der translatio imperii zu politischen Leitgedanken werden, dann artikuliert sich darin der vehemente Anspruch der Besetzung einer Position, auf deren weitgehendem Verzicht zwischen dem 12. und 16. Jahrhundert die wie auch immer prekäre Balance zwischen kirchlicher und weltlicher Gewalt beruht hatte. Die Aufkündigung der Konditionen dieses Kompromisses nicht nur auf der Ebene untergeordneter Territorialgewalten, sondern mit der Reklamation der Autonomie der anglikanischen Kirche erstmals auf dem Niveau einer europäischen Großmacht, begründete für nahezu ein Jahrhundert ein Szenario der politischen Apokalypse.
Im Jahr 1662 erschien in Paris anonym ein Werk, das seinen der Öffentlichkeit bislang eher als streitbare Theologen bekannten Autoren – den Jansenisten Antoine Arnauld und Pierre Nicole – den Weg in den zeitlosen Ideenhimmel der Philosophiegeschichte eröffnen sollte: La Logique ou l'art de penser. In zahlreichen Auflagen und Übersetzungen verbreitet, avancierte die Logik von Port-Royal rasch zu einem bis weit ins 19. Jahrhundert hinein kanonischen Standardwerk, das, wie seine Autoren versprachen, bei aufmerksamem Studium selbst dem unerfahrensten Schüler in nur fünf Tagen die Grundlagen der Begriffsbildung, des Urteilens und Schließens vermitteln können sollte. Zumeist wohl muss ein Text erst seinem Gebrauch entzogen worden sein, um als historisches Dokument lesbar zu werden. So galt das unter den Vorzeichen des linguistic turn der ausgehenden Moderne wiederkehrende Interesse an der Logik von Port-Royal kaum der eigentlichen Logik, umso mehr aber den begleitenden linguistischen Definitionen und Analysen. Es galt, genauer, dem Status der Repräsentation in einer erklärtermaßen auf den Grundlagen der cartesischen Epistemologie begründeten Analyse der Sprache, deren zentrale Unterscheidungen – die Unterscheidung von Idee und Repräsentation, von logischer und grammatischer Ordnung des Wissens – gleichsam zwanglos auf die linguistischen Logiken Gottlob Freges und Ludwig Wittgensteins vorauszuweisen scheinen. In dieser Tradition hat Noam Chomsky in seinem Cartesian Linguistics die Logik von Port-Royal – im Verbund mit der wenig zuvor erschienenen Grammaire générale et raisonné (1660) – geradezu als Antizipation einer generativen Grammatik lesen können [...].
Dass die Konfessionalisierung zumindest philosophiegeschichtlicher Feinunterscheidungen das 19. Jahrhundert um einiges überdauerte, lässt sich an einem sehr zentralen Beispiel illustrieren: Außerhalb des katholischen Einzugsbereichs haben die cartesischen Hypothesen zur eucharistischen Substanzverwandlung kaum eingehendere Beachtung gefunden. Dass Descartes in der zweifellos strategischen Widmung seiner Meditationen an die Theologen der Sorbonne die Überzeugung kundtut, mit dieser Schrift die Beweise für die Existenz Gottes und der unkörperlichen Seele "bis zu der Klarheit gebracht [zu haben], zu der, wie ich überzeugt bin, sie sich bringen lassen, d. h. dahin, daß sie als durchaus zwingende Beweise angesehen werden müssen", lässt sich zwar leicht den Erfolgsschemata einer (protestantisch) aufgeklärten Philosophiegeschichtsschreibung zuordnen. Weniger schon, dass Descartes die Auffassung der Theologiekonformität seiner Physik in den nachfolgenden Debatten mit bekannten Theologen (unter ihnen der in der Folge gleichsam zum Cartesianismus bekehrte Antoine Arnauld) zur Behauptung zuspitzte, dass sich seine physikalische Theorie problemlos mit dem Dogma der Transsubstantiation vereinbaren lasse – ja dass sogar erst auf ihrer Basis eine befriedigende naturwissenschaftliche Erklärungshypothese für das Mysterium der Präsenz des Körpers Christi sub specie panis et vini formulierbar werde [...].
Dieser Band führt das Modell der 'Sakramentalen Repräsentation' ein als Werkzeug zur Beschreibung und Untersuchung frühneuzeitlicher Phänomene der Übertragung von sakramentalen Geltungs- und Bedeutungsmustern auf allgemeine kulturelle Phänomene. 'Sakramentale Repräsentation' meint dabei weder die Repräsentation sakramentaler Rituale oder Gegenstände, noch impliziert sie eine bestimmte Definition des Sakraments, etwa in Absetzung von 'sakramentaler Präsenz'. Vielmehr fragen wir, wie in Repräsentationen, Bedeutungsstiftungen und Deutungen der Vormoderne sakramentale Muster herangezogen werden, um einer Sache Geltung, Legitimation, Durchsetzungskraft oder auch so etwas wie poetische oder bildliche Wirksamkeit zu verschaffen.
In Turkey currently there are about 20 Translation Studies departments with over 4000 students in six different languages. All these departments generally include a final project in their curriculum in the last two semesters, where the students have to prove their translation competence. In the literature and at the web sites of the Translation Studies departments in Turkey and abroad there is very little teaching material about these final projects while these projects are invaluable for the prospective translators. Therefore these projects have to be arranged as very functional, effective and representative of the translation reality. While the connection to the real translation market is assured, the students have to demonstrate their translation competence. Thus all Translation Studies departments have to consider these conditions and to organize this course under the real conditions of translation market and taking into consideration translation theory as well.
Jargon
(2018)
Jargon ist nicht nur ein Wort aus der Fremde, sondern auch seiner Bedeutung nach mit dem Andersartigen und zugleich Vertrauten, dem Nicht-Identischen, teils Unübersetzbaren und nur Halbbekannten von Sprache(n) verbündet. Anders als Fremdwörter, deren Verständnis Bildung voraussetzt, wurden Jargons über lange Zeit hinweg marginalisierten gesellschaftlichen Gruppen, sogenannten 'Gaunern' und 'Vagabunden', zugeschrieben, wobei sie sich häufig auf Gegenstände des alltäglichen Lebens bezogen.
Körper und ihre Sinneswahrnehmung gehören zu den Voraussetzungen von Literatur und, Philosophie; die Bestimmung ihrer Funktion zählt zugleich zu einer der schwierigsten und umstrittensten Aufgaben dieser Künste und Disziplinen. Der Komplex um das Berühren, zu dem Haptik, Taktilität und Gefühl, Motorik, Sensorik und Affektivität gleichermaßen gehören, ist in der Körper- und Sinnesgeschichte notorisch von Vernachlässigung bedroht, hat in den Kultur- und Medienwissenschaften aber zuletzt neue Aufmerksamkeit erfahren. Philologische Ansätze befinden sich derzeit noch am Rand dieser Debatten, obwohl ihre Begriffe und Verfahren sogar als besonders 'berührungsaffin' gelten können. Genaue philologische Lektüren bieten die Möglichkeit, das je singuläre Verhältnis von Affektion und Sinnlichkeit und die Bedeutung des Tastsinns im Zusammenspiel mit anderen Sinnen zu erfassen. Philologische Verfahren können das metaphorische Potenzial des Berührens ebenso ausloten wie sein Verhältnis zum 'Realen'. Die Beiträge dieses Bandes zur europäischen Literatur, aber auch zur Philosophie von der Antike bis ins späte 20. Jahrhundert untersuchen das Berühren als relationale Figur, in der poetische Gestaltung und Materialität, Bildlichkeit und Buchstäblichkeit, Begreifen und Ergreifen, Anschauung und Affizierung in Beziehung treten. Im Zentrum stehen Fragen nach dem Verhältnis von Gemeinschaft und Individualität, von Literatur und Philosophie sowie nach der Funktion von Ansteckungs- und Distanzierungsverfahren in diesen Zusammenhängen. Dabei geraten gerade auch Wahrnehmungsräume in den Blick, die zumeist unter dem Primat des Visuellen verhandelt wurden. In Re- und Gegenlektüren schlagen die Beiträge eine Ausweitung der Sinnesbezüge vor.
Berühren Denken : Vorwort
(2021)
'Theorie' geht etymologisch auf 'Anschauen' zurück. Der Theoretiker gilt gemeinhin als distanzierter Zuschauer. Diese distanzierte Position wird hier hinterfragt. Die Beiträge stützen sich dabei auf eine theoretische Tradition, die sich am Tastsinn als Korrektiv des Sehsinns orientiert. Taktilen Erfahrungsdimensionen wie dem Berühren wird schon lange eine idealisierte 'unmittelbare Wahrnehmung' jenseits von begrifflicher Abstraktion zugeschrieben. Die Autorinnen und Autoren beleuchten dagegen die komplizierte Verwandtschaft von Berühren und Denken und die begrifflichen Verwicklungen und Potenziale des Berührens. Es werden nicht nur unterschiedliche Konzepte von Berührung in Philosophie und Kunst betrachtet, sondern auch theoretische Denk- und Schreibformen erkundet, die selbst 'Berührungen' mit sich bringen.
Im Folgenden werden zunächst die verschiedenen Weisen erforscht, in denen Prophetie und Prognose sich mit der Zukunft und mit der entsprechenden Unsicherheit auseinandersetzen, um sie dann auf die Formen der Beobachtung erster bzw. zweiter Ordnung zurückzuführen. Die Divination realisiert, wie dann gezeigt wird, eine Beobachtung erster Ordnung, die ein doppeltes Verhältnis zu den Objekten artikuliert, indem sie eine tiefere Ebene unterhalb der Oberfläche der Dinge liest. So produziert sie eine unendlich bedeutsame Welt, die mit bestimmten Techniken entziffert werden muss. Die divinatorische Technik geht vom Bewusstsein ihrer Grenzen und der Möglichkeit von Fehlern aus, was aber gerade dazu führt, dass Prophezeiungen unabhängig vom faktischen Verlauf der Dinge immer bestätigt werden können. Demgegenüber lokalisiert die Prognose die Unsicherheit innerhalb der Welt, die sie von außen beobachtet – in einer Beobachtung zweiter Ordnung – und mit Planung und Wissen zu kontrollieren versucht. Das Ergebnis (charakteristisch für die heutige Informationsgesellschaft) ist die Unfähigkeit, der Zirkularität der Vorhersage und ihren Folgen für die zu antizipierende Welt angemessen Rechnung zu tragen; so werden Vorhersagen produziert, die dazu tendieren, sich selbst zu sabotieren, wie abschließend dargestellt wird. Die Argumentation zielt darauf, die Verbindungen zwischen Prognose und Prophetie zu berücksichtigen. Die Erkenntnis des Umstandes, dass eine einmal formulierte Prognose als Prophetie wirkt, könnte zur besseren Kontrolle des Nicht-Wissens führen – und somit zur genaueren Reflexion darüber, wie wirksam oder wirkungslos unsere Vorbereitungen für die Zukunft sind.
Handkes Zeichnungen erschienen 2019 bei Schirmer/Mosel. Der Band versammelt 104 grafische Blätter aus seinen Notizbüchern (die Faksimiles aus dem Novum Testamentum Graece eingerechnet, sind es 106 Farbtafeln); die Mehrzahl der Zeichnungen war bereits in "Vor der Baumschattenwand nachts" (2016) enthalten. Diese bislang letzte publizierte Sammlung mit einer Auswahl an Notaten trägt den Untertitel "Zeichen und Anflüge von der Peripherie 2007–2015". Handke kam dem Vorschlag des Galeristen Klaus Gerrit Friese nach, seine grafisch festgehaltenen "Zeichen und Anflüge" in dessen Berliner Galerie zu zeigen und entnahm seinen Notizbüchern die unverkäuflichen Blätter. Nachdem sie 2017 in Berlin zu sehen waren, sind sie inzwischen möglicherweise in den Bestand des Deutschen Literaturarchivs Marbach übergegangen, das im selben Jahr 154 der hemdtaschengroßen Journale angekauft hat. Als Katalog zur Ausstellung ist 2019 der schön gestaltete Zeichnungen-Band mit einem Essay des italienischen Philosophen Giorgio Agamben verlegt worden.
Although Alexander von Humboldt is well known for his major impact on the development of new scientific knowledge and the rise of disciplines such as Geography and Ecology, his critical reflections on languages from a scientific point of view, as well as from an aesthetic perspective, still receive little attention. New research has shown that von Humboldt's writings on the languages of indigenous people may well be considered the beginning of anthropological-comparative linguistics. This article outlines the significance of von Humboldt's aesthetics of language in his own scientific texts. He explores the different dimensions of sound landscapes, combinating scientific description in prose and the sound of the indigenous terms. By this strategy, he connects different forms of "text islands" ('Textinseln') in order to create an intratextual web of knowledge archipelagos based on his concept of a science which refers to the senses ('sinnliche Wissenschaft'). The polyphonic structure of his writing opens up a collage of natural musical arrangements of animal and human sounds, fused into a common language of life forms bound together by the "phonotextual" soundscape of his writing skills. By merging epistemic and aesthetic forms, he creates a symphony of life between art, science, and nature.
Ausgehend von zwei Punkten - die Gefühle als zentraler Inhalt dieser Werke und ihre spezifische aus dem Sujet hervorgehende Form - lassen sich Gemeinsamkeiten zwischen Ovid und Kluge beobachten, die die Substanz dieser Werke betreffen. Das bedeutet, wenn wir zunächst bei der Form bleiben, dass Ovids Werk keine Ganzheit ist, jedenfalls keine Ganzheit im traditionellen Sinn, und das bedeutet umgekehrt, dass Kluges Werk die 'disiecta membra' eines Ganzen entwirft, auf das es sich virtuell zubewegt. Die These ist, dass Kluges und Ovids Werk von derselben Formidee getragen ist und dass diese sich dieser Formidee lediglich von zwei verschiedenen Seiten nähern, Kluge von der Seite der modernen Kleinstform des Fragments, Ovid von der Seite der antiken Großform des Epos.
Konstruierte urbane Räume : zur unheim(e)lichen Interaktion und Interdependenz von Emotion und Beton
(2011)
Sandra Evans konzentriert sich in ihren Ausführungen auf sogenannte 'gated communities' und fragt, warum Menschen sich in selbstverwaltete Wohnkomplexe mit schützenden Mauern und Überwachungstechnologien zurückziehen. Um die in diesem Kontext häufig genannten Ursachen - Gefühle des Bedrohtseins, der Furcht und der Angst - genauer beleuchten zu können, rekurriert sie auf das Unheimliche in seiner sozio-politischen Dimension. Vor diesem Hintergrund kann sie erklären, dass das Vertraute - unabhängig etwa von der tatsächlichen Kriminalitätsrate - nicht selten mit Sicherheit in eins gesetzt wird, während das Unvertraute oder Unbekannte als unheimliche Bedrohung empfunden wird. Anstatt sich aber mit den eigentlichen Faktoren der Angst auseinanderzusetzen, verfallen Bewohner von 'gated communities' selbsttäuschenden Vermeidungstaktiken.
Oberfläche. Projektvorstellung: AES [Lev Evzoviè, Evgenij Svjackij] – Körperoberfläche; Dimitrij Gutov – Tabula Rasa; Die Textur der Hautoberfläche – Der Abstand zum Sichtbaren; Die Oberfläche als weiße Leinwand. – Die Lüge des Künstlers; Valerij Podoroga: Kommentar ( Januar–Februar 1996); Oberfläche. Abschließende Diskussion – Vorbei reden.
Die 2004 verstorbene euro-amerikanische, ihrer ostjüdischen Herkunft stets bewußte Schriftstellerin, Film- und Theaterregisseurin Susan Sontag galt seit ihrem Engagement gegen den Vietnamkrieg - obwohl "woman of letters" par excellence - als "Amerikas öffentliches Gewissen". Just im Essay Dreißig Jahre später…, der ihre grundlegende und bahnbrechende Neue Ästhetik 'Against interpretation' von 1964 bzw. 1968 reflektiert, bekennt sie selbst: "Ich war eine streitbare Ästhetin und eine kaum verhohlene Moralistin. Zwar verlegte ich mich nicht gerade auf das Verfassen von Manifesten, doch meine ununterdrückbare Vorliebe für aphoristische Aussagen konspirierte mit meinen unerschrocken kämpferischen Absichten."
Sontags so moralische wie ästhetische Leidenschaftlichkeit war von derselben Weite wie die ihres älteren Mitstreiters Paul Goodman und von gleichfalls höchstem Anspruch. Ich möchte ihr jenen "ungewöhnlichen moralischen und ästhetischen Takt" zusprechen, den sie den Regisseuren von Rolf Hochhuths Stellvertreter abverlangte. Statt Takt kann auch von umfassendem Geschmack geredet werden, wobei ich mich auf folgende Passage ihres anderen avantgardistischen Essays der frühen Jahre, Anmerkungen zu "Camp", beziehe: "[...] der Geschmack regiert jede freie menschliche Reaktion - im Gegensatz zur rein mechanischen. Nichts hat eine größere Prägekraft. Es gibt einen Geschmack in der Beurteilung von Menschen, einen visuellen Geschmack, einen Geschmack in Dingen des Gefühls - und es gibt einen Geschmack, der sich im Handeln bekundet, einen Geschmack auf moralischem Gebiet. Ebenso ist Intelligenz im Grunde eine Art des Geschmacks: Geschmack im Bereich des Denkens."
Der deutsch-französische Literatur- und Kulturwissenschaftler Robert Minder (1902-1980) ist heute nicht mehr so präsent, wie er es in den sechziger und siebziger Jahren war, weit über den akademischen Rahmen hinaus. Was diesen angeht, beweist seine außerordentliche Wertschätzung - speziell innerhalb der deutschsprachigen Germanistik - die anläßlich seines 70. Geburtstags erschienene Festschrift 'Wie, warum und zu welchem Ende wurde ich Literaturhistoriker? Eine Sammlung von Aufsätzen aus Anlass des 70. Geburtstags von Robert Minder, herausgegeben von Siegfried Unseld (Frankfurt/Main 1972)'. - Aus Anlaß seines 100. Geburtstags, den Minder im Jahre 2002 hätte feiern können, organisierten Albrecht Betz (Aachen) und ich in Zusammenarbeit mit dem Berliner Centre Marc Bloch und dem Deutschen Literaturarchiv Marbach in Schillers Geburtsort eine Tagung über Minder, deren Vorträge den Grundstock für den umfangreichen Sammelband 'Kultur, Literatur und Wissenschaft in Deutschland und Frankreich' (Würzburg 2004) abgeben. In den 'Weimarer Beiträgen' soll über diesen Band - speziell meinen dortigen Aufsatz 'Wie, warum und zu welchem Ende war Robert Minder Literatursoziologe?' - hinaus der Literaturethnologe und Regionalforscher Minder thematisiert werden.
Wie nähert man sich einem Text, der so ist wie die "Bücher …, deren Prosa man verfolgen mußte wie ein Wildpfad, der über Wolfsgruben führt" (Jünger 1988:105), wie es Ernst Jünger so kryptisch in seinem Text 'Die Vexierbilder' beschrieben hat? Einem hybriden Text, den man nicht eindeutig einer Textsorte zuschreiben kann? Mit einer Methode, die ihrerseits genauso hybrid ist; eine Kombination aus kognitionswissenschaftlichem, filmtheoretischem und philosophischem Zugang. Am Beispiel von 'Blaue Nattern', einer Figur (wie Jünger sie nennt) aus dem textsortenmäßig genauso schwer klassifizierbarem Buch 'Das abenteuerliche Herz', wird diese kombinierte Methode zum Zweck der Erschließung des Textsinns eingesetzt, der modernen Stiltheorien entsprechend im Textstil enkodiert ist und darüber hinaus auf die dem Text zugrundeliegende Denkweise schließen lässt.
A seguir, procuraremos identificar na obra "Die Lehrlinge zu Saïs", de Novalis, um dos autores mais significativos do assim chamado Primeiro Romantismo Alemão, os pressupostos de uma teoria da linguagem que se sustenta no Idealismo Alemão. O problema se delineia à medida que, para Novalis, contemporâneo do estabelecimento das bases da lingüística moderna, e, ele próprio, estudioso de filologia, observar-se-ia no fenômeno da linguagem uma possível relação entre espírito e mundo, o que, por sua vez, se opõe ao conceito hoje clássico da arbitrariedade do signo. Considerada pela crítica como um fragmento de romance, a narrativa de Novalis em questão apresenta um elenco bastante rico no que se refere aos pressupostos de uma possível teoria da linguagem de caráter simbólico-poético e messiânico. Assim sendo, a abordagem a "Os Discípulos em Saïs" terá como perspectiva a possível identificação, no texto literário, de características desta filosofia ou teoria romântica da linguagem.
Bakhtin argues that each literary genre codifies a particular world-view which is defined, in part, by its chronotope. That is, the spatial and temporal configurations of each genre determine in large part the kinds of action a fictional character may undertake in that given world (without being iconoclastic, a realist hero cannot slay mythical beasts, and a questing knight cannot philosophize over drinks in a café). Recent extensions of Bakhtin’s theory have sought to define the chronotopes of new and emergent genres such as the road movie, the graphic novel, and hypertext fiction. Others have challenged Bakhtin’s characterization of certain chronotopes, such as those of epic and lyric poetry, arguing that these genres (and their chronotopes) are far more dynamic and dialogic than Bakhtin’s analysis seems at first glance to allow. Rather than taking issue with Bakhtin’s characterization of particular genres here, however, I wish to argue that we should pay closer attention to the heterochrony, or interplay of different chronotopes, in individual texts and their genres. As Bakhtin’s own essay demonstrates, what makes any literary chronotope dynamic is its conflict and interplay with alternative chronotopes and world-views. Heterochrony (raznovremennost) is the spatiotemporal equivalent of linguistic heteroglossia, and if we examine any of Bakhtin’s readings of particular chronotopes closely enough, we will find evidence of heterochronic conflict. This clash of spatiotemporal configurations within a text, or family of texts, provides the ground for the dialogic inter-illumination of opposing world-views.
Als Kunst- und Bildhistorikerin fasse ich 'Synergie' als Metapher auf, als Denkfigur und Modus der Welterklärung. Die Parallelen zur Architekturmetaphorik der Kugel, vor allem seit Étienne-Louis Boullées Entwurf für ein Newton-Kenotaph (1784), liegen auf der Hand: Auch das Bild dieser Bauform impliziert eine Welterklärung, nämlich die eines mathematisch darstellbaren Kosmos.
Noch bevor Begriffe wie Immanenz, Realität oder Unmittelbarkeit zu gängigen Gegenständen der Ästhetik werden konnten, entwickelt Weiße ein System, in dem er der Realität und dem Hässlichen einen Platz einräumt. So stellt sein Werk ein Zeugnis der Anfänge dieser Entwicklung dar, die bereits wenige Jahre später fester Bestandteil der Ästhetiken wurde. Dies blieb jedoch nicht ohne Folgen für die Rezeption seines eigenen Werkes, in der nur selten Weißes eigene Argumentation eine Rolle spielte, der Fokus vielmehr auf die Ergebnisse gerichtet war, die bei den Nachfolgern in der Regel konsequenter und stringenter ausgeführt worden waren. Nichtsdestotrotz stellt gerade dieses frühe umfassende Werk Weißes ein interessantes Dokument des Beginns eines Paradigmenwechsels im Nachdenken über das Schöne im Vormärz dar, dessen Tragweite sich bei Erscheinen von Weißes Abhandlung noch nicht abzeichnete. Der folgende Beitrag möchte diese initialen Weichenstellungen in ihrer Bedeutung für die Entwicklung der Ästhetik beleuchten, wobei besonderes Augenmerk auf dem Moment der Gleichzeitigkeit liegen soll, die das Potential des Neuen, bisher so noch nicht Gedachten, mit den Denkweisen der Goethezeit versöhnen soll. Und nicht zuletzt könnte die Betrachtung dieses frühen Entwicklungsstadiums auf dem Weg zu einer modernen Ästhetik auch Aufschluss geben über das Verhältnis der beiden konträren literarischen Tendenzen des politischen und des restaurativen Schreibens in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
In recent years, the notion of infrastructure has enjoyed growing scholarly attention; infrastructure being precisely that which allows for the kind of interfacing between local and global scales the term 'glocalization' resists on. In order to connect this discourse to the studies of language and literature, this article revisits Jacques Lacan's paper "Of Structure as an Inmixing Prerequisite to Any Subject Whatever". Rather than taking Lacan's notorious claim that "the best image to sum up the unconscious is Baltimore in the early morning" as the absurdity it may seem at first glance, the article proposes to read the claim seriously. Taking the scenic route through the extensive work on the Baltimore region undertaken in urban studies since the 1950s, the article outlines how Lacan's connection of the unconscious to a Baltimore street scene is actually closely tied to the interest in the notion of 'structure' at the core of his paper: Since Jean Gottmann's groundbreaking work on the topic, the extended Baltimore region - the 'Northeastern Megalopolis' - has continued to exert a twofold fascination over urban geography: not only does it represent a cultural and economic center of global importance, but also a type of structure characterized by change and accident rather than by unity and planning. 'Structured', in this context, must adopt a new meaning, which, in turn, sheds a new light on Lacan's famous claim in the same paper that the unconscious is "structured like a language". Lacan's seemingly offhand remark, thus, serves as an entrance into a possible configuration of language, literature, and infrastructure.