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Verbreitung und Ökologie von Nasturtium x sterile (Airy Shaw) Oef. (Brassicaceae) in Mitteleuropa
(1997)
Anhand der Ergebnisse von Chromosomenzählungen wird die Verbreitung der Nasturtium- Taxa (Brassicaceae) in Mitteleuropa diskutiert. Nasturtium officina/e R. Br. (2n = 32) und Nasturtium microphyllum (Boenn.) Rchb. (2n = 64) sind primär geographisch isoliert, wobei N. officinale seinen Verbreitungsschwerpunkt im südlichen Mitteleuropa hat, während N. microphyllum im nördlichen Mitteleuropa vorkommt. Die natürlichen Areale der Taxa sind durch den ehemaligen Anbau von Nasturtium als Salatpflanze (Brunnenkresse) überlagert. Die hybridogene Nesturtium x sterile (Airy Shaw) Oef. (2n = 48) ist in Mitteleuropa wesentlich weiter verbreitet als bislang angenommen. Die Ergebnisse von Vegetationsaufnahmen und Untersuchungen zum Diasporen-Potential in N. x sterile-Habitaten werden vorgestellt. N. x sterile besiedelt im südwestlichen Niedersachsen vorwiegend regelmäßig ausgeräumte Wiesengräben mit zumindest zeitweise fließendem Wasser. Dieses Taxon verfügt über eine gute vegetative Regenerationsfähigkeit und kann offene Standorte aus dem Diasporen-Potential besiedeln. Eine eventuelle ökologische Differenzierung der Nasturtium- Taxa nach dem Basengehalt des Gewässers wird kritisch diskutiert.
Knautia drymeia ist in ihrer natürlichen Verbreitung in Deutschland auf Sachsen beschränkt und besitzt hier im Elbegebiet im Bereich der Sächsischen Schweiz die nordwestlichsten Vorposten ihres Areals. Im elbenahen Bereich der Sächsischen Schweiz sind über 40 Fundorte aktuell bekannt. Knautia dipsacifolia kommt in Sachsen nicht vor; die in historischen Quellen aus Sachsen angegebenen Funde von K. dipsacifolia beziehen sich auf K. drymeia, Hybriden zwischen dieser und K. arvensis (K. ×speciosa) oder ganzblättrige Formen von K. arvensis. Knautia drymeia konnte als Bestandteil der folgenden Pflanzengesellschaften festgestellt werden: Urtico-Aegopodietum, Arrhenatheretalia-Basalgesellschaft, Lolio-Cynosuretum, Galio-Carpinetum, selten in Kahlschlägen von Hainbuchen-Eichenwäldern, in Mauerritzen und der Carex-acutiformis-Gesellschaft. Gegenüber den Angaben in den einschlägigen deutschen Floren konnte für die Art ein breiteres Standortsspektrum nachgewiesen werden. Bodenuntersuchungen ergeben sehr stark bis schwach saure, stark humose Böden als Standorte der Art. Aufgrund der Standortuntersuchungen, der Berechnung von Zeigerwerten der Vegetationsaufnahmen und der Soziologie werden erstmals ökologische Zeigerwerte für die Art aufgestellt (Lichtzahl: 6; Temperaturzahl: 5; Kontinentalitätszahl: 5; Nährstoffzahl: 6; Reaktionszahl: 6; Feuchtezahl: 5).
[Volker Mertens] betrachtet einen (...) bisher wenig beachteten Einzelfall: die Auflösung höfischer Verslegenden in Prosa in dem umfangreichen und am weitesten verbreiteten Legendar des späten Mittelalters: ‚Der Heiligen Leben’. Die Tatsache, daß eine beträchtliche Anzahl der Legenden in diesem Legendar auf Versfassungen zurückgeht, ist seit langem bekannt. Das Interesse war jedoch meist textkritisch motiviert, so daß die Prosaauffassungen für die Konstitution der Verstexte herangezogen wurden (...). Gut 250 Legenden umfaßt der Grundstock des Legendars, längst nicht alle Quellen sind bekannt. Verfassungen liegen etwa einem Fünftel zugrunde. (...) [Volker Mertens untersucht] an drei Texten (...) (nämlich Ebernands von Erfurt ‚Kaiser und Kaiserin’, Hartmanns ‚Gregorius’ und Reinbots von Durne ‚Heiliger Georg’) zuerst die Art der Adaption (...), [und fragt gleichzeitig], wie sich die spezifische Aussage der hochmittelalterlichen Texte die veränderten Aussagen im Rahmen der Entstehungs- und Existenzbedingungen des spätmittelalterlichen Legendars interpretieren.
Die Cladocerenfauna des eutrophen Feldungelsees nördlich von Osnabrück wurde 1990-1994 untersucht; die Ergebnisse werden mit den Untersuchungen 1963-1968 verglichen. Es wurden jetzt 34 Arten festgestellt; 5 Arten wurden nicht wiedergefunden, 4 Neuzugänge wurden nachgewiesen: Alone/la nana, Pleuroxus aduncus und zwei Daphnia-Arten, die aus Amerika stammenden D. ambigua und D. parvula. Eine auf Grund der negativen Vegetationsentwicklung im Feldungelsee zu vermutende starke Veränderung der Cladocerenfauna ist nicht eingetreten.
Durch die Ästhetisierung und Regulierung der Gewalt im ritterlichen Kampf und insbesondere in seiner literarischen Darstellung spaltet sich der mehrdeutige deutsche Begriff ‘Gewalt’ in zwei seiner lateinischen Entsprechungen: Wofern die Regeln eingehalten werden, ist sie ‘vis’, wofern aber gegen die Regulierung verstoßen wird, ist sie ‘violentia’; Johannes Rothe nennt sie dann im ›Ritterspiegel‹ ‘bose gewalt’ (V. 2677). Nicht vergessen werden darf aber die dritte Komponente der Gewalt, die ebenfalls in diesem schillernden deutschen Wort enthalten ist: ‘potestas’, die auf ‘vis’ aufbaut. Die ‘êre’, die ein Ritter im Kampf erringt, ist mehr als nur ein guter Ruf, sie ist eine gesellschaftliche Anerkennung, die auch Elemente der Macht in sich trägt. Die ‘potestas’ aber des Herrschers stärkt sich, indem sie einige Formen der ‘vis’ anderer zur ‘violentia’ erklärt. Ein herausragendes Beispiel hierfür sind die Landfriedengebote, die insbesondere unter dem Stauferkaiser Friedrich I. häufig ausgesprochen und als Herrschaftsinstrument verwendet wurden. Durch sie sollte die Möglichkeit eines individuellen gewaltsamen Konfliktaustrags in der Fehde unterbunden werden, indem sich beide Parteien der richterlichen Gewalt, der ‘potestas’ des Herrschers, unterwerfen und es dem Richter überlassen wird, mit Gewalt denjenigen, der gegen Regeln des Zusammenlebens verstoßen hat, zu bestrafen. Die ‘peinlichen’, also ernsten körperlichen Strafen, die die hoheitliche Gerichtsbarkeit verhängen kann, sind Ausdruck dieser rechtlich kanalisierten, aber keineswegs abgeschafften Gewalt, auf der die Ordnung beruht.
Im Stil stellt sich die Predigt in die Nachbarschaft der Predigtsammlungen des 12. Jahrhunderts. Der ausgesprochen hypokratische Satzbau findet seine Entsprechung in den längeren Stücken des deutschen Speculum ecclesiae, in denen der Bearbeiter wie in dieser Predigt sich nicht allzu weit vom lateinischen Text entfernte, und in Schönbach III, dem Predigtbuch des Priesers Konrad, der ebenfalls die hypotaktisch gegliederte Periode vorzieht. (...) Im Vergleich zum Priester Konrad wird diese Figur sehr zurückhaltend verwendet, wie überhaupt dieser Text im Vergleich zu der Weitschweifigkeit und Redseligkeit jenes Predigtbuches die lateinische Vorlage nur geringfügig erweitert und rhetorisch verbreitert.
Von den Evidenzen der Kunst
(2008)
Vom Enden der Kunst heute spreche ich unvermeidlich im Anschluss an Dieter Henrich. In seinem Zugriff schlägt das Fragen nach dem Enden von Kunst und Subjektivität in hochreflexiver Weise selbstwiderlegend aus. Henrich bindet die Kunst an das Subjekt. Damit entsteht sie in einer Dynamik zwischen beschränkter, endlicher Suche und der Möglichkeit des Erfahrbarmachens eines kleinen oder, logisch und erfahrungsmäßig, auch unverhältnismäßig großen Abschnitts des unendlichen Unausgeschöpften. Subjektivität bestätigt Henrich als Modus des (endlichen) Lebensvollzugs, der ›in einem Wissen von sich selbst steht‹ und dessen ›Aktionen unter der Voraussetzung eines solchen Wissens von sich‹ organisiert sind. Der Grund des Selbstbewusstseins bleibt jedoch dunkel und das Subjekt somit der Selbstdeutung bedürftig. Als ein Modus der Selbstverständigung mit bestimmten Eigenschaften wird die Kunst verankert.
Der vorliegende Band versammelt eine Anzahl grundlegender Texte der Kulturwissenschaft, die Antwort auf zwei Fragen geben sollen, nämlich erstens: Was ist Kultur? und zweitens: Was ist Kulturwissenschaft? Dabei ist davon auszugehen, daß sich beide Fragen wechselseitig bedingen, mehr noch: daß es Interferenzen zwischen Kulturbegriff und Kulturwissenschaft gibt: […]. Möglicherweise muß man bereits an dieser Stelle Zweifel anmelden, ob die beiden […] Was-ist-Fragen überhaupt sinnvoll sind – implizieren sie doch einen essentialistischen Kulmrbegriff. Sollte man sie nicht ersetzen durch die Fragen: Was macht Kultur? Und: Was macht Kulturwissenschaft? Im folgenden können vermutlich weder die Was-ist-Fragen noch die Was-macht-Fragen befriedigend beantwortet werden; vielmehr möchte ich versuchen, den Raum zwischen diesen beiden Fragestellungen zu erkunden, um zu klären, um welche Art von Raum es sich dabei handelt. Aber auch, um zu klären, was Kulturwissenschaft in diesem, aus diesem »in between space« macht. Wie transformiert sie diesen »Zwischenraum« in einen »Denkraum«?
Waldweib, Wirnt und Wigalois : Die Inklusion von Didaxe und Fiktion im parataktischen Erzählen
(2009)
Die ‘Tugend’ des Erzählers besteht in seiner spezifischen Kunst des Erzählens. Was jedoch die Kunst des Erzählens als ‘Kunst’ ausmacht, ist in mittelalterlicher volkssprachiger Literatur schwer zu fassen. So könnte bereits der Begriff der ‘Kunst’ in die Irre führen, insofern er die pragmatischen Interessen der Unterhaltung oder der Belehrung von anachronistischen Literarizitätskriterien her zurückdrängt. Im Spannungsfeld dieser Überlegungen gehört es zur lange bekannten Crux mittelalterlicher volkssprachiger Literatur, dass eine Dichtungslehre, eine Poetik nicht existiert. Versuche, diese implizit zu erstellen, gibt es gleichwohl. […] Wie schwierig es jedoch nach wie vor ist, poetologische Richtlinien verbindlich vorzustellen, die nicht mit der argumentativen ‘Schwundstufe’ Didaxe o d e r Fiktion – Fiktion verstanden als Sinnvermittlung über ein frei durchkomponiertes Material – argumentieren, zeigt sich letztlich auch daran, dass im Bereich der Lyrik erst jetzt dezidierte Versuche auf breiterer Basis unternommen werden, über die Frage nach Gattungsinterferenzen die Möglichkeit einer impliziten Poetik abzutasten, die Sangspruch und Minnelyrik erfasst, dass die Versuche im Bereich der narrativen Kleinformen zu einer in hohem Maß disparaten Diskussion geführt haben und dass auch im Geltungsbereich des volkssprachigen Romans nicht nur das Ausmaß der Anleihen bei der antiken und mittellateinischen Poetiktradition nach wie vor umstritten ist, sondern auch die implizit entwickelten Ansätze, wie sie Haug vorgestellt hat, historisch stärker zu differenzieren wären. Unter dem Stichwort der ‘Historischen Narratologie’ sind hier weiterführende Arbeiten zu erwarten. Die folgenden Ausführungen verstehen sich als Beitrag in dieser Richtung.
Am 28. September 1993 verstarb das Ehrenmitglied des Naturwissenschaftlichen Vereins Walter Hoffmeister in seinem 70. Lebensjahr. Der Naturwissenschaftliche Verein Osnabrück gedenkt des langjährigen Leiters der Hydrobiologischen Arbeitsgemeinschaft Walter Hoffmeister, der sich in seinem Schaffen und wissenschaftlichen Wirkungskreis um die Gewässerkunde im Osnabrücker Bergland große Verdienste erworben hat.
Die Überlieferung mittelhochdeutscher Lyrik hält für unterschiedliche Fragen unterschiedliche Antworten parat. (...) Ganz konkret gesprochen: Uns fehlt ein Kommentar der Walther-Überlieferung, in dem die Walther-Corpora der Handschriften analysiert, der Bau der Töne kommentiert, die Lieder in ihrer unterschiedlichen Strophenfolge interpretiert und der Wortbestand sowie die Syntax in ihren Differenzen und Wandlungen dargestellt sind. Wenn die Frage nach dem autornahen Text die divergente Überlieferung gewissermaßen auf einen Text fokussiert, dann hält die Frage nach der Überlieferung den Blick auf die Differenzen als historisch belegte Möglichkeiten der Entfaltung eines Textes offen. Beide Fragen müssen im Blick des Faches bleiben, auch wenn sich die Paradigmen verschieben, denn beide Fragen sind, wie gesagt, nicht miteinander zu verrechnen. Das schließt freilich nicht aus, daß in einer zukünftigen Walther-Ausgabe Antworten auf beide Fragen gegeben werden.
Walthers Strophen im sog. „Leopoldston“ (‚Erster Thüringerton’, ‚Zweiter Atzeton’), die sich auf den Minnesänger Reinmar namentlich beziehen (L, 82,24 und 83,1, Ausgabe Cormeau Nr. 55, II, III), bereiten der Forschung nicht geringe Verlegenheit. Entweder man charakterisiert sie (...) als perfide, gehässig, scheinheilig, spricht von Rache und Haß, oder man entschuldigt den vermeintlich aggressiven Ton mit dem Temperament Walthers, hält das Ganze auch für einen Nachruf zu Lebzeiten, der allein den Untergang von Reinmars Kunst beklage. (...) [Volker Mertens] Beitrag unternimmt eine umfassende Kontextualisierung der Strophen in der handschriftlichen Überlieferung, im Zusammenhang des Tons und im Oeuvre beider Sänger als Vorbereitung einer detaillierten Textanalyse. Abschließend wird die Rezeption betrachtet um die zeitgenössischen Verständnismöglichkeiten abzusichern. Dabei (...) [kommt] eine relativ genaue Datierung der Strophen gewissermaßen als Nebenprodukt heraus (...).
Was aus dem Mädchen geworden ist. Kleine Archäologie eines Gelegenheitstextes von Anna Seghers
(1997)
(...)[Jochen Vogt sieht] in der autobiographischen Skizze 'Zwei Denkmäler' von 1965 ein Prosastück von dichterischem Rang, bei aller Kürze von hoher thematischer und struktureller Komplexität, gewissermaßen einen "Gelegenheitstext" - mit allen goetheschen Anklängen des Begriffs; einen Schlüsseltext, der zentrale Seghersche Motive anspricht (oder durch Verschweigen deutlich macht) und deshalb auch als Einladung zur Entdeckung dieser Autorin und zur Lektüre ihres Erzählwerks genutzt werden kann. Diese (...) Einschätzung (...) untermauer[t Jochen Vogt], indem (...) [er] den Text zunächst einem kleinen narratologischen Exerzitium (I) unterzieh[t], um seine Erzählstrategie zu verdeutlichen, sodann einige lebens- und werkgeschichtliche Kontexte (II-V) zu klären such[t], die für die Textkonstitution wichtig sind, und aus diesen Beobachtungen schließlich eine These zur Interpretation (VI) und einige weiterführende Überlegungen (VII) entwickl[t].
In this study the relationship between NLP and Linguistics has been investigated. Korzybski, who is interested in the neurological aspect of language puts forth that an artificial identification has been established due to verb “to be”. The notion he developed because of this connection forms the basic idea of NLP. What Chomsky’s studies contribute to NLP are “surface - deep structure” in Generative Transformational Grammar approach. According to this we express what we utter in daily speech with surface structure, but we make them meaningful with deep structure. NLP has transformed this knowledge into various techniques and practices for a more effective communication and happier life.
Was Humanisten sangen
(2008)
[Volker Mertens geht] der Frage ‚was Humanisten sangen’ an zwei Beispielen nach: Harmann Schedel aus dem 15. Jahrhundert (1440-1514) und der fast genau einhundert Jahre jüngere Felix Platter (1536-1614). Von beider Beziehung zur Musik gibt es indirekte und direkte Zeugnisse – letztere sind das Schedelsche Liederbuch bzw. die Übersetzungen vornehmlich französischer Musiktexte durch Felix Platter. Ich verbinde die heuristische Fragestellung mit einer melodietheoretischen: Wie ist das Verhältnis von Schrifttext und Aufführung in diesen Fällen? (...) Literaturwissenschaftler sind ja, trotz des jüngeren Booms in Fragen von Aufführung und Schrift, eher geneigt, eine relativ große Distanz zwischen diesen Aggregatzuständen zu sehen, während die Musikwissenschaftler sie Existenz von Noten eher mit der Evidenz von Aufführung verbinden, von der Aufführungseuphorie von Germanisten beim Anblick der Noten einmal ganz zu schweigen. Um ein Ergebnis bereits vorwegzunehmen: Es wird sich zeigen, daß das mit Noten versehende Liederbuch Hartmann Schedels weiter von „Aufführung“ entfernt ist als das notenlose Textkonvolut Felix Platters.
„Im mittelalterlichen Literaturverständnis ist Lehrhaftigkeit als Vermittlung von Wissen und als Handlungsanleitung zum Lebensvollzug eine Grundanforderung, die sich auf den Ebenen der Textproduktion und -rezeption je neu stellt“, konstatiert Christoph Huber in dem wichtigsten Lexikonartikel zu mittelalterlicher Lehrdichtung. Lehrhaftigkeit ist damit ein Schlüsselbegriff für das Verständnis mittelalterlicher deutscher Dichtung, und zwar gilt dies nicht erst für das viel beschworene ‘Orientierungsbedürfnis’ spätmittelalterlicher Literaturproduktion, sondern ist als eine Dimension volkssprachiger Literatur von Beginn an und dauerhaft mitzudenken. Die Lehrhaftigkeit beschränkt sich nicht auf eine Wissens- und Normenvermittlung, vielmehr wird sie explizit thematisiert und reflektiert: vor allem in autoreferentiellen Passagen wie den Prologen, aber auch in Texten, die Lehre und Wissensvermittlung auf der inhaltlichen Ebene darstellen. Die Literatur wird dabei nicht immer zum zielstrebigen und effektiven Vermittler allgemein anerkannter Ordnungsmuster, sondern denkt die Problematisierung von Lehre und lehrhafter Vermittlung häufig schon mit.
Wegweisung zur Begegnung mit Gott : Religiöse Belehrung in einer Altzeller Predigthandschrift
(2009)
Vermutlich gibt es kaum eine Gattung in der Überlieferung mittelhochdeutscher Schriftlichkeit, die als solche mehr Rätsel aufgegeben hat als die Predigt. [...] Zwar legt die rhetorische Ausarbeitung mit Publikumsanreden und erkennbar geschulten Argumentationstechniken den Bezug zum Vortrag in der Messe stets nahe, aber keiner der überlieferten Texte kann als Schriftfassung einer im Wortlaut je so vorgetragenen Predigt verstanden werden. Der auf Performanz zielende Charakter verdankt sich auch der Verwurzelung der artes praedicandi in der traditionellen Rhetorik und kennzeichnet die Texte bei der stillen oder auch lauten Lektüre – mit oder ohne Zuhörerschaft – als Akte der Verkündigung. Dementsprechend nutzten die Rezipienten diese Lektüre zur eigenen Erbauung oder zum Studium von Musterbeispielen für eigene pastorale Arbeit. Die mittelhochdeutschen Predigten öffnen sich für diese Arten der Nutzung jeweils unterschiedlich stark: […] wie etwa die […] so genannten ›Schwarzwälder Predigten‹ oder die unter dem Namen Hartwigs / Hartungs oder auch Heinrichs von Erfurt überlieferten. Hier kam es in der Tradierung ganz offenbar weniger auf Authentizität an als vielmehr auf Anpassung an jeweils verschiedene Verwendungszusammenhänge. Auf den Überlegungen Ruhs aufbauend, haben die Arbeiten von Volker Mertens und Hans-Jochen Schiewer gezeigt, wie die jeweilige Einrichtung den Text verschiedenen Funktionen annähert. Demnach zeigen sich diese Predigten im Bild der divergenten Überlieferung als äußerst polyfunktionale Texte.
Sollte ein dermaßen sentenzenreicher, ja sentenziöser Autor wie Brecht, ein Liebhaber von Sprüchen der raffiniertesten wie der drastischsten Art, nie mit dem Gedanken an eine eigene Sammlung seiner Aphorismen gespielt haben? Die neue Gesamtausgabe verzeichnet nichts der Art. Auskünfte von Mitarbeitern des Archivs, von Werner Hecht und Jan Knopf stimmen darin überein: Es gibt keinen Ansatz dazu, es läßt sich auch zu keinem Zeitpunkt eine derartige Absicht nachweisen. Anders als Goethe (von Schiller zu schweigen), als Hebbel, Karl Kraus und viele andere, auf die er sich mehr oder weniger intensiv bezogen hat, stellt sich Brecht als ein Dramen-, Gedichte- und Artikelschreiber dar, den es offensichtlich nicht gereizt hat, die oft von sich gegebenen "schlagenden Halbwahrheiten", die "Vorbereitungen seiner nächsten Irrtümer" und dgl. in die Form einer lockeren Serie zu bringen. [...] [I]n diesem Aufsatz zum 100. Geburtstag des Meisters [soll] seine Produktion von Sprüchen zusammen mit der Zersetzung und Infragestellung von Spruchgut aller Art untersucht werden. Die Lust an der Pointe, die Hochachtung vor dem schon (schön) Ausformulierten ist von der despektierlichen Behandlung, der sarkastischen oder ingrimmigen Verfolgung dieser Ruhepolster des Denkens kaum zu trennen. Erst recht läßt sich bei dem Anverwandlungskünstler Brecht nur selten genau ausmachen, was er in eben der Form vorgefunden, was er verändert, was er nur nach dem Vorbild oder im Klang einer bewährten Tradition selbst erfunden und was er frei (mit einer "Freiheit", an die zu glauben er sich weigerte) ausgedacht hat.
„Man kann zu keinem gebildeten Deutschen von Dantes göttlicher Komödie sprechen“, sagt der Romanist Karl Voßler, „ohne ihn an Goethes Faust zu erinnern.“ Und weiter: „Die Zusammenstellung des größten italienischen mit dem größten deutschen Gedicht ist uns seit den Tagen der Romantik zur Gewohnheit geworden und hat ihre Berechtigung: aber nicht so sehr in einer tatsächlichen und quellenmäßig erweisbaren, als in einer inneren und eben darum tieferen Verwandtschaft der beiden Werke.“ (Karl Voßler: Die Göttliche Komödie. 1. Bd. Heidelberg: 1925, S. 1.)
(...) Was den Begriff ‚Weltliteratur’ betrifft, kann die aktuelle Goethe-Philologie indes geltend machen, daß die von Voßler bezeugte monumentale Auslegung weiter von Goethe entfernt ist als das prozessual-kommunikative Verständnis, das die neuere Forschung herausstellt. (...) Im Kompositum ‚Weltgedicht’ sind (...) im Blick auf Goethes Drama beide Singulare unpassend. (...) So wie in diese, Gedicht eine Pluralität von Dichtungen herrscht (...), so ist das Dargestellte nicht mit dem totalisierenden Singular ‚Welt’, sondern besser mit dem Plural zu benennen. Diese Vielfalt auf die Einheit ‚Weltgedicht’ zu bringen ist (...) der Versuch, Goethes „Faust“ Katholizität zuzusprechen. Dieser Versuch ist heute als Wirkungsgeschichte der suggestiven, doch unpassenden Dante-Analogie zu beschreiben und zu beenden.“
Gegenstand meines Beitrags sind solche Satzgefüge, die einen Matrixsatz M und einen unmittelbar untergeordneten Nebensatz N enthalten, die folgende Bedingungen erfüllen: a) M muss in einem Vergangenheitstempus, N dagegen im Präsens bzw. Futur stehen; b) die Prädikate von M und N müssen in der dritten Person stehen; c) bei N muss es sich um einen Vergleichssatz handeln, dessen Prädikat als finites Verb das Modalverb 'suln ' enthält. Meine These lautet, dass sich mit Hilfe dieser verhältnismäßig einfachen Definition hinreichend präzise eine formelhafte Wendung erfassen lässt, die sich seit Hartmann von Aue in der mittelhochdeutschen erzählenden Literatur etabliert hat und überwiegend moraldidaktischen Charakter trägt. Ihre genauere Beschreibung ist das Ziel meines Beitrags, wobei ich, ausgehend von den ‘unscharfen Rändern’, in einer Art Spiralbewegung das Zentrum der besagten sprachlichen ‘Verdichtung’ einzukreisen hoffe. Mein Textkorpus umfasst rund 75 deutschsprachige erzählende Texte aus der Zeit von 1150 bis 1300, die den Bereichen der Heldenepik, der sogenannten Spielmannsepik, der Karlsepik, der höfischen Legendenepik, des Antikenromans, des Tristanromans, des Artusromans sowie des nichtarthurischen Liebes- und Abenteuerromans zugehören. Einschränkend ist hinzuzufügen, dass ich mich in meiner Untersuchung auf die Stimme des extradiegetischen Erzählers beschränke, Figurenrede also außer Acht lasse.
[Volker Mertens] will den im Berliner Ms.germ.fol. 640 (Tristan-Hs. P, Eilhart-Hs. D) überlieferten Tristan-Roman als Ganzes interpretieren und [beschreibt] zu diesem Zweck zuerst die Textgestalt beider Komponenten. Die Komplexität von Gottfrieds Konzeption, ihre gewollte Ambivalenz ist im Berliner ‚Tristan’ zwar reduziert, aber nicht aufgegeben. Gottfried stellt die Uneindeutigkeit durch die Spannung von Erzählfabel und Kommentar einerseits und innerhalb der Kommentare durch sprachliche Momente her – dem gegenüber bedeutet die Eilhart-Fortsetzung allerdings eine Vereindeutigung, die nachträglich auch das Verständnis Gottfrieds überformt und die Ambivalenz reduziert. Der Verzicht auf jegliche Kommentierung bedeutet aber auch einen Appell an die Offenheit für Verstehensmöglichkeiten seitens des Lesers. Diese sind durch Ausdeutung der Fabel bereits sensibilisiert und präformiert und können dann bei der Lektüre des abschließenden Eilhart-Textes aktualisiert werden. Sein Schluß in seiner lapidaren Eindringlichkeit ist gar nicht so weit von Thomas’ überliefertem Ende – der ganze konsolatorische Apparat Ulrichs und Heinrichs bleibt ja weitgehend ausgespart. Der schaden für Gottfrieds ‚Tristan’ in der Berliner Fassung ist nicht so groß, wie es aufs erste scheint: seine kunstliche geschichte wirkt wie der Trank auch nach dem Tode des Autors weiter und gibt dem Eilhart-Schluß eine Minne-Konzeption vor, die Heil und Heil-Losigkeit der Geschlechterliebe umgreift.
Die Wetterstation und die Photovoltaikanlage (Leihgabe der Stadtwerke Osnabrück) auf dem Dach des Museums am Schölerberg wurde von Hänel (1998a) beschrieben. In einem weiteren Artikel sind die Daten der Wetterstation und der Photovoltaikanlage für das Jahr 1997 zusammengefasst (Hänel, 1998b), dort ist auch die Herkunft der Vergleichsdaten beschrieben. In Tabelle 1 sind die Monatswerte für 1998 zusammengestellt.
Die Rede von einer ‚Berliner Frühromantik’ ist falsch, wenn damit das ‚Athenaeum’ der Berliner Salonkultur angegliedert und die frühromantische Forderung nach Urbanität mit der zeitgenössischen Berliner Wirklichkeit verbunden werden sollen. Das ‚Athenaeum’ ist vielmehr ein Zeugnis akademisch gelehrter Schriftsteller, deren eigene Formen der Geselligkeit – die Berliner Wohngemeinschaft und der gemeinsame Jenaer Hausstand – nichts mit großstädtischer Salonkultur zu tun haben, sondern ganz im Gegenteil homogene Exklusivgemeinschaften sind: ein einseitiger, enger Umgang, müsste man mit Nicolai und Garve sagen, der das kleinstädtische Risiko trägt, sich an sich selbst zu ermüden und zu frustrieren. So ist es dann ja auch gekommen.
Es ist eine alte Debatte. Auf der einen Seite steht die althergebrachte Maxime, alles, was wert ist, gesagt zu werden, müsse in jeder Sprache gesagt werden können - umso mehr dann, wenn es sich um die Wissenschaft handelt, die den Anspruch erhebt, universelle Wahrheiten zu erfassen. Demgegenüber steht ein immer wieder anzutreffender Gedanke, dessen wohl inspirierteste Formulierung von Wilhelm von Humboldt stammt, nämlich, dass die Verschiedenheit der Sprachen nicht nur eine von „Schällen und Zeichen“, sondern eine der „Weltansichten selbst“ sei. Thema dieses Vortrags ist die Frage, wo die Wahrheit zwischen diesen scheinbaren Gegensätzen liegt.
The interest of this work devotes itself to the repeating linguistic actions of the students in the DaF conversation lessons. Repetitions in the lesson discourse are functionally different than repetitions in the daily discourse. The support of repetitions by the students in the class discourse is tried to be demonstrated here on the basis of examples. Recordings from the DaF conversation lessons were transcribed and reconstructed according to Hiat. The kinds of the repetitions and their functions in these DaF conversation lessons are limited with this study. The findings of the study should be concerned consciously in order to accomplish a better understanding and reacting to these repeating actions of the students like inquiry, correction, confirmation, precautionary self-control, verification and confirmation in the conversation lessons –most of which are accomplished by the students for a certain aim however unconsciously.
Durch starke Nutzungsintensivierung in der Grünlandwirtschaft haben sich artenarme Wiesen mit Alopecurus pratensis in den letzten Jahrzehnten stark ausgebreitet. Sie ähneln den Alopecurus-Auenwiesen, die es besonders im östlichen Mitteleuropa schon seit langem gibt. Die Eigenschaften und Ansprüche des Wiesenfuchsschwanzes werden diskutiert. Tabelle 1 gibt eine Übersicht der über weite Teile Mitteleuropas hinweg sehr einheitlichen Artenverbindung dieser Wiesen. Die älteren Auenwiesen unterscheiden sich durch einen lockeren Artenblock, während die artenarmen Intensivwiesen heutiger Prägung zusätzlich einige Stickstoffzeiger aufweisen. Danach läßt sich eine Trifolium pratense- von einer Stellaria media- Agroform differenzieren. Abschließend wird auf die syntaxonomische Stellung der Fuchsschwanzwiesen eingegangen. Wegen des Fehlens eigener Charakterarten wird eine Ranunculus repens-Alopecurus pratensis-Geseilschaft als eigenständiger Vegetationstyp der Molinio-Arrhenatheretea vorgeschlagen.
Die wichtigste neuere Deutung der Verserzählung stammt von Walter Erhart, der Musarion als Darstellung zeitgenössischer Diskurs- und Sinnangebote versteht, die von den Figuren experimentell übernommen, aber auch wieder aufgegeben werden. Beide Hauptfiguren, Musarion und Phanias, bilden kein festes Ich aus, sondern besetzen okkasionell bestimmte Lebensentwürfe (...) ohne sich mit einem von diesen zu identifizieren. (...) Diese Deutung ist wichtig, weil sie die Widersprüche bei Wieland genau sieht. Aber auch sie verkürzt: Es ist richtig, daß Phanias und Musarion keine stabile Identität besitzen – aber sie suchen danach. Und es ist richtig, daß die Verserzählung mit mythologischen und literarischen Mustern spielt – aber Spiel und Ernst schließen sich bei Wieland eben nicht aus. (...) Man kann die Bewegungen des Handlungsverlaufs und das Changieren der Figuren präzise erklären. Dies gelingt, wenn man sieht, daß die Figuren und der Text sich zwar drehen, aber um eine zentrale Frage. Bei dieser Frage handelt es sich um das philosophische Problem der deutschen Aufklärung. (...) Die menschliche Natur soll aus ihrer alten Unterdrückung befreit werden. Gleichzeitig versucht man, die Welt immanent (...) zu deuten.
Intensive Nutzung durch den Menschen prägt heute die durch Geologie und Klima geformte Landschaft im Raum Osnabrück. Die dort vorkommenden Wildarten werden in ihrer Lebensweise deutlich durch den Menschen beeinllußt. Insbesondere die Intensivierung der Land- und Forstwirtschaft, der Straßenverkehr und die Erholungsuchenden schränken die Lebensmöglichkeiten des Wildes ein. Die vorkommenden Wild arten werden genannt, wobei Streckenzahlen als Maßstab für ihre Häuligkeit benutzt werden. Unter Berücksichtigung allgemeingültiger und überregionaler Aspekte werden die Ansprüche des Wildes an den Lebensraum verdeutlicht. Lebensraumverbesserungen durch Schaffung von Äsungs- und Deckungsflächen sowie durch Extensivierungsverfahren in der Landwirtschaft werden diskutiert.
Das Spiel der Authentizität mit Erzähler, Figuren und dem biografisch faßbaren Autor wird immer wieder gespielt und wirkt immer wieder neu, selbst wenn der Text, wie der von (...) [Volker Mertens] behandelte, etwa fünfhundert Jahre älter ist als der von Jean Paul. Ob es legitim ist, die narratologischen Analysemodelle, die vor allem an der Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts entwickelt wurden, auf den Roman des Mittelalters zu übertragen, soll (...) [Mertens Beitrag] erweisen und damit zu einem besseren Verständnis der Poetik von Albrechts Werk beitragen. 'Der Jüngere Titurel' (...) eines sonst unbekannten Autors Albrecht integriert die in drei Handschriften uneinheitlich überlieferten beiden 'Titurel'-Fragmente Wolframs in einen weitdimensionierten Erzählzusammenhang um die Queste nach dem Brackenseil und die Gralsuche, der vor allem aus dem 'Parzival' entwickelt ist. Da im Verlauf des Textes ,mehrfach die Erzählperson 'Wolfram' bzw. 'der von Eschenbach' oder 'Freund von Blienfelden' angesprochen wird und der Erzähler Albrecht sich nur einmal kurz vor Schluß nennt, galt das Werk schon eine Generation nach seinem Abschluß um 1270 als von Wolfram von Eschenbach verfaßt. (...) [Mertens untersucht] im folgenden die Erzählerfiktion 'Wolfram' an ausgewählten Textbeispielen und (...) [fragt] nach der jeweils spezifischen Aussage. (...) [Seine] These ist, daß es dem Autor nicht um ein tatsächliches Allonym für sich selbst ging, sondern (Jean Paul vergleichbar) um einen poetologischen Diskurs in konnotativer Form, der sich einerseits auf die Tradition und die zeitgenössischen narratologische Position bezieht, andererseits die spezifischen Probleme und Zielsetzungen des unternommenen Werkes thematisiert.
Die Entdeckung von Johannes Rothes ‚Geistlicher Brustspange’ verdanken wir Conrad Borchling. Der Text ist in einer heute in Kopenhagen befindlichen Sammelhandschrift (...) überliefert (...). Die Tendenz zur allegorischen Summe und zur Anhäufung von Väterweisheiten [in der ‚Geistlichen Brustspange’] deutet immer auch in der Vielfalt der Bezüge auf eine das Klosterleben übersteigende Vielfalt der Lebensformen hin. Die allegorische Deutung in einer solchen Komplexität und Mannigfaltigkeit verbindet das ‚geistlich’ mit dem ‚wertlich mensche’ vor einem Horizont von zwar unterschiedlich verpflichtenden, aber im Prinzip gemeinsamen Tugenden. Der Text ist so gleichsam gegen den Willen seines Autors zu viel mehr als einer Klosterlehre geworden – zu einer ganz verschiedene Institutionen und Lebensformen verbindenden allegorischen Tugendsumme.
In die gattungsgeschichtliche Reihe der Novellensammlung oder auch der 'Novellenromane' sind Johann Beers 'Winter-Nächte' (…) [der Untersuchung zufolge] nicht eingefügt, wohl aber in die Tradition eines gemeinschaftlichen Erzählens, eines Novellare, das sich selbst in seinem todverdrängenden und lebenserhaltenden Sinn erläutert und legitimiert. Sie reicht von 'Scheherezâde' und dem 'Papageienbuch' bis zu Goethes 'Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten', von den sieben weisen Meistern über das 'Decameron' zu Brentanos
'Mehreren Wehmüllern', Heines 'Florentinischen Nächten' oder auch Leo Lionnis 'Frederick', der den hungrigen Mäusen in langen Winternächten jene Vorräte erzählend wiedergibt, die sie längst aufgebraucht haben.
„Ich will zu diesem Vorkommnis aus dem psychischen Binnenleben das Seitenstück aus dem sozialen Leben suchen.“ Mit diesem Satz gelangt [Sigmund] Freud zum Begriff der Zensur und kann dann all dessen Ausdruckskraft nutzen – Unterdrückungsinstanz unangenehmer Wahrheiten, Zwang zur Mäßigung und Verstellung –, um seine neue psychologische Entdeckung zu erläutern: „eine bis ins einzelne durchzuführende Übereinstimmung zwischen den Phänomenen der Zensur und denen der Traumdeutung“. [André] Breton verdankt Freuds Zensurbegriff den entscheidenden Anstoß. Sein Programm des Surrealismus besteht im wesentlichen darin, traditionelle sprachreligiöse Idee auf moderne und provokante Art neu zu formulieren – und Freuds Zensurbegriff ist es, der dabei die Modernität und Provokation ausmacht. Die ‚écriture automatique’ folgt der literarisch-religiösen Idee von der sich selbst sagenden, sich selbst schreibenden Wahrheit. Die wichtigen Texte haben keinen Verfasser, heißt es, jedenfalls nicht einen Menschen bei wachem Verstand, sondern sind Offenbarungen aus göttlicher Quelle oder, sprachreligiös gewendet, der Sprache selbst.
Die Frage nach Form und Funktionalität stofflicher Konventionalität in der Lyrik des Mittelalters ließe sich zweifelsohne gut an einem einzelnen Text oder – besser noch einem einzelnen Stoff- bzw. Motivzusammenhang behandeln. [Jens Haustein geht] (...) dieser Frage auf einer sehr allgemeinen Ebene nach(...). [Er hofft] unter der gewählten methodischen Prämisse gleichwohl zu der einen oder andern allgemeinen Einsicht zu gelangen, die für die Beurteilung von Spezialfragen ertragreich sein können. Ausgangspunkt (...) [seiner] Überlegungen ist das bislang nicht gedruckte Stichwortregister zum ‚Repertorium der Sangsprüche und Meisterlieder’.
Als einziger ist bisher W. Wolf auf (...) [die Titurelstrophe des Vorsatzblattes (I V) der Pergamenths. Nr. 2675 der Österreichischen Nationalbibliothek ('Jüngerer Titurel' Hs. A)] eingegangen (...). Er erwägt fünf Möglichkeiten für die Herkunft des Textes (...). Da Wolf auf diese Möglichkeiten zum Teil nur mit recht pauschalen Argumenten eingeht, (...) [erwägt Mertens diese einzeln], um so über Wolfs Unentschiedenheit hinaus zu einer festeren Vermutung bezüglich der Herkunft der Strophe zu gelangen. (...) Als Quelle für Form und Stoff kommt eigentlich nur der 'Jüngere Titurel' in Frage, zumindest hinterlässt diese Annahme am wenigsten ungelöste Probleme. Wir hätten es mit einer Strophe zu tun, die im Gefolge des "Jüngeren Titurel" unter Anschluß an die Klageszenen der Sigune entstanden ist und diese Klage zum Inhalt hat, d.h. mit einem Rollengedicht der Sigune. (...)
Thema der vorliegenden Arbeit ist es, das von Hirst & Weil (1982) durchgeführte Experiment, in dem das Verständnis epistemisch und deontisch modalisierter englischer Äußerungen bei 3;0 - 6;0 Jahre alten Kindern getestet wurde, im Deutschen nachzuvollziehen. Im Rahmen dieser Arbeit wird nur das Verständnis epistemisch verwendeter MV untersucht. Das Experiment bestand aus einer Vorstudie mit 13 erwachsenen Sprechern […] und einer Hauptstudie mit 40 Kindern, die einen Kindergarten in Solingen-Ohligs besuchten. Die Kinder waren zwischen 3;0 und 6;0 Jahre alt. Durch die Reaktionen der Kinder in einer entsprechend der von Hirst & Weil für die epistemische Verwendung der MV entwickelten Spielhandlung wurde ihr Verständnis modalisierter oder faktischer Aussagen ermittelt. Entscheidend für die Auswertung war die erste spontane Reaktion des Kindes auf die Aufforderung der Puppen, ein Bonbon zu suchen. Dem Satzpaar, mit dem das Kind konfrontiert wurde, lag folgendes Muster zugrunde: "Das Bonbon (MV 1) unter der Dose sein" vs. "Das Bonbon (MV 2) unter der Tasse sein". Getestet wurden die MV "wird", "muß", "kann". Diese waren jeweils miteinander und mit ist kombiniert, so daß die Oppositionspaare "muß:wird", "muß:kann", "wird:kann" und "ist:muß", "ist:wird", "ist:kann" entstanden. […] Das Experiment setzte sich aus zwei Serien zusammen, wobei sich die zweite von der ersten dadurch unterschied, daß die Abfolge der MV in den Satzpaaren vertauscht war. Die Anordnung der Oppositionspaare und die Kombination der MV erfolgte nach dem Zufallsprinzip. Die mit Hilfe der Untersuchung zu beantwortenden Fragestellungen lauten: Mit wieviel Jahren versteht das Kind den Unterschied zwischen faktischer und modaler Äußerung? Wie vollzieht sich die Differenzierung innerhalb des modalen Feldes muß, wird, kann?
Auf Flachdächern im Stadtgebiet von Osnabrück (Niedersachsen) wurde die Araneenfauna mit Hilfe von Bodenfallen untersucht. Hierbei fanden sowohl der Gradient zunehmender Urbanität von der Peripherie zum Stadtzentrum als auch das Alter der Dächer und ihre Vegetation Berücksichtigung. Auf älteren Dächern mit reicher Spontanvegetation konnten mehr Arten und höhere Aktivitätsdichten der Individuen als auf jüngeren Dächern mit spontanem Aufwuchs nachgewiesen werden. Alle untersuchten Flächen zeichnen sich durch einen hohen Anteil an Aeronauten und häufiger euryöker Species aus. Das Artenspektrum gleicht dem anderer städtischer Habitate. Ein Einfluß des Urbanitätsgradienten auf die Zusammensetzung der Araneenfauna zeigte sich nicht.
Von 1995 bis 1998 wurde die Cladoceren- und Ostracodenfauna des eutrophen Feldungelsees nördlich Osnabrück untersucht. Die Anzahl der Cladocerenarten ist gegenüber einer früheren Untersuchung auf 39 gestiegen. Ceriodaphnia laticaudata, Megafenestra aurita und Simocephalus exspinosus v. congener traten erstmalig im See auf. Die zwei Daphnia-Arten aus Nordamerika, D. ambigua und D. parvula, bewohnen weiterhin den See. 1995 wurden die jahreszeitliche Verbreitung und die Sexual perioden untersucht. Bei den meisten Cladocerenarten wurde Monozyklie beobachtet, 3 Arten traten dizyklisch auf. 17 Muschelkrebsarten wurden nachgewiesen, die für diese Gegend und diesen Lebensraum charakteristisch sind.
Band 7/1980 der Osnabrücker Naturwissenschaftlichen Mitteilungen enthält 5 Beiträge zur Limnologie der Nette. Die Arbeiten von BINKOWSKI, M. HOFFMEISTER, W. HOFFMEISTER und SCHROEDER (a & b) befassen sich mit der Libellenfauna, Kleintierwelt, Algenvegetation und Wassergüte von Ruller Flut und Nette. Angeregt wurden diese Untersuchungen durch eine Arbeit, die von KREUZBERG (1927) verfaßt worden ist. In ihr wird erstmals auf die "Hydrographie und Biologie" der Nette eingegangen. Die Ergebnisse werden besonders von M. HOFFMEISTER (1980) mit der Situation in den Jahren 1976-1977 verglichen. Bei der Bewertung der Ergebnisse der neueren Arbeiten kommt SCHROEDER (1980 b) zu der Ansicht, daß die Gemeinsamkeiten bei der Beurteilung der Gewässergüte (2 - 3, mit zeitweiser Tendenz nach 3) überwiegen. Für einige Unterschiede macht er methodische Gründe verantwortlich.
Ekphrasis is a tool used with the purpose opening different levels of meaning in a literary text, which can be seen in Patricia Görg’s tale “Glücksspagat”. In the tale, parallel to the representation of the daily life of the museums keeper Maat, the reader is faced with fragments of ekphrasises of paintings and TV-simulations. The richness of this tale is achieved particularly due to the alternations between the ekphrasises. This article discusses the various functions of the use of Ekphrasis and simulations in the tale and focuses on the way they contribute to the creation of meaning.
Während der zweiten Feldphase (März bis April 1994) des Forschungsvorhabens über die Rotatorienfauna Jamaikas wurden 39 Proben genommen. Es konnten 135 Morphen nachgewiesen werden, davon 120 monogononte und 15 digononte Formen. Daneben wurden Formen aus 6 Gattungen beobachtet, deren Identifikation aufgrund von Konservierungsartefakten nicht möglich war. Von den 135 Morphen sind 61 zum ersten Mal für Jamaika nachgewiesen; insgesamt sind für diese Insel jetzt 211 Rotatorien bekannt. Die wichtigsten Arten werden mit Bemerkungen zu ihrer Taxonomie, Biogeographie und Ökologie dargestellt.
Im Dezember 1995 wurden aus verschiedenen Gewässertypen der Insel Hainan, China, Proben genommen, um sie auf das Vorkommen von Rotatorien (Rädertiere) zu untersuchen. Es konnten 195 Spezies nachgewiesen werden, davon 187 monogononte und 8 digononte (bdelloide) Arten. Daneben wurden Formen aus 5 Gattungen und Bdelloidae beobachtet, deren Identifikation aufgrund von Konservierungsartefakten nicht möglich war. Von den nachgewiesenen Arten ist Cephalodella qionghaiensis neu für die Wissenschaft, daneben werden von Keratella micracantha eine neue Form und von Notholca acuminata eine neue Varietät beschrieben.
Erstmals wird die Rädertierfauna des 1985 neu entstandenen Kinda-Stausees im Einzugsgebiet des Panlaung-Flusses in Burma (Myanmar) beschrieben und im verbreitungsgeschichtlichen Zusammenhang diskutiert. Die Arbeit ist zugleich die bislang umfassendste Untersuchung von Rotatorien aus dieser tiergeographisch interessanten asiatischen Region. Die Plankton- und Aufwuchsproben wurden auf mehreren Exkursionen 1987-89 gesammelt. Insgesamt konnten 94 monogononte und 5 bdelloide Rädertier-Arten nachgewiesen werden; davon ist Wulfertia kindensis neu für die Wissenschaft. Die überwiegende Zahl der Spezies sind Kosmopoliten.
Zur Lehrhaftigkeit der ›Treuen Magd‹Wenn man schon aus fast allen Erzählungen etwas lernen kann, so soll man es in besonderer Weise aus Erzählungen vom Exempeltyp, die ja eine Lehre explizieren und ihre Gültigkeit in einem Handlungsteil belegen oder ‘beweisen’. Die Exempelerzählung gilt als ein recht urtümliches literarisches Phänomen, in der Regel glatt gefügt und einfach zu deuten. Beim Märe ›Die treue Magd‹ liegt das Moment des Belehrens auf der Hand, der Zusammenhang von Lehre und dargestellter Handlung ist offensichtlich, und so sollte das hübsch erzählte Stück der Deutung keinen Widerstand entgegensetzen.
Die Moosflora von 326 Findlingen sowie 176 Megalithgräbern im westlichen Niedersachsen und Westfalenwurde kartiert. Eserfolgten pflanzensoziologische Aufnahmen. Bei den Moosen ist ein starker Artenrückgang zu verzeichnen. Ursächlich sind Aufforstungsmaßnahmen, Verringerung der Luftfeuchte, Eutrophierung, Siedlungsnähe und mechanischer Abrieb. Schutzmaßnahmensowie eine Aufnahme der Megalithgräber in die Liste der Biotope unter besonderem Schutz nach § 20c Bundesnaturschutzgesetz werden vorgeschlagen.
Die Verbreitung unterschiedlicher Cytotypen innerhalb des Thlaspi perfoliatum Polyploidkomplexes in Deutschland wurde untersucht. Morphologische Beschreibungen der Frucht ermöglichen eine weitgehende Trennungder diploiden von den polyploiden Cytotypen. Die systematische Stellung der Sippen innerhalb der Gattung Microthlaspi F.K. Meyer und der Sammelgattung Thlaspi s. I. wird diskutiert, und die Entstehungs- und Verbreitungsgeschichte des Polyploidkomplexes wird erläutert.
Zur Nomenklatur der Brombeeren in Norddeutschland (Gattung Rubus L. sect. Corylifolii, Rosaceae)
(1990)
Auf der Basis der Regeln des International Code of Botanical Nomenclature (ICBN) wird die Gültigkeit der Veröffentlichungen von Namen für Brombeeren der Sektion Corylifolii (Gattung Rubus L.) bei FRIDERICHSEN & GELERT (1887) und KRAUSE (1888, 1890) diskutiert. Hierbei wird deutlich, daß, wie bei der Anwendung von Gesetzesparagraphen auf konkrete Rechtsfälle, in bestimmten Fällen ein Ermessensspielraum gegeben ist, ob ein Name als gültig oder als nicht gültig veröffentlicht anzusehen ist.
Anläßlich der Veröffentlichung der globalen Phytodiversitätskarte von Barthlott und Mitarbeitern (1996) werden die Angaben für Deutschland überprüft und mit erstmals für die Fläche von ca. 10.000 km2 genau ausgezählten Sippenzahlen verglichen (Abb. 4). Sie stimmen auch nicht annähernd mit den hochgerechneten Zahlen in der genannten Karte überein.
Es liegt nahe, dass das Äsop-Kapitel des ›Liber de moribus egregiisque dictis omnium philosophorum et poetarum‹, der philosophiegeschichtlichen Enzyklopädie eines anonymen Bearbeiters, das Interesse der Fabelforschung gefunden hat: Der Fabelbestand ist verzeichnet im Katalog von Gerd Dicke und Klaus Grubmüller. Hier findet sich auch der wichtige Hinweis darauf, dass die Fabelepimythien regelmäßig einen „Sentenzeneinschub“ enthalten. Versucht man, die Sentenzen zu identifizieren, so zeigt sich bald, dass sie, nicht selten versatzstückartig integriert, verschiedenen lateinischen Proverbiensammlungen und Spruchcorpora zuzuordnen sind und (nicht nur) mit Blick auf überlieferungsgeschichtliche Zusammenhänge eine lohnende Quelle für die Parömiologie bilden. Anknüpfend an die Forschung zum Verhältnis von Fabel und Sprichwort bzw. Fabel und Proverbium, möchte der vorliegende Beitrag anhand des Äsop-Kapitels des ›Liber de moribus‹ darlegen, inwiefern die Interferenz von Fabel- und Proverbiensammlung textgenerierende Funktion im Sinne einer produktiven Textkompilation besitzen kann.
Wenn wir die Situation des Fremdsprachenunterrichts in der Türkei betrachten, können wir sagen, dass drei westliche Sprachen, d.h. Englisch, Französisch und Deutsch, bis 1997 erst ab der Sekundarstufe I und II als Pflichtfach unterrichtet wurden. Im Jahre 1997 wurden mit der Verabschiedung eines neuen Gesetzes grundlegende Reformen im türkischen Schulwesen eingeleitet. Durch das neue Schulgesetz wurde die Pflichtschulzeit von fünf auf acht Jahre erhöht und dadurch auch eine wichtige Voraussetzung für den Anschluss an die EU-Standards geschaffen. Mit Beginn des Schuljahres 1997/98 trat eine weitere Neuregelung in Kraft. Seitdem beginnt der Fremdsprachenunterricht bereits in der 4. Jahrgangsstufe als Pflichtfach mit 2-4 Wochenstunden, in der 6. Klasse kommt eine zweite Fremdsprache als Wahlfach hinzu. Das Bildungsministerium hat für den Pflichtschulbereich Englisch als verbindliche erste Fremdsprache festgelegt. [...] Die türkischen Schulen sollten [...] den Schülern als zukünftige EU-Bürger wenigstens zwei europäische Fremdsprachen anbieten. Dann hätte die deutsche Sprache in der Türkei die Möglichkeit, sich neben dem Englischen als zweite Fremdsprache zu etablieren, weil sie im schulischen Bereich als zweite Fremdsprache eine wichtige Rolle spielt. Die Förderung der Mehrsprachigkeit schließt also immer auch die Förderung der deutschen Sprache ein. Aufgrund der intensiven Kontakte zwischen Deutschen und Türken, die vor etwa 700 Jahren begannen, besitzt die deutsche Sprache ein historisches Prestige in der Türkei. Im Folgenden möchten wir kurz auf die geschichtliche Entwicklung dieser Beziehung eingehen, um zu erklären, warum die deutsche Sprache in der Türkei eine besondere Stellung hat.
Aus ordovizischen Geschieben des Kies-Sand-Rückens ,Laer-Heide' (Landkreis Osnabrück; NW-Deutschland) werden 2 mißgebildete Pygidien von IlIaeniden (Trilobita) beschrieben: Ein vergleichsweise dünnschaliges Pygidium von lIIaenus jevensis HOLM 1886 weist eine Verletzung in Form eines dellenartigen Eindrucks auf. An einem Pygidium von Bumastus cf. nudus (ANGELIN 1854) läßt sich eine beulenförmige Verwachsung beobachten. Mögliche Entstehungsursachen beider Anomalien werden diskutiert.
Speakers of Russian from the former Soviet Union and speakers of Turkish form the two biggest groups of immigrants in Germany. There is a number of surveys, that focus on early second language acquisition of kindergarten and primary school children in these ethnic groups. In this article, I will discuss differences and similarities of the second language acquisition process, that Russian and Turkish speaking children go through. I will compare not only the interlingual development (pronunciation, lexicon, syntax and morphology) but also the sociocultural context. For this purpose the data of my case studies will be contrasted with the other research results.
Den Romanen des "philosophischen Schriftstellers" Italo Calvino lassen sich grundlegende Fragen der zeitgenössischen Ästhetik entnehmen. Sie eröffnen einen Horizont, innerhalb dessen sich auch das theoretische und literarische CEuvre des "Roman-schreibenden Philosophen" Umberto Eco bewegt, ja es scheint fast, als befänden sich die Werke beider in einem Dialog. Jedes lebendige Kunstwerk ist, wie Eco betont, ein Kunstwerk in Bewegung, offen für neue interpretative und kommunikative Möglichkeiten sowie für neue Möglichkeiten des ästhetischen Genusses. Der Interpretationsprozeß gleicht einer Pendelbewegung zwischen der "Offenheit" der Rezeptionsmöglichkeiten und der "Geschlossenheit" bzw. Bestimmtheit des Werkes durch seine Struktur. Der Interpret steht demnach innerhalb einer nicht stillzustellenden Bewegung. in deren – immer erneut notwendigen – Nachvollzug er sowohl Erkenntnisse über die "kombinatorischen Möglichkeiten des Codes" gewinnt, als auch über "die Codes (...) einer bestimmten Periode der Kunstgeschichte." Daher ist es die Aufgabe der semiotischen Interpretation eines ästhetischen Textes, "das strukturierte Modell für einen unstrukturierten Prozeß eines kommunikativen Wechselspiels" zu liefern. Für Eco ist die Interpretation ein pragmatisch-hermeneutischer Prozeß, der im "Taumel der Möglichkeiten" bestimmte Bedeutungsmöglichkeiten ausschließt und andere privilegiert. Ein "epochales" Kunstwerk ist nach Eco eine "epistemologische Metapher", es repräsentiert ein "diffuses theoretisches Bewußtsein", das von den wissenschaftlichen und ästhetischen Theorien seiner Zeit gespeist wird. Dies gilt in besonderem Maße für die Romane Calvinos und Ecos: Der "Held" ihrer Romane ist der Interpretationsprozeß im Spannungsfeld zwischen Autor, Text und Leser. Dabei geht es um die Frage: Wie wird sich der Interpret im Verlauf der Interpretation seiner Rolle als Interpret bewußt? Die Absicht Ecos und Calvinos ist eine aufklärerische: Sie wollen einen "neuen Leser" schaffen, der sich seiner Rolle als Leser bewußt ist und der die Verantwortung für seine Lektürekonzeption übernimmt. "Ein Text will für seinen Leser zu einem Erlebnis der Selbstveränderung werden".
Der ›Straßburger Alexander‹ ist seit jeher in der Forschung als bedeutendes Zeugnis der Ausformung frühhöfischer Epik gewürdigt worden. […] Er ist eine stark erweiternde und einen ganz neuen Handlungsteil hinzufügende Bearbeitung einer kürzeren Dichtung, die uns in der großen Vorauer Sammelhandschrift bezeugt ist. Christoph Mackert […] sieht den ›Vorauer Alexander‹ als eine Dichtung an, mit der laienadlige Rezipienten dazu „angeleitet“ werden, „sich phantasierend von impulsiver Unbesonnenheit zu distanzieren und die Notwendigkeit einer Vereinigung von sapientia et fortitudo zu bejahen“ […] Der folgenden Darstellung liegt die Vermutung zugrunde, dass sich das ‘Lehrhafte’ solcher Dichtungen unter anderem dadurch präzise erschließen lässt, dass erzählte Dinge in ihren möglichen Funktionen sorgfältig analysiert werden. Solche Dinge könnten dann (funktionsäquivalent etwa zu Figuren, die nur in einer bestimmten Situation einer Erzählung bedeutsames Gewicht haben und diese Szene dann in der Erinnerung des Rezipienten ‘repräsentieren’ können) als ‘Merkgegenstände’ für Handlungssequenzen fungieren.
„Warnung“, schreibt Ewa Lipska, „Ostrzeżenie“. Natürlich warnt sie, die Poetin der modernen Mobilität und ihrer Komplikationen, nicht vor irgendwelchen Flugzeugabstürzen oder dem Bankrott einer Fluglinie. Sondern: »Ich warne dich vor dir«. Du könntest dir selbst davonlaufen, könntest dich zum Tode verurteilen. [...] Es geht rau zu in ihren Gedichten, wie in vielen Gedichten der 60er, 70er, 80er Jahre. Es kratzt und piekt, wo immer man hinfassen möchte. Faszinierend allerdings sind nur diejenigen Partien darin, die uns anziehen und zugleich im Stich lassen, uns einer unbestimmten, der eigenen Vorstellungskraft überlassenen Gefahr aussetzen. Die Warnung arbeitet dem Zauber entgegen, und einzelne Zauberkunststücke untergraben jedes Sicherheitsdenken.
The article argues that within the genre of the Arthurian romance the tales about King Arthur’s vow to fast, show a possibility to conceptualize the status of ‘text’, a possibility which has historically become unfamiliar. Under these circumstances the act of telling and the content of what is told differ, if at all, slightly and this seems to be an explanation for the fact that the medieval language provided only one word for the tale and its plot: âventiure.
Das durch salzhaltige Grubenwässer aus dem Ibbenbürener Steinkohle-Bergbau versalzte Fließgewässer-Ökosystem der Ibbenbürener Aa und ihrer Folgegewässer wurde Anfang Mai und Ende Juni 1982 unter hydrochemischen und hydrobiologischen Gesichtspunkten an insgesamt 17 Probestellen mit feldmethodischen Mitteln untersucht. Den Untersuchungsergebnissen wird ein allgemeiner Überblick über das Untersuchungsgewässer vorangestellt, und es werden kurz die Herkunft und Zusammensetzung der Grubenwässer sowie die Entwicklung ihres Aufkommens zwischen 1979 und 1982 skizziert. Eine überschlagsmäßige Berechnung der seit Frühjahr 1981 pro Tag in die Ibbenbürener Aa eingeleiteten Salzmenge (NaCI) ergibt rund 1000 - 1250 t. Infolge der begrenzten Verdünnungskapazität der natürlichen Abflußmengen des Untersuchungsgewässers hat sich in diesem ein Salzgradient ausgebildet; der das gesamte Spektrum von der polyhalinen bis zur ß-oligohalinen Brackwasserzone umfaßt. Als ökologische Folgen dieser Versalzung zeichnen sich einerseits die Blockade der Selbstreinigung auf weiten Strecken des organisch stark belasteten Gewässers, andererseits die Verarmung und Spezialisierung der Biozönose des Ökosystems ab. Die während der Untersuchungen registrierten "Brackwasserorqantsmen" werden kurz vorgestellt.
Die zuerst als Ansprache bei einem Festakt der "Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden" formulierten Bemerkungen beziehen Überlegungen zu den kulturellen Folgen von Schrift und zu den Wachstumsschüben schriftlich gespeicherten Wissen auf die Institution der Bibliothek. Sie skizzieren deren kulturelle Gedächtnisfunktionen und leiten daraus auch Prinzipien des Verhältnisses von Bibliothek und Wissenschaft bzw. Universität ab.
Fünf in Naturreservaten Madagaskars gesammelte Moosproben wurden auf ihre Besiedlung mit Rotatorien (Rädertiere)untersucht. Es konnten 9 monogononte und 25 digononte (bdelioide) Species gefunden werden, darunter Macrotrachela herzigana, eine bisher unbekannte Spezies. 25 Arten waren bisher aus Madagaskar nicht bekannt.
This paper aims to determine and classify by syntactic criteria, the functions of reflexivity (reflexive pronoun kendi) in Turkish, in contrast to German.
Reflexivity in Turkish can be expressed by synthetic elements such as affixes, but also by an analytical element – the reflexive pronoun kendi. And in German it is formed by the reflexive pronoun sich. The reflexive pronoun sich in German used both in anaphorical and lexical functions, which can be distinguished from each other by certain criteria.
Was die altgermanistische Fachidentität wo nicht zu gefährden droht, da doch neu zu bestimmen nahe legt, das lässt sich am einfachsten unter jenem gängigen Stichwort 'Kulturwissenschaft' fassen, welches überhaupt in den Programm- und Legitimierungdebatten solcher akademischen Fächer eine zentrale Rolle spielt, die man einmal ohne weiteres die Geisteswissenschaften nannte. Dabei scheint durchaus umstritten zu sein, ob mit 'Kulturwissenschaften' ein Bruch mit den Traditionen der Deutschen Philologie angesagt ist oder im Gegenteil deren neuerliche Stabilisierung.
[Es geht] nicht nur um den aktuellen Disput, sondern auch um dessen Gegenstand selbst, und zwar im besonderen um den Text, der bis zum Überdruß wissenschaftlich traktiert worden ist: Novalis’ „Monolog“. Ohne Bitte um Wohlwollen kann man sich um diese anderthalb Seiten nicht mehr öffentlich bemühen. (...) [Stefan Matuscheks] Anlass, dieses Wohlwollen noch einmal zu strapazieren, ist der, daß sich an diesem vordringlichsten Zeugen der frühromantischen Poetik als Sprachreflexion am deutlichsten die Interpretationstendenz von kritischer Abstraktion zur Erbauung zeigen läßt.
In den Jahren 1996 bis 1998 wurden aus dem Rio Paraguay und einigen kleinen Stiligewässern (Baias) in der Nähe der Stadt Corurnba Proben gezogen, um sie auf das Vorkommen von Rotatorien zu untersuchen. In diesen Proben konnten insgesamt 216 Spezies nachgewiesen werden, davon 202 monogononte und 14 digononte (bdelioide) Arten. Bei einzelnen Individuen z. B. der Gattung Cephalodella (Monogononta) bzw. der Familie Bdelioidea traten Konservierungsartefakte auf, die sich nicht eindeutig einer Art zuzuordnen ließen. 78 monogononte und 12 digononte Spezies sind für das Gebiet erstmalig genannt. Mit Hilfe von Abbildungen werden einige bemerkenswerte Arten hinsichtlich ihrer Taxonomie, Ökologie und Verbreitung besprochen.
In dieser Arbeit werden einige Überlegungen zu einer in sich schlüssigen Logik des Code der Pflanzensoziologischen Nomenklatur vorgestellt. Sie betreffen die unterschiedlichen gedanklichen Ansätze von Syntaxonomie und Nomenklatur, die Notwendigkeit des Vorhandenseins der namengebenden Sippen in den nomenklatorischen Typen der Syntaxa, Typusaufnahmen von Subassoziationen, die vollständige Namensform der Syntaxa und die Bedeutung der nomenklatorischen Typen für die Bildung der Namen der Syntaxa, Neotypisierungen von Assoziationen nach Art. 21, die Identität von Syntaxa ohne Autorzitate in älteren Arbeiten und die Verknüpfung von syntaxonomischer und nomenklatorischer Arbeitsweise durch den nomenklatorischen Typus.
Wir Philologen haben gut reden. Wir sehen zu, wie andere, die zumeist nicht zu unserer Zunft gehören, die unübersehbare Fülle von Geschriebenem aus seiner jeweiligen Ursprache in alle möglichen Sprachen bringen, und wir verhalten uns dazu als interessierte Zuschauer. Wir haben allen Grund, uns daran zu freuen: Ohne diesen grenzüberschreitenden Waren- und Gedankentausch bliebe das Feld, auf dem wir grasen, enger und parzellierter, als es nach der Intention der Autoren und auch der Sache nach sein müsste. Wir können (sofern wir den nötigen Überblick haben) das loben, was die Übersetzer zu Wege gebracht haben: die Entsprechungen, die sie entdeckt oder erfunden haben, die Kraft, Geschmeidigkeit und Modulationsvielfalt, die sie in ihren Zielsprachen mit Tausenden von einleuchtenden Funden oder mit dem ganzen Ton und Duktus ihrer Übersetzungen erst aktiviert haben. Wenn wir es uns zutrauen, können wir ihnen ins Handwerk pfuschen und einzelne Stellen oder ganze Werke selber übersetzen. Wir können sie kritisieren, wo uns die vorgelegten Übersetzungen zu matt erscheinen oder wo sie sachlich oder stilistisch mehr als nötig ‚hinter dem Original zurückbleiben; wir können Verbesserungsvorschläge machen. Wenn wir Übersetzungen zitieren und es nötig finden, sie abzuwandeln, bewegen wir uns in einer Grauzone zwischen dem Respekt vor dem Übersetzer, der Lust an noch weiteren erkannten Potenzen des Textes und dem Drang, möglichst ‚alles, was wir aus dem Original herausgelesen haben, in der eigenen Sprache den Hörern oder Lesern nahezubringen.
Even if translation has a long tradition within the conveyance of foreign languages, there has been a vehement discussion on its role since the 1970s – at least with respect to some languages, such as English. In the context of German as a foreign language this topic has been discussed only to some extent. With this in mind, the following article aims to examine the role of translation in the field of the German as a foreign language with specific focus on the advantages and limitations associated with its conveyance and the resultant consequences.
Seit der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts zieht die Übersetzung im Fremdsprachenunterricht (FSU) das Interesse der Fremdsprachendidaktiker auf sich. In den anhaltenden Diskussionen über den Stellenwert der Übersetzung im FSU bestehen aber immer noch verschiedene Meinungen. Die Meinungsverschiedenheiten beruhen vor allem auf diversen miteinander konkurrierenden Lerntheorien und damit auch auf unterschiedlichen methodischen Prinzipien. Im Zusammenhang mit den herrschenden didaktischen Richtungen und mit den unterschiedlichen Lernzielen, die im Fremdsprachenunterricht verfolgt werden können, wird auch die Übersetzung unter mehreren Gesichtspunkten betrachtet und bewertet. Hinsichtlich der Funktion der Übersetzung ist es inzwischen üblich geworden, zwischen zwei Verwendungsweisen zu unterscheiden: Einerseits wird die Übersetzung als ein methodisches Mittel zur Festigung, Erweiterung und Prüfung sprachlicher Fertigkeiten angewendet, andererseits ist sie als eine eigene Fertigkeit selbst ein Übungs- und Unterrichtsziel.
Der Aufsatz analysiert die Sudelbuchaufzeichnung J 528 als Modellstudie zu grundsätzlichen aufklärerischen Fragen und als Beispiel für Lichtenbergs besonderes Denk- und Schreibverfahren in drei Hinsichten: 1) in epistemologischer beleuchtet Lichtenbergs Text das Verhältnis der Vernunft zu anthropologischen und sozialen Faktoren und gibt eine Art Genealogie des Rationalen; 2) in methodologischer und poetologischer ist der Text ein Paradigma für den Transfer wissenschaftlicher Methodik auf nichtwissenschaftliche Gegenstände; 3) in rezeptionstheoretischer findet diese Poetik ihr Pendant in einer von Lichtenberg ebenfalls bedachten aktiven, gegenstandgenerierenden Lektüre. In anderen Notaten in den Sudelbüchern ist er wahrnehmungsphysiologischen und -psychologischen Problemen auf der Spur, die die Gestalttheorie des 20. Jahrhunderts beschäftigen werden. Kritisch gegen selbstverschuldete Unmündigkeit wie gegen Rationalismus betreibt er Aufklärung über Aufklärung.