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I’m D.A. Pennebaker and I – well I guess normally I would say I directed this film, but it’s hard to direct David Bowie in any thing. He kind of does what he wants to do and so you really watch him. My role as director is very questionable, but I did cause this film to be made, let’s say (Audiokommentar Pennebakers in ZIGGY STARDUST, 0:00:21). Dieses Zitat zur Begrüßung auf der Audiokommentarspur des Films drückt nicht nur die von Pennebaker immer wieder reklamierte Bescheidenheit des Filmemachers vor der Inszeniertheit des Rockkonzerts aus, sondern ist auch essenziell für das Verständnis der filmischen Umsetzung des letzten Ziggy-Stardust-Konzerts im Londoner Hammersmith Odeon am 3. Juli 1973. Sofort nach den zu Ziggy und dem Glamrock passenden Neon-Credits setzt die filmische Erzählung mit einer Backstage-Szene ein, in der sich der Musiker und Schauspieler David Bowie in seiner Garderobe in die Bühnenfigur „Ziggy Stardust“ verwandelt. Die
Westernhagen – Keine Zeit
(2010)
Im Gespräch mit Liz Stubbs spricht Pennebaker mit der Finanzierung einen der zentralsten Produktionsfaktoren an. Als unabhängiger Filmemacher war er im Laufe seiner Karriere immer wieder gezwungen, hohe finanzielle Risiken einzugehen. Das Filmemachen ist teuer, erst recht, wenn mit Filmen wie THE WAR ROOM (1993) US-Präsidentschaftskandidaten begleitet werden und über längere Zeiträume viel Personal und Material eingesetzt werden muss. Laut eigener Aussage (Stubbs 2002, 48) macht Pennebaker nicht Filme, um viel Geld zu verdienen. Dennoch ist er natürlich auf finanzielle Mittel angewiesen, um die Filme auch beenden zu können und Kapital für weitere Projekte zu bekommen. Chris Hegedus stimmte im gleichen Gespräch zu und sagte, dass der Film mit Westernhagen ein großer Deal mit Warner Brothers gewesen sei, jedoch nicht in Amerika laufen könne, da er größtenteils in deutscher Sprache produziert wurde.
Filmische Biografien von Musikern gibt es schon seit dem Stummfilm. Aus dem Bereich klassischer Musik haben es Ludwig van Beethoven, Franz Liszt und Wolfgang Amadeus Mozart auf die meisten Filme gebracht. Aber auch ihre Kollegen Mahler, Schubert oder Wagner können filmische Darstellungen ihres Lebens vorweisen. Für das Massenmedium Film waren und sind Musikerbiografien als Stoffe für Spielfilme aus zweierlei Gründen interessant: zum einen, wenn es sich dabei um besonders populäre Vertreter handelt, und zum anderen, wenn mit den Musikernamen ein hohes kulturelles Ansehen verbunden ist. Die beiden Pole Entertainment und Hochkultur sind für das Mainstream-Kino, insbesondere für Hollywood, gleichermaßen faszinierend, erfüllen sie doch die unterschiedlichen, aber ebenso wichtigen Funktionen von Massentauglichkeit und kultureller Respektabilität. Für letzteres sind die filmischen Biografien klassischer Komponisten ein Beispiel, für ersteres ebensolche Filme, in deren Mittelpunkt die Walzerkönige und Operettenkaiser wie Johann Strauss Jr. und Franz Lehár stehen. Die filmische Biografie eines bestimmten Musikers hebt nicht nur diesen selbst aus der Masse hervor, sondern auch das musikalische Genre, das er repräsentiert.
Some kind of monster
(2010)
Alle Rockumentaries stehen vor dem Problem, Formen zu finden, die dem, was der Film zeigt, einen Eigenwert über die reine Dokumentation hinaus geben. Stehen sie schon auf Grund der ökonomischen Einbindung der Filmarbeit einerseits vor der Aufgabe, die gezeigten Bands oder Künstler in möglichst gutem Licht erscheinen zu lassen und ihnen ein positives Image zu verleihen, sind sie immer mit der Gefahr konfrontiert, den am Ende werblichen Zweck allzu deutlich auszustellen. Eine kritische oder auch nur skeptische Distanz zum Gegenstand (eine Band zu porträtieren, ein Konzert oder eine Tournee zu dokumentieren etc.) scheint sich schon im Vorfeld der Filmarbeit zu verbieten.
Als die amerikanische Rockband Matchbox Twenty im Jahr 2004 nach dem Start ihres Albums More Than You Think You Are auf Tour durch die Vereinigten Staaten gingen, beschlossen sie, der Tour einen Konzertfilm folgen zu lassen. Er wurde unter dem Titel SHOW: A NIGHT IN THE LIFE OF MATCHBOXTWENTY als Doppel-DVD veröffentlicht.
Don Alan Pennebaker
(2010)
Geboren am 15. Juli 1925, dreht der heute vierundachtzigjährige Don Alan Pennebaker, Sohn eines Fotografen, noch immer Filme. Nach seinem Militärdienst und einem Ingenieurstudium in Yale sowie am M.I.T in Cambridge arbeitete er in verschiedenen Berufen, bevor er auf Drew und Leacock stieß. Michael Barchet zufolge verdiente Pennebaker sein Geld zunächst als Werbetexter und entwickelte u.a. ein computergestütztes Buchungssystem für Fluglinien (Barchet 1991, 154). Inspiriert durch den Filmemacher Francis Thompson drehte Pennebaker mit Ende zwanzig mit DAYBREAK EXPRESS (1953) und BABY (1954) seine ersten Filme über die New Yorker U-Bahn und einen Zoobesuch mit seiner Tochter. Letzterer war eigentlich nichts anderes als ein Amateur-Familienfilm. Jedoch wurde ihm während des Schneidens bewusst, dass er nicht seinem Material eine Story aufdrängen, sondern dass er sich Story und Rhythmus später in der Montage aus sich selbst heraus entwickeln lassen sollte (Saunders 2007, 10).
ONE NIGHT IN PARIS entstand am 9. und 10. Oktober 2001 im Palais Omnisport, Paris. Zwar wird nur der 10. Oktober als Aufnahmedatum angegeben, der Song It Doesn’t Matter Two, der im Film zu sehen ist, wurde jedoch nur am 9. Oktober gespielt und zeigt somit, dass Material von beiden Auftritten verwendet wurde. An den fast zweistündigen Konzertmitschnitt schließt sich umfangreiches Zusatzmaterial an, unter anderem Interviews und Hintergrundinformationen über die Vorbereitung und Umsetzung der Tour.
Monterey Pop
(2010)
Der ästhetisch ambitionierte und kommerziell erfolgreiche Dylanfilm DONT LOOK BACK, den Pennebaker 1967 produziert hatte, machte die Produzenten des First International Monterey Pop Festivals auf den Dokumentaristen aus der Direct-Cinema-Gruppe um Robert Drew aufmerksam. Allerdings hatte er noch nie einen wirklichen Konzertfilm gemacht – in DONT LOOK BACK lag der thematische Schwerpunkt auf Dylan und nicht auf seiner Musik –, geschweige denn ein ganzes Festival verfilmt. In MONTEREY POP lässt Pennebaker die Interpreten die Geschichte des Festivals durch ihre Musik erzählen, ohne dass viele Worte verloren werden. Getreu seinem Filmstil vermied er erneut jegliche Erläuterungen übergeordneter Erzähler. Dennoch orientierte sich der Verlauf des Filmes an dem Festivalmitorganisator John Philipps und seinen Mamas and Papas als Headliner des Festivals. Eigentlich waren Pennebakers Aufnahmen für ein TV-Special konzipiert. Festival-Co-Produzent Lou Adler zufolge erkannte Pennebaker jedoch mehr in dem Material, ging darum schon in der Planung über den ursprünglichen Rahmen hinaus.
Ohne Film wäre die Geschichte der Rockmusik zweifellos eine andere geworden, als die, die sich uns heute im Rückblick darstellt. Bereits die Geburtsstunde des Rock‘n‘Roll, die Premiere des amerikanischen Films SAAT DER GEWALT (BLACKBOARD JUNGLE, USA 1955), weist dem Zweckbündnis von jugendorientiertem Musikmarkt und Filmgeschäft den Weg. Die Titelmusik des Films, Bill Haleys Rock Around the Clock, wurde durch den Film zum Hit und machte zugleich den Film zu einem Kassenschlager beim jugendlichen Publikum.
Live Aid
(2010)
“We just got the news that this concert is being shown on 95% of the televisions on earth” – der Schauspieler und Musiker Billy Connolly hätte korrekterweise sagen sollen, dass Live Aid auf mehr als 95% der weltweit installierten Fernsehgeräte hätte empfangen werden können. Selbst mit dieser Einschränkung handelt es sich bei dem Benefizkonzert-Spektakel aber immer noch um eine der bis dahin aufwendigsten und größten Liveübertragungen der TV-Geschichte.
Live after death
(2010)
LIVE AFTER DEATH begleitet Iron Maiden, eine der erfolgreichsten und dienstältesten Metalbands der Welt, auf ihrer World-Slavery-Tour 1984/85 zu ihrem gleichzeitig erschienenen fünften Studioalbum Powerslave. Für den Film wurde ein Konzert im März 1985 in der Long Beach Arena in Kalifornien ausgewählt. Hier spielte die Band an vier aufeinander folgenden Abenden vor insgesamt 52.000 Zuschauern. Zwei der Konzerte wurden filmisch dokumentiert, doch statt des eigentlich geplanten Zusammenschnittes wurde ein kompletter Auftritt als Film veröffentlicht.
Live 8
(2010)
Make Poverty History – nicht weniger als die Armut der Welt zur Vergangenheit zu erklären, war Ziel des weltweit zeitgleich stattfindenden Live-8-Konzerts vom 2. Juli 2005. In zehn unterschiedlichen Orten der G8-Staaten und im südafrikanischen Johannesburg versammelten sich ungefähr 170 Musik-Gruppen, die auf ihre Gagen für das Konzert verzichteten - ganz nach dem Motto: We don’t want your money, we want your voice. Diesen Spruch verwendete Sir Bob Geldof in der Werbung für Live 8. Die Zuschauer wurden dazu aufgefordert selbst aktiv zu werden und Botschaften mit ihrer Kritik und ihren Forderungen an den G8 Gipfel zu senden. Angelehnt war Live 8 an das legendäre LiveAid Konzert von 1985, welches damals um Spenden für Afrika warb. Im Rahmen des vom 6. bis zum 8. Juli in Schottland stattfindenden G8-Gipfels sollten die Stimmen der Zuschauer an die G8-Akteure ausgehändigt werden. Ein erklärtes Ziel von Live8 war, der Dritten Welt die Schulden zu erlassen und mindestens 25 Milliarden Entwicklungshilfe freizumachen. Nach den Konzerten konnten tatsächlich über 24 Millionen „Stimmen gegen Armut“ an die Veranstalter des G8-Gipfels übergeben werden.
Live fast, Love Hard, Die Young – es scheint fast so, als könnte dieses auf das Leben Jimi Hendrix' sicherlich zutreffende Leitmotiv auch dem vorliegenden Film metaphorisch vorangestellt werden. Denn der in zwei Abschnitte unterteilte Film erzählt in den ersten 22 Minuten in Interviewausschnitten aus Gesprächen mit diversen Zeitgenossen und ehemaligen Bandmitgliedern der Jimi Hendrix Experience (Mitch Mitchell und Noel Redding) den musikalischen Werdegang Hendrix’ bis zu seinem legendären Auftritt auf dem Monterey Pop Festival 1967 in rasanter Geschwindigkeit. Nur kurzer Stücke zu verschiedenen Themen werden hintereinandergeschnitten. Dabei erkennt man erst allmählich, dass die chronologische Reihenfolge der Themen auf das Festival hin zielt. Der zweite und längere Abschnitt des Films zeigt den gesamten Auftritt von Jimi Hendrix auf dem Monterey-Festival.
Global Metal
(2010)
7 Countries, 3 Continents, 1 Tribe - die Ausgangshypothese des Films wird im Untertitel beschrieben. Dieser soll den fortschreitenden Globalisierungsprozess von Heavy Metal dokumentieren und dabei vor allem die Zusammengehörigkeit und die Ähnlichkeiten von allen metalheads weltweit dokumentieren. Diese These wirft allerdings die Frage auf, ob ein bestimmter Musikstil es schaffen kann, trotz aller rund um den Globus vorhandenen Kulturdifferenzen und der daraus resultierenden Probleme Menschen zu begeistern und einen prägenden Einfluss auf ihr Leben auszuüben, eine Frage, der mit einem wissenschaftlich anthropologischen Forschungsansatz auf den Grund zu gehen sich lohnen könnte. Dunn propagiert es zu Beginn des Films, daran an die fast soziologische Perspektive seines ersten Films METAL: A HEADBANGER‘S JOURNEY (Kanada 2005) anknüpfend.
Die in THE FILTH AND THE FURY geschilderten Ereignisse um die Sex Pistols und die Punkszene im London der späten 1970er Jahre gehören mittlerweile zu den Standards der Popgeschichte – von ihrer Performance der Nummer 1-Single God Save the Queen (The Fascist Regime) auf einem Boot auf der Themse parallel zu den pompösen Feierlichkeiten des Krönungsjubiläum 1977, bis hin zum Tod der „No Future“-Ikone Sid Vicious und seiner Freundin Nancy Spungen in New York. Der Poptheoretiker Greil Marcus hat in seinem Buch Lipstick Traces detailliert die Verbindungen zwischen Punk und avantgardistischer Aktionskunst erläutert, und Jon Savage verfasste mit England´s Dreaming eine epische soziokulturelle Chronologie der Szene.
Elvis : Aloha from Hawaii
(2010)
Die einzige Show, die Elvis Presley selbst produziert hat, sollte gleich erfolgreicher werden als die Mondlandung: Über eine Milliarde Menschen sahen weltweit am 14. Januar 1973 Aloha from Hawaii, live oder zeitversetzt. Sie machten das erste per Satellit weltweit ausgestrahlte Konzert, das in 40 Ländern über die Fernsehsender ausgestrahlt wurde, zu einem riesigen Erfolg und zu Presleys großem Comeback. Das Konzert im Neal Blaisdell Center sorgte für so viel Aufsehen, dass der Bürgermeister von Honolulu den „Elvis-Presley-Day“ am 13. Januar als hawaiianischen Feiertag ausrief. Das Elvis-Presley-Denkmal, das am 26.7.2007 in Honolulu enthüllt wurde, erinnert an den legendären Auftritt.
Depeche Mode – 101
(2010)
Für den Tourfilm 101 der Synthie-Pop-Gruppe Depeche Mode wurde der bekannte Musikdokumentarfilmer D.A. Pennebaker zusammen mit seiner Ehefrau Chris Hedegus sowie David Dawkins engagiert, um die letzten Etappen der Tour filmisch im Stile des Direct Cinema zu begleiten. Die Wahl fiel deshalb auf genau dieses Filmteam, weil die Band einen unmanipulierten Einblick ins Tourleben geben wollte und man in Pennebaker und seinen Mitstreitern dafür die richtigen Leute vermutete. Der Sänger Dave Gahan erklärte: „Wir hatten gesehen, was er mit Dylan und Monterey Pop und der Kennedy-Doku gemacht hatte – diese Filme geben nur Tatsachen wieder. Allzu viele Bands lassen solche Filme mit genauen Drehbuchvorschiften, Klischees und viel Glanz und Glamour machen.“ Pennebaker äußerte eine ähnliche Intention: „Ich wollte einen Film über reale Leute im realen Leben machen“ (Malins 2007, 133).
Eric Clapton gilt als eher wortkarger Künstler, der Klappentext seiner eigenen Biografie besagt, er sei „bekannt für seine Verschlossenheit“. Den bildlichen Beweis dafür liefert der Konzertmitschnitt ERIC CLAPTON & FRIENDS IN CONCERT aus dem New Yorker Madison Square Garden im Juni 1999, dessen Besonderheit in einer ungewöhnlich deutlichen Distanzierung von Bühne und Zuschauerraum liegt. Während viele Künstler die Interaktion mit ihrem Publikum förmlich suchen und diese einen Großteil ihrer Bühnenshow ausmacht, findet sie bei Eric Clapton de facto nicht statt, eine Verbindung von Bühne und Auditorium wird gar nicht oder zumindest nur minimal angestrebt. Die Handlung auf der Bühne wirkt stattdessen wie ein Treffen virtuoser Musiker, die sich für eine gemeinsame Jam-Session zusammenfinden; die Gäste im Zuschauerraum dürfen dieser lediglich folgen, sind aber kein Teil davon. Folglich sind auch die Sequenzen, in denen das Publikum gezeigt wird, selten und vor allem kurz. Ihren Gipfel findet die Distanz zwischen Künstlern und Publikum darin, dass Clapton mehrfach für längere Zeit der Halle den Rücken zuwendet und sich ganz seinen Musikern widmet; während eines Solos seines Keyboarders Tim Carmon im Stück Old Love tut er dies für fast fünf Minuten.
Born to Boogie
(2010)
Mehr als 30 Jahre lagerten zeit- und musikgeschichtlich wichtige Dokumente fast unberührt in einem Depot in der Nähe Londons - Material, das eine Band porträtiert, die maßgeblichen Einfluss auf die Rockmusik allgemein genommen hat: T.Rex. Mit ihrem progressiven Rock und einer zunehmend glamourösen Attitüde, besonders des Frontmanns Marc Bolan, prägten sie wesentliche Elemente des 1970er-Jahre-Rocks.
Programmatik und Verfahren des Direct Cinema (mit besonderem Augenmerk auf Don Alan Pennebaker)
(2010)
Das amerikanische Direct Cinema, wie es 1960 unter der Leitung von Robert Drew mit PRIMARY, dem ersten Film der Gruppe um Richard Leacock und D.A. Pennebaker, entstanden war, gab rasch dem amerikanischen Dokumentarfilm und bald auch der internationalen Szene revolutionierende und revitalisierende Impulse. Es basiert auf der Erfindung Leacocks und anderer, mithilfe der Pilotton-Technik ein tragbares Tonaufzeichnungsgerät mit der 16mm-Kamera zu synchronisieren. Damit war der Dokumentarfilm sozusagen freigesetzt, man konnte den gefilmten Personen überallhin folgen und den authentischen Ton vor Ort aufzeichnen, während zuvor ein Tonstudio nötig war.
The concert for Bangladesh
(2010)
Hungersnöte, unzählige Millionen Kriegsopfer, Massenobdachlosigkeit und Flüchtlingswellen in zweistelliger Millionenhöhe - so präsentierten sich 1971 die Folgen des Krieges in Bangladesch. Weltweit berichtete die Presse von den dramatischen Elendszuständen. Eine Fülle von Hilfsorganisationen rief die Bevölkerung der Industriestaaten zur Hilfe auf. In diesem Kontext entstand auch ein Impuls, der den Gestus innergesellschaftlicher Opposition und eines allgemeinen Protestes gegen die moralischen und politischen Handlungsideale der westlichen Gesellschaften, der so typisch für die Rockmusik der späten 1960er und frühen 1970er zu sein schien, mit der Zuwendung zu den Zuständen in den Ländern der Dritten Welt verband. Der in den 1970ern so wichtige Nord-Süd-Konflikt war in der Rockmusikkultur angekommen. Das Concert for Bangladesh ging als erstes großes Wohltätigkeitskonzert in die Popgeschichte ein, wurde zum Vorbild vieler weiterer Großveranstaltungen (darunter die beiden Mammutveranstaltungen Live Aid, 1985, und Live 8, 2005). Angeleitet von dem Wunsch, die Situation der Bangladeschflüchtlinge zu verbessern, wandte sich der indische Musiker Radi Shankar an seinen Freund, den Ex-Beatle George Harrison. Dieser komponierte daraufhin die Benefiz-Single Bangla Desh und organisierte gemeinsam mit Shankar innerhalb von fünf Wochen zwei Konzerte, deren Erlöse der Flüchtlingshilfe zugute kommen sollten. Die beiden Konzerte, die am Mittag und Abend des 1. August 1971 im New Yorker Madison Square Garden vor insgesamt 40.000 Zuschauern stattfanden, wurden sowohl für ein Livealbum mitgeschnitten als auch gefilmt. Der Konzertfilm, der im Folgejahr erschien, enthielt im Gegensatz zu dem Album nicht die gesamte Setlist der Konzerte, dokumentiert dafür aber in einigen Szenen Phasen der Vorbereitung der beiden Shows.
1991 - The year Punk broke
(2010)
1991 begleitete der Regisseur Dave Markey die Bands Sonic Youth und Nirvana, damals noch eher unbekannte Underground-Bands, auf ihrer Tour durch Europa. Wer jetzt allerdings eine objektive Dokumentation erwartet, die intime Einblicke in das Bandleben und das Leben als Musiker gewährt, wird bei der Sichtung von 1991 – THE YEAR PUNK BROKE enttäuscht werden. Obwohl der Film dem Titel nach das Ende der Punk-Ära verkündet und somit versucht, sich in einen größeren Zusammenhang mit der Musikszene zu setzen, zeigt sich dies im Verlauf des Films eher als zufälliges Nebenprodukt denn als konkretes künstlerisches Anliegen. Der Film erweist sich eher als en passant bei einer Tournee entstandenes Nebenprodukt – man stecke ein paar überdrehte Rockmusiker zusammen und gebe ihnen eine Kamera; das Ergebnis veröffentliche man ein Jahr später (in diesem Fall 1992 auf VHS). Prinzipiell ließe sich durch eine solche Aufnahmeform ein durchaus authentisches Bild des Touralltags zeigen. Allerdings verfährt Markey nicht nach dem Prinzip des direct cinema, in dem die Kamera zum stillen Begleiter der Handlung wird. Die Kamera ist vielmehr immer präsent und lädt die Musiker zur Interaktion mit ihr ein. Beispielsweise begibt sich Thurston Moore, Frontman von Sonic Youth, mit einem Mikrofon bewaffnet auf die Suche nach hilflosen, gerne des Englischen nicht mächtigen Interviewpartnern und verwickelt sie in einigermaßen sinnlose Gespräche. Dass sich diese Szenen auch ohne Beisein der Kamera abgespielt hätten, ist zu bezweifeln.
65 Revisited
(2010)
Pennebaker hat doch zurückgeblickt. In weiteren fünfundsechzig Minuten zeigt er mit 65 REVISITED neue und ergänzende Facetten von Bob Dylan auf seiner 1965er Tournee durch England aus bisher unveröffentlichtem und digital aufgearbeitetem Material. Couchman (2002, 94) betont, dass Dylan über vierzig Jahre nach DON‘T LOOK BACK (1965) noch immer nichts von seiner enigmatischen Ausstrahlung verloren habe. Das gleiche gilt auch für den Film und für seine Ergänzung.
Bevor ich begann, mich mit dem Thema zu beschäftigen, schien alles klar: Die Fiktion gehörte zum Spielfilm, der Geschichten erzählt, während der Dokumentarfilm in den Bereich der Nichtfiktion fiel. Doch schon mit dem Begriff der Narration oder allgemeiner gesagt des Narrativen stellte sich das erste Problem: Spielfilme werden allgemein als narrativ bezeichnet, aber von welchem Moment an sind Dokumentarfilme narrativ? – Spätestens bei der nächsten Frage fing das Karussell sich zu drehen an: Wie steht es mit der Biographie oder der Autobiographie, für die angenommen werden darf, dass zumindest die Figur historisch verbürgt ist, die im Zentrum der Erzählung steht und deren mehr oder weniger kohärente Lebensgeschichte wir lesen oder sehen? Wo beginnt da die Fiktion, wo die Narration, und wie lässt sich die "Autofiktion" historisch verankern?
Die Filmanalyse hat sich schließlich als Kunst ohne Zukunft entpuppt! Offen gestanden ist sie an sich nie etwas anderes als der Gegenstand einer Illusion gewesen. Aus eben diesem Grund konnte sie paradoxerweise als eine eigenständige Tätigkeit erscheinen, gekennzeichnet von einer Art Selbstgenügsamkeit. Es kam vor, daß sie diesen Status für sich beanspruchte, ohne sich um die Verwirrungen und falschen Zuordnungen zu scheren, die sich daraus ergaben. Andererseits fand diese Tendenz ihre Bestätigung in den bibliographischen Bestandsaufnahmen: In ihrer nützlichen, doch zwiespältigen Art haben diese dazu beigetragen, daß die "Filmanalysen" zu einer selbständigen Theoriegattung werden konnten, welche keine andere Rechtfertigung besaß als die trügerische Fülle des Analyseaktes selbst.
Der unauffindbare Text
(1999)
Als 1964 unter dem Titel ,"Le cinéma: langue ou langage?" der erste Aufsatz von Christian Metz erscheint, steckt diese Frage eine Problematik ab, die bis zum Erscheinen von Langage et cinéma (Metz 1971) die semiologische Auseinandersetzung mit dem Film beherrscht: Es geht darum, die Tragfähigkeit der metaphorischen Redeweise von der "Filmsprache" zu untersuchen und zu verstehen, aufgrund welcher struktureller Eigenschaften das Kino dazu in der Lage ist, Bedeutung herzustellen und zu vermitteln. Insoweit dabei einzelne Filme eine Rolle spielen, werden sie als Beispiel herangezogen, um einzelne Kodes zu bestimmen und zu beschreiben. Gegen Ende der sechziger Jahre entstehen erste Arbeiten, die sich mit dem von der Semiologie bereitgestellten Instrumentarium daran machen, die Perspektive umzudrehen und die Frage zu stellen, wie die Kodes in singulären textuellen Systemen zusammenwirken und je spezifische Bedeutungseffekte entstehen lassen. Christian Metz, der in seinem Buch von 1971 auch den theoretischen Rahmen der filmischen Textanalyse absteckt, beschreibt das Verhältnis dieser beiden Herangehensweisen so: "In Langage et cinéma sagte ich, daß man entweder einen Film in allen seinen 'Kodes' erforschen (Filmanalyse) oder einen 'Kode' durch mehrere Filme hindurch verfolgen kann (Filmtheorie)" (Blüher/Tröhler 1990, 52).
Eine verlassene, öde Industrielandschaft zeugt vom Fortschritt der Vergangenheit. Wir befinden uns in der Nähe von Marseille, doch der Film könnte auch woanders beginnen. Fabrikanlagen, Schornsteine, Silos, zwischen den Rangiergeleisen wächst junges Gras, Baustellen, das Meer wirft seine Schaumkronen an den Strand - unweit davon versammeln sich Flamingos auf den Salzfeldern; der Himmel ist orangerot, dramatisch von dunklen Wolken durchzogen: die Bestandsaufnahme einer ruhigen Kamera, die in den Details der Ruinen das leise Leben sieht und überraschende Schönheiten entdeckt, ein Blick, der exakt auswählt, verweilt, dicht an den Dingen, und dann wieder über die .Landschaft oder in die Ferne gleitet. Dazu die Stimme Robert Kramers, ganz nah und behutsam, die den Prolog mit dem Satz beschließt: "J’etais en Europe et l’Europe etait en moi" ("Ich war in Europa und Europa war in mir.")
Die narrative Konstruktion des Films Inception von Christopher Nolan macht zwei Voraussetzungen: Der Film erzählt uns, dass man in die Träume anderer einsteigen kann und dass man träumen kann, dass man träumt. Damit liefert er zwei gegenläufige Modelle, eine Filmmetapher und eine Bewusstseinsmetapher: Zum einen zeigt er am Beispiel des Traums, wie das Medium Film funktioniert und auf unser Bewusstsein von Realität und auf unser Unbewusstes wirkt. Zum zweiten zeigt er uns, wie unser Bewusstsein funktioniert.
Der Begriff des doing gender als interaktive Inszenierung des sozialen Geschlechts (gender) hat sich auch in der Linguistik etabliert und ist vor allem für die Sprachverwendung bzw.- Gesprächslinguistik fruchtbar gemacht worden. Doch selbst etwas so biologisch determiniert Erscheinendes wie weibliche und männliche Stimmen, ihre Höhe, ihre Verlaufsmuster, sind konstruierter, als man dies bisher für möglich gehalten hatte. Der am stärksten und radikalsten segregierte sprachliche Bereich, die Rufnamen, wurde für das Deutsche erst 2003 mit der Arbeit "Naming Gender" von Susanne Oelkers empirisch auf die Kodierung von Geschlecht hin untersucht. Erstmals wird systematisch nachgewiesen, dass und worin sich Frauen- und Männernamen phonologisch-strukturell voneinander unterscheiden, außerdem, dass wir diese Geschlechtszuordnungen auch bei uns unbekannten Namen vornehmen. Das heißt, es besteht ein kollektives Wissen darüber, wie weibliche und männliche Rufnamen beschaffen sind.
Die Familiennamen sind als einziger Bereich der europäischen Sprachen in ihrer ausgeprägten räumlichen Vielfalt noch höchst unzureichend erfasst. Noch sind die geschichtlich gewachsenen Namenlandschaften in erstaunlicher Stabilität erhalten. Sie werden im Bereich der Bundesrepublik Deutschland durch den seit 2005 in Kooperation der Universitäten Freiburg und Mainz in Angriff genommenen und durch die DFG geförderten 'Deutschen Familiennamenatlas' (OFA) auf der Basis von Telefonanschlüssen (Stand 2005) dokumentiert. Im vorliegenden Beitrag werden Vorarbeiten, Ziele, Gesamtanlage des Projekts, Systematik und Repräsentativität der Themenauswahl in den beiden Hauptteilen (grammatischer und lexikalischer Teil) sowie Kriterien und Methoden der inhaltlichen Konzipierung und formalen Gestaltung der Karten und Kommentare vorgestellt und begründet. Aus den genannten Vorarbeiten werden auch schon Perspektiven künftiger Auswertung der in den Datenbanken archivierten Materialien und der im Atlas exemplarisch dokumentierten Strukturen der Namenlandschaften ersichtlich.
In this article we examine and "exapt" Wurzel's concept of superstable markers in an innovative manner. We develop an extended view of superstability through a critical discussion of Wurzel's original definition and the status of marker-superstability versus allomorphy in Natural Morphology: As we understand it, superstability is - above and beyond a step towards uniformity - mainly a symptom for the weakening of the category affected (cf. 1.,2. and 4.). This view is exemplified in four short case studies on superstability in different grammatical categories of four Germanic languages: genitive case in Mainland Scandinavian and English (3.1), plural formation in Dutch (3.2), second person singular ending -st in German (3.3), and ablaut generalisation in Luxembourgish (3.4).
In order to understand the specific structures and features of the German surnames the most important facts about their emergence and history should be outlined and, at the same time, be compared with the Swedish surnames because there are considerable differences (for further details cf. Nubling 1997 a, b). First of all, surnames in Germany emerged rather early, with the first instances occurring in the 11th century in southern Germany; by the 16th century surnames were common all over Germany. Differences are related to geography (from south to north), social class (from the upper to the lower classes) und urban versus rural areas.
Auto - bil, Reha - rehab, Mikro - mick, Alki - alkis : Kurzwörter im Deutschen und Schwedischen
(2001)
Das Kurzwort wird nach BELLMANN 1980 und KOBLER-TRILL 1994 definiert als eine sowohl graphisch als auch phonisch realisierte gekürzte Form, die aus einem längeren sog. Basislexem (einschließlich eines Wortgruppenlexems) hervorgeht (im Folgenden auch Vollform genannt). Dabei besteht zwischen Kurzwort und Basislexem, die weiterhin nebeneinander bestehen, eine Synonymie-Beziehung, d.h. beide referieren auf das gleiche Objekt (vgl. Limo und Limonade, Kripo und Kriminalpolizei).
In schwedischen Krankenhäusern ist es selbstverständlich, einen Krankenpfleger mit Syster 'Schwester' anzusprechen (also z.B. Syster Nils 'Schwester Nils'). Auch die Berufsbezeichnung von Schwester Nils ist weiblich: Er ist sjuksköterska, wörtlich 'Krankenpflegerin' (-ska ist schwedisches Movierungssuffix), also 'Krankenschwester'. Der im Schwedischen ganz geläufige Satz han är sjuksköterska 'er ist Krankenschwester' klingt für deutsche Ohren ungrammatisch. Vor etwa 30 Jahren war dies in Schweden nicht anders, doch hat man dieses Problem auf andere Weise gelöst als in Deutschland: Im Schwedischen ist die Sexusneutralisierung weiblicher Personen bezeichnungen möglich, genauer: möglich gemacht worden, während dies in Deutschland als unzulässiger Eingriff ins Sprachsystem betrachtet wird.
Extremely short verbs can be found in various Genn::.,nic languages and dialects; the sterns of these verbs do not have a fInal consonant «C-)C-V), and they always have a monosyllabic infinitive and usually monosyllabic fInite forms as weIl. Examples for these 'kinds of short verbs are Swiss Gennan hä 'to have', gö 'to go', g~ 'to give', n~ 'to take' which correspond to the Swedish verbs ha, gä, ge and tao The last example shows that such short verb formations also occur with verbs having (nearly) identical meanings but which do not share the same etymology. Apart from their shortness, these verbs are characterized by a high degree of irregularity, often even by suppletion, which sometimes develops contrary to regular sound laws. Furthermore they are among the most-used verbs and often tend towards grammaticalization. The present paper compares the short verbs of seven Germanic languages; in addition, it describes their various ways of development and strategies of differentiation. Moreover, it examines the question of why some languages and dialects (e.g. Swiss German, Frisian, Swedish, Norwegian) have many short verbs while others (New High German, Icelandic, Faroese) only have few, the paper discusses the contribution of short verbs to questions concerning linguistic change and the morphological organization of languages.
Extremely short verbs can be found in various Germanic languages and dialects; the roots of these verbs do not have a final consonant «C)-C-V), and they always have a monosyllabic infinitive and usually monosyllabic finite forms as well. Examples for these kinds of short verbs are Swiss German hä'to have', gä 'to go', gifii 'to give', nifif 'to take' which correspond to the Swedish verbs ha, ga, ge and ta. The last example shows that such shore verb formations also occur with verbs which do not share the same etymology. Apart from shortness, short verbs are characterized by a high degree of irregularity, often even by suppletion, which sometimes develops against sound laws. Furthermore they are among the most used verbs and often tend to grammaticalization. The present paper compares the short verbs of seven Germanic languages; in addition, it describes their various ways of development and strategies of differentiation. Moreover, it exarnines the question of why some languages and dialects (e.g., Swiss German, Frisian, Swedish, Norwegian) have many shore verbs while others (New High German, Icelandic, Faroese) do not. Finally, the paper discusses the contribution of shore verbs to questions concerning linguistic change and the morphological organization of languages.
Eigennamen vereinen viele Besonderheiten auf sich. Dazu gehört, dass wir im Fall der Rufnamen (= Vornamen) direkten und freien Zugriff auf ein riesiges Nameninventar haben, d. h. Eltern können ihr Kind, linguistisch betrachtet ein neues Referenzobjekt, mit einem (oder mehreren) Namen eigener Wahl versehen. Darin sind sie heute vollkommen frei, d. h. die Namen werden fast nur noch nach Geschmack (Wohlklang/Euphonie, Harmonie zum Familiennamen etc.) ausgesucht. Diese sog. freie Namenwahl ist noch nicht sehr alt, etwa gut 100 Jahre. Bis ins 19. Jh. hinein galt (mehr oder weniger) die sog. gebundene Namenwahl, d.h. die Nachbenennung der Kinder nach Familienangehörigen, nach Paten, nach Heiligen, nach Herrschern und anderen Personen.
In diesem Artikel wird erstmals der Wandel der phonologischen und prosodischen Strukturen der deutschen Rufnamen seit 1945 bis heute (2008) bezüglich der Kennzeichnung von Sexus beziehungsweise Gender untersucht. Auf der Grundlage der 20 häufigsten Rufnamen wird gezeigt, wie weibliche und männliche Namen sich diachron im Hinblick auf ihre Sonorität, die verwendeten Vokale (besonders im Nebenton), Hiate, Konsonantencluster, die Silbenzahl und das Akzentmuster verändern. Das wichtigste Ergebnis ist, dass heute die Rufnamen beider Geschlechter strukturell so ähnlich sind wie nie zuvor. Damit hat sich seit dem 2. Weltkrieg eine Androgynisierung vollzogen.
German linking elements are sometimes classified as inflectional affixes, sometimes as derivational affixes, and in any case as morphological units with at least seven realisations (e.g. -s-, -es-, -(e)n-, -e-). This article seeks to show that linking elements are hybrid elements situated between morphology and phonology. On the one hand, they have a clear morphological status since they occur only within compounds (and before a very small set of suffixes) and support the listener in decoding them. On the other hand, they also have to be analysed on the phonological level, as will be shown in this article. Thus, they are marginal morphological units on the pathway to phonology (including prosodics). Although some alloforms can sometimes be considered former inflectional endings and in some cases even continue to demonstrate some inflectional behaviour (such as relatedness to gender and inflection class), they are on their way to becoming markers of ill-formed phonological words. In fact, linking elements, above all the linking -s-, which is extremely productive, help the listener decode compounds containing a bad phonological word as their first constituent, such as Geburt+s+tag ‘birthday’ or Religion+s+unterricht ‘religious education’. By marking the end of a first constituent that differs from an unmarked monopedal phonological word, the linking element aids the listener in correctly decoding and analysing the compound. German compounds are known for their length and complexity, both of which have increased over time—along with the occurrence of linking elements, especially -s-. Thus, a profound instance of language change can be observed in contemporary German, one indicating its typological shift from syllable language to word language.
Was tun mit Flexionsklassen? : Deklinationsklassen und ihr Wandel im Deutschen und seinen Dialekten
(2008)
"Warum Flexionsklassen?" lautet ein synchron ausgerichteter Aufsatz von BERND WIESE (2000), an den dieser Beitrag aus diachroner und dialektaler Perspektive anschließt. Das hier zur Diskussion stehende Phänomen, nämlich die notorische Persistenz von Flexionsklasse (im Folgenden "FK") über Jahrhunderte, ja sogar Jahrtausende hinweg, dürfte noch eines der größten linguistischen Rätsel darstellen, die ihrer Lösung harren. HASPELMATH (2002, 115) eröffnet in seinem Band "Understanding Morphology" das Kapitel über "Inflectional paradigms" mit folgenden Worten: "Perhaps the most important challenge for an insightful description of inflection is the widespread existence of allomorphy in many languages."
Je nach regionaler Herkunft realisieren Sprecher des Deutschen die beiden Wörter "Verein" und "überall" unterschiedlich. [...] Der Grundgedanke dieser sprachtypologischen Unterscheidung, bei der wir uns hauptsächlich auf die Arbeiten von P. Auer (1993, 1994, 2001) sowie P. Auer / S. Uhmann (1988) beziehen, besteht darin, dass alle Sprachen eine Form von Isochronie anstreben.
Fluch- und Schimpfwortschätze sind aus kontrastiver Perspektive bisher kaum analysiert worden, sieht man von einer Vielzahl populärwissenschaftlicher Publikationen ab. Wissenschaftliche Publikationen beziehen sich meist auf eine Einzelsprache und greifen bei der Erklärung der Motive oft zu kurz, weil sie gerade benachbarte Kulturen und Sprachen (auch Dialektgebiete) zu wenig im Blick haben (Dundes 1983). Der vorliegende Beitrag leistet eine vergleichende Zusammenstellung der Fluch- und Schimpfwortschätze dreier mehr oder weniger benachbarter Sprachen, des (nördlichen) Niederländischen, des Deutschen und des Schwedischen, also zweier eng verwandter westgermanischer und einer nordgermanischen Sprache.
Gli Autori presentano i risultati preliminari dello studio interdisciplinare (geostratigrafia e paleopedologia; palinologia; malaccfaune; faune mammologiche; industrie; datazioni raiometriche) dei depositi würmiani, fortemente antropizzati, del Riparo Tagliente in Valpantena (Monti Lessini). I depositi più antichi, riferibili al I Pleniglaciale wiirmiano e alla parte iniziale del Würm medio, contengono industrie del Paleolitico Medio e della fase arcaica del Paleolitico Superiore (Aurignaziano a dufours). Una fase erosiva, la deposizione di ghiale fluviali all'esterno del riparo e fenomeni di geliflusso sono riconducibili al II Pleniglaciale würmiano. I depositi più recenti, riferibili al Tardiglaciale (dal Dryas antico all'oscillazione di Alleriöd), hanno dato industrie dell'Epigravettiano italico finale e altri resti di occupazione antropica del riparo (strutture di abitato, oggetti ornamentali, una sepoltura, opere d'arte). Le sequenze di industrie musteriane cd epigravcttianc del Riparo Tngliente costituiscono attualmente il punto di riferimento fondamentale per lo studio dei complessi del Paleolitico Medio e della fine del Paleolitico Superiore nell'Italia nordorientale.
A population of wild Rattus rattus living in the roofs of the laboratory buildings was studied by supplying food every evening and watching the behaviour of the animals at the feeding place. Some observations were also made on caged animals. The rats were predominantly of the black rattus variety but white-bellied greys appeared now and then. In breeding tests the grey colour behaved as though determined by a single recessive gene. The study covered two periods of approximately 9 months each, separated by an interval of 3 months during which a reduced quantity of food was provided and the rat population underwent a major decline. During the two periods of richer feeding the population first increased and then stabilized at a level where the animals remained in good condition and there was no starvation. In the first 9-month period, stabilization was achieved by emigration of young adults who colonized neighbouring buildings. Towards the end of the second period, stabilization was achieved by limitation of breeding. The rats accepted a wide variety of foods, including meat, and a number of instances of predation were seen. Small vertebrates as well as insects were killed and eaten. Small pieces of food were usually eaten in situ but large bits were taken up to the nests in the roof. Such differential treatment in relation to size may be a factor of some importance in the evolution of hoarding. The rats visiting the feeding place formed a unit with a definite social structure. A single dominant male and never more than one, was always present and in certain circumstances a linear male hierarchy was formed. There were usually two or three mutually tolerant top ranking females who were subordinate to the top male but dominant to all other members of the group. Within the group attacks were directed downwards in the social scale. An attacked subordinate either fled or appeased and serious fights therefore did not develop. The most essential component of the appease. ment appeared to be a mouth to mouth contact which may be derived from the infantile pattern of 'mouth suckling'. Appeasement permitted superior rats to maintain their status without the necessity of carrying attacks on subordinates to the point where actual hurt was inflicted. A group territory round the feeding place was defended against interlopers. Both sexes took part in chasing out intruders but since males showed inhibition in attacking females, the exclusion of strange females was due principally to the activities of the home females. The point at which pursuit of an intruder stopped was regarded as the territorial boundary. This was also the limit beyond which a group member would not allow himself to be chased but it was not a prison wall. When agonistic tendencies were not aroused the animals no longer always I turned back at the boundary and foraging beyond its limits allowed them to become familiar with an area larger than the territory. Although intruders were normally driven out, it was occasionally possible for a particularly determined animal of either sex to force its way in and ultimately become a member of the group. The patterns of behaviour seen are described, particularly those concerned with hostile encounters and with mating. Scent marking with urine drip trails was not seen but adults of both sexes marked by rubbing the cheeks and ventral surface on branches. The circumstances in which tooth gnashing was heard suggest that this behaviour is not a form of threat but a response to unfamiliar auditory or visual stimuli. There was some evidence that it functioned as an alarm signal within the group. Pilo-erection and a gait or posture with the hind legs much extended ('stegosauring') are considered to function as threats. Pilo-erection occurred in situations where there was little to suggest conflict and is considered to represent a form of threat which has undergone emancipation. Various forms of displacement and ambivalent behaviour were seen. Rapid vibration of the tail occurred in thwarting situations, either during mating or when a defeated opponent suddenly vanished. There was no evidence that it acted as a signal. The common form of amicable behaviour was social grooming. Another amicable action was sitting together with the bodies in contact. Animals reared in cages remained shy and wary and even hand reared young developed the usual alarm responses to movement and noises. Females had their first litters at ages of 3 to 5 months. For first litters gestation periods were 21 to 22 days but in females that were simultaneously lactating they ranged from 23 to 29 days. Eight was the commonest litter number and ten the highest recorded. At birth the tail is very much shorter than the body but has outstripped it by the time the youngster emerges from the nest. This was found to be the result of a period of extremely rapid tail growth immediately preceding emergence. In Rattus norvegicus the peak in tail growth rate was found to be later and less striking. The difference is interpreted as related to the importance of the tail in climbing in the more arboreal R. rattus. During the second week of life an edge response (retreat from a declivity) and a clinging response made their appearance: these have the function of preventing accidental falls from a nest situated above ground level. Mouth suckling was seen only during a period of a few days towards the end of lactation. Play developed within a few days of emergence from the nest: locomotor and fighting play were the common types. Older animals occasionally joined in play with the young. In problem solving tests, first solutions were not insightful but once a solution had been found, the successful technique was at once adopted and subsequently perfected. There was no evidence of learning by imitation but the rats did learn from each other's behaviour that food could be obtained at a certain location and thus the solution of a problem by one rat accelerated its independent solution by others. The reasons for the differences between the behaviour of the free living population and the caged animals studied by other authors are discussed.
The impact of naval sonar on beaked whales is of increasing concern. In recent years the presence of gas and fat embolism consistent with decompression sickness (DCS) has been reported through postmortem analyses on beaked whales that stranded in connection with naval sonar exercises. In the present study, we use basic principles of diving physiology to model nitrogen tension and bubble growth in several tissue compartments during normal div ng behavior and for several hypothetical dive profiles to assess the risk of DCS. Assuming that normal diving does not cause nitrogen tensions in excess of those shown to be safe for odontocetes, the modeling indicates that repetitive shallow dives, perhaps as a consequence of an extended avoidance reaction to sonar sound, can indeed pose a risk for DCS and that this risk should increase with the duration of the response. If the model is correct, then limiting the duration of sonar exposure to minimize the duration of any avoidance reaction therefore has the potential to reduce the risk of DCS.
Im Jahre 1932 wurden 4 Beobachtungen über Strömungen im Schwarzen Meere (Meerbusen Mamaia) mit folgendem Ergebnis angestellt: 1. Zwischen 24. Juni und 2. Juli wurde eine S.N.-Strömung beobachtet, deren Wasser am 26. Juni in den Meerbusen Mamaia eindrang und da ein plötzliches Temperatursinken um 8,40 C hervorrief. Die Fischbevölkerung änderte sich ebenso rasch, da mit dem kalten Wasser grosse Exemplare von Mugil cephalus, Temnedon saltator und Trachurus trachurus an der Stelle der sonst täglich an der Küste angetroffenen Fische traten. 2. Zwischen 5. und 12. Juli wurde eine Verminderung der Dichte von 1,010 auf 1,005 binnen 24 Stunden bei fast gleichbleibender Wassertemperatur festgestellt. Parallel mit der Verminderung des Salzgehaltes wurden im Meere grosse Mengen Süsswasserfische, besonders Karpfen, die aus der Donaugegend stammten, gefischt; andererseits warfen die Wellen Zweige und Wurzeln von Weidebäumen an die Küste. Diese Erscheinungen sprechen für das Vorhandensein einer N.S.-Strömung, die in dieser Zeit in den Mamaiaer Meerbusen einströmte. 3. In der Zeitspanne 22. August - 18. September wurde die N.S.-Strömung wieder beobachtet, da sie eine abermalige Verminderung des Salzgehaltes im Meerbusen herbeiführte. Am 23. August wurde die Hauptströmung zirka 10 km. vor Constantza, in der Gegend der 20-25 m. Tiefenlinie gefunden (bei 27° C war die Dichte 1,005). Durch langanhaltende und wiederholte N.O.- und O.-Winde wurde das warme Wasser der N.S.-Strömung in den Meerbusen Mamaia getrieben, sodass dort am 11. September das Dichteminimum von 1,0039 bei 22,5° C erreicht wurde. 4· Schliesslich wurde zwischen 31. Oktober und 7. November ein Eindringen von kaltem Wasser in denselben Meerbusen beobachtet, das ein plötzliches Temperatursinken von 16° C auf 6,50 C bei fast gleichbleibenden Dichtewerten zur Folge hatte. Dieses kalte Wasser gehörte der S.N.-Strömung an, denn wir stellten in dieser Zeit fest, dass die Stellnetze 100-.300 m. weit nordwärts von ihrem Platze getrieben wurden . Der Fischfang zeigte sich ergiebig zwischen 15,5° C und 8° C., während bel 6,5° C die Makrelen, die vorher in grossen Mengen gefangen wurden, ausblieben.
Notes on irish plants
(1909)
The siliceous claystone and chert lithologic units of the Triassic-Jurassic chert-clastic sequence are well exposed in the Inuyama, Mt. Kinkazan and Hisuikyo areas of the southeastern Mino Terrane. Twenty-one continuous sections from those areas were investigated in order to establish comprehensive radiolarian biozones and clarify the successive lithologic changes through the Triassic and lowest Jurassic. Twenty new radiolarian zones are established; the lowest two are assemblage zones and the others are defined by the first or last occurrence of index taxa. The definitions are as follows in chronological order: TR 0, Follicucullus Assemblage Zone (early Spathian or older); TR 1, Parentactinia nakatsugawaensis Assemblage Zone (late Spathian); TR 2A, Eptingium nakasekoi Lowest-occurrence Zone (early Anisian); TR 2B, Triassocampe coronata group Lowest-occurrence Zone (early Anisian); TR 2C, Triassocampe deweveri Lowest-occurrence Zone (late Anisian); TR 3A, Spine A2 (possiblly derived from Oertlispongus inaequispinosus) Lowest occurrence Zone (late Anisian) ; TR 3B, Yeharaia elegans group Lowest-occurrence Zone (early Ladinian); TR 4A, Muelleritortis cochleata Lowest-occurrence Zone (late Ladinian); TR 4B, Spongoserrula dehli Lowest-occurrence Zone (late Ladinian to early Carnian); TR 5A, Capnuchosphaera Lowest-occurrence Zone (early Carnian); TR 5B, Poulpus carcharus sp. nov. Lowest-occurrence Zone (early to late Carnian); TR 6A, Capnodoce- Trialatus Concurrentrange Zone (late Carnian to early Norian), TR 6B, Trialatus robustus-Lysemelas olbia gen. et sp. nov. Partial-range Zone (early Norian); TR 7, Lysemelas olbia gen. et sp. nov. Lowest-occurrence Zone (early to late Norian); TR 8A: Praemesosaturnalis multidentatus group Lowest-occurrence Zone (late Norian); TR 8B: Praemesosaturnalis pseudokahleri sp. nov. Lowest-occurrence Zone (late Norian) ; TR 8C: Skirt F (possiblly derived from Haeckelicyrtium takemurai) Lowest-occurrence Zone (late Norian to early Rhaetian); TR 8D: Haeckelicyrtium breviora sp. nov. Taxon-range Zone (early to late Rhaetian) ; JR OA: Haeckelicyrtium breviora sp. nov.-Bipedis horiae sp. nov. Partial-range Zone (Hettangian); and JR OB: Bipedis horiae sp. nov. Lowest-occurrence Zone (Hettangian/Sinemurian) . These zones are correlated to previousy established radiolarian assemblages and zones in Japan and other regions. Age assignment of the zones is also discussed on the basis of the correlation and other available chronological data. The original stratigraphic succession of the Triassic in the studied area, which ranges in age from Early Triassic to Early Jurassic, is more than 100 m in thickness and can be reconstructed in detail. The succession is subdivided into seven units based on lithologic features. Each unit was probably accumulated under a particular sedimentary condition, thus successive changes of paleoceanographic environments during Triassic time can be traced continuously. Nine new genera including Ayrtonius, Blonzella, Braginella, Bulbocampe, Enoplocampe, Lysenzelas, Parvibrachiale, Spongoxystris and Veles, and 47 new species are described herein. A comprehensive list of identified taxa is presented.
In seinem Buch Moderne Horrorfilme widmet sich Frank Hofmann dem, wie er sich ausdrückt, „leidigen Thema der thematischen Definition“ des Horrorfilms. Bei eingehender Betrachtung fällt auf, daß es sich bei seinem Vorschlag nurmehr um eine Paraphrase derjenigen vier Punkte umfassenden Definition handelt, die Liz-Anne Bawden bereits 1976 in dem von ihr herausgegebenen Oxford Companion to Film vorgelegt hat. Hier tritt ein Mißverhältnis zutage; Einerseits scheint immer noch ein Bedarf an einer Definition zu bestehen, die das vielseitige und fortwährend Variationen hervorbringende Genre Horrorfilm hinreichend beschreiben kann, andererseits aber zeichnet sich dann der neuere Definitionsversuch einzig durch Wiederholung des bereits Dargelegten aus. ...
Den eigentlichen - und ganz vorläufigen - Thesen zum Themenkomplex der Schwangerschaft im Horrorfilm will ich kurz einige Bemerkungen zu diesem Genre vorwegschicken. Der Horrorfilm ist vielseitig: Sowohl die Handlungsstrukturen, als auch die formalen Mittel, als auch die bemühten Motivkreise bieten im historischen Überblick eine enorme Bandbreite. Aus diesem Grund halte ich den Versuch einer Genredefinition des kanadischen Filmwissenschaftlers Robin Wood für überzeugend. Der nämlich gibt eine Basisformel für den Horrorfilm, die da lautet: "Normality is threatend by the monster" (Die Normalität wird von dem Monster bedroht; 1984, 175). Diese Basisformel argumentiert ganz offensichtlich auf einer abstrakten Ebene, auf der sie zwei oppositionelle Größen - die Normalität und das Monster - unterscheidet, um ihre Relation zueinander zu benennen: die Bedrohung. Wer hier die Normalität repräsentiert und durch welche Spezies das Monster aufgefüllt wird, bleibt auf dieser Beschreibungsebene also erst einmal ausgeklammert; wichtig ist zunächst die basale Konstellation zweier Fraktionen, von denen die eine die Existenz ihres Widerparts nicht duldet.
And the Roads Lead to Nowhere : die Jungfrauenquelle und Last House on the Left als Transformationen
(2003)
Wes Cravens Last House on the Left (1972) ist ein Vorläufer des Rape-Revenge- enres, in dem auf eine Vergewaltigung gewaltsame Rache folgt. Er gehört zu denjenigen Filmen, die sich durch die Visualisierung exzessiver am Körper, am Fleisch verübter Gewalt auszeichnen und daher als Splatter bezeichnet werden. Die Entstehung des Splatterfilms wird mit der kulturellen Situation in den USA der Vietnam-Ära in Zusammenhang gebracht. Als filmische Vorläufer gelten Hitchcocks Psycho (1960) sowie frühe amerikanische Exploitation-Filme der 1960er Jahre, wie Herschell Gordon Lewis’ Blood Feast (1963) oder George A. Romeros Night of the Living Dead (1968). Neben den Verbindungen von Splatterfilmen der 1970er Jahre zum amerikanischen (Low-Budget-)Kino der vorausgehenden Dekade lassen sich aber auch Einflüsse des europäischen Autorenkinos auf das Genre ausmachen. Regisseure wie Carpenter, DePalma, Hooper und Romero werden in Anlehnung an den Auteur- egriff dem sich in den späten 1960ern entwickelnden »American Auteurism« zugerechnet (Carroll). Am Beispiel von Last House wird diese Verbindung offenkundig, denn bei Cravens Film handelt es sich um ein Remake von Jungfrukällan des schwedischen Regisseurs Ingmar Bergman von 1960. Der Film lief in den USA und Deutschland im selben Jahr unter dem Titel Virgin Spring respektive Die Jungfrauenquelle an.
Die Tragödie des Geistes
(1895)
Vorläufige Aufstellung von in der Umgegend von Cassel vorkommenden Netz- und Geradflüglern : I.
(1901)
Romane in Zeitungen
(1900)
Der Aufsatz bringt Edward W. Sojas Idee einer Trialektik des Raumes, Homi K. Bhabhas Begriff des Zwischenraums sowie Michel Foucaults Konzept der Heterotopien mit der Betrachtung des filmischen Raumes in Verbindung. Dabei steht die Frage im Vordergrund wie der Film und der in ihm gezeigte Raum das Raumdenken eines « spatial turn » in Zeiten globaler Bilder- und Menschenwanderungen transportieren kann. Der Blick auf den Raum konzentriert sich auf die Darstellung der französischen Großstadt Paris im Film und die damit in Verbindung zu bringende Dialektik von Zentrum und Peripherie. In einem ersten Schritt wird untersucht wie sich im Kontext fortschreitender Entterritorialisierungen eine städtische Segregation konstituiert, auf die in einem zweiten Untersuchungsschritt durch den Film erneut Bezug genommen wird. Eine Brücke zwischen der Imagination des Films und der Frage nach der Vorstellung des realen Raums schlägt der Rückgriff auf Foucault und Soja. Mit der Betrachtung des filmischen Raumes und des Filmbildes als Heterotopie oder Thirdspace ist es möglich, den im Film dargestellten Raum nicht allein durch eine ästhetisch-interpretative Folie zu betrachten, sondern die Grenzen zwischen filmischer Imagination und einer de facto Realität im Kontext des Raum-Denkens zu transzendieren
The purpose of this study of early social-cognitive development was to assess the very young child's behaviorally expressed knowledge of people's visual-attentional acts and abilities. Boys and girls (N = 60) 1, 1 1/2, 2, 2 1/2, and 3 years of age were tested in their homes with their mothers' help. Three sorts of tasks were used: 1. Percept production. The child's task was to produce a visual percept in the other. Examples include pointing to objects ("productive pointing") and a wide variety of object-showing problems. 2. Percept deprivation. The opposite, exemplified by a variety of object-hiding problems. 3. Percept diagnosis. The child's task was to determine what the other was already visually attending to, either by looking where his or her finger was pointed ("receptive pointing") or where his eyes were directed. It was found that the majority of l-year-olds produced and comprehended pointing, and would sometimes hold out a toy to show it, but did little else. The 3-year-olds were at ceiling on virtually all tasks. At 1 1/2 years, children usually showed a picture by holding it flat so that both they and the other could see it. From 2 on, they usually turned it toward the other in the adult fashion. Very few children of any age showed egocentrically - i.e., orienting the picture so only they could see it. By age 2, the children solved what were presumably novel showing problems for them: e.g., successfully showing to another a picture pasted on the inside bottom of a hollow cube. Hiding ability emerged later than showing ability but seemed well established by age 3. The role of the other's eyes in seeing appeared to be quite well understood at least by age 2-2 1/2. As examples, children of this age took the other's hands away from her or his eyes before trying to show her something, and could usually tell where she was looking from her eye orientation alone. These age trends presumably reflect important developments in the area of social interaction and communication, as well as with respect to cognition about percepts.
Forty-two chemicals were tested for their ability to induce cytogenetic change in Chinese hamster ovary cells using assays for chromosome aberrations (ABS) and sister chromatid exchanges (SCE). These chemicals were included in the National Toxicology Program's evaluation of the ability of four in vitro short-term genetic toxicity assays to distinguish between rodent carcinogens and noncarcinogens. The conclusions of this comparison are presented in Zeiger et al. [Zeiger E, Haseman JK, Shelby MD, Margolin BH, Tennant RW (1990): [Environ Molec Mutagen 16(Suppl 18): 1-14]. The in vitro cytogenetic testing was conducted at four laboratories, each using a standard protocol to evaluate coded chemicals with and without exogenous metabolic activation. Most chemicals were tested in a single laboratory; however, two chemicals, tribromomethane and p-chloroaniline, were tested at two laboratories as part of an interlaboratory comparison. Four chemicals (CI. basic red 9 HCI, 2-mercaptobenzothiazole, oxytetracycline HCI, and rotenone) were tested for SCE in one laboratory and in a different laboratory for ABS. Tetrakis(hydroxymethyl)phosphonium sulfate was tested at one laboratory and the chloride form was tested at a different laboratory. Twenty-five of the 42 chemicals tested induced SCE. Sixteen of these also induced ABS; all chemicals that induced ABS also induced SCE. There was approximately 79"10 reproducibility of results in repeat tests, thus, we conclude that this protocol is effective and reproducible in detecting ABS and SCE.
El autor hace observaciones sobre diferentes formas de Enmolpidos sudamericanos. Agrega una lista provisoria de especies y variedades argentinas. Llama la atención sobre el hecho que los Eumolpidos son mal conocidos y sobre la necesidad de revisar el sistema de clasificacion de este grupo, en lo que se refiere a los géneros y tribus. Se enumeran 87 especies de Eumolpidos para la República Argentina, varias de ellas señaladas por primera vez en el país.
Die landläufige Meinung über Meisels Komposition zu "Berlin - Die Sinfonie der Grossstadt" diskreditiert die Musik vorrangig als illustrativ, die Bildinhalte allein verdoppelnd, klischeehaft und deswegen künstlerisch als nicht sonderlich wertvoll. Diese Einstufung trifft, so pauschal und plakativ wie beispielsweise bei Helga de la Motte-Haber und Hans Emons (1980, 60f) sowie Werner Sudendorf (1984, 20ff) deklariert, nicht zu.
Dialectal variation in german 3-verb clusters : a surface-oriented optimality theoretic account
(2004)
We present data from an empirical investigation on the dialectal variation in the syntax of German 3-verb clusters, consisting of a temporal auxiliary, a modal verb, and a predicative verb. The ordering possibilities vary greatly among the dialects. Some of the orders that we found occur only under particular stress assignments. We assume that these orders fulfil an information structural purpose and that the reordering processes are changes only in the linear order of the elements which is represented exclusively at the surface syntactic level, PF (Phonetic Form). Our Optimality theoretic account offers a multifactorial perspective on the phenomenon.
Die Herediät der Psychosen
(1913)
Ererbt ist dasjenige, was die Nachkommen von den Vorfahren durch die Keimzellen erhalten haben (0rth). Während es im strengen Sinne des Wortes keine ererbten Krankheiten gibt, so können wir doch einerseits eine Reihe von erblich übertragbaren Anomalien und Missbildungen Sechslingrigkeit, Kolobom) und andrerseits nehmen wir in vielen Fälen eine Erblichkeit der Krankheits-Anlage an. ...
Gibt es irgendeine Berechtigung, die ausgetretenen Pfade der Interpretation erneut zu beschreiten und sich den Liedern aus Goethes Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre noch einmal und immer wieder zu nähern? Uferlos erscheint die Liste der Forschungsarbeiten, die sich mit diesen Liedern und/oder der Figur Mignon beschäftigen; gerade Mignon hat in der "Deutungstradition" von Goethes Bildungsroman ihren unbestrittenen Platz. Warum also noch einmal? Ein gewisses Anrecht auf ein wiederholtes und neues Lesen der bekannten Stellen genehmigt Goethes Roman selbst, sind es doch gerade Mignons Lieder, die sich zur mehrfachen und dauerhaften "Wiederholung" bekennen, ja die eine dauernde Wiederholung sogar einfordern. Man hat schon von einem "Wiederholungszwang" gesprochen, der durch diese Lieder vorangetrieben werde. Mignons Lieder arbeiten nicht nur häufig mit der Wiederholungsfigur des Refrains; auch ihr Hörer Wilhelm kann nicht umhin, sich diese Lieder mehrfach "wiederholen" zu lassen (234). Könnte es also sein, dass in dieser Wiederholungsmanie ein Hinweis darauf steckt, wie diese Lieder zu verstehen sind?
Articulatory token-to-token variability not only depends on linguistic aspects like the phoneme inventory of a given language but also on speaker specific morphological and motor constraints. As has been noted previously (Perkell (1997), Mooshammer et al. (2004)) , speakers with coronally high "domeshaped" palates exhibit more articulatory variability than speakers with coronally low "flat" palates. One explanation for that is based on perception oriented control by the speaker. The influence of articulatory variation on the cross sectional area and consequently on the acoustics should be greater for flat palates than for domeshaped ones. This should force speakers with flat palates to place their tongue very precisely whereas speakers with domeshaped palates might tolerate a greater variability. A second explanation could be a greater amount of lateral linguo-palatal contact for flat palates holding the tongue in position. In this study both hypotheses were tested.
Si espongono i risultati delle ricerche, riguardo agli scavi alla stratigrafia, la sedimentologia e alla industria litica, nel giacimento di Montemiletto (AV). Si tratta di una frattura beante il cui riempimento è probabilmente avvenuto in un breve arco di tempo e comprende tre momenti principali di sedimentazione: sedimenti fini (argille) nella parte più bassa, grossolani (sabbie) nella parte mediana e ancora fini (limi) in quella alta. L'industria litica, raccolta in tutti i livelli, e omogenea nell'intera serie, è riferita ad un Musteriano a denticolati, caratterizzato da una scarsa varietà di tipi; in genere su scheggia piatta; di tecnica debolmente levallois.
Der Rekonstruktionsversuch der Werkgenese und der Editionsgeschichte des ersten in Druck erschienenen deutschsprachigen Schriftstellerlexikons der siebenbürger Sachsen mag angesichts des derzeitigen Forschungsstandes gewagt erscheinen, ist jedoch mehr als notwendig. Das 18. Jahrhundert ist – was Siebenbürgen betrifft – keine bevorzugte Epoche der Literaturgeschichtsschreibung, stellt Stefan Sienerth in der Geschichte der siebenbürgisch-deutschen Literatur im achtzehnten Jahrhundert resigniert fest. Als beinahe unüberwindbares Hindernis tut sich die Gattungs-, Formund Gehaltvielfalt der Texte aus der Zeit des Pietismus und der Aufklärung auf, infolge dessen meistens nicht die Literaturwissenschaft, sondern die verwandten Disziplinen mit den schriftlichen Zeugnissen des 18. Jahrhunderts sich auseinandersetzen; aber auch das fehlende, da unerforschte und unedierte Quellenmaterial erschwert die (literatur)wissenschaftliche Erforschung der Epoche. Besonders deutlich manifestiert sich dies am Beispiel des Johann Seivert.
Ausgangspunkt und Fokus des vorliegenden Textes sind die Verschränkung zweier Forschungsfelder und Reflexionsräume: Gender(-Forschung) und Dekonstruktion. Jedes einzelne dieser Felder ist selbst schon transdisziplinär angelegt und befindet sich am Schnittpunkt von Literaturwissenschaft (Ästhetik, Rhetorik), Philosophie (Sprachphilosophie, Sprechakttheorie, Erkenntnistheorie), Soziologie und Psychologie (Psychoanalyse). Mit dem Text möchte ich den LeserInnen einen grundlegenden Einblick in die Verwobenheit und wechselseitige Verwiesenheit der Kategorie Gender mit der Dekonstruktion bzw. mit dekonstruktiven Reflexionsansätzen erschließen.
Literatur gilt trotz vielfältiger neuer Medienangebote als bedeutende kulturelle Praxis. Diese wurde und wird wissenschaftlich erforscht, wobei in den letzten Jahrzehnten gendertheoretischen Ansätzen wachsende Bedeutsamkeit zugemessen wurde. Gendertheoretisch orientierte Forschung kann und soll die Literaturwissenschaften unterstützen und begleiten. Sie kann zum Beispiel darüber nachdenken, wie literarische Texte funktionieren und wie geschlechtliche Identitäten in diesen konstruiert werden bzw. organisiert sind. Diese Untersuchung erfolgt theoriegeleitet, wobei Theorie und Praxis nicht als starre Oppositionen gefasst werden, sondern als in Wechselwirkung stehende verwobene dynamische Konzepte.
"An der nördlichen Grenze des Aalbuchs, wo sich das Gebürge in den Gauen, die der Kocher und die Rems bewässern verliehrt, erhebt sich an der Spitze eines in das Thal hervorspringenden Hügels, kühn und trotzig, ein ungeheurer Felsen, auf drei Seiten durch senkrechte Wände unzugänglich, und auf der vierten, durch einen schmalen Fußsteig mit der Ebene des Gebürgs verbunden. Eine hohe Mauer, aus mächtigen Quadern aufgeführt, und an der westlichen Eke ein runder Thurm, stark verletzt durch den Zahn der Zeit, - verkündigen hier dem Wandrer, den ehemaligen Wohnsitz eines deutschen Ritters. Eine unermeßliche Gegend überschaut der Beobachter in den Ruinen der zerstöhrten Burg, die man nur mit Mühe und Gefahr erklettert. Denn an einem schauerlichen Abgrund, zieht sich der schmale, klippigte Fußsteig herum, der allein auf den Gipfel des Felsen führt, und wildes Gesträuch und Dorngebüsch, aus verwitterten Steinen hervorgewachsen, machen die Tritte unsicher. Rosenstein ist der Name der Burg. Auf dieser Felsenspitze siedelte im fernen Mittelalter Ulrich von Rosenstein, ein stattlicher schwäbischer Ritter, kühn und tapfer, bieder und fromm, der nie aus einem Streite als Besiegter, nie von einem Turniere ohne Dank zurückgekommen war. Er war der Schreken der Boßheit und die Zuflucht der Tugend. Unermeßlich war sein Reichthum, groß die Zahl seiner Hintersaßen, und wol vierzig Edelknechte, zog er aus zur Fehde, folgten seinem Banner." Mit diesen Worten beginnt ein anonym bei dem Basler Drucker Flick im Jahr 1795 erschienener Ritterroman "Ulrich von Rosenstein. Eine Geschichte aus der Ritterzeit". Sein Autor, der sich spätestens in seinen (posthum veröffentlichten) Lebenserinnerungen zu dem belletristischen Werk bekannte: der evangelische Pfarrer von Neubronn, Johann Gottfried Pahl, damals 27 Jahre jung. Der gebürtige Aalener war einer der begabtesten ostschwäbischen Autoren seiner Zeit, wenig später sollte er sich als württembergischer Publizist einen Namen machen.
Rechtzeitig zu Jesu Geburtstag beschäftigt sich Marcus Stiglegger mit der Darstellung Maria Magdalenas in der Populärkultur: vom deutschen 80er-Jahre-Pop über die Theorien von "Der heilige Gral und seine Erben" bis hin zum "Magdalena-Evangelium". Von Zeit zu Zeit wird man in den populären Medien Zeuge einer erstaunlichen Wiederkehr: Rekurrierend auf die symbolische Kraft traditionell etablierter Ikonen, erleben diese auf unterschiedliche Weise ihre Erneuerung. Erinnert sich noch jemand an Sandras mädchenhaften Popsong "Maria Magdalena" aus den 80er Jahren? Hier war es ein Bezug ex negativo, der sich auf die christliche Ikone bezog: "I´ll never be Maria Magdalena/(you´re a creature of the night)/Maria Magdalena/(you´re a victim of the fight)/(you need love)/promise me delight/(you need love)." Tatsächlich aber war ein popkultureller Bezug schon Mitte der Achtziger nicht unerwartet.
Erfahren Sie im vierten und letzten Teil das Endergebnis von Marcus Stigleggers spannender Analyse zur filmischen Konstruktion von Ikonen - und lernen Sie den fleischgewordenen Rachegott aus der Steiermark näher kennen. Eine Ikone des Kinos der 80er Jahre ist zweifellos "hardbody" Arnold Schwarzenegger, der sich endgültig durch seine physische Präsenz in John Milius´ epischem Fantasy-Film "Conan the Barbarian" als Hollywood-Star etabliert hatte. Zuvor war er in den USA bereits als role model des Bodybuilding berühmt geworden und hatte einige kleine Filmrollen absolviert, die diese Funktion reflektierten. Der cimmerische Racheheros aus Robert E. Howards * Erzählungen erschien ihm wie auf den Leib geschrieben, und tatsächlich konnte er auf dieser Rolle seine folgende Karriere als Prototyp des Action-Kinos der Reagan-Ära begründen. Sein massiver österreichischer Akzent schien ihn umso geeigneter zum brachialen Gewaltkörper zu prädestinieren. Zugleich ging die von ihm mitgelegte Saat auf, die den Körperkult in Kalifornien (Bodybuilding, Aerobic) zur Manie werden ließ. Der von Muskelmassen gepanzerte Männerkörper, den Schwarzenegger mit Sylvester Stallone, Dolph Lundgren und Jean-Claude van Damme gemeinsam hatte, wurde zum männlichen Ideal der hochgerüsteten Zeit der zweiten Kalten Krieges.
Nach archaischen Bildern und gestählten Körpern wendet sich Marcus Stiglegger der legendären Blondine und dem amerikanischen Helden per se zu. Wie wird ein Filmschauspieler nun tatsächlich zu einer Ikone mit Star-Qualität, was erzeugt dieses innere Leuchten (die Aura) der Stars? Neben dem bereits beschriebenen filmisch konstruierten und idealisierten Körper erscheinen vor allem die Pose und die spezifische Geste wichtig, die als Solospiel den Fluß der filmischen Erzählung unterbrechen und zugleich hohen Erinnerungswert haben. Die meisten klassischen Filmstars sind mit wenigen Attributen zu charakterisieren und an denselben zu erkennen, sei es der schleppende Gang von John Wayne, das hektische o-beinige Watscheln von Charlie Chaplin, die exponierte und dennoch naive Sinnlichkeit von Marilyn Monroe. Diese Qualitäten werden zum Zentrum einer Sequenz aus Luc Bessons romantischem Thriller "Léon the professional"/ "Léon - Der Profi" (1992), in dem die junge Mathilda (Nathalie Portman) mit dem fürsorglichen Killer Leon (Jean Reno) spielerisches Star-Raten spielt und die ikonischen Qualitäten dieser Stars klar identifizierbar ausstellt.
Was haben Herrschaften wie Conan, Rambo oder John McClane mit Heiligendarstellungen zu tun? Mittlerweile eine Menge - wie ":Ikonen:"- Herausgeber Marcus Stiglegger zu berichten weiß. Die Entstehung filmisch konstituierter Leitbilder ist also in gewisser Weise willkürlich und sehr stark vom Kontext der Rezeption, nicht nur der Produktion, abhängig. Die Sozialisation des Rezipienten, sein Bildungsstand, seine Sehnsüchte erst lassen das eigentliche Bild, letztlich die filmische Ikone entstehen. Dieses komplexe Geflecht der Umstände erklärt auch, daß filmische Ikonen immer im Fluß sind.
Der Duden definiert den Begriff "Ikone" als "Kultbild, geweihtes Tafelbild der orthodoxen Kirche". In jüngerer Vergangenheit hat sich jedoch im Alltag eine Verwendung im popkulturellen Kontext eingebürgert. ":Ikonen:"-Herausgeber Marcus Stiglegger wollte es genauer wissen und ging der Sache auf den Grund. Als Begriff verweist das "Ikonische" auf die Bildnisse einer Kultur, auf die oft sakralen Sinnträger menschlichen Wirkens und Gestaltens. Ikonen transportieren eine Botschaft, die in ihnen verdichtet erkennbar wird - auch im kulturellen und künstlerischen Kontext. Darin sind sie Roland Barthes´ "Mythen des Alltags" vergleichbar. Zugleich lassen sich diese kulturellen Ikonen immer neu besetzen, entleeren, in neuem Kontext wieder entdecken oder in einem letzten Schritt gar miteinander konfrontieren - in einem "Iconoclash".
Harte Schnitte: Eine Rakete startet zur Reise ins All. Ein schwarzer Rolls Royce gleitet durch eine ländliche Umgebung. Der nackte James Fox drapiert seine Gespielin zwischen den Laken. Wenn die Rakete die Atmosphäre verläßt, betrachtet er sich beim Liebesspiel selbst im Spiegel. Der Rolls Royce kommt schließlich vor einem Pub zum Stehen. PERFORMANCE (1968) läßt von Anfang an keinen Zweifel an seiner Ambition, Barrieren durchbrechen, Realitätsebenen verlassen und Bewußtseinströme lenken zu wollen. "Das hat die Präzision und Gestalt eines Resnais-Films, und dennoch ist es knallig und wunderschön (...). Tatsächlich bezeichnet man diese Technik heute als ‘Nicolas Roeg'", sagte Donald Cammel, der Co-Regisseur und Autor des Films in seinem letzten Interview.
Retortenkino : Game Impact
(2009)
Das B-Movie "Street Fighter: The Legend of Chun Li" haben wir Gott sei Dank schon wieder vergessen. Mit "Prince of Persia" aus dem Hause Bruckheimer/Disney steht 2010 jedoch die nächste große Spieleverfilmung mit dazugehöriger Marketing-Maschinerie an. Marcus Stiglegger nimmt den anhaltenden Trend zum Anlaß und setzt sich mit dem Einfluß von Computerspiel-Ästhetik auf die Inszenierung von Spielfilmen auseinander.
Pinkus : gefallene Engel
(2009)
Egal, wie man seine Vertreter nennt - ob "Pinku eiga", "roman porno" oder "ero guro": Das Reich des japanischen Erotikfilms ist hierzulande fernab Nagisa Oshimas und der Tokugawa-Streifen immer noch weitgehend unerforscht. Dabei stellt es unter anderem ein Sprungbrett für viele junge Filmemacher dar. Marcus Stiglegger berichtet über die Revolte des Fleisches unter der Roten Sonne.
Es mag sein, dass sich die japanische Kultur – ganz abgesehen von der Schrift – nicht leicht lesen lässt. Aber warum denn nicht? Warum soll uns die reizvolle Erfahrung erspart bleiben, dass ein wirtschaftlich und technologisch ebenbürtiger Partner der Weltgesellschaft sein Niveau auf einem andern Weg, aufgrund einer verschiedenen sozialen Kultur erreicht hat? Dass sich vermeintliche Universalien – Natur, Liebe, Religion, Familie, Individualität, Bindung, Freiheit – auch ganz anders buchstabieren und in stark abweichender Besetzung bis in 21. Jahrhundert mit Erfolg halten lassen? Warum eigentlich sollen wir nicht besser lesen lernen?
Ein Traum vom Sein : das kurze Leben eines kanadischen Genies: Jean-Claude Lauzon (1953 - 1997)
(1998)
"Jean-Claude Lauzon ist ein unerschöpfliches Nervenbündel. Er spricht schneller, als er denkt. Da er eine eher bewegte und ziemlich schwere Jugend hatte, bringt er eine reiche Erfahrung mit, die er in seinen Filmen verarbeitet. Darum gibt es auch für alles eine Erklärung; er nennt die Dinge beim Namen und schämt sich nicht, seine Hintergedanken zu verraten." (Sylvie Pagé, Filmemacherin und Kollegin Lauzons)
Marcus Stiglegger revives a lost Gothic treasure in this brief discussion of Robert Sigl's Laurin—a rare case of German genre film-making and the heir to FW Murnau's legacy. Phantastic genre cinema is very rare in contemporary Germany—especially in the 1980s, the time when Italian horror reached another peak with Dario Argento's Opera (1985). The cliché of the German "easy comedy" ruled mainstream film production at the time, and so it appeared a kind of miracle when 27-year-old writer/director Robert Sigl was awarded the Bavarian Film Prize in 1988 for his debut feature: the Gothic horror fairytale Laurin.
Werner Herzog : Filmabend I
(2006)
Anfang der siebziger Jahre etablierte sich der abenteuerlustige Filmemacher Werner Herzog als eine einzigartige Erscheinung innerhalb der deutschen Filmlandschaft. In zahlreichen Filmen, oft kongenial mit Klaus Kinski besetzt, erzählte er von der “Eroberung des Nutzlosen” (Bernd Kiefer), einem monumentalen aber tragischen Scheitern fiktiver und historischer Abenteurer. Den prominentesten Versuch dieser Art unternahm Herzog in einem unvergesslichen Klassiker von 1971: "Aguirre – Der Zorn Gottes". Die Amazonasexpedition einiger spanischer Konquistadoren gerät hier zum Himmelfahrtskommando – in dem Wahn, das legendäre Goldland Eldorado zu entdecken, dringt Aguirre mit seinen Leuten immer tiefer ins “Herz der Finsternis” vor. Wenn man Werner Herzogs eigenen Aussagen glauben darf, verschmolzen Dreharbeiten und Film zu einer irrwitzigen Melange, die sich deutlich in der fieberhaften Intensität der Inszenierung spiegelt.
Modern Primitivism hat sich neben New Barbarians und Tribalism als Modewort etabliert. In allen drei Fällen spiegeln sich Facetten eines subkulturellen Phänomens, das zusehends in verschiedene Bereiche der populären Kultur eindringt: Mode, Film und Musik. Auf den folgenden Seiten möchte ich einen Versuch wagen, diese Phänomenologie zu definieren und ihre Popularisierung anhand filmischer Beispiele nachzuweisen. Die spezifische Verbindung von Sexualität, physischem Schmerz und Gewalt, in der der Modern Primitive eine neue, ungekannte Form der sinnlichen Reinheit sucht, ist schwer zu fassen und noch problematischer zu definieren.
Ein Körper der Vergangenheit überdauert die Jahrtausende und erscheint in der Gegenwart als frappierend lebendiges Antlitz des Vergangenen. Die Mumie – der einbalsamierte und präparierte Körper des Toten vor allem in der ägyptischen Tradition (aber nicht nur dort) regte von je her die Phantasie an. Magische Kräfte wurden der überdauernden Leiche zugemessen, ihr Staub als medizinisches Pulver unter die Leute gebracht. Doch auch die Kontinuität früheren Seins im konservierten Körper ist es, die die ungebrochene Faszination der Mumie ausmacht. An ihm erkennen wir altertümliche Physiognomie, Körpertechniken und sogar Moden.
In den Farben der Nacht : Mario Bavas Stil zwischen Gothic-Horror und Giallo-Thriller ; ein Essay
(2007)
"Was mich interessiert, ist die Angst, die Menschen empfinden, wenn sie allein in ihrem Zimmer sind: Angst vor sich selbst, wenn ganz normale Gegenstände plötzlich ein Eigenleben zu führen beginnen." Mario Bava Betrachtet man die aktuelle Genregeschichtsschreibung zum italienischen Kino, erscheint der Begriff giallo (italienisch für "gelb") als Schlüsselbegriff, zumindest, was die englischsprachige Literatur betrifft. Die damit bezeichnete spezifische Vermischung sexueller und gewalttätiger Szenarien und Stilismen, die den italienischen Thriller der 1960er- und 1970er-Jahre prägte, ist eng mit zwei Namen verknüpft: Mario Bava und Dario Argento. Vor allem Bavas Stil und Einfluss innerhalb der italienischen Genrefilmgeschichte ist dabei nicht zu unterschätzen. Bei einer relativ kurzen Hauptschaffensphase als Regisseur wies Mario Bava eine erstaunlich hohe Produktivität in verschiedenen Genres auf: Horror, Science Fiction, Fantasy, Abenteuer, Erotikkomödie, Western und Gangsterfilm. Zugleich zeichnet seine Filme ein äußerst prägnanter visueller Stil aus, dem man in Anlehnung an die literarische Gattung der gothic fiction als Neo-Gothic bezeichnen könnte: In den frühen Schwarzweißfilmen bediente er sich einer kontrastreich ausgeleuchteten Studioästhetik, die er mit aufwändigen Kamerabewegungen erkundete, im Farbfilm ersetzte dies ein betont künstlicher, ebenso pittoresker Einsatz von farbigem Licht und verspieltem Dekor.
Fin de Siècle - Fin du globe
(2003)
Die Welle an apokalyptischen Untergangsvisionen im Kino ist sicherlich nicht neu. Bereits in den siebziger Jahren durchstreifte ein Detektiv die marode, sich selbst verzehrende Gesellschaft ("Soylent Green" / "...Jahr 2022... die überleben wollen", 1973), nicht einmal zehn Jahre später hieß diese Figur dann Rick Deckard und war der "Blade Runner". Was als latentes Späterbe der Schwarzen Romantik des 19. Jahrhunderts und natürlich des klassischen film noir Hollywoods das Filmgeschehen durchzog, wird mit dem nahenden Millenium zur populären Hysterie: Katastrophen erreichen globales Ausmaß ("Deep Impact"), das Fremde bedroht die Menschheit ("Starship Troopers"), die Erotik erforsch tabuisierte Grenzbereiche ("Crash") und Zeit und Identität werden zu fragwürdigen Größen ("12 Monkeys").
Ihrem letzten Roman "In Amerika" (2000) stellte Susan Sontag als Motto eine Zeile des afroamerikanischen Poeten Langston Hughes voran: "America will be!" Der Lockruf eines Landes, das permanent im Entstehen ist, das wird, um einmal zu existieren, vielleicht nur als schöner Traum, bestimmt diesen historischen Roman, in dem eine polnische Schauspielerin, eine Diva, im Jahr 1876 ihre Heimat verlässt, um ihm zu folgen und dann doch nie sesshaft zu werden in Amerika. Die "Sehnsucht nach Neuem, Leerem, Vergangenheitslosem", und der "Traum, das Leben in reine Zukunft zu verwandeln" in der neuen Welt, treiben sie stets weiter, von Stadt zu Stadt, von einer Rolle zur nächsten. Die Schauspielerin bringt Kultur in ein raues Land, indem sie Kunst lebt, auf einer "lange(n) Tournee", wie die letzen Worte des Romans verheißen.
Oliver Stone als politisches Phänomen ist eine vertrackte Sache, da seine Position sich klaren Definitionen entzieht - sich angesichts der Ambivalenz seiner Themen vermutlich auch entziehen muß. Stone fühlt sich nicht wohl mit jenen, die in ihm einen "liberalen Linken" sehen wollen: Im Gespräch mit dem Historiker Harry Kreisler 1997 äußerte er sich sehr konkret dazu: "Ich denke, die Erfahrung lehrt einen die Kombination aus Liberalismus und Konservativismus. Wir müssen progressiv sein und gleichzeitig die bestehenden Werte achten. Wie müssen die Vergangenheit bewahren wie wir die Zukunft entdecken müssen. Das ist eine schwierige Balance. Die Natur der Existenz. Ich glaube nicht an rechts oder links. Ich glaube nicht an liberal und konservativ. Ich glaube an beides."
Mann und Frau stehen sich schließlich in der Tiefgarage gegenüber. Die Situation scheint ausweglos, die Entfernung der beiden einst vereinten Seelen unüberbrückbar, zu tief greifen Untreue und Entfremdung. Der Mann beginnt, seiner Verzweiflung Ausdruck zu verleihen: Immer wieder schlägt er seinen Kopf gegen die Wand, immer wieder, bis nur noch ein Antlitz des Grauens von ihm bleibt. In einer letzten langen Einstellung sitzt er auf dem Randstein und versucht zu lächeln. So will es Shin’ya Tsukamotos Modern Primitives-Drama TOKYO FIST, die irritierende, erschütternde postmoderne Variante von Scorseses RAGING BULL (WIE EIN WILDER STIER, 1980).