• search hit 1 of 16
Back to Result List

Das hemmende Umfeld von Ganglienzellen in der Netzhaut des Auges

  • Das hemmende Umfeld von Ganglienzellen in der Netzhaut des Auges Der Bereich auf der Netzhaut, aus dem Ganglienzellen Lichtsignale erhalten, wird rezeptives Feld genannt. Er umfaßt einen erregenden, zentralen Teil, das rezeptive Feldzentrum, und einen hemmenden, peripheren Teil, das Umfeld. Die antagonistische Organisation (erregendes Zentrum/hemmendes Umfeld) des rezeptiven Feldes verbessert die Signalverarbeitung, indem Kontraste verstärkt werden. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die Mechanismen der Umfeldhemmung an der isolierten, intakten Kaninchennetzhaut zu untersuchen. Das rezeptive Feldzentrum wird durch den erregenden Kontakt zwischen Photorezeptor Þ Bipolarzelle Þ Ganglienzelle erzeugt. Visuelle Stimulation des rezeptiven Feldzentrums erhöht die Entladungsrate (Anzahl der Aktionspotentiale pro Zeiteinheit) der Ganglienzelle. Die Erhöhung der Entladungsrate wird durch die Freisetzung des erregenden Transmitters Glutamat aus präsynaptischen Bipolarzellen bewirkt. Eine Belichtung des Umfeldes hat den entgegengesetzten Effekt: die Entladungsrate der Ganglienzelle wird verringert. Die Umfeldantwort der Ganglienzelle wird durch die laterale Hemmung in der OPL (äußere Synpsenschicht) und der IPL (innere Synapsenschicht) erzeugt. In der OPL wird die Signalübertragung von GABAergen Horizontalzellen moduliert, indem sie Photorezeptoren und/oder Bipolarzellen hemmen. In der IPL modulieren Amakrinzellen, die entweder GABAerg oder glyzinerg sein können, die Signalübertragung, indem sie Bipolarzellen und/oder Ganglienzellen hemmen. Die Entladungsrate von retinalen Ganglienzellen wird bei Belichtung des Umfeldes somit auf zwei Arten verringert: entweder werden präsynaptische Zellen (Photorezeptoren, Bipolarzellen) gehemmt oder die Ganglienzelle wird direkt durch Amakrinzellen gehemmt. Im ersten Fall schütten Bipolarzellen weniger Glutamat aus (indirekte laterale Hemmung), im zweiten Fall wird durch hemmende Neurotransmitter (GABA oder Glyzin) ein Einstrom von Chloridionen in die Dendriten der Ganglienzellen hervorgerufen (direkte laterale Hemmung). Es ist bisher noch unklar, zu welchem Anteil direkte und indirekte laterale Hemmung an der Umfeldantwort beteiligt sind. Weiterhin ist nicht bekannt, welche Neurotransmitterrezeptoren bei der Erzeugung des hemmenden Umfeldes eine Rolle spielen. Um dies zu untersuchen, wurden in der vorliegenden Arbeit lichtinduzierte, synaptische Ströme von retinalen Ganglienzellen an der isolierten, intakten Kaninchenetzhaut gemessen. Dabei wurde die Netzhaut von vorher eingeschläferten Kaninchen freipräpariert und anschließend in einer mit Sauerstoff angereicherten Extrazellulärlösung aufbewahrt. An diesem isolierten, intakten Netzhaut­Präparat (in vitro Retina) konnten bis zu acht Stunden Lichtantworten gemessen werden. Die lichtinduzierten Ströme wurden in der Ganzzellkonfiguration der Patch­Clamp­Technik in der Spannungsklemme gemessen. Die Meßkammer mit der flach ausgebreiteten Netzhaut befand sich auf einem Mikroskoptisch. Das Mikroskop war mit einer Infrarot­Differentialinterferenz­Optik (Nomarski­Optik) ausgestattet und die Mikroelektroden konnten unter Sichtkontrolle mit Hilfe eines Mikromanipulators an die Zellkörper herangefahren werden. Kreisförmige und ringförmige Lichtmuster mit verschiedenen Durchmessern, wurden auf einem Computerbildschirm erzeugt und durch den Mikrsokopkondenser auf den Boden der Meßkammer projiziert. Erregende Ströme retinaler Ganglienzellen konnten isoliert werden, indem das Membranpotential der Zelle auf das Umkehrpotential für Chloridionen eingestellt wurde. Die erregenden Ströme wurden durch Belichtung des Umfeldes stark verringert. Dies wird durch die verminderte Freisetzung von Glutamat durch Bipolarzellen verursacht und ist ein Hinweise auf eine indirekte, laterale Hemmung der Ganglienzelle. Durch die Zugabe des GABA­Rezeptorblockers Picrotoxinin in die Nährlösung (Badapplikation) konnte die Umfeldhemmung der meisten Ganglienzellen nahezu vollständig aufgehoben werden. Dieses Ergebnis zeigt, daß präsynaptische GABA A ­ und GABA C ­Rezeptoren eine wichtige Rolle bei der Umfeldhemmung spielen. Direkte hemmende Chloridionenströme konnten isoliert werden, indem das Membranpotential der Zelle auf das Umkehrpotential für erregende Ströme eingestellt wurde. Durch Beleuchtung des Umfeldes wurden Chloridionenströme in Ganglienzellen ausgelöst. Dies ist ein Hinweis auf eine direkte, laterale Hemmung der Ganglienzelle durch Amakrinzellen, die zusätzlich zur indirekten Hemmung erfolgt. Bei Anwendung der Stromklemme der Patch­Clamp­Technik konnte nachgewiesen werden, daß Chloridionenströme die Entladungsrate der Zelle beeinflussen. Durch die Badapplikation von Picrotoxinin und durch die Überströmung mit dem GABA A ­Rezeptorhemmer Bicucullin wurden die Chloridionenströme deutlich verringert. Durch den Glyzinrezeptorblocker Strychnin konnten die hemmenden Ströme nur bei wenigen Zellen verringert werden. Dies ist ein Hinweis auf eine direkte Hemmung der Ganglienzelle über GABA A ­Rezeptoren. In den meisten Ganglienzellen konnten direkte und indirekte Hemmung durch die Badapplikation von Tetrodotoxin verringert werden. Tetrodotoxin hemmt das Entstehen von Aktionspotentialen und das Ergebnis zeigt, daß 'wide­field Amakrinzellen, die über Aktionspotentiale kommunizieren zur Umfeldhemmung beitragen. Bisherige Modelle gingen davon aus, daß Interaktionen zwischen Horizontalzellen, Photorezeptoren und Bipolarzellen in der OPL die Hauptursache für die Umfeldhemmung sind. Die vorliegende Arbeit hat gezeigt, daß Interaktionen zwischen Amakrinzellen, Bipolarzellen und Ganglienzellen wesentlich zur Umfeldhemmung beitragen. In der Netzhaut gibt es zwischen 12 und 15 Ganglienzelltypen, die auf unterschiedliche Mustermerkmale wie z. B. Farbe, Kontrast oder Bewegung reagieren. Alle bisher untersuchten Ganglienzelltypen verringern bei einer Reizung des Umfeldes ihre Entladungsrate. Ist bei allen Ganglienzelltypen der Beitrag von Horizontal­ und Amakrinzellen zur Umfeldhemmung sowie der Anteil von direkter und indirekter lateralen Hemmung gleich? Oder gibt es für jeden Ganglienzelltyp aufgrund seiner physiologischen und morphologischen Ausprägung verschiedene Mechanismen der lateralen Hemmung? Diese Fragen könnten durch die Entwicklung von Pharmaka, welche selektiv Horizontalzellen bzw. Amakrinzellen hemmen, untersucht werden. Die Anwendung dieser Substanzen könnte den Beitrag dieser Zellen zur Umfeldhemmung eines bestimmten Ganglienzelltyps nachweisen. Gleichzeitig könnte die indirekte Hemmung von retinalen Ganglienzellen durch intrazelluläre Applikation von Chloridionenkanalblockern viel genauer als bisher gemessen werden, da auf diese Weise erregende synaptische Ströme besser isoliert werden können. Durch die Kombination dieser beiden Methoden könnte für jeden Ganglienzelltyp der Netzhaut die zellulären und synaptischen Mechanismen der Umfeldhemmung detailliert beschrieben werden.

Download full text files

Export metadata

Additional Services

Share in Twitter Search Google Scholar
Metadaten
Author:Nicolas Flores-HerrGND
URN:urn:nbn:de:hebis:30-0000000501
Place of publication:Frankfurt am Main
Referee:Horst Klein, Heinz WässleGND
Advisor:Heinz Wässle, Dario Protti
Document Type:Doctoral Thesis
Language:German
Date of Publication (online):2003/05/09
Year of first Publication:2001
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Granting Institution:Johann Wolfgang Goethe-Universität
Date of final exam:2001/12/14
Release Date:2003/05/09
GND Keyword:Netzhaut ; Nervenzelle ; Inhibition
Page Number:123
HeBIS-PPN:103369368
Institutes:Physik / Physik
Dewey Decimal Classification:6 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften / 61 Medizin und Gesundheit / 610 Medizin und Gesundheit
Sammlungen:Universitätspublikationen
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht