CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
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Die vorliegende Ausgabe des FIB präsentiert in zwei Beiträgen die Geschichte von Begriffen, die in besonderer Weise der Idee des E-journals entsprechen. Denn ihre Bedeutung lässt sich nur Disziplinen überschreitend rekonstruieren. Die Literaturwissenschaftlerin Nicole Rettig untersucht den Begriff der Statik, Lea Watzinger den der Transparenz. Beide Arbeiten geben Einblick in begriffsgeschichtliche Thesen ihrer jüngst abgeschlossenen Qualifikationsschriften. [...] Clemens Knobloch zeigt in seinem Rezensionsessay zu dem von David Ranan herausgegebenen Glossar "Sprachgewalt. Missbrauchte Wörter und andere politische Kampfbegriffe", dass sich hinter dem Titel höchst anregende, gerade die widersprüchliche Pragmatik von politischen Gegenwartsbegriffen herausarbeitende Begriffsgeschichten auffinden lassen.
avldigital.de ist das digitale Fachinformationsportal des FID der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft. Das Portal wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert und seit 2016 an der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg in Frankfurt am Main realisiert. Derzeit besteht das Fachportal aus drei zentralen Modulen: Recherchieren, Publizieren und Vernetzen, die Informationsdienstleistungen für Komparatist:innen beinhalten. Für die Weiterentwicklung des Portals wird eng mit der Fachcommunity zusammengearbeitet, um ein optimales Fachinformationsportal in Bezug auf die Bedürfnisse der Nutzenden anbieten zu können. Für die hier vorgestellte Studie wurden deshalb Nutzende mit Fachbezug eingeladen an einer leitfadengestützten Think Aloud Studie teilzunehmen. Diese soll der Evaluierung der Nutzbarkeit und Verständlichkeit der aktuellen Websitestruktur von avldigital.de dienen. In Kooperation zwischen dem Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin und der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, Frankfurt am Main wurde eine gemeinsame Studie zur Evaluation des Fachinformationsportals avldigital.de durchgeführt. Für diese Untersuchung wurden folgende zwei Leitfragen betrachtet: 1. Wie wird das Fachportal avldigital.de genutzt und akzeptiert? 2. Wie werden die Nutzbarkeit und Verständlichkeit der drei zentralen Module Recherchieren, Publizieren und Vernetzen bewertet?
Die in der Forschung bislang übersehene eigenständige Rezeption der urbanen in Paris entstandenen Persiflage durch die Frühromantiker*innen bietet eine Möglichkeit, die duale Konstellation zwischen Büchner und der Romantik um eine dritte komparatistische Perspektive zu erweitern. Es wird im Folgenden also nicht das allgemeine Phänomen der Verwendung von satirischen Mitteln in der Romantik und in Büchners Werk diskutiert, sondern eine spezifischer ausgelegte dreigliedrige Fragestellung: Der Nachweis der Attraktivität der französischen Persiflage als moderne Form boshafter Satire in der Frühromantik wird ergänzt durch die Analyse der Romantisierung der Persiflage. Erst danach kann das virtuose ausdifferenzierte Widerspiel von Persiflage und Karnevaleske in Büchners Werk vorgestellt und analysiert werden.
Am 14. und 15. Februar 2020 fand an der Universität Bern der Workshop "Vergleich - Übersetzung - Weltliteratur. Komparatistische Praktiken in der Diskussion" statt. Die Veranstaltung war zugleich Auftaktveranstaltung für das geplante DFG-Netzwerk "Undiszipliniert? Komparatistische Praktiken und ihre gesellschaftliche Bedeutung" und wurde organisiert von Melanie Rohner, Netzwerkmitglied an der Universität Bern, und den Antragstellern des Netzwerks, Joachim Harst und Alena Heinritz. Das Programm des Workshops setzte sich aus netzwerkinternen Besprechungen und drei öffentlichen Impulsvorträgen zusammen, an die jeweils eine Diskussion eines ausgewählten Textes anschloss.
Die europäischen Reisenden des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts wählten oft die Überfahrt durch die Meerenge von Messina, um nach Sizilien zu gelangen. So avancierte die Schiffsreise durch den so genannten 'Faro di Messina' (auch: 'Pharo' oder 'Pharus') zum Auftakt und ersten Höhepunkt vieler Sizilienreisen. Neben der räumlichen Erschließung sowie zunehmend auch genießenden Wahrnehmung der beiden einander gegenüberliegenden Küstenlandschaften Kalabriens und Siziliens faszinierte viele Autoren der Reiseberichte bei der Passage der Meerenge insbesondere die Begegnung mit den Naturkräften des Meeres. [...] Im Hinblick auf die stark zunehmende Ausdifferenzierung der naturwissenschaftlichen Erkenntnisbereiche in dieser Zeit erfolgte außerdem eine Kritik an den überlieferten Wahrnehmungsmustern, da die Reisenden um 1800 die klassischen Vorstellungsbilder nicht nur reaktivieren, sondern mit Hilfe 'neuer' naturkundlich-fundierter Argumente ebenso relativieren oder sogar negieren konnten. Reisende Geologen und Philologen begegneten der unheimlichen Natur nun zunehmend mit kritischer Überprüfung und Analyse. Neben sich neu entwickelnden Erklärungsmodellen für Naturphänomene und -katastrophen, lebte die Erinnerung an die antiken Dichtungen zwar weiter, aber die eigene Erfahrung und Wahrnehmung des Meeres blieben nicht mehr auf die literarischen Vorlagen und den unmittelbaren Vergleich mit den antiken Textstellen beschränkt. [...] Neben diesen wissenschaftshistorischen Entwicklungen seit der zweiten Jahrhunderthälfte, die hier nur kurz skizziert werden können, rückte die Meerenge von Messina mit den neuerlichen Sizilienerkundungen seit Riedesel auch gerade deswegen ins Blickfeld der Reisenden, da sie mit der Mythosrezeption und der aufkommenden bevorzugten Homerlektüre der klassizistischen Ästhetik korrelierte.
In diesem Artikel wird argumentiert, dass sich Kernideen des Afropolitanismus in afrodeutscher Gegenwartslyrik wiederfinden, da die Stimmen in den Gedichten aus einem gesellschaftlich zugewiesenen 'Dazwischen' heraustreten, sich mehrfach verorten und Räume, Zugehörigkeit sowie Heimat neu verhandeln. Durch die Gedichtanalyse werden Bewegungen innerhalb der lyrischen Texte "heimatlos [versuch 984]" von Chantal-Fleur Sandjon, Oluminde Popoolas "travelling" und "Dein Land" von Philipp Khabo Koepsell sichtbar, die auf multiple Selbstverortungen der Stimmen verweisen. Die lyrischen Stimmen in den Gedichten bewegen sich aus einem 'Dazwischen' heraus, einem gesellschaftlich konstruierten Raum, der Afrodeutsche als Außenseiter festschreibt. Die Bewegungen in den lyrischen Texten führen zu Grenzüberschreitungen der Stimmen - starre Vorstellungen von Zugehörigkeit werden herausgefordert. In Hinblick auf den Heimatbegriff stellt sich die Frage, was Heimat und Zugehörigkeit für ein vielfältiges Ich in Bewegung bedeutet, das räumliche Grenzen überschreitet, sich mehrfach verortet und sich nicht mehr klar nur einem Raum zuordnen lässt. In Hinblick auf die Wissenschaften in Deutschland fällt auf, dass der Afropolitanismus bisher noch nicht mit lyrischen Texten afrodeutscher Poet*innen in Verbindung gebracht wurde. Der Artikel leistet somit gleich mehreres: Zum einen wird aufgezeigt, wie sich Kernideen des Afropolitanismus in afrodeutscher Gegenwartslyrik wiederfinden. Afrodeutsche lyrische Texte werden dadurch in den internationalen Afropolitanismus-Diskurs mit eingebracht, zum anderen wird jedoch auch die Germanistik 'internationalisiert'. Der Afropolitanismus wird dabei für eine innovative Analyse der literarischen Texte genutzt, die sowohl Teil Deutschlands als auch der afrikanischen Diaspora und der Welt sind. Marginalisierte literarische Texte rücken somit in das Zentrum der Germanistik und zeigen, dass die afrodeutsche Gegenwartslyrik einen vielfältigen und gesellschaftsrelevanten Forschungsbereich darstellt, der dazu beiträgt, die germanistischen Literaturwissenschaften im Sinne einer 'postkolonialen Germanistik' um bisher wenig sichtbare Stimmen, Perspektiven und Geschichten zu erweitern.
Tagebücher und Notizen sind offenbar Medien, in denen intensiv am Abbau der Unverfügbarkeit in der Selbst- und Weltbegegnung gearbeitet wird und daran, sich selbst 'irgendeine Festigkeit' zu geben. Dabei geht es weniger um konkrete narrative Strategien zur Konstituierung des Selbst, die in jüngeren Identitätstheorien immer wieder eine Rolle spielen, als um das Schreiben über sich als Praktik im Umgang mit tiefem existenziellem Unbehagen. Um diese Praktik genauer in den Blick zu nehmen, soll an den "Carnets" von Albert Camus gezeigt werden, wie das Schreiben über sich als eine Technik verstanden werden kann, mit der Schreibende der Unbeherrschbarkeit der Welt begegnen wollen. Camus' Aufzeichnungen in den Fokus zu rücken, ist deshalb aufschlussreich, weil sich gerade im Kontext seiner 'Philosophie des Absurden' die Frage stellt, wie Subjekte in der grundständigen Überzeugung von der 'transzendentalen Obdachlosigkeit' dafür Sorge tragen, dass sie in und trotz dieser Umstände leben können. [...] Vielmehr zeigen Camus' "Carnets", inwiefern mit der 'Absurdität' der Welt und der damit verbundenen Abnahme von Verbindlichkeitverheißungen auch die Notwendigkeit zur Selbstsorge steigt. Wenn uns nichts mehr beherrscht, dann - so die These - arbeiten Subjekte zumindest nicht weniger nachdrücklich daran, sich selbst zu beherrschen, um (über-)leben zu können, als sie es in den Soliloquien christlicher Prägung bereits taten. Methodisch wird der Versuch unternommen, die in Hans Blumenbergs Mythostheorie zu findenden Kategorien 'Lebensangst' und 'Lebenskunst' mit Michel Foucaults Überlegungen zur 'Selbstsorge' als 'Lebenskunst' zu verknüpfen. Auf diesem Wege soll das Schreiben über sich in Tage- und Notizbüchern als fundamentale anthropologische Praktik in den Blick rücken, mit der der 'Angst' vor dem "In-der-Welt-sein als solche[m]" (Heidegger) begegnet wird. In diesem Sinne schreibt schon der italienische Philosoph Franco 'Bifo' Berardi: "L'impresa umana è comunque sempre simulazione di un fondamento. Di una simulazione pratica ed epistemica." Ebendiese 'Simulation eines Grundes' soll am Schreiben über sich in Camus' "Carnets" profiliert werden.
Die Position, die Mallarmé in "Crise de vers" entwickelt, will ich im Folgenden
in ihren Umrissen nachzeichnen, indem ich eine Lektüre dieses Textes vornehme, dabei aber auch auf andere poetologische und poetische Schriften Mallarmés zurückgreife. Ich versuche zunächst, Antworten auf drei Fragen zu geben: 1) Worin besteht die von Mallarmé konstatierte "Krise des Verses" und was ist ihr Grund? 2) Welche Folgen hat diese Krise für das dichtende Subjekt? 3) Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Dichtung überhaupt? Daran schließe ich dann weitergehende Überlegungen zu Mallarmés Poetik und Poesie an.
Dieser Beitrag möchte auf einen gegen seinen Willen (und trotz seines Anschreibens dagegen) in Vergessenheit geratenen Warschauer Überlebenden der nationalsozialistischen Konzentrationslager aufmerksam machen, Edmund Polak (1915-1980). Sein Einsatz besteht darin, Polak in eine Linie zu stellen mit den nobilitierten Granden der KZ-Erinnerungsliteratur, also solchen, die sich wie er authentisch, weil selber in den Lagern gewesen und diese überlebend, mit einem der großen Menschheitsverbrechen des 20. Jahrhunderts auseinandergesetzt haben. Geschehen soll das durch die Parallelsetzung der generisch vielfältigen Erfahrungs- und Verarbeitungszeugnisse Polaks - vor allem seiner reflexiv-autobiographischen Arbeiten - mit den Erinnerungen des ungleich prominenteren italienisch-jüdischen Auschwitzüberlebenden Primo Levi (1919-1987). Außerdem soll Polaks Rehabilitierung erfolgen durch eine Einpassung in die Denkgebäude des mit seinen Ausführungen zum "Homo sacer" (1995) akademische und memorialpolitische Diskurse anleitenden venezianischen Rechtsphilosophen Giorgio Agamben.
Grundlegend und vereinfacht gefasst sind zwei Prinzipien in der Tradierung literaturhistorischen Wissens zu unterscheiden, das umfassende lexikalische Sammeln zum einen und das auswählende Herausheben zum anderen. Literaturhistorisches Wissen in einem doppelten Sinn (in einem allgemeinen und in einem engeren Verständnis) wird seit der Antike in Form umfassender Verzeichnisse und Kataloge zusammengestellt, vor allem als Wissen über konkrete Werke und Autoren.
Ambiguitäten der futuristischen Wortkunst zielen im Kern selbst auf die Aporien der avantgardistischen Programmatik, die durch die Aufhebung der Trennung von Kunst und Leben einmal mehr ihre Bezugsgrößen verunklart. Im Zentrum der folgenden Überlegungen stehen die rhetorischen Voraussetzungen, die ein derartiges entdifferenzierendes Kommunikationspostulat des Futurismus überhaupt erst ermöglichen. Dem revolutionären Sprachkonzept der 'parole in libertà' ('befreiten Worte) geht die Idee einer verkürzten und intensivierten Sprache voraus, die es auf ihre Kürze-Verfahren zu untersuchen gilt. Die 'römische Kraftform', für die insbesondere Sallust als stilprägend gelten kann, eröffnet einen subtilen Bezugspunkt für ein Paradigma viriler Performanz, deren Wirkungsästhetik sich aus der kurzen, prägnanten, aber auch obskuren Form speist. Ausgehend von den antiken Figurationen der 'brevitas' sowie deren verstärkter Rezeption im späten 19. Jahrhundert befasst sich der vorliegende Beitrag mit den futuristischen Dynamisierungsutopien. Dabei wird die These vertreten, dass die frühen Manifeste des Futurismus vor dem Hintergrund der beschleunigten Zeiterfahrung als dynamische Kraftformen konzipiert sind. Eine detaillierte Lektüre soll hierbei eine spezifische Produktionsästhetik der Kürze freilegen. Sie zeigt sich am Analogiestil, der eine Verschmelzung differenter Gegenstände zum Ziel hat und vermittels seiner vitalisierten Komprimierungen, so zumindest lautet das häufig formulierte Anliegen der Manifeste, zum 'Wesen' der technischen Materie vorzudringen vermag. Die rasche Zirkulation der sprachlichen Ausdrücke wiederum orientiert sich konzeptuell an einer telegrammatischen Codierung der verkürzten Kraftformen. Abschließend gilt es die Möglichkeit dunkler Kürze ('obscura brevitas'), welche die semantischen Nuancierungen des Textes im hermeneutischen "Dämmerlicht" belässt, in Bezug auf den Adressatenkreis von Marinettis Lebenskunst zu betrachten. Durch die Dekontextualisierung der Analogien läuft die vitalisierte Sprache nämlich selbst ständig Gefahr, unverständlich zu sein. Es wird sich zeigen, dass der futuristische Dichter auf seine symbolistische Herkunft verwiesen bleibt, aus der heraus die Unverständlichkeit für das Publikum gerade als Indiz für das Gelingen einer hermetischen Literaturkonzeption gewertet wird. Im Sinne dieser asymmetrischen Kommunikationssituation ist schließlich auch der performative Handlungsimpuls des Künstler-'Souveräns' zu bedenken, der die kurzen Formen ins Zentrum einer Taten-Rhetorik rückt, deren eigenlogische Chiffrierung nur dem futuristischen Genius verständlich ist.
Wie der Medienwechsel vom Roman zum Film und die spezifische Medialität von Brief, Buch und Film reflektiert wird, möchte ich an zwei Verfilmungen von Johann Wolfgang Goethes monophonem Briefroman "Die Leiden des jungen Werthers" (1774/87) zeigen. Für Goethes "Werther" verzeichnet die Internet Movie Database 18 Verfilmungen, von denen viele historisierend sind und einige nicht direkt auf Goethes Roman, sondern auf Jules Massenets Oper basieren. Aus den vielen "Werther"-Verfilmungen habe ich zwei ausgesucht, die sich gut ergänzen und über Medialität reflektieren: Egon Günthers historisierende, in der DDR entstandene Verfilmung "Die Leiden des jungen Werthers" von 1976 und Uwe Jansons aktualisierende Adaption "Werther" (D 2008). "Die Leiden des jungen Werthers" ist Egon Günthers letzter Kinofilm in der DDR, der phantasievoll mit der Vorlage umgeht und Systemkritik übt. Mit Uwe Jansons "Werther" analysiere ich eine Verfilmung, die Werthers Geschichte vom 18. ins 21. Jahrhundert versetzt.
Vom Bild über den Text zur Musik : Frans Masereels "Die Passion eines Menschen" und ihre Adaptionen
(2021)
Im Mai 1938, kurz nachdem die Truppen Hitlers in Österreich einfallen, findet in Zürich eine denkwürdige Uraufführung mit mehr als achthundert Beteiligten statt, die nach nur zehn Präsentationen 20.000 Zuhörer und Zuschauer in ihren Bann zieht. Es handelt sich um das Chorwerk "Jemand. Eine weltliche Kantate"; eine Inszenierung, der Frans Masereels berühmte Holzschnitt-Serie "Die Passion eines Menschen" zugrunde liegt. Dieses Stück ist sehr deutlich seiner Zeit verhaftet. Insofern wertet die (nur spärlich vorhandene) Forschung es zwar als das "populärste Werk revolutionärer Dichtung" der Vorkriegszeit, aber eben auch als Opus mit "rein historischer Bedeutung", das man heute keinesfalls mehr aufführen könne und nur der Vollständigkeit halber noch in den entsprechenden Künstlermonographien erwähnen müsse. Ein solch eindeutiges Urteil lässt sich allerdings durchaus differenzieren. So relativiert es sich etwa, wenn man sich die grundsätzliche Frage stellt, welche Spielräume Künstler und Schriftsteller in einer Zeit extremer politischer Repression und offenkundiger staatlicher Gewalt haben. Welche Möglichkeiten bleiben ihnen für ihre Kunst, wenn sie sich herausgefordert sehen, mit ihrer Grafik, ihrem Text und ihrer Musik politisch Stellung zu beziehen? Die folgende Auseinandersetzung mit dem Chorwerk soll zeigen, dass seine besondere Wirkung gerade durch eine eigentümliche Verbindung aus zeitgebundenen Elementen, historischem Kontext und einer überzeitlichen Dimension entsteht.
In der Forschung findet die Gattung Spam zumeist als linguistisches Phänomen wissenschaftliche Berücksichtigung; insbesondere die sprachlichen Merkmale und rhetorischen Strategien der Vorschussbetrugs-E-Mails werden in diesem Zusammenhang untersucht. Der großen Bandbreite an künstlerischen Versuchen, den digitalen Müll ästhetisch zu verwerten, zu imitieren oder zu thematisieren, wurde bisher kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Vor allem während des ersten Jahrzehnts des neuen Jahrtausends lassen sich kreative Auseinandersetzungen mit den Werbemails beobachten; hier wirkt zum einen die zunehmende Kommerzialisierung des Internets im Zuge der Einführung des World Wide Web und zum anderen die durch die Installation von Anti-Spam-Filtern hervorgerufene Weiterentwicklung der Textform als schöpferischer Impetus. Der erste Teil der Darstellung widmet sich im Besonderen der lyrischen Verarbeitung des Spams, der zweite Teil befasst sich dann primär mit verschiedenen Formen und Funktionen einer narrativen Aneignung.
Als Forschungsfeld der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft ist die Karibik aufgrund ihrer Sprach- und Kulturvielfalt eigentlich prädestiniert, doch wird sie aus komparatistischer Perspektive eher stiefmütterlich behandelt. Je nach Sprachraum scheint sie dagegen entweder aus anglistisch-amerikanistischer oder romanistischer Perspektive eingenommen zu werden. Komparatistische innerarchipelische als auch transatlantische Studien, die auch nicht-romanischsprachige Literaturen berücksichtigen, sind im Vergleich zu einzelphilologischen Studien rar. [...] In Europa zu verortende Autor*innen verhandeln Transkulturationsprozesse nicht nur in fiktionalen, sondern - wie ihre karibischen Kolleg*innen - auch in poetologischen Texten, in denen sie sich mit transkulturellen Prozessen als kaum zu ignorierende Voraussetzung für ihr Schreiben beschäftigen, über diese transkulturelle Prozesse reflektieren und eine transkulturelle Schreibweise als Konsequenz diagnostizieren. Tatsächlich lässt sich eine Tendenz zu einer poetologischen Reflexion über transkulturelle Phänomene als auch transkulturelle Schreibweisen bei europäischen Autor*innen erkennen. Fraglich ist vor diesem Hintergrund also, ob Europa von karibischen Ideen zur Transkulturalität profitieren kann. Damit werden die europäisch-karibischen Beziehungen aus einer neuen Perspektive beleuchtet: Nicht der Einfluss europäischer Literatur auf die karibische steht im Sinne eines postkolonialen 'writing back' im Mittelpunkt, sondern die Karibik wird zum Modell für Reflexionen über europäische (literarische) Transkulturationsprozesse. Darüber hinaus stellt sich die Frage, inwieweit karibische Poetiken - und gemeint sind damit vor allem poetologische Reflexionen in Form von Manifesten, aber auch Schreibweisen - nicht nur als Modell für eine transkulturelle Poetik in Europa fungieren können, sondern inwieweit transkulturelle Poetiken als neue weltweit aktuelle und über ein neues Weltbewusstsein reflektierende Poetik - als Weltpoetik - betrachtet werden können. Diese Fragen können im Folgenden noch nicht beantwortet werden, vielmehr skizziert der Beitrag einem Problemaufriss. In einem ersten Schritt möchte ich verdeutlichen, inwieweit sich in theoretischen Ansätzen zur Transkulturalität, vor allem den neueren Studien zur Postmigration die Tendenz beobachten lässt, Transkulturalität nicht mehr als Ausnahmezustand, sondern als Normalfall zu begreifen. Darauf folgt ein exemplarischer Blick auf drei Gegenwartsautor*innen, Salman Rushdie, Yoko Tawada und Ilija Trojanow, die in poetologischen Texten - 'transkulturellen Poetiken' - kulturellen Austausch nicht nur als Kulturphänomen beschreiben und sich damit als Kulturpoetolog*innen zeigen, sondern auch über die Konsequenzen dieser transkulturellen Prozesse für das eigene transkulturelle Schreiben reflektieren. Vergleichend werden diesen Reflexionen Überlegungen aus karibischen transkulturellen Poetiken gegenübergestellt und die Frage wird aufgeworfen, ob sie als Modell nicht nur für einen europäischen, sondern für einen weltweiten Kontext betrachtet werden können, sodass sich abschließend die Frage nach einer neuen Weltpoetik nach karibischem Vorbild stellt.
Einen Roman zu betiteln ist eine der prekärsten ästhetischen Aufgaben. Der Titel sollte den Inhalt spiegeln, weder banal noch kryptisch sein, nicht zu lang - jedenfalls in den letzten zwei Jahrhunderten -, nicht missverständlich, dafür griffig, und bei alldem werden die guten Titel mit der Zeit knapp. [...] "Die Strudlhofstiege" ist für Ortsfremde ziemlich kryptisch, schwer zu merken und zu schreiben, dazu noch ein Roman mit einem Unter- oder besser: Nebentitel, gemäß dem "sive" in Doderers geliebtem Latein: "Die Strudlhofstiege oder Melzer und die Tiefe der Jahre" (1951). Hier beginnt auch schon die Raffinesse, denn Doderers Roman hat nicht weniger als drei 'Helden', und alle drei sind darin genannt: Die Strudlhofstiege, Melzer, die Tiefe der Jahre - der Ort, der Protagonist, die Zeit an sich. [...] Interesse weckt die Titelformulierung schon deshalb, weil sie "Melzer und die Tiefe der Jahre" miteinander konfrontiert. Es ist gewissermaßen eine staunende Begegnung, die hier erzählt wird, denn der vornamenlose Major Melzer wird bekanntlich "Mensch", indem ihm seine Vergangenheit bewusst und ihm via Zeitreise subtil klar wird, was für sein Leben nottut. [...] Im Mittelpunkt jenes Verfahrens, das den polychronen Roman Dodererscher Prägung trägt, steht die Frage: Wie zeigt, wie simuliert man das Vergehen der Jahre? Man ahnt bereits, dass dem typischen memorialen Zeitroman die 'Tiefe der Jahre' als Metapher für subjektives Zeiterleben und die Sondierungsbohrung der Erinnerung dient. Doch wenn man von Polychronie spricht, ist vom Modell des memorialen auch der chronikalische Roman abzugrenzen, der ebenfalls eine - und zwar beträchtliche - Tiefe der Jahre aufbietet, freilich und gerade weit jenseits der Lebens- und Erinnerungsspanne des Individuums. Die zeit- und erinnerungsmimetische Funktion der Vertikalität wird jedoch erst erfüllt, wenn der kognitive Adaptionsprozess in beide Richtungen verläuft. Dann entsteht durch eine Art Hin- und Herzoomen eine (beinahe) sinnliche Erfahrung, die in dem knappen Horizont ästhetischer Erfahrung Zeitbewusstsein und Erinnerung erfolgreich simuliert.
In den im Folgenden vorgestellten Romanen werden Uhrensammlungen beschrieben, die nicht nur auf der Ebene der Handlung von Bedeutung sind, sondern auch als Reflexionsmodelle der Romanwelten, in denen sie ihren Ort haben. Von ihrer Konzeption und Darstellung her erschließt sich auch die Poetik dieser Romane, insbesondere mit Blick auf deren implizite Konzeptualisierung von Zeit, Geschichte und Erinnerung. Und auf jeweils spezifische Weise gleicht sich die Darstellungsweise der Romanerzähler gerade anlässlich der beschriebenen Uhrensammlungen dem eigenen Gegenstand an.
Sinnvoller als eine kategorische Scheidung beider Begriffe, zu der Kant neigt, wäre ein differenzierendes Konzept, demzufolge das Schöne als ein Sonderfall des Angenehmen zu bestimmen wäre, genauer als das Angenehme, sofern es ohne sinnliche Bestimmtheit betrachtet wird. Das Angenehme und das Schöne wären dementsprechend gar nicht als Gegensätze zu erfassen, sondern als komplementäre Bestandteile des ästhetischen Wohlgefallens. Gegen Kants in gewisser Weise kontraproduktiven Versuch, das ästhetische Urteil von allen sinnlichen Bestimmungen frei zu halten - denn was anders als sinnliche Wahrnehmung bedeutet der griechische Ausdruck 'aisthesis', der am Ursprung der Ästhetik steht? - wäre das Schöne als ein bloßer Teilbereich des Angenehmen zu fassen. Kants Purismus des Schönen, der Versuch, zwischen sinnlicher Wahrnehmung und dem von allen Sinnen freien ästhetischen Urteil zu unterscheiden, läuft so letztlich ins Leere. Wo Kant gute Gründe hat, zwischen dem Schönen und dem Guten zu unterscheiden, da gibt es ebenso gute Gründe, das Schöne und das Angenehme einander anzunähern. Was damit in Frage steht, ist eine Ästhetik des Angenehmen, die die Theorie des Schönen als einen Teilbereich in sich einschließen würde, zugleich aber andere Begriffe wie den des Lieblichen, Reizenden, Rührenden, Exquisiten u. a. einbeziehen würde, um der ausschließlichen Betrachtung des Schönen und des Erhabenen entgegenzuwirken, wie sie Kant im Anschluss an Burke für die Ästhetik etabliert hat. Eine neue, an den Sinnen ausgerichtete Ästhetik könnte so unter dem Titel des Angenehmen firmieren.
Wie vielleicht schon die kippenden Bezüge, insbesondere des timeshifters "Now", in den ersten Versen von "Richard III" aufzuzeigen vermögen, adelt Tom Bishop (Shakespeare and the Theatre of Wonder) Shakespeare völlig zu Recht dafür, auf metatheatrale Weise die Zuschauer*innen auf das Spiel zwischen den Zeiten, auf die Gleichzeitigkeit von Ungleichzeitigem in der Performanz des Theaters aufmerksam zu machen. Shakespeares Tanz auf der Fiktionsgrenze, zwischen den Zeiten, beschränkt sich aber nicht auf Aufklärungsarbeit über die Funktionsweise des Mediums Theater. Sein Spiel mit dem schillernden "Now" ist radikaler, weil es auch die rahmende Gegenwart (der Rezeption) - die Gleichzeitigkeit - erfasst, auf der das theatertypische Spiel zwischen den Zeiten bequem aufruht. Diese These soll im Folgenden an Shakespeares Tempest knapp skizziert werden. [...] Der zweite Text, den ich einer ausführlicheren Lektüre im Hinblick auf ein unbequemes Verhältnis der Zeiten unterziehen möchte, ist so klassisch, dass die Beschäftigung mit ihm fast verzichtbar erscheint: Laurence Sternes "Tristram Shandy". Sternes Meisterwerk ist für die Frage nach der Poiesis der Un(-Gleichzeitigkeit) des Un(gleichzeitigen) aber nicht nur ein historischer Meilenstein, sondern erweist sich bei näherem Hinsehen auch als herausfordernd komplex. [...] Sternes "Tristram Shandy" stellt den Leser*innen den Zwie-gang ('di-gression') einer (Un)gleichzeitigkeit des (Un-)Gleichzeitigen vor Augen. Die sonderbare Erzählmaschine konfrontiert die Leser*innen mit ihrem bizarren, staunenerregenden und erheiternden Mechanismus - der sich zu erkennen gibt, thematisch aber nicht in die erzählte Welt rückgebunden ist. Die Maschine hat zudem außerhalb der Narration kein Korrelat, sie kann deshalb ein Kuriosum bleiben, das wenige Folgen zeitigt für die Art, wie wir 'unsere' nichtfiktive Welt ordnen und ihr Sinn geben. In just jenem Zug unterscheidet sich Sternes Roman von Marcel Prousts monumentaler "À la recherche du temps perdu", der die verbleibenden Seiten dieses Artikels gewidmet sein sollen.
Schriftsteller, die in ihren poetischen oder philosophischen Texten die Kunst des Zitierens kultivieren, können auf eine lange literarische Tradition zurückblicken, denn seit den Anfängen der literarischen Überlieferung stellt das Zitieren eine zentrale Kulturtechnik dar. Bevor im folgenden Beitrag die Frage nach einer 'Poetik des kreativen Zitats' in den Texten von Autoren des 20. und 21. Jahrhunderts näher erörtert werden soll, bietet es sich daher an, einen selektiven Blick auf die Vorgeschichte der gegenwärtigen poetischen Zitiertechniken zu richten.
Der vorliegende Beitrag möchte die frühneuzeitliche Transformation des astronomischen Wissens im Horizont ihrer 'Vorgeschichte' sowie ihres historischen Wirkungspotentials betrachten. Die astronomischen Arbeiten von Kopernikus, Kepler und Galilei sollen dabei in einer Perspektive der 'longue durée', d. h. vor dem Hintergrund jener wissensgeschichtlichen (insbesondere antiken) Bezugspunkte beleuchtet werden, die sich von einem Blickpunkt der Rückschau als mögliche Antizipationen der kopernikanischen Reform zu erkennen geben. Die antiken Vertreter einer heliozentrischen Kosmologie sind dabei freilich weniger als 'Vordenker' oder 'Vorläufer' anzusprechen, sondern vielmehr als "Indikatoren für die jeweilige Erweiterung des Horizonts möglicher Variationen" in Betracht zu nehmen. Darüber hinaus möchten die folgenden Untersuchungen ein Moment in den Blick rücken, das vor allem für einen literaturwissenschaftlichen und komparatistischen Zugang von näherem Interesse ist: die sprachlichen und medialen Formen, in der sich jene Umstellungen des kosmologischen Denkens artikulieren. Denn der gedankliche Gehalt, den die frühneuzeitlichen Astronomen in ihren Schriften vorbringen, ist nicht unabhängig von den sprachlichen und ästhetischen Formen, in denen er sich manifestiert. Dies gilt nicht zuletzt im Blick auf die Wirkung und Überzeugungskraft jener Schriften, für die rhetorische und ästhetische Verfahrensweisen der Evidenzerzeugung nicht weniger bedeutend sind als die darin zur Geltung gebrachten mathematischen und empirischen Beweismittel.
Der folgende Beitrag widmet sich einem blinden Fleck in vielen Theorien literarischer Erfahrung - nämlich nichtprofessionellen Leser*innen - und versucht zu zeigen, dass diese Blindheit nicht in der Ignoranz der Literaturwissenschaft, sondern in erkenntnistheoretischen und methodischen Problemen begründet ist, die wiederum mit dem Objektivitätsideal geisteswissenschaftlicher Forschung zusammenhängen, das die Auswahl der als untersuchbar angesehenen Gegenstände und die bei der Untersuchung angewandten Methoden determiniert.
Im Folgenden möchte ich den Vorschlag machen, 'Kontext' als strengen Differenz- und Zuordnungsbegriff aufzugeben, ohne auf das grundlegende Konzept eines materiell, funktional und institutionell und damit in seiner Realitätsqualität Anderen eines Textes, das wiederum auch andere Texte sein oder solche provozieren können, zu verzichten. Aus dieser Perspektive bilden die materiellen Grundlagen von Texten einen wesentlichen Ausgangspunkt literaturwissenschaftlichen Arbeitens. Die Materialität eines Textes ist in dieser Auffassung ihre (sprachliche) Form wie auch ihre paradigmatische und syntagmatische Gebundenheit an andere Formen, Diskurse und Praktiken. Sie ist daher stets offen, in Bewegung und auf unterschiedlichen Realitätsebenen bzw. in unterschiedlichen Realitätsqualitäten aktiv und funktional wirksam. Aus diesem Grund ist die Frage nach der permanenten Verschiebung und Aufhebung von Grenzen und Zuordnungen, veränderten Praktiken und Prozessen der Produktion und Rezeption strikt notwendig. So konnte der New Historicism mit seinen genauen Lektüren zeigen, dass sich die Grenzen zwischen den epistemologischen, politischen, religiösen und formalen Diskursen ebenso wie die Materialitäten der verschiedenartigen, literarischen und nicht-literarischen Texte stets verschieben. Im Anschließenden lässt sich anhand eines Beispiels zeigen, dass solche "Tauschgeschäfte" in Texten selbst angelegt sind und eine Differenz von Literatur und Nicht-Literatur besonders seit dem 19. Jahrhundert in Frage gestellt und vielfach auch aufgehoben wird. [...] Diese Überlegungen möchte ich in einem ersten Schritt anhand liminaler Formationen aus der langen Jahrhundertwende um 1900 beschreiben und damit auf ein spezifisches historisches Textkorpus zurückzugreifen, das erst anhand der Text-Kontext-Frage umfassend erkenn- und beobachtbar wird. Ein reformulierter und aktualisierbarer Ästhetikbegriff, der sich aus dem Textmaterial exemplarisch erarbeiten lässt, fungiert dabei als konzeptuelle Grundlage für weitere Überlegungen zum theoretischen und methodologischen Umgang mit (literarischen) Texten.
Susanne Knaller: Entwurf für eine praxeologische Literaturwissenschaft. Überlegungen zu einer Reformulierung des Text-Kontext-Problems - Martin Sexl: Interpretation als Erfahrung - Erfahrung als Interpretation - Linda Simonis: Ansichten des Weltalls. Poetische und ästhetische Aspekte frühneuzeitlicher Astronomie - Annette Simonis: Poetiken des kreativen Zitierens. Fingierte, verwandelte und verfälschte Zitate bei Walter Benjamin, Jorge Luis Borges und Marc-Uwe Kling - Johannes Ungelenk: Von der (Un)gleichzeitigkeit des (Un)Gleichzeitigen. Moderne Literatur und die Poiesis eines unbequemen Verhältnisses - Achim Geisenhanslüke: Das Angenehme. Für eine neue Ästhetik des Sinnlichen - Monika Schmitz-Emans: Uhrensammler. Über Zeit und Uhren in Romanen von Umberto Eco, Christophe Bataille und Christoph Ransmayr - Achim Hölter: "Die Tiefe der Jahre". Eine komparative Studie zu Heimito von Doderers "Strudlhofstiege" im Kontext narrativer Polychronie - Martina Kopf: Transkulturelle Poetiken. Die Karibik als Modell für eine neue Weltpoetik? - Alexandra Müller: Digitale Müllverwertung: Spam in und als Literatur - Christiane Solte-Gresser: Vom Bild über den Text zur Musik. Frans Masereels "Die Passion eines Menschen" und ihre Adaptionen - Isabelle Stauffer: Briefe, brennende Bücher, Fotografien und Reality-TV. Zwei Adaptionen von Goethes "Werther" - Caroline Haupt / Thomas Traupmann: Dynamische Konzeptionen der 'brevitas'. Filippo Tommaso Marinettis rhetorische Kraftformen - Corinna Dziudzia: Paradigmenwechsel und Umbrüche in der Tradierung literaturhistorischen Wissens - Bruno Arich-Gerz: 'Polski Fiat'. Über italienische und polnische Todgeweihte, ihre Erinnerungen an deutsche Konzentrationslager und das "nackte Leben": Primo Levi, Edmund Polak, Giorgio Agamben - Dominic Angeloch: Krise der Subjektivität - Restitution des Objekts. Zu Stéphane Mallarmés Poetik - Sebastian Lübcke: 'Lebensangst' und 'Lebenskunst'. Arbeit am 'einfachen' Selbst in Albert Camus' "Carnets" - Jeannette Oholi: Afrodeutsche Gegenwartslyrik jenseits von 'Dazwischen': Den Afropolitanismus für die Gedichtanalyse nutzen - Claudia Gräßner: Die Meerenge von Messina als panoramatischer Landschaftsraum in Reiseberichten deutschsprachiger Sizilienreisenden um 1800
Es kommt wieder vermehrt zu Tragödien durch das Kentern von Flüchtlingsbooten. Mindestens 1.500 Menschen starben so 2021 allein im Mittelmeer. Angesichts dieser bestürzenden Realität sprach der Papst in seiner Ansprache, wie schon fünf Jahre zuvor, von einem "Schiffbruch der Zivilisation". Das Mittelmeer als Wiege verschiedener Zivilisationen dürfe sich nicht in einen "Spiegel des Todes", das "Mare Nostrum" dürfe sich nicht in ein "trostloses Mare Mortuum" verwandeln. Die Verwendung von Seefahrtmetaphern hat in der Geschichte des europäischen Denkens Tradition und mag daher nicht besonders originell erscheinen. Im Zusammenhang mit den im Mittelmeer und im Ärmelkanal ertrinkenden Menschen entfaltet sie dennoch große Wirkung. Dem physischen Untergang der Flüchtlingsboote durch unterlassene Hilfeleistung wird der moralisch-zivilisatorische Untergang Europas, ja, der ganzen Menschheit an die Seite gestellt - denn wie der Papst betont, ist Migration nicht nur ein regionales, sondern ein globales Thema. Aufgrund ihrer Prägnanz wurde deshalb wohl auch genau diese Metapher aus der Rede des Papstes weltweit in die Titel der Zeitungsberichte gehievt. Aber was soll durch die Verwendung der Schiffbruchmetapher ausgedrückt werden? Welche Funktion erfüllt sie? Und was ist überhaupt mit Zivilisation gemeint?
Für Jorge Luis Borges ist die Bibliothek Ort unermesslichen Wissens und Metapher für die Unendlichkeit. Umberto Eco beschreibt sie in "Der Name der Rose" als einen Raum voller Kräfte, als Schatzhaus voller Geheimnisse. Mögen sich die Bibliotheken über die Jahrhunderte auch einen Teil dieses Zaubers bewahrt haben, sind sie heute mehr denn je moderne Informationseinrichtungen in einer digitalen Gesellschaft. Vor allem in großen wissenschaftlichen Bibliotheken ist dieser Wandel spürbar; als Dienstleistungsunternehmen ist ihre Atmosphäre von Betriebsamkeit und Anonymität geprägt. Kleinere Institutsbibliotheken hingegen haben sich stärker einen Teil des Magischen bewahren können. In gewisser Weise verfügen sie über eine besondere Atmosphäre, einen "spirit", geformt von dem Ort selbst und den dort anwesenden Menschen. Auch in der Bibliothek des Leibniz-Zentrums für Literatur- und Kulturforschung (ZfL) liegt ein ganz besonderer Bücherduft in der Luft, in dem die Zeit konserviert scheint. Die Geschichte dieser Bibliothek ist geprägt von etlichen Brüchen und Umbrüchen und spiegelt damit, gleichsam als Gedächtnis ihrer wechselnden Trägereinrichtungen, nicht zuletzt auch deutsch-deutsche Geschichte wider.
Diversität - und mehr noch das englische 'diversity' - ist ein Zauberwort, das für die verschiedensten Anliegen verwendet werden kann: vom bloßen Lobpreis der Vielfalt über den Appell bis hin zur regulativen Idee globalen politischen Handelns. Der Anthropologe Steven Vertovec sieht in diesem Wort Potential für ein "organizing concept" der Sozial- und Lebenswissenschaften. In der Tat ist Diversität nicht nur ein Bezugspunkt verschiedener Wissenschaften. Auch Körperschaften wie Schule und Universität regeln Chancengleichheit und Zugang im Namen von Diversität, und Unternehmen betreiben ein sogenanntes Diversitätsmanagement, bei dem heterogene Belegschaften zu einer wirtschaftlichen Ressource funktionalisiert werden. Vermutlich ist es gerade der vielfachen Adressierbarkeit geschuldet, dass wir es bei 'Diversität' mit einem politisch hochgradig überformten, theoretisch jedoch weithin unterbestimmten Begriff zu tun haben.
Die Literatur blickt dem Tod ins Auge, indem sie die Lügen derjenigen (Figuren) entlarvt, die es sich außerhalb der Kunst in einer verlogenen Realität eingerichtet haben. Verlogen ist diese Realität, weil sie die Augen vor dem Tod verschließt, indem sie Erfindungskraft und künstlerischen Ausdruck - als Weg, der tödlichen Realität entgegenzutreten - zur Krankheit stilisiert. Zugleich sind beide Texte sanft und solidarisch mit ihren zentralen Figuren, da sie nicht abschließend urteilen. Das ist konsequenterweise literarisch auch gar nicht anders möglich, denn vor dem Tod sind alle gleich. Die Romane selbst dürfen für diesen Effekt gerade nicht Realität sein. "[D]ie Realität ist nur das Ausgangsmaterial ['la réalité n’est qu’un matériau de départ']" (V, 617; A, 733), heißt es im Houellebecqs Roman nachgestellten Dank. Um bei der Bewältigung der Schrecken des Sterbens zu helfen, müssen Romane wie auch die intradiegetischen literarisch erwähnten Texte "erfunden ['inventées']" und "anders ['autres']" sein (V, 559; A, 667).
Als 2011 der 50. Jahrestag von Juri Gagarins Weltraumflug vom 12. April 1961 gefeiert wurde, fiel der "hohe Grad der Ratlosigkeit" auf, der bei den Feierlichkeiten rund um den Globus vorherrschte. Zwar gab es eine Vielzahl von Veranstaltungen, Ausstellungen und anderen medialen Events, doch sei das Gedenken, bei dem "unterschiedliche Sinngebungen und Politisierungen" sich kreuzten, insgesamt eher ungeordnet und gedankenlos verlaufen. Seither ist einiges passiert, vor allem bei den alten Konkurrenten des Wettlaufs im All und der aufstrebenden Industriemacht China. Die Volksrepublik hat erfolgreich ihr eigenes Weltraumprogramm mit bemannten und unbemannten Flügen sowie einer eigenen Raumstation aufgelegt, und in den USA entfalten die NASA mit ihren Marsmobilen und Privatunternehmen wie SpaceX des Elektroautobauers Elon Musk wieder stärkere Aktivitäten. Selbst Russland hat sich nach dem "verkorksten Gagarin-Jahr"] 2011 wieder ambitioniertere Ziele gesetzt. Juri Gagarin als Kulturheros und Erinnerungsfigur kommt dabei eine zentrale, symbolträchtige Rolle zu, wie ein Blick auf das Gedenken an Gagarins Pionierleistung zum 60. Jubiläum im vergangenen Jahr zeigt.
Am 17. Januar 2022 jährt sich der Todestag des russischen Dichters und Schriftstellers Warlam Schalamow zum vierzigsten Mal. Mit seinen sechs Zyklen umfassenden "Erzählungen aus Kolyma" setzte er den Tausenden Toten in den Zwangsarbeitslagern des GULag ein bleibendes literarisches Denkmal. Der Jahrestag bietet nicht nur Anlass, sich mit Schalamows Ringen um eine literarische Aufarbeitung des staatlich organisierten Massenterrors gegen die eigene Bevölkerung auseinandersetzen. Ein Archivfund rückt auch seine Sorge um die Rezeption seiner Texte ins Blickfeld. Da in der Sowjetunion die Erinnerung an Terror und Gewalt tabuisiert wurde, kursierten diese zu Lebzeiten nur in Abschriften des Samisdat ('Selbst-Verlag') und blieben für das breite sowjetische Lesepublikum unzugänglich. Die ersehnte Anerkennung blieb ihm verwehrt. Mittlerweile werden seine Werke in Russland gedruckt und aus Anlass des Todestages würdigen Konferenzen seine literarische und menschliche Lebensleistung. Doch Schalamows Imperativ des Erinnerns, der Wahrung des Gedächtnisses an die stalinistischen Verbrechen trifft heute zugleich auf das Bestreben der russischen Machthaber, dieses Gedächtnis erneut mit repressiven Mitteln auszulöschen.
Als das ZfL 1996 unter dem Namen Zentrum für Literaturforschung seine Arbeit aufnahm, gehörte der jüngst verstorbene Rainer Rosenberg zu den ersten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Bis zu seiner Pensionierung 2001 leitete er das Projekt "Geschichte der deutschen Literaturwissenschaft seit 1945 - Veränderungen des Literaturbegriffs", an dem auch Petra Boden mitarbeitete. In ihrem Nachruf erinnert sie an einen in der DDR sozialisierten Germanisten, der besonders mit seinen Arbeiten zur Literatur des Vormärz und zur Geschichte der Germanistik bekannt geworden ist.
First as a student of comparative literature with a focus on German and then as a professor of German Studies, I’ve been traveling back and forth to Germany for three decades, almost exactly the age of the reunified German state. I have stayed for weeks, for months, or for more than a year at a time. I have lived in Leipzig, in Cologne, and in Munich, but I have spent by far the most time in Berlin, a place that I have come to consider a second home. Throughout that time, Germany has changed enormously, both demographically and attitudinally. In relation to diversity in general and in its relationship to Jews.
"Calderón als religiöser Dichter" ist einer von Krauss' interessantesten Aufsätzen der frühen Jahre, von denen "einige zur Zeit ihres Erscheinens wissenschaftlich bahnbrechend waren", wie Hans Ulrich Gumbrecht in seinem Porträt von Werner Krauss in "Das Leben und Sterben der großen Romanisten" konstatiert. [...] Erwartbar wäre gewesen, in Calderón das Ende des mittelalterlich geprägten Kosmos zu sehen, des imperialen 'Goldenen Zeitalters' Spaniens (ca. 1550 bis 1680), in dem es im barocken Schauspiel zu Exzessen der illusionistischen Überwältigung und Massenspektakeln des Glaubens kam. Doch für Krauss ist Calderón vielmehr ein Weg, der direkt in die Dialektik der Aufklärung führt. Das Rettbare, das auf die Praxis des konkreten Handelns Beziehbare muss bei Calderón das Widerständige sein, das auch Carlo Barck an Krauss' Studie faszinierte. [...] Zwei Gedanken lassen sich aus seinem Artikel filtern, die sich an aktuell stark diskutierte Probleme anschließen lassen. Zum einen geht es um Materialität, zum anderen um humanistische Anliegen, die sich in den Kulturtechniken einer Religionskultur wie der des spanischen Katholizismus des 17. Jahrhunderts auffinden und aktualisieren lassen, etwa im Bilderhandeln oder im Umgang mit Schuldempfinden. Es spricht für Krauss' weitreichendes Verständnis religiöser Phänomene, dass er an ihnen Dinge wie Präsenz, Immersion und Liminalität auf den Punkt bringen konnte.
'Haben Sie heute schon über das Wetter geredet? Gestern oder vorgestern vielleicht? Und was wollten Sie damit sagen?' - Würden wir so auf der Straße angesprochen, wären wir vermutlich einigermaßen irritiert. Nicht nur wüssten wir das nicht so genau anzugeben, sondern wären auch von der Frage überrumpelt. Ein unbehagliches Schweigen weckte den Wunsch, eine Bemerkung über das Wetter zu machen, aber das ginge in dem Fall ja nicht. Und dann ist da noch der Trivialitätsverdacht: der Verdacht, im fraglichen Moment nichts anderes zu sagen gehabt zu haben; der Verdacht, eine Person zu sein, die redet, obwohl sie nichts zu sagen hat. Ernstlich fürchten muss man solche Fragen natürlich nicht. Aber interessant sind sie doch. Was und wie wir kommunizieren, wenn wir über das Wetter sprechen, scheint ebenso offen, wie die Frage, was dieser Kommunikationsakt über uns aussagt. Um dem Sprachspiel namens Wettergespräch nachzugehen, lohnt der Blick in den Fundus der Literatur- und Geistesgeschichte. Dort sind unterschiedliche Antwortmöglichkeiten eingelagert, oft in Gestalt von Aperçus, die es zugleich charakterisieren und konterkarieren.
In den Literaturwissenschaften ist der Begriff des Digitalen bislang vor allem dort in Erscheinung getreten, wo jüngere literarische Phänomene der letzten ca. 30 Jahre verhandelt werden - Phänomene also, wie sie im Zuge der elektronischen Textverarbeitung am PC und der Nutzung des Internets entstanden sind. Zu denken ist hier etwa an die Diskussionen um neue narrative Strukturen im Kontext von 'hypertext fiction', um die multimediale Zusammenführung von Bild, Ton und Schrift im Rahmen von sogenannter 'net poetry' oder um die Transformation von Leser-Text-Beziehungen durch die (interaktiven) Rezeptionsbedingungen des 'reading on screen'. Auch wo Literatur- und Medienhistoriker eine archäologische Rekonstruktion der Vorläufer bzw. historischen Wurzeln von (heute so bezeichneter) "digitaler Literatur" unternommen haben, galt das Interesse vornehmlich früheren Formen von "Computer-Dichtkunst" oder "Maschinenpoesie", die sich ab den späten 1950er Jahren zu entwickeln begannen.
Acht Pistolenkugeln werden aus nächster Nähe abgefeuert, aber keine trifft ihr Ziel. Denn der Superheld Quicksilver kann sich im Film "X-Men: Days Of Future Past" (2014) mit einer Geschwindigkeit bewegen, die es ihm erlaubt, die Flugbahn der Kugeln mit kleinen kinetischen Impulsen zu manipulieren. Antizipiert wurde diese Figur der legendären Marvel-Autoren Stan Lee und Jack Kirby bereits im Jahr 1860, als der Naturforscher Karl Ernst von Baer ein Gedankenexperiment anstellte. Baer spekulierte darüber, wie sich die Welt für einen Menschen darstellt, der zwar ebenso viele Sinneseindrücke pro Pulsschlag hat wie ein normaler Mensch, dessen Puls aber 1.000 Mal schneller schlägt. Ein solcher Mensch würde einer vorbeifliegenden Kugel sehr leicht folgen können, schreibt Baer, hätte allerdings aufgrund seines anderen Metabolismus auch eine deutlich geringere Lebensdauer von nur einem Monat.
Sensibel auf Abstand
(2021)
Abstand kann schwer zu ertragen sein, vor allem dann, wenn er unfreiwillig eingehalten werden muss. Sollten Abstandsregeln und Masken in näherer Zukunft fallen, gibt es trotzdem gute Gründe, immer wieder auf Distanz zu seinen Nächsten zu gehen. Das lässt sich zum Beispiel nachlesen bei Nietzsche. Unter dem Titel "Von der Nächstenliebe" fällt Zarathustra ein wenig schmeichelhaftes Urteil über jene Motive, die die Menschen zueinander treiben.
Rezension zu Peter Salmon, "An Event, Perhaps. A Biography of Jacques Derrida", London / New York: Verso, 2020.
Archivieren in die Zukunft
(2021)
Eva Geulens Text dokumentiert ihren Beitrag zu der vom Deutschen Literaturarchiv Marbach am 24. März 2021 virtuell veranstalteten Tagung "#LiteraturarchivDerZukunft". Er wurde ursprünglich als Replik auf die dort diskutierte These 3 entworfen: "Literaturarchive schaffen den literarischen und intellektuellen Kanon mit: Das Archivieren in die Zukunft setzt die stetige Diskussion der Entwicklungen in Literatur und den öffentlich wirksamen Bereichen von Wissenschaft und ein Diskutieren der Kriterien dessen voraus, was es zu archivieren gilt - und was nicht."
Der Stil erlebt derzeit eine neue Konjunktur bis in die Essayistik und das Feuilleton hinein. Dies zeigt allein das umfangreiche und viel beachtete Buch Michael Maars, das sich über weite Strecken in Stiluntersuchungen deutschsprachiger Autor*innen ergeht (Michael Maar: Die Schlange im Wolfspelz. Das Geheimnis großer Literatur, Hamburg: Rowohlt, 2020). Während Maar den Bonvivant gibt, der anhand stilistischer Eigenschaften opulente und kennerische Werturteile über die moderne Literatur fällt, hat sich in der Literaturwissenschaft mit der sogenannten Stilometrie demgegenüber eine prosperierende Forschungsrichtung etabliert, die als korpusbasiertes quantitatives Verfahren zu den asketischsten geisteswissenschaftlichen Spielarten überhaupt zählen dürfte. Die stilistischen Usancen, die Maar und die Stilometrie ihrerseits an den Tag legen, wenn sie über Stil schreiben, verraten neben ungenannten Animositäten dabei auch manch geheime Komplizenschaft.
Die gemeinsam geschriebene Doppelpublikation "ONE + ONE" und "I – I" des Philosophen Armen Avanessian und der Literaturwissenschaftlerin Anke Hennig bildet den Abschluss ihrer Arbeit am Spekulativen, die 2012 an der FU Berlin begonnen wurde und maßgeblich zum Import des spekulativen Realismus in Deutschland beitrug. [...] Das Spannende an den Büchern ist jedoch nicht ihre kultur-, literatur- und sprachtheoretische Beschäftigung mit der Gegenwart, sondern die textperformative Ebene, auf der die Autor*innen unentwegt den Prozess des "Zu-zweit-Schreibens" mitthematisieren, um so dem Kreativitätsdispositiv und dem solipsistischen Schreiben an der Universität eine 'echte' kooperative Schreibweise entgegenzusetzen. Ihr Vorhaben amalgamiert auf diese Weise Theorie, Biographie und Fiktion, wobei das kooperative Schreiben nicht nur als Beiwerk für den Transport der Inhalte fungiert, sondern auch zu einem stilistisch-performativen Leitprinzip wird.